Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.11.2011, Az. IX ZR 161/09

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1340

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IX ZR 161/09

Verkündet am:

17. November 2011

Preuß

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 675; HGB § 130
Bringt ein
Rechtsanwalt seine [X.] in eine [X.] ein, haftet die Gesellschaft auch dann nicht für eine im Betrieb des bis-herigen [X.] begründete Verbindlichkeit, wenn dieser im Rechtsver-kehr den Anschein einer Sozietät gesetzt hatte.
[X.], Urteil vom 17. November 2011 -
IX ZR 161/09 -

LG
[X.] I

OLG [X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2011
durch [X.] [X.], den
Richter
Raebel, die Richterin [X.], [X.] Pape und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlan-desgerichts [X.] vom 15. Juli 2009 wird auf Kosten der Klä-gerin zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten der [X.].

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin und ihr Ehemann suchten am 3.
November 2003 die Räum-lichkeiten auf, in denen jetzt die Beklagte zu 1, eine aus Rechtsanwälten beste-hende [X.],
ihre Kanzlei unterhält. Seinerzeit wur-de in diesen Räumlichkeiten unter der Bezeichnung "[X.]

Rechtsanwälte"
eine Rechtsanwaltskanzlei betrieben, in welcher jedenfalls der
Beklagte zu
2 tätig war. Gegenstand der Besprechung, an welcher der Beklagte
zu
2
sowie ein Rechtsanwalt [X.]

teilnahmen, waren
Schadensersatzansprüche wegen einer Kreditkündigung, die sich gegen die D.

Bank oder gegen den Ne-benintervenienten zu
1 richten konnten. In der Folgezeit verklagte die Klägerin, 1
-
3
-
vertreten durch "Rechtsanwälte [X.]

", die D.

auf Schadensersatz. Die Klage blieb in zwei Instanzen ohne Erfolg.
Das Beru-fungsurteil wurde am 18.
April 2007 verkündet.

Die Klägerin nimmt nunmehr die [X.] wegen
fehlerhafter anwaltli-cher Beratung auf Schadensersatz in Anspruch. Sie
wirft ihnen
vor, den [X.] zu
1 verjährt haben zu lassen. Das [X.] hat beide Beklagte dem Grunde nach verurteilt. Die Berufung des
[X.] zu
2 ist erfolglos geblieben. Auf die Berufung der [X.] zu
1
hat das [X.] die gegen diese gerichtete Klage
we-gen fehlender Passivlegitimation
abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision will die Klägerin die Wiederherstellung des landgericht-lichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision
bleibt ohne Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Die Beklagte zu
1 habe dargelegt und bewiesen, dass die Kanzlei "[X.]

Rechtsanwälte"
bei der Erteilung des Auftrags
am 3.
November 2003 nur aus dem
[X.] zu
2 bestanden
habe. Nur dieser könne
folglich
[X.] des Beratungsvertrages geworden
sein. Die erst später gegründete Beklagte hafte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt
für
aus diesem Vertrag
folgende Verbindlichkeiten. Die Vorschrift des §
28 2
3
4
-
4
-
Abs.
1 Satz
1 HGB sei unanwendbar, weil ein Rechtsanwalt kein Handelsge-werbe betreibe (§
2 Abs.
2 [X.]). Eine analoge Anwendung dieser Bestim-mung auf den hier wegen des irreführenden [X.] gegebenen Fall einer Scheinsozietät komme nicht in Betracht. Auch §
130 HGB könne weder unmit-telbar noch analog Anwendung finden.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.

1. Die Beklagte zu
1 ist nicht [X.] des zwischen
der Klägerin und "[X.]

Rechtsanwälte"
geschlossenen [X.]es geworden.

a) Die Feststellung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte zu
2 am 3.
November 2003 alleiniger Inhaber der Anwaltskanzlei "[X.]

Rechtsan-wälte"
war, hält den Angriffen der Revision stand. Der Beklagte zu
2 hat die [X.] "[X.]

Rechtsanwälte"
mit schriftlichem Vertrag vom 10.
Juli 2003 von dem bisherigen Inhaber, dem Rechtsanwalt M.

[X.]

,
gekauft.
Das Berufungsgericht hat
diese Tatsache
nach
Vorlage einer Ko-pie des Kaufvertrages
als
erwiesen angesehen. Das nimmt die Revision hin.
Sie meint jedoch, aus den im Rechtsstreit vorgelegten Unterlagen ergebe sich zwingend, dass der Beklagte zu
2 die [X.] alsbald in eine
von ihm mindestens konkludent begründete Sozietät eingebracht habe. Dies trifft indes nicht zu.

aa)
Die Revision weist nicht nach, dass die Klägerin in den [X.] eine entsprechende Behauptung aufgestellt hätte. Der Schriftsatz vom 5
6
7
8
-
5
-
18. Mai 2009, auf welchen sie sich beruft, befasst sich im Wesentlichen mit der Behauptung der [X.], die Beklagte zu 1 sei erst mit Wirkung zum [X.] gegründet worden. Die Klägerin bestreitet die Richtigkeit dieser Be-hauptung und beruft sich zum Beweise dessen, dass die Beklagte zu 1 bereits vor dem 31. Dezember 2006 als [X.] organisiert war, auf das Zeugnis des Rechtsanwalts [X.].

. Entgegen der Ansicht der Revision liegt hierin nicht die Behauptung, die Beklagte zu 1 sei
bereits
vor dem 3.
November 2003, dem Zeitpunkt der Auftragserteilung, gegründet worden. Das Berufungsgericht hat nicht gegen den Anspruch der Klägerin auf Gewäh-rung rechtlichen Gehörs (Art.
103 Abs.
1 GG) verstoßen, indem es den angetre-tenen Beweis nicht erhoben hat.

bb) Die schriftlichen Unterlagen, welche die Revision zitiert, lassen kei-nen sicheren Schluss darauf zu, dass die Beklagte zu 1 vor dem
3. November 2003 gegründet worden war.

(1) Die Klägerin und ihr Ehemann wurden
am 3. November
2003 und in der Folgezeit, etwa im Februar 2004, nicht nur vom [X.] zu 2
beraten, sondern auch von
anderen Anwälten, die unter der Bezeichnung "[X.]

Rechtsanwälte"
handelten. Bei den Akten befindet sich ein Schreiben von "[X.]

Rechtsanwälte"
vom 4.
November 2003, das von Rechtsanwalt M.

[X.]

unterzeichnet worden ist. Ein weiteres Schreiben vom 26.
Februar 2004 ist von Rechtsanwalt

[X.].

unterzeichnet; dieser Rechtsanwalt hatte die Klägerin und ihren Ehemann aufgesucht, um Unterlagen zu sichten. Bei beiden Schreiben wurde ein Briefkopf verwendet, in dem acht Rechtsanwälte -
darunter Rechtsanwalt [X.]

, Rechtsanwalt [X.].

und der Beklagte zu 2
-
aufgeführt waren.

9
10
-
6
-

Der Briefkopf und das Handeln anderer Rechtsanwälte als des [X.] zu
2
im Rahmen des der Kanzlei "[X.]

Rechtsanwälte"
erteilten Mandats können auf das Bestehen einer Sozietät hindeuten. Ebenso kann jedoch, wie das Berufungsgericht angenommen hat, nur eine "Scheinsozietät"
bestanden haben.
Hierunter
versteht man den Zusammenschluss mehrerer [X.], die nach außen gemeinsam in Erscheinung treten, ohne dass ein Gesell-schaftsvertrag besteht oder ohne dass in einen bestehenden Gesellschaftsver-trag sämtliche nach außen in Erscheinung tretenden Rechtsanwälte einbezo-gen sind ([X.], Urteil vom 12.
Oktober 2000 -
WpSt
(R) 1/00, [X.]St 46, 154, 156
f; vom 3.
Mai 2007 -
IX
ZR 218/05, [X.]Z 172, 169 Rn.
19
f; Henssler, NJW 1993, 2137, 2139;
Henssler/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
59a Rn.
144; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Die Haftung des Rechtsan-walts, 7.
Aufl., Rn.
166;
[X.] in Zugehör/[X.]/[X.]/D.
Fischer/
[X.]/[X.], Handbuch der Anwaltshaftung, 3.
Aufl., Rn.
403;
vgl. auch [X.], Urteil vom 24.
Januar 1978 -
VI
ZR 264/76, [X.]Z 70, 247, 249). Rechtsanwalt [X.]

