Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2003, Az. 3 StR 434/02

3. Strafsenat | REWIS RS 2003, 3951

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[X.] DES VOLKESURTEIL3 [X.]/02vom13. März 2003in der Strafsachegegen1.2.wegen gefährlicher Körperverletzung- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 13. März2003, an der teilgenommen haben:[X.] am [X.] [X.]als Vorsitzender,die [X.] am [X.] Dr. Miebach, [X.], [X.], [X.]als beisitzende [X.],[X.]als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten [X.]. ,Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten [X.],Rechtsanwalt als Vertreter des [X.] [X.],[X.]als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -1. [X.] [X.] vom 28. Juni 2002 wird [X.] Revision der Staatsanwaltschaft im vollen Umfang und [X.] Revision des [X.], soweit es den Angeklagten[X.] betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.2. Auf die Revision des Angeklagten [X.]. wird das [X.] Urteil, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch [X.] zugehörigen Feststellungen [X.] Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammerdes [X.] Die Revision des Angeklagten [X.] wird verworfen.5. Der Angeklagte [X.] hat die Kosten seines Rechtsmittels unddie dem Nebenkläger insoweit entstandenen notwendigen [X.] zu tragen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat die Angeklagten der gefährlichen Körperverletzungschuldig gesprochen und den Angeklagten [X.]. unter Einbeziehung des- 4 -Urteils des [X.] vom 6. Juni 2001 zu einer Jugendstrafe vonvier Jahren und sechs Monaten sowie den Angeklagten [X.] zu einer Ju-gendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtetsich die Revision der Staatsanwaltschaft, die mit sachlichrechtlichen [X.] eine Verurteilung der Angeklagten wegen versuchten [X.]. Dasselbe Ziel verfolgt die allein gegen den Angeklagten [X.] ge-richtete Revision des [X.], der sich zudem mit der sofortigen Be-schwerde gegen die Kostenentscheidung des Urteils wendet. Die Revision [X.] [X.]. richtet sich mit einer Verfahrensrüge und der allgemei-nen Sachbeschwerde nur noch gegen den Strafausspruch. Die Revision [X.] [X.] erhebt sachlichrechtliche Einwände gegen die Annahmevon Mittäterschaft und die Höhe der Jugendstrafe. Die Rechtsmittel der [X.], des [X.] und des Angeklagten [X.]. haben [X.] Revision des Angeklagten [X.] bleibt ohne Erfolg.[X.] Die Revision der [X.] Zu Recht beanstandet die Staatsanwaltschaft, daß das [X.]die Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes bei beiden Angeklagten mitrechtsfehlerhafter Begründung abgelehnt hat.a) Nach den Feststellungen des [X.]s hielten sich die beidenAngeklagten gemeinsam mit drei Schwestern des Angeklagten [X.]. vordem Haus mit der Arztpraxis des [X.] auf. Sie gerieten dort miteinan-der in Streit, in dessen Verlauf der Angeklagte [X.] seiner Freundin, der14jährigen und im achten Monat schwangeren Natalie [X.]. , auf die [X.] -schlug, so daß diese aus Mund und Nase blutete und sich benommen auf eineMauer vor dem Hause setzen mußte. Der Nebenkläger wurde auf das [X.] aufmerksam, zog eine Jacke über seine weiße Arztkleidung und ging hin-aus, um dem verletzten hochschwangeren Mädchen ärztliche Hilfe zu leisten.Um ihn vom Näherkommen abzuhalten, sprang der Angeklagte [X.]. "inKung-Fu-Manier" auf den Nebenkläger zu, den er als den Arzt des Ortes er-kannt hatte. Dieser wich in Richtung seiner Haustüre zurück. Der Angeklagte[X.]. lief ihm hinterher und zückte ein Klappmesser mit einer Klingenbreitevon ca. 2 cm und nach oben schmal zulaufender Klinge. Er versetzte dem [X.] einen Schlag auf das Gesäß. Dieser nahm einen an der [X.], hielt ihn schützend vor sich und ging in der Absicht, demblutenden Mädchen zu helfen, erneut auf die Gruppe zu. Während der Ange-klagte [X.]. drohend vor dem Nebenkläger auf und ab sprang und mit dem[X.]sser fuchtelte, versetzte der Angeklagte [X.] dem Nebenkläger von hintenüberraschend einen harten Schlag an die linke [X.]