Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.11.2010, Az. 1 StR 520/10

1. Strafsenat | REWIS RS 2010, 1743

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Beweiswürdigung im Strafverfahren: Beweiswert einer kombinierten Analyse von Kern-DNA und mitochondrialer DNA


Leitsatz

Zum Beweiswert einer kombinierten Analyse von Kern-DNA und mitochondrialer DNA .

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 1. April 2010 wird als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Der Angeklagte war vom [X.] vom Vorwurf einer im Jahr 1990 begangenen Vergewaltigung einer ihm unbekannten 75 Jahre alten Frau und des anschließend zu deren Nachteil versuchten [X.] zunächst freigesprochen worden, weil sich die Kammer von seiner Täterschaft nicht hatte überzeugen können. Dieses Urteil hatte der Senat auf die staatsanwaltschaftliche Revision aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen ([X.], Urteil vom 26. Mai 2009 - 1 StR 597/08, [X.]St 54, 15). Dieses hat den Angeklagten nunmehr wegen der ihm zur Last gelegten Taten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 13 Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten bleibt aus den in der Antragsschrift des [X.] vom 6. Oktober 2010 dargelegten Gründen ohne Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO). Ergänzend hierzu bemerkt der Senat:

2

Die von der Revision im Wesentlichen angegriffene Beweiswürdigung ist rechtsfehlerfrei. Insbesondere hat das insofern durch mehrere Sachverständige beratene [X.] die Ergebnisse der durchgeführten [X.] zutreffend bewertet. Diese bezogen sich auf zwei an der Unterhose bzw. an den Strümpfen des Opfers sichergestellte Fremdschamhaare. Nach der Analyse stammte die aus der Wurzel eines Haares gewonnene [X.]-DNA, d.h. die im [X.] der menschlichen Zelle vorhandene Erbsubstanz, 1.000 Mal wahrscheinlicher vom Angeklagten als von einer anderen Person.

3

Da das zweite Haar keine Wurzel mehr aufwies, konnte insofern nur die außerhalb des [X.]s in den Mitochondrien enthaltende DNA (sog. mitochondriale DNA [mtDNA]; vgl. [X.] aaO) untersucht werden. Insoweit ergab sich, dass diese - sowie ebenso die aus dem anderen Haar gewonnene - mtDNA 4.591 Mal wahrscheinlicher vom Angeklagten stammte als von einer anderen nicht über die mütterliche Linie mit ihm verwandten Person mit zufällig derselben Sequenz. Zur Bestimmung dieser Wahrscheinlichkeit durfte entgegen der Ansicht der Revision auf die nach wissenschaftlichen Maßstäben geführte [X.] Datenbank [X.] zurückgegriffen werden. Denn in diese finden für die forensische Verwendung nur randomisierte Einzelproben Eingang, d.h. solche, die bereits auf der Basis von Populationsstudien erhoben worden sind, so dass die Datenbank einen repräsentativen Querschnitt der in [X.] vorkommenden mtDNA-Sequenzen enthält.

4

Insofern ebenfalls sachverständig beraten durfte das [X.] zudem zu der Einschätzung gelangen, dass die genannten Untersuchungsergebnisse der beiden unterschiedlichen Arten von Erbsubstanzen ([X.]) im Sinne der Produktregel dergestalt voneinander unabhängig sind (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 12. August 1992 - 5 StR 239/92, [X.]St 38, 320, 323; Beschluss vom 5. Februar 1992 - 5 [X.], [X.], 601, 602), dass sie als Faktoren miteinander kombiniert werden können. Es konnte daher im Rahmen seiner Beweiswürdigung als gewichtiges Indiz für die Täterschaft des Angeklagten ansehen, dass die sichergestellten Schamhaare im Ergebnis 4.591.000 Mal wahrscheinlicher von diesem stammen als von einer anderen, nicht über die mütterliche Linie mit ihm verwandten Person.

VRi[X.] Nack ist wegen
Urlaubsabwesenheit an der
Unterschrift gehindert.

        

Wahl     

        

Graf   

Wahl   

                                   
        

     Jäger     

        

[X.]     

        

Meta

1 StR 520/10

03.11.2010

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Landshut, 1. April 2010, Az: 4 Ks 6 Js 34694/06, Urteil

§ 261 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.11.2010, Az. 1 StR 520/10 (REWIS RS 2010, 1743)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1743

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 StR 520/10 (Bundesgerichtshof)


1 StR 597/08 (Bundesgerichtshof)


3 StR 247/12 (Bundesgerichtshof)

Beweiswürdigung im Strafverfahren: Überzeugung von der Täterschaft aufgrund Übereinstimmung von DNA-Identifizierungsmustern; Darlegungsumfang von DNA-Vergleichsuntersuchungen


2 StR 132/17 (Bundesgerichtshof)

Revision in Strafsachen: Rechtsfehlerhafte Beweiswürdigung bei Freispruch trotz auf den Angeklagten als Täter hinweisender DNA-Spur


6 StR 109/22 (Bundesgerichtshof)

Freispruch: Relativierung von gesicherten DNA-Spuren an der Tatwaffe


Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 520/10

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.