, Rechtsanwalt [X.].

und die übrigen im Briefkopf aufgeführten Rechtsanwälte können Angestellte des [X.] zu
2 gewesen oder als freie Mitarbeiter tätig geworden sein. Letzteres kommt insbesondere im Fall des Rechtsanwalts [X.]

in Betracht, der die Kanzlei "[X.]

Rechtsanwalt"
an den [X.] zu
2 verkauft hatte, dem Vertrag zufolge jedoch Inhaber der
un-ter gleicher Anschrift ansässigen
[X.] "M.

[X.]

, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht"
war und bleiben wollte.

(2)
Die Klägerin verweist weiter auf ein Schreiben der "[X.]

Rechts-anwälte"
vom 16.
September 2004, in welchem "[X.]

Rechtsanwälte", han-delnd durch den [X.] zu
2, der Klägerin und ihrem Ehemann unter der Überschrift "Neue Gestaltung unserer Vermögensschaden-11
12
-
7
-
Haftpflichtversicherung"
die [X.] darlegte. In diesem Schreiben heißt es wörtlich:

"In unserer Kanzlei haben sich mehrere Rechtsanwälte zu einer gemeinsamen Berufsausübung zusammen geschlossen. Wir ha-ben bisher bei der Nennung der in der Kanzlei tätigen Rechtsan-wälte keine Unterscheidung zwischen Partnern, freien Mitarbeitern und angestellten Rechtsanwälten vorgenommen, so dass theore-tisch eine Haftung aller genannten Rechtsanwälte möglich wäre. Um für den Fall eines Fehlers die daraus resultierende Haftung der Kanzlei [X.]

Rechtsanwälte für Sie so transparent wie möglich zu gestalten, teilen wir Ihnen hiermit mit, dass die in der Kanzlei tätigen Rechtsanwälte

E.

,

[X.]

, Dr.

Ro.

und

H.

angestellte Rechtsanwälte der Kanzlei [X.]

Rechtsanwälte sind und [X.] nicht als Partner haften würden. Um dies auch
nach außen zu dokumentieren, werden wir zukünftig auch auf dem Briefkopf der Kanzlei einen entsprechenden Hinweis aufnehmen."

Aus diesem Schreiben möchte die Revision den Schluss ziehen, dass die nicht genannten, aber im Briefkopf
der Kanzlei
aufgeführten Rechtsanwälte [X.]

, T.

und [X.].

neben dem [X.] zu
2 Partner gewesen [X.], also eine [X.] bestanden habe. Zum einen be-schreibt das Schreiben jedoch die Rechtslage im Zeitpunkt seiner Abfassung, also am 16.
September 2004. Rückschlüsse auf den 3.
November 2003 lassen sich
deshalb -
wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat
-
nur einge-schränkt ziehen. Zum anderen können der Briefkopf oder der Inhalt des [X.] unrichtig gewesen sein. Rechtsanwalt [X.]

, der Verkäufer der [X.], sollte nach dem Inhalt des Kaufvertrages nicht Partner der an den [X.] zu
2 verkauften Kanzlei werden oder bleiben.
Die Revision verweist
zu-dem selbst auf spätere Schreiben von "[X.]

