Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2004, Az. II ZR 394/03

II. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 689

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[X.]IM NAMEN [X.]ES VOLKES URTEIL II ZR 394/03 Verkündet am: 15. November 2004 [X.] Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

- 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 2004 durch [X.] h.c. Röhricht und [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt:
[X.]ie Revision gegen das [X.]eil des [X.] - 14. Zivilsenat in [X.] - vom 11. Juli 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
[X.]ie Klägerin und der [X.] - ihr Ehemann - einerseits und die Beklagte andererseits streiten um die wechselseitigen Ansprüche aus zwei [X.], die die Beklagte der Klägerin und dem [X.]n zur Finanzierung ihