Bundespatentgericht, Beschluss vom 31.10.2012, Az. 10 W (pat) 12/10

10. Senat | REWIS RS 2012, 1788

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Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – "Biometrisch aktiviertes Bildgebungssystem" – im Erteilungsbeschluss vorgenommene Einfügung der Rückbeziehung in einem Patentanspruch – zur redaktionellen Änderung eines Patentanspruchs – inhaltliche Beschränkung des Patentgegenstands


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2004 049 448.7-35

wegen Erteilungsbeschluss

hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des [X.] am 31. Oktober 2012 durch [X.], die Richterin [X.] und die Richterin Dr. Kober-Dehm

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 61 B des [X.] vom 22. Januar 2010 aufgehoben und die Sache an das [X.] zurückverwiesen.

2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

1

[X.] reichte am 8. Oktober 2004 beim [X.] eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung „Biometrisch aktiviertes Bildgebungssystem“ ein.

2

Auf den Prüfungsbescheid der Prüfungsstelle für [X.] B vom 4. März 2009, in dem die Patentinhaberin darauf hingewiesen wurde, dass eine Patenterteilung auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen wegen fehlender Neuheit des Gegenstands der Erfindung nicht in Aussicht gestellt werden könne, reichte diese mit Schreiben vom 18. November 2009, eingegangen am 20. November 2009, neue Patentansprüche 1 bis 17 sowie eine entsprechend angepasste Beschreibung ein.

3

Mit Beschluss vom 22. Januar 2010 erteilte die Prüfungsstelle für [X.] B des [X.]s das Patent, wobei sie der Erteilung die Figuren und die Seiten 4 bis 26 der Beschreibung in der Fassung vom Anmeldetag sowie die am 20. November 2009 eingereichten Patentansprüche 1 bis 17 nebst den entsprechend angepassten Seiten 1 bis 3, 3a und 3b der Beschreibung zugrunde legte. Hierbei wurden in den Patentansprüchen 1 bis 14 als „redaktionelle Änderungen“ bezeichnete [X.] und Ergänzungen vorgenommen.

4

Die Patentansprüche 1 und 8 haben danach folgenden Wortlaut (durch die Prüfungsstelle vorgenommene Änderungen gegenüber den Anmeldunterlagen sind kursiv wiedergegeben):

5

1. Medizinisches,

6

eine Zentraleinheit (14);

7

eine Datenspeichereinheit (70), die Daten mit der Zentraleinheit (14) austauscht;

8

eine Bildgebungsvorrichtung

9

eine biometrische Autorisierungseinheit (82) oder (90), die mit der Zentraleinheit (14) elektronisch verbunden ist,

bei dem aus den biometrischen Kennzeichen extrahierte biometrische Daten mit in der Datenspeichereinheit (70) gespeicherten biometrischen Daten verglichen werden,

bei dem den gespeicherten biometrischen Daten und den persönlichen Identifizierungsdaten Benutzerpräferenzdaten betreffend die Bildgebung der Bildgebungsvorrichtung (84) zugeordnet sind.

8. Medizinisches Bildgebungsnetzwerk

eine medizinische Bildgebungsvorrichtung (84); und

eine biometrische Autorisierungseinheit (82) oder (90),

ein zentrale Verwaltungsstation (76), die mit jedem der medizinischen Bildgebungssysteme (74) Daten austauscht,

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Patentinhaberin gegen den [X.] insoweit, als die Prüfungsstelle in Patentanspruch 8 in Bezug auf den Begriff „medizinische Bildgebungssysteme“ eine Rückbeziehung auf die Patentansprüche 1 bis 7 eingefügt hat. Sie macht geltend, dass der in der eingereichten Fassung für patentfähig erachtete Patentanspruch 1 ein medizinisches Bildgebungssystem betreffe. Es sei daher nicht ersichtlich, weshalb der ein medizinisches Bildgebungsnetzwerk betreffende Patentanspruch 8 einen Rückbezug auf Patentanspruch 1 und die diesem untergeordneten Ansprüche 2 bis 7 enthalten müsse. Die Patentansprüche 1 und 8 seien in inhaltlicher Hinsicht einander angepasst worden und die Merkmale, die die Patentfähigkeit von Anspruch 1 begründeten, seien auch in Anspruch 8 enthalten, so dass die Aufnahme eines [X.] nicht notwendig sei.