Rechtsanwälte", in denen Rechtsanwalt [X.].

als angestellter Rechtsanwalt ausgewiesen wird. Anlass zu besonderer Sorgfalt gab es im Zeitpunkt des Schreibens vom 16.
September 13
-
8
-
2004 nicht; die einmal eingetretene Haftung der "Scheinsozien"
[X.]

und [X.].

aus dem mit der Klägerin geschlossenen [X.] konnte durch einseitige Erklärungen des [X.] zu
2 nicht mehr beseitigt werden.

b)
Die Revision beanstandet die weitere Annahme des Berufungsge-richts, der Beklagte zu
2 habe die [X.] "[X.]

Rechtsanwälte"
ge-mäß Partnerschaftsvertrag vom 24.
Mai 2007 mit Wirkung vom 1.
Januar 2007 in die neue gegründete, mangels Eintragung
(vgl. §
7 Abs.
1 [X.])
als [X.] bürgerlichen Rechts bestehende Beklagte zu 1 eingebracht. Ob [X.] nicht
vor Zustellung der Klage unterzeichnet worden ist und ob
er inhaltlich nicht hinreichend bestimmt war, weil die Bewertung der eingebrachten Einlagen zum 31.
Dezember 2006 noch ausstand, welche wiederum für die Hö-he der jeweiligen Anteile maßgeblich sein sollte, ist für die Entscheidung des Rechtsstreits jedoch ohne Belang. Mängel des [X.] führen nicht zu einem Eintritt der [X.] zu
1 in den [X.] zwischen der Klägerin und dem [X.] zu
2 oder zu einer Haftung für Verbindlichkeiten des [X.] zu
2 aus diesem Vertrag.

c) Entgegen der Ansicht der Revision ist es der [X.] zu
1 auch nicht wegen des Verbotes widersprüchlichen Verhaltens (§
242 [X.]) verwehrt, sich darauf zu berufen, nicht Vertragspartei geworden zu sein. Die Revision meint, es verstoße gegen [X.] und Glauben, die Haftung der über Jahre hin-weg unter der Bezeichnung "[X.]

Rechtsanwälte"
betriebenen [X.] gegenüber ihren Mandanten durch die (vermeintliche) Gründung
einer völlig neuen, aber von denselben Personen in denselben Räumen unter Verwendung derselben Telefon-
und Telefaxnummern und vor allem unter der-selben Firmierung betriebenen Anwaltssozietät entfallen zu lassen. Die tatsäch-lichen Voraussetzungen des angenommenen Vertrauenstatbestandes sind je-14
15
-
9
-
doch nicht festgestellt worden. Der [X.] ist mit einem Einzelanwalt, nicht mit einer Sozietät zustande gekommen. Dessen
Haftung blieb unberührt.

2. Entgegen der Ansicht der Revision folgt die Passivlegitimation der [X.] zu
1 auch nicht aus einer vertraglichen
oder gesetzlichen
Haftungs-übernahme.

a) Die Revision unterstellt hilfsweise die Wirksamkeit des [X.] vom 24.
Mai 2007. Der Vertrag enthält folgende Bestimmungen:

"3. Einlagen

Die Partner bringen ein:

Dr. W.

: Sachwerte und ideelle
Werte der bisherigen
Einzelkanz-lei "[X.]

Rechtsanwälte"

4. Verbindlichkeiten aus der bisherigen [X.] "[X.]

Rechtsanwälte"

Soweit erforderlich für den Betrieb der Kanzlei bedient die [X.] die jeweils anfallenden Kosten aus den zum 31.12.2006 noch offenen Verbindlichkeiten der bisherigen [X.] "[X.]

Rechtsanwälte"
gemäß Anlage 1. Dies gilt nur solange, wie die Partnerschaft besteht. Ansonsten verbleiben diese [X.], wie ebenfalls die Verbindlichkeiten aus der [X.] Übernahme von RA [X.]

im Jahre 2003 bei Dr.
W.

."

b) Durch den Partnerschaftsvertrag allein ist die
Beklagte zu
1 nicht [X.] des am 3.
November 2003
zwischen der Klägerin und dem [X.] zu
2 geschlossenen [X.]s
geworden.
Zwar werden die Beiträge der [X.]er gemäß §
718 Abs.
1 [X.] (iVm §
1 Abs.
4 [X.]) gemeinschaftli-ches Vermögen (Gesellschaftsvermögen).
Die einzelnen Vermögensgegen-16
17
18
-
10
-
stände
müssen jedoch, wenn sie in das Vermögen der Gesellschaft übergehen sollen, nach den jeweils geltenden Vorschriften übertragen werden (Bamber-ger/[X.]/[X.]/Schöne, [X.], 2.
Aufl., §
706 Rn.
6). Bewegliche Sachen wer-den nach §§
929
ff [X.] übereignet, Forderungen und Rechte nach §§
398
ff, 413 [X.] abgetreten; für Grundstücke gelten §§
873, 925 [X.]. Eine Vertrags-übernahme erfolgt durch einen drei-
oder mehrseitigen Vertrag unter Beteili-gung der bisherigen [X.]en und der übernehmenden [X.] oder durch zwei-seitigen Vertrag zwischen der ausscheidenden und der übernehmenden [X.] mit Zustimmung der verbleibenden [X.] ([X.], Urteil vom 27.
November 1985 -
VIII
ZR 316/84, [X.]Z 96, 302, 308; [X.]/[X.]/Rohe, aaO §
415 Rn.
27). Die Revision zeigt nicht auf, dass
die Klägerin die tatsächlichen Vo-raussetzungen einer Vertragsübernahme in den Tatsacheninstanzen vorgetra-gen oder sich überhaupt auf eine Vertragsübernahme berufen hat.

c) Entgegen der Ansicht der Revision enthält Abschnitt 4 des [X.] auch keine Haftungsübernahme der [X.] zu
1. Diese hat sich verpflichtet, offene Verbindlichkeiten der bisherigen [X.] zu [X.], soweit dies für den Betrieb der Kanzlei erforderlich ist. Die Erfüllung eines Regressanspruchs gegen den [X.] zu
2
dient nicht dem Betrieb der Kanzlei. Mit diesem Begriff werden vielmehr ersichtlich Betriebskosten und lau-fende Verbindlichkeiten beschrieben, nicht Verpflichtungen,
die
den [X.] zu
2 persönlich treffen, ohne sich auf den Betrieb der Kanzlei auszuwirken. Die Revision behauptet zwar das Gegenteil, begründet ihre Ansicht aber nicht.

d) Die Voraussetzungen eines Haftungsübergangs gemäß oder entspre-chend §
28 HGB hat das Berufungsgericht zutreffend verneint. Nach §
28 Abs.
1 HGB haftet die Gesellschaft, die durch den Eintritt eines persönlich [X.]den Gesellschafters in das Geschäft eines Einzelkaufmanns entsteht, für alle 19
20
-
11
-
im Betrieb des Geschäfts entstandenen Verbindlichkeiten des früheren [X.]; die in dem Betrieb begründeten Forderungen gelten den Schuldnern gegenüber als auf die Gesellschaft übergegangen. Die unmittelbare Anwendung dieser Vorschrift scheitert daran, dass ein Rechtsanwalt kein Han-delsgewerbe betreibt (§
2 Abs.
2 [X.]).
Ihre entsprechende Anwendung auf den Fall, dass sich ein Rechtsanwalt mit einem bisher als Einzelanwalt tätigen anderen Rechtsanwalt zur gemeinsamen Berufsausübung in einer Sozietät in der Form einer [X.] zusammenschließt, hat der [X.] wegen der besonderen Ausgestaltung der zwischen einem Einzelanwalt und seinen Mandanten bestehenden Rechtsverhältnisses
abge-lehnt ([X.], Urteil vom 22.
Januar 2004 -
IX
ZR 65/01, [X.]Z 157, 361, 366
ff; ebenso [X.], 89 Rn.
21; [X.] in Festschrift für [X.], 2011, 263, 275). An dieser Rechtsprechung, deren Richtigkeit von der Revision auch nicht in Zweifel gezogen wird, hält der Senat fest.

