Bundesfinanzhof, Beschluss vom 04.05.2011, Az. VII B 236/10

7. Senat | REWIS RS 2011, 7112

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Gegenstand

Voraussetzungen der Haftung eines OHG-Gesellschafters


Leitsatz

NV: Über die Rechtsstellung als Gesellschafter hinaus ist die Mitwirkung an den Geschäften der OHG --im Sinne einer Mitunternehmerschaft-- keine weitere Voraussetzung für die Haftung nach § 191 Abs. 1 AO i.V.m. § 128 HGB.

Tatbestand

1

I. Im Jahr 2002 meldeten die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) und ihr [X.]hemann ([X.]) beim Handelsregister ([X.]) als Kauffrau und [X.] gemeinsam eine [X.] zur [X.]intragung an. Zur Vertretung sollte jeder Gesellschafter allein befugt sein. In der Gewerbeanmeldung waren sowohl die Klägerin als auch [X.] als Betriebsinhaber aufgeführt.

2

Nach von beiden [X.]hegatten vergeblich geführten Widerspruchsverfahren wurde das Gewerbe [X.]nde 2005 abgemeldet. Über das Vermögen des [X.] wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Die [X.] wurde Mitte 2006 von Amts wegen im [X.] gelöscht.

3

[X.] nahm der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --[X.]--) beide [X.]heleute gemäß § 191 der Abgabenordnung [X.]) i.V.m. § 128 des Handelsgesetzbuchs (HGB) für Umsatzsteuer 2003 bis 2005 zuzüglich Nebenleistungen in Haftung. [X.]inspruch und Klage der Klägerin, die im Wesentlichen damit begründet waren, sie habe sich aufgrund der [X.]he verpflichtet gesehen, an der Gründung der Gesellschaft mitzuwirken, jedoch für die [X.] keinerlei Tätigkeit entwickelt, blieben ohne [X.]rfolg.

4

Das Finanzgericht (FG) hielt den Haftungsbescheid dem Grunde nach für berechtigt, lediglich die darin erfassten Säumniszuschläge seien unzutreffend berechnet. [X.]ine [X.], bestehend aus der Klägerin und ihrem [X.]hemann sei zur [X.]ntstehung gelangt und im Geschäftsverkehr aufgetreten, was zu Umsätzen und damit zu steuerlichen Verbindlichkeiten geführt habe, für die die Klägerin nach § 191 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 128 HGB einzustehen habe. Danach hafte jeder Gesellschafter einer [X.] verschuldensunabhängig für deren Verbindlichkeiten. Auf die Kenntnis der Klägerin von Art und Umfang der Geschäfte im [X.]inzelnen komme es nicht an.

5

Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Klägerin Beschwerde eingelegt. Darin formuliert sie die Rechtsfrage, ob es für eine Haftung nach § 128 Satz 1 HGB i.V.m. § 191 Abs. 1 Satz 1 [X.] ausreiche, wenn ein Beteiligter nur an der [X.]intragung in das Handelsregister mitgewirkt, aber sonst keinerlei Unternehmeraktivitäten ausgeübt habe. Sie beruft sich auf das Urteil des [X.] ([X.]) vom 9. Mai 2006 [X.]/05 ([X.][X.] 213, 194, [X.], 600), in dem die Haftung trotz Vorliegens einer gemeinsamen Gewerbeanmeldung verneint worden sei.

6

Das [X.] tritt der Beschwerde entgegen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Beschwerde ist bei Zweifeln an der hinreichenden Darlegung eines Zulassungsgrundes jedenfalls unbegründet. Denn keiner der in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) abschließend genannten Zulassungsgründe liegt vor. Insbesondere ist die Rechtssache nicht von grundsätzlicher Bedeutung; die von der Klägerin formulierte Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig.

8

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die Gesellschafter der [X.] --auch einer zwischenzeitlich erloschenen [X.]-- für die von der Gesellschaft begründeten Verbindlichkeiten gemäß § 128 HGB unbeschränkt haften. Das gilt auch für die Verbindlichkeiten der [X.] gegenüber dem [X.], und zwar sowohl für Steuerschulden als auch für die Säumniszuschläge (vgl. schon BFH-Urteile vom 24. Februar 1987 [X.], [X.], 125, [X.] 1987, 363; vom 10. November 1994 [X.], [X.], 472, [X.] 1995, 395; vom 28. Oktober 2008 [X.], [X.], 355).

9

Das [X.] hat die Gesellschafterstellung der Klägerin in der [X.] bejaht. Mit der Eintragung ins HR ist die [X.] mit Außenwirkung errichtet worden (§ 105 Abs. 2, § 123 Abs. 1 HGB). Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) hat sich die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann als Gesellschafterin der [X.] ins Handelsregister eintragen lassen (§ 106 Abs. 2 HGB). Die Klägerin ist auch bei der Gewerbeanmeldung und in den Einspruchsverfahren gegen die früher an sie gerichteten [X.] als Gesellschafterin der [X.] aufgetreten. Die darauf gründende rechtliche Würdigung des [X.] wäre schon deshalb auch in dem angestrebten Revisionsverfahren zugrunde zu legen.

Über die Rechtsstellung als Gesellschafterin hinaus ist die Mitwirkung an den Geschäften der [X.] --im Sinne einer Mitunternehmerschaft-- keine weitere Voraussetzung für die Haftung nach § 191 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 128 HGB.

Aus den von der Klägerin zitierten [X.] in BFHE 213, 194, [X.] 2007, 600 und [X.], 355 ergibt sich nichts anderes. Anders als im vorliegenden Rechtsstreit hatte das [X.] in jenen Streitfällen festgestellt, dass eine Gesellschaft zwischen der dortigen Klägerin und weiteren Gesellschaftern nicht bestanden hat. Der Senat hatte deshalb nur über die Haftung einer Scheingesellschafterin zu entscheiden. Nur diesen Fall betreffen die in der Beschwerde in Bezug genommenen Aussagen, dass allein die aktive Mitwirkung an der Gewerbeanmeldung bei im Übrigen bloß passivem Verhalten gegenüber dem [X.] nicht geeignet sei, einen Vertrauenstatbestand als Grundlage für eine haftungsrechtliche Inanspruchnahme zu schaffen.

Meta

VII B 236/10

04.05.2011

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend FG Köln, 1. Oktober 2010, Az: 5 K 1515/10, Urteil

§ 105 HGB, § 123 HGB, § 128 HGB, § 191 Abs 1 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 04.05.2011, Az. VII B 236/10 (REWIS RS 2011, 7112)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7112

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