[X.] beantragt sinngemäß,

1. den [X.] der Prüfungsstelle für [X.] B vom 22. Januar 2010 aufzuheben und einen geänderten [X.] ohne die Rückbeziehung in Patentanspruch 8 auf die Patentansprüche 1 bis 7 zu erlassen;

2. die [X.] zurückzuerstatten.

Hilfsweise beantragt sie,

eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die [X.] und die im Beschwerdeverfahren eingereichten Schrift-sätze verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache insoweit Erfolg, als der [X.] ohne Sachentscheidung aufzuheben und die Sache an das Patentamt zurückzuverweisen ist (§ 79 Abs. 3 Nr. 2 [X.]).

1. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere hat die Patentinhaberin mit der Darlegung, dass der angefochtene Beschluss abweichend von ihrem Erteilungsantrag ergangen sei, auch schlüssig eine Beschwer geltend gemacht. Dies reicht für die Bejahung der Zulässigkeit der Beschwerde aus (vgl. [X.], [X.], 8. Aufl., § 73 Rn. 50).

2. Die Beschwerde ist auch in der Sache begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt.

Ein Patent darf grundsätzlich nur so erteilt werden, wie es beantragt ist. Jede Änderung der Unterlagen, die nicht nur in geringfügigen redaktionellen Korrekturen wie der Berichtigung von Schreibfehlern oder offensichtlichen grammatikalischen oder sprachlichen Unrichtigkeiten besteht, setzt das schriftlich erklärte Einverständnis des Anmelders voraus (vgl. [X.], a. a. [X.], Einleitung Rn. 6; Busse/Schwendy, [X.], 6. Aufl., § 48 Rn. 17, vor § 34 Rn. 52; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 49 Rn. 2; B[X.]E 25, 141, 143).

Die im [X.] vorgenommene und von der Patentanmelderin allein beanstandete Einfügung der Rückbeziehung in Patentanspruch 8 auf die Patentansprüche 1 bis 7 stellt nicht nur eine bloß redaktionelle Änderung im vorgenannten Sinne dar. Vielmehr handelt es sich um eine von der beantragten Fassung des Patentanspruchs abweichende inhaltliche Beschränkung des beanspruchten Bildgebungsnetzwerks.

Die Prüfungsstelle hat im Prüfungsbescheid in Bezug auf Patentanspruch 10, der Patentanspruch 8 in der auf den Prüfungsbescheid hin eingereichten Fassung im Wesentlichen entspricht, lediglich darauf hingewiesen, dass der Begriff „Bildgebungsvorrichtung“ zu präzisieren und gegebenenfalls durch den schon in Patentanspruch 1 verwendeten Begriff „Bildgebungssystem“ zu ersetzen sei. Dass die Bildgebungssysteme gemäß einem der Ansprüche 1 bis 7 ausgestaltet sein müssen, wurde jedoch nicht verlangt, so dass die Prüfungsstelle die Rückbeziehung auf die Ansprüche 1 bis 7 in den Patentanspruch 8 nicht hätte aufnehmen dürfen, ohne der Patentinhaberin vorher Gelegenheit zur Äußerung gegeben zu haben.

Nachdem das nachgesuchte Patent abweichend vom Erteilungsantrag erteilt worden ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben, ohne dass der Senat in der Sache selbst entscheidet, § 79 Abs. 3 Nr. 2 [X.]. Die Prüfungsstelle wird nunmehr über die Erteilung des Patents nach Maßgabe des von der Patentinhaberin gestellten Antrags erneut zu beschließen haben.

[X.]

Die Anordnung der Rückzahlung der [X.] beruht auf § 80 Abs. 3 [X.]. Danach ist die Rückzahlung anzuordnen, wenn dies der Billigkeit entspricht.

So liegt der Fall hier. Die Erhebung der Beschwerde und die Entrichtung der [X.] hätten bei ordnungsgemäßer und angemessener Sachbehandlung vermieden werden können (vgl. [X.], a. a. [X.], § 73 Rn. 124 f.). Der angefochtene Beschluss erging unter Verletzung des Grundsatzes der Bindung an den Erteilungsantrag, womit die Patentinhaberin zugleich auch in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden ist. Diese Verfahrensfehler sind für die Erhebung der Beschwerde ursächlich gewesen.

Meta

10 W (pat) 12/10

31.10.2012

Bundespatentgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 31.10.2012, Az. 10 W (pat) 12/10 (REWIS RS 2012, 1788)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1788

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