3. Entgegen der Ansicht der Revision haftet die Beklagte zu
1 nicht nach
Rechtsscheinsgrundsätzen.

a) Die Klägerin beruft sich auf die Rechtsprechung
des Bundesgerichts-hofs
zur Haftung des Scheinsozius
([X.], Urteil
vom 24.
Januar 1978 -
VI
ZR 264/76, [X.]Z 70, 247, 249;
vom 5.
November 1993 -
V
ZR 1/93, [X.]Z 124, 47, 51; vom 8.
Juli 1999 -
IX
ZR 338/97, [X.], 1846, 1847)
sowie zur Haf-tung der Sozietät für Fehler und unerlaubte Handlungen des Scheinsozius ([X.], Urteil vom 3.
Mai 2007 -
IX
ZR 218/05, [X.]Z 172, 169
ff). Danach [X.] angestellte
Rechtsanwälte sowie freie Mitarbeiter wie [X.], wenn sie den zurechenbaren Anschein gesetzt haben, Mitglieder der Sozietät zu sein. Umgekehrt haftet die Sozietät, die den Scheinsozius nach außen wie einen Sozius handeln lässt, für dessen Fehler bei der Bearbeitung eines Man-21
22
-
12
-
dats ebenso wie für dessen unerlaubte Handlungen. Die Revision meint, nach Anerkennung der Rechtsfähigkeit der [X.] ([X.], Urteil vom 29.
Januar 2001 -
II
ZR 331/00, [X.]Z 146, 341) verdiene die Scheinsozietät keine besondere Behandlung. Jedenfalls nachdem sie zu einer Sozietät ([X.]-Gesellschaft) "erstarkt"
sei, müsse es möglich sein, sie selbst auf
Erfüllung von [X.] in Anspruch zu nehmen, die während der [X.] begründet worden seien.

b) Diese Ansicht trifft nicht zu. Eine Scheinsozietät ist rechtlich nicht exis-tent. Sie kommt als Anspruchsgegnerin nicht in Betracht. Eine Bestimmung im Gesetz, welche die während des Bestehens einer Scheinsozietät entstandenen Ansprüche, die sich nur gegen
einzelne Personen oder eine bereits vorhandene
Gesellschaft
richten können, auf eine später gegründete Gesellschaft überleitet, gibt es nicht. Soweit der Anschein einer Sozietät gesetzt wurde, haften die [X.] für die Fehler des [X.] oder der wirklichen [X.]er ebenso, wie der Einzelanwalt oder die wirkliche Gesellschaft und die wirklichen Gesellschafter für die Fehler von [X.]n einzu-stehen haben. Die Vorschrift des
§
130 HGB, die nach Ansicht der Revision auf den vorliegenden Fall entsprechend angewendet werden soll, könnte allenfalls zu einer Haftung weiterer Gesellschafter
führen, nicht jedoch zu einer Haftung

23
-
13
-
der [X.] zu
1 selbst (vgl. [X.], Urteil vom 7.
April 2003 -
II
ZR 56/02, [X.]Z 154, 370; vom 19.
November 2009 -
IX
ZR 12/09, [X.], 139 Rn.
15
ff).

Kayser
Raebel
[X.]

Pape
Möhring

Vorinstanzen:
LG [X.] I, Entscheidung vom 14.07.2008 -
35 O 14624/07 -

OLG [X.], Entscheidung vom 15.07.2009 -
15 U 4225/08 -

Meta

IX ZR 161/09

17.11.2011

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.11.2011, Az. IX ZR 161/09 (REWIS RS 2011, 1340)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1340

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX ZR 161/09 (Bundesgerichtshof)

Haftung der GbR für Verbindlichkeiten eines Einzelanwalts nach Einbringung seiner Kanzlei in die Gesellschaft wegen …


VIII ZR 230/07 (Bundesgerichtshof)


22 U 168/02 (Oberlandesgericht Köln)


IX ZR 218/05 (Bundesgerichtshof)


AnwZ (Brfg) 37/11 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IX ZR 161/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.