. Beide Ange-klagte wollten dem Nebenkläger eine Lektion erteilen, sich nicht in ihre Ange-legenheiten einzumischen. Der Nebenkläger fiel durch den Schlag hin und er-hielt zuerst weitere Schläge und Tritte. Der Angeklagte [X.] fixierte den [X.] mit seinem Körpergewicht am Boden und hielt dessen rechten Armfest. Sodann setzte sich der Angeklagte [X.]. vor den Nebenkläger, zogdessen linke Hand zu sich heran und schnitt nach Zurückschieben des [X.] mit dem [X.]sser in Höhe der Armbanduhr über das gesamte Hand-gelenk des [X.] in einer Länge von ca. 10 cm und einer Tiefe, die dasgesamte Handgelenk eröffnete. Unmittelbar danach stach er dem Nebenklägerinrascher Folge mehrfach in den Rücken. Zwei Stiche verletzten den [X.], einer eröffnete eine Arterie im Zwischenrippenraum. Beim [X.] -scheinen eines Passanten ließen die Angeklagten vom Nebenkläger ab undentfernten sich. Der Nebenkläger wurde mit dem Hubschrauber ins Kranken-haus verbracht und konnte durch eine sofortige [X.] gerettet werden. [X.] noch heute Atembeschwerden. Die [X.] ist aufgrundder Sehnendurchtrennungen erheblich eingeschränkt.b) Die Entscheidungsgründe lassen bereits nicht klar erkennen, ob sichdas [X.] vom Tötungsvorsatz nicht überzeugen konnte, weil es an [X.] oder an dessen Wollenselement gezweifelt hat. [X.] Angeklagten nach den Feststellungen ([X.]) "mit der Möglichkeit einestödlichen Ausgangs" nicht "rechneten", wird bei der rechtlichen Würdigung (UAS. 29) ausgeführt, die Angeklagten hätten die "objektiv lebensgefährliche [X.]" ihrer Stiche "erkannt", während kurz danach ([X.]) dargelegt wird, daßsich der Angeklagte [X.]. bei den Stichen "der Tragweite seines Handelnsnicht bewußt gewesen ist".Die vom [X.] als einem Tötungsvorsatz entgegenstehend ge-würdigten Umstände sind teilweise nicht tragfähig. Daß der Angeklagte[X.]. geraume [X.] nach der Tat zum Angeklagten [X.] geäußert hat, [X.] werde "in Zukunft keinem mehr helfen wollen", sagt über die [X.] zum Tatzeitpunkt nichts Entscheidendes. Gleiches gilt für [X.], daß der Angeklagte [X.]. - wovon die Kammer allein aufgrundder Einlassung des Angeklagten ausgeht - vor der Tat Horrorfilme angesehenhat, in denen einem Opfer die Hand abgeschnitten wird: Er ist für einen [X.] bei der Zufügung der Stiche in den Oberkörper ohne Bedeutung.Die in diesem Zusammenhang erfolgte Wertung der Tat als "von keinem Motivgeleitet(e)" [X.] ([X.]) steht im Widerspruch zu der [X.] -daß beide Angeklagte "von Anfang an" vorhatten, dem Nebenkläger "eine [X.] zu erteilen" ([X.]).Darüber hinaus fehlt die Auseinandersetzung mit der Feststellung, daßder das Tatgeschehen beobachtende Passant den Angeklagten zugerufenhatte: "Ihr könnt doch nicht einfach unseren Doktor abstechen!". Demnach warbei ihm aus der Art des Vorgehens der Angeklagten der Eindruck entstanden,hier geschehe ein Tötungsdelikt.2. Über den [X.] wird deshalb erneut zu entscheiden sein. [X.] hebt auch die Feststellungen des Urteils zum objektiven Tatgeschehenauf, um dem neuen Tatrichter eine umfassende neue Prüfung zu ermöglichen.Dieser wird zu beachten haben, daß nach der Rechtsprechung des[X.] bei der Einbeziehung eines früheren Urteils auch ein be-reits in jenes Urteil einbezogenes Urteil im Tenor des neuen Urteils aufzufüh-ren ist ([X.], 308; [X.], [X.]. vom 19. Mai 1999 - 3 StR 170/99 m.w. N.). Er wird, sollte er erneut eine erhebliche Einschränkung der Schuldfähig-keit des Angeklagten [X.]. nicht ausschließen können, in den [X.] mitzuteilen haben, von welchem Eingangsmerkmal des § 20 StGB er dabeiausgegangen ist (vgl. NStZ 1998, 296; 1999, 128). Sollte er bei seiner Beur-teilung den Drogenkonsum des Angeklagten in den Vordergrund stellen, wirder die Voraussetzungen, die von der Rechtsprechung in diesem Zusammen-hang für die Annahme erheblich verminderter Schuldfähigkeit aufgestellt [X.] sind, zu berücksichtigen haben (vgl. NStZ-RR 2002, 263 m. w. N.).