Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.12.2002, Az. NotZ 15/02

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2002, 430

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[X.] 15/02Verkündet am:2. Dezember 2002F r e i t a gJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]:ja [X.] § 6 Abs. 2 Nr. 1Für die Frage, ob noch fehlende allgemeine Wartezeit durch anderweitigepraktische Erfahrung ausgeglichen wird, ist ohne Bedeutung, welcher Art dieTätigkeit des Bewerbers während seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft(etwa auch als Notarvertreter oder Notariatsverwalter) war.[X.], Beschluß vom 2. Dezember 2002 - [X.] 15/02 - [X.] [X.], [X.], hat auf die mündliche [X.] vom 2. Dezember 2002 durch [X.] [X.],[X.] und [X.] sowie die Notare [X.] und Dr. [X.]beschlossen:Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschlußdes Notarsenats des [X.]s vom 8. Mai 2002 wird [X.].Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des [X.] zu tragen und die der Antragsgegnerin im Beschwerde-rechtszug entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 festgesetzt.Gründe:[X.] 1963 geborene Antragsteller ist seit dem 8. Mai 1995 zur Rechtsan-waltschaft und als Rechtsanwalt beim [X.] zugelassen. Er [X.] sich um eine der im [X.] vom 31. März 2000 - mit am2. Mai 2000 ablaufender Bewerbungsfrist - ausgeschriebenen 60 Notarstellen.Mit Bescheid vom 25. Oktober 2001 teilte die Antragsgegnerin dem [X.] -tragsteller mit, daß er im Auswahlverfahren nicht berücksichtigt worden sei. [X.] die Voraussetzungen der allgemeinen Wartezeit gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1[X.] nicht, weil er bei Ablauf der Bewerbungsfrist noch nicht mindestens fünfJahre zur Rechtsanwaltschaft zugelassen gewesen sei. Eine Verkürzung derallgemeinen Wartefrist gemäß III Nr. 10 Satz 1 der [X.] Angelegenheiten der Notare vom 22. April 1996 ([X.]) komme nicht [X.]; es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß die Zurückwei-sung des Antrags für den Antragsteller eine besondere Härte bedeute.Mit seinem hiergegen gerichteten, mit dem Antrag auf Erlaß einer einst-weiligen Anordnung verbundenen, Antrag auf gerichtliche Entscheidung, hatder Antragsteller geltend gemacht, die Auswahlentscheidung der [X.] sei schon formell rechtswidrig, weil das Verfahren zur Ausschreibung of-fener Notarstellen in [X.] nicht den Anforderungen der Rechtsprechung [X.] entsprechend gesetzlich geregelt sei. Der Be-scheid der Antragsgegnerin sei auch materiell rechtswidrig. Die Antragsgegne-rin habe das ihr in bezug auf ein Absehen von der Einhaltung des Erfordernis-ses der allgemeinen Wartezeit zustehende Ermessen nicht ausgeübt. Im [X.] Antragstellers liege bei einem Unterschreiten der allgemeinen Wartezeitnur um sechs Tage ein eine Ausnahme rechtfertigender außergewöhnlicherSachverhalt vor, zumal er vor seiner Zulassung als Rechtsanwalt drei Jahre [X.] für die [X.] gearbeitet und seit dem 1. April 1995 als [X.] in einer Anwaltskanzlei tätig gewesen sei; darüber hinaus habe er [X.] eine Vielzahl von Notarvertretungen durchgeführt, von [X.] bis Anfang 2001 das Notariat eines mittlerweile verstorbenen Notars [X.] geführt und sich seit dem 1. Februar 2002 in eigener Kanzlei- 4 -als Rechtsanwalt selbständig gemacht. Durch diese Tätigkeiten seien die [X.] sechs Tage Wartezeit mehr als kompensiert.Das [X.] (Notarsenat) hat den Antrag auf gerichtliche Ent-scheidung und auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. [X.] sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Antrag auf gericht-liche Entscheidung weiter und bittet um einstweiligen Rechtsschutz im Be-schwerdeverfahren.[X.] gemäß § 111 Abs. 4 [X.] i.V.m. § 42 Abs. 4 [X.] zulässige [X.] Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Antrag auf gerichtlicheEntscheidung ist, wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat, unbegrün-det; der Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. Oktober 2001 ist rechtmäßig.Der Antragsteller hat weder einen Anspruch auf Bestellung zum Notar, noch(nach Maßgabe seiner Hilfsanträge) auf erneute Bescheidung oder auf [X.] der [X.] Antragsteller erfüllte zum [X.]punkt des Ablaufs der Bewerbungsfrist(2. Mai 2000) die allgemeine Wartezeit gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 [X.] nicht;angesichts dessen, daß er die Urkunde über die Zulassung zur Rechtsanwalt-schaft am 8. Mai 1995 erhalten hatte, fehlten sechs [X.]) Allerdings ist nach § 6 Abs. 2 [X.] der Ablauf der [X.] keine zwingende Bedingung für die Bestellung des Bewerbers zum- 5 -Notar; die Vorschrift bestimmt einschränkend, daß als Notar "in der Regel" nurbestellt werden "soll", wer diese Voraussetzung erfüllt. Da es sich lediglich [X.] handelt, kann in besonders begründeten Fällen vonderen Einhaltung abgesehen werden (BT-Drucks. 11/6007 [X.]). [X.] der Justizverwaltung die Möglichkeit eröffnet, bei grundsätzlicher Geltungder schematisch-starren, aber nicht zuletzt im Interesse der Rechtssicherheitund Rechtspraktikabilität notwendigen Wartezeitregelung die erforderlichenAusnahmen zuzulassen. Die Bestellung eines Bewerbers, der die Regelvor-aussetzungen des § 6 Abs. 2 [X.] nicht erfüllt, muß jedoch - schon wegendes diesem innewohnenden Elements der Gleichbehandlung aller Mitbewer-ber - auf seltene Ausnahmefälle beschränkt bleiben und kommt nur dann [X.], wenn angesichts eines ganz außergewöhnlichen Sachverhalts [X.] der Regelzeiten aus Gerechtigkeitsgründen oder aus [X.] zwingend erscheint (Senatsbeschlüsse vom 14. Juli 1997 - [X.] 24/96 -D[X.] 1997, 900, 16. März 1998 - [X.] 24/97 - NJW-RR 1998, 1281 und [X.] 2001 - [X.] 17/01 - NJW 2002, 970; vgl. auch - zur örtlichen Warte-zeit - Beschlüsse vom 18. September 1995 - [X.] 36/94 - D[X.] 1996, 894und vom 16. März 1998 - [X.] 16/97 - D[X.] 1999, 244), wozu [X.] auch die Durchsetzung des Prinzips der Bestenauslese gehören kann (vgl.Beschluß vom 3. Dezember 2001 aaO).Zudem hat in [X.] die Justizverwaltung ihr Ermessen nach § 6 Abs. 2[X.] allgemein durch die - auch entsprechend praktizierte - Bestimmung [X.]. 10 [X.] eingeschränkt, wonach Ausnahmen vom Erfordernis der [X.] (nur) in Betracht kommen, wenn die Zurückweisung des Antrags für [X.] eine besondere Härte bedeuten würde. Diese Beschränkung [X.] den Kreis der denkbaren Ausnahmefälle eng, sie ist aber grundsätzlich- 6 -verbindlich; sie schafft einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interes-sen einzelner Bewerber an einer möglichst individuellen Prüfung der außerge-wöhnlichen Umstände ihres jeweiligen Falles und dem entgegengesetzten [X.] (wie auch der Mitbewerber), die - schwierige undim Einzelfall kaum zuverlässig mögliche - Beurteilung der erforderlichen Erfah-rungen eines Bewerbers in der Praxis der Rechtsbesorgung regelmäßig, wennnicht ein besonderer Härtefall vorliegt, anhand des Maßstabs der Zulassungs-dauer vornehmen zu können (Senatsbeschluß vom 14. Juli 1997 aaO). DerGesichtspunkt der "besonderen Härte" verlangt ein besonders gestaltetes,schweres Einzelschicksal (vgl. [X.]Z 122, 136), wobei sich allerdings die Ent-scheidung der Justizverwaltung nicht ausschließlich auf Umstände persönlicherArt beziehen kann, sondern im Blick behalten muß, ob der Bewerber die erfor-derliche Vertrautheit mit der Praxis der Rechtsbesorgung und Sicherheit imUmgang mit der [X.] Bevölkerung erworben hat (Beschluß vom14. Juli 1997 [X.]) Besondere persönliche Lebensumstände, die die Nichtberücksichti-gung des Antragstellers im Rahmen des vorliegenden Ausschreibungsverfah-rens als besondere Härte kennzeichnen könnten, sind nicht ersichtlich. [X.], daß dem Antragsteller an der allgemeinen Wartezeit nur die [X.] von sechs Tagen fehlt, beinhaltet, wie sich aus den obigen Ausfüh-rungen ergibt, für sich genommen keine besondere Härte. Bei anderer Sichtkönnte die Regelwartezeit letztlich völlig ausgehöhlt werden, was der gesetzli-chen Regelung und dem Grundsatz der Gleichbehandlung der [X.] -Es wäre allerdings ein besonderer Härtefall - bzw. der Standpunkt [X.] wäre aus Gerechtigkeitsgründen unhaltbar -, wenn der [X.] die nicht (vollständig) nachgewiesene praktische Erfahrung so of-fensichtlich in anderer Weise gewonnen hätte, daß sich die Verweisung auf dieWartezeit für jeden vernünftigen Betrachter als ein sinnloses Beharren aufFormalien darstellen würde (Beschluß vom 14. Juli 1997 aaO). Der [X.] dem [X.] darin, daß ein solcher Tatbestand hier nicht vor-liegt. Weder ergibt sich dieser ohne weiteres daraus, daß der Antragsteller [X.] drei Jahre bei der [X.] tätig war, noch daraus, daß er vor [X.] Zulassung als Rechtsanwalt bereits über einen Monat als Assessor in ei-nem Anwaltsbüro angestellt war. Solche - im übrigen auch für den [X.] typischen - Tätigkeiten waren nicht zwangsläufig der-selben Art wie die eines Rechtsanwalts als unabhängigen Organs der [X.] im praktischen Umfang mit dem [X.] Publikum und den Ge-richten.c) Es findet im Rahmen der Prüfung des Erfordernisses der [X.] (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) auch keine Berücksichtigung, daß der [X.] nach seiner Zulassung als Rechtsanwalt auch als Notariatsverwaltertätig war und Notarvertretungen wahrgenommen hat. Die vom Senat [X.] offengelassene Frage, ob Notarvertretungen und Beurkundungen alsTeil der (bei der allgemeinen Anwaltstätigkeit bereits berücksichtigten) [X.] für die Frage, ob die Wartezeit verkürzt werden kann, in [X.] werden dürfen (Senatsbeschlüsse vom 14. Juli 1997 aaO, vom31. Juli 2000 aaO und vom 16. Juli 2001 - [X.] 8/01 - NJW-RR 2001, 1564,1566), ist zu verneinen. Der Gesichtspunkt, daß der Bewerber als [X.] tätig war und Notarvertretungen wahrgenommen hat, ist erst von [X.] 8 -deutung bei der Prüfung der Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern(vgl. § 6 Abs. 3 [X.]), die die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 [X.] (all-gemeine und besondere Wartezeit) erfüllt haben. Die Frage, ob die besagtenWartezeiten erfüllt sind, ist also in einem ersten Schritt unabhängig davon zubeantworten, wie die [X.] der Anwaltszulassung konkret ausgefüllt wurde. [X.] und Bewertung der Anwaltstätigkeit im jeweiligen Einzelfall wäre [X.] nicht möglich und würde zu einer unvertretbaren Verzögerung derjetzt schon häufig langen Bewerbungsverfahren führen. Zudem würde die Be-rücksichtigung einer umfangreichen Vertretungs- und Beurkundungspraxis da-zu führen, daß Rechtsanwälte, die beruflich mit einem Notar verbunden sind,gegenüber solchen Bewerbern bevorzugt würden, denen der Zugang zu Notar-vertretungen nicht in diesem Maße offensteht (Beschluß vom 16. Juli 2001aaO).2. Soweit der Antragsteller zur Begründung seines [X.], die An-tragsgegnerin zu einer erneuten Ausschreibung zu verpflichten, geltend macht,das Ausschreibungsverfahren sei nicht hinreichend gesetzlich geregelt, folgtder Senat dem nicht. § 6 b Abs. 2 [X.] sieht alternativ die Einreichung [X.] innerhalb einer von der Landesjustizverwaltung allgemein bekanntgegebenen Frist oder "innerhalb der in der Ausschreibung gesetzten Frist" vor;letzteres genügt also den Vorgaben des - nach dem Beschluß des [X.] vom 18. Juni 1986 ([X.] 73, 280) geänderten - Gesetzes.Das [X.] verlangt nicht, daß die konkrete Bewerbungs-frist gesetzlich festgelegt sein muß. Es hat als eine ausreichende Regelung § 8Abs. 1 Satz 1 [X.] angesehen ([X.] aaO 296). Diese Bestimmung schreibtkeine feste Ausschreibungsfrist vor. In der hier maßgeblichen [X.] war eine mehr als vierwöchige Bewerbungsfrist festgelegtworden. Eine solche Frist ist auch im Blick auf Art. 12 GG hinreichend.[X.] mit dem vorliegenden Beschluß über die Hauptsache abschließendentschieden wird, ist der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung [X.] gegenstandslos. Ins Leere geht auch das Gesuch, [X.] der von der Antragsgegnerin ausgewählten Bewerber bzw. diebetreffenden Besetzungsberichte der Antragsgegnerin beizuziehen und [X.] Akteneinsicht zu gewähren. Um die Auswahl unter mehreren ge-eigneten Bewerbern geht es hier nicht, weil der Antragsteller, wie ausgeführt,die Eignungsvoraussetzung des § 6 Abs. 2 Nr. 1 [X.] nicht erfüllt.[X.] [X.] Doyé [X.]

Meta

NotZ 15/02

02.12.2002

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.12.2002, Az. NotZ 15/02 (REWIS RS 2002, 430)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 430

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