- 8 -Im Fall der Annahme eines Tötungsvorsatzes wird unter dem Gesichts-punkt des Rücktritts zu erörtern sein, welche Vorstellung die Angeklagten vomverletzungsbedingten Zustand ihres Opfers hatten und warum sie vom [X.] und sich entfernten, als der Passant vorbeikam. Nach den bisherigenFeststellungen können die Voraussetzungen des § 24 StGB nicht angenom-men werden.I[X.] Die Rechtsmittel des [X.]1. Die Revision hat mit der Sachbeschwerde aus den oben [X.] 1. ge-nannten Gründen Erfolg, so daß es auf die Verfahrensrüge nicht mehr an-kommt.2. Durch die [X.] ist die sofortige Beschwerde des [X.] gegen die Auslagenentscheidung gegenstandslos (vgl. [X.]yer-Goßner,[X.] Aufl. § 464 Rdn. 20). Der neue Tatrichter wird zu berücksichtigen ha-ben, daß gegen die bisherige Auslagenentscheidung zu Recht Bedenken er-hoben worden sind. Zwar kann, entgegen dem Beschwerdevorbringen, nichtfestgestellt werden, daß das [X.] eine Entscheidung über die Auslagendes [X.] gänzlich unterlassen hat. Mit der Entscheidung, davon ab-zusehen, "den Angeklagten die Kosten des Verfahrens wie auch die Kosten [X.] aufzuerlegen", hat das [X.] ungeachtet der [X.] über die Auslagen des [X.] dahin entschieden, daßdiese von "den Angeklagten" nicht getragen werden sollten. Aus der Entschei-dungsformel ergibt sich allerdings die Besorgnis, daß das [X.] verkannthat, nur bezüglich des Angeklagten [X.] , der zum Tatzeitpunkt [X.] 9 -sender war (vgl. § 109 Abs. 2 Satz 1, § 74 [X.]), eine Entscheidung über dieAuslagen des [X.] treffen zu können. Die Entscheidungsgründe [X.] nicht, daß sich das [X.] angesichts der finanziellen [X.] Angeklagten [X.] mit der Möglichkeit einer zumindest teilweisen Aufer-legung der Kosten auseinandergesetzt hat (vgl. [X.], [X.]. vom22. Dezember 2000- 3 [X.] - bei [X.] NStZ-RR 2001, 326 (in NStZ 2001, 265 nicht abge-druckt); [X.], [X.] 9. Aufl. § 109 Rdn. 30 a).II[X.] Die Revision des Angeklagten [X.]. Die Revision hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg. Ihr liegt nach [X.] der Revision, dem die Staatsanwaltschaft in ihrer [X.] nicht widersprochen hat, folgendes Geschehen zugrunde:Gesetzliche Vertreterin des zum [X.]punkt der Hauptverhandlung [X.] Angeklagten war eine Mitarbeiterin des [X.] [X.], dem die Vormundschaft für den Angeklagten übertragen war. Der imSitzungssaal anwesenden gesetzlichen Vertreterin ist entgegen § 67 Abs. 1[X.] i. V. m. § 258 Abs. 2 und 3 StPO nicht von Amts wegen das letzte [X.] worden ([X.]R [X.] § 67 Erziehungsberechtigter 3 m. w. N.).Dieser [X.] führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. [X.] kann nicht ausschließen, daß sich mögliche Ausführungen der gesetzli-chen Vertreterin - insbesondere zur den Lebensumständen - auf die [X.] der an sich nicht unangemessenen Jugendstrafe ausgewirkt [X.] 10 -IV. Die Revision des Angeklagten [X.] Die Revision zeigt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagtenauf. Die Feststellungen tragen die Annahme der Mittäterschaft des Angeklag-ten. Danach hatten beide Angeklagte vor, dem Opfer eine Lektion zu erteilen.Der Angeklagte [X.] schlug dieses deshalb zuerst nieder, hielt es fest, er-möglichte dadurch den ungestörten [X.]ssereinsatz durch den Angeklagten[X.]. und billigte diesen auch. Die Feststellungen zum [X.] durch konkludentes Handeln sind durch das äußere [X.] ausreichend belegt. Dies gilt auch für die mittäterschaftliche Begehung [X.] mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung. Bei [X.] der Jugendstrafe sind erzieherische Gesichtspunkte ausreichendberücksichtigt worden.[X.] Miebach [X.] [X.] [X.]

Meta

3 StR 434/02

13.03.2003

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2003, Az. 3 StR 434/02 (REWIS RS 2003, 3951)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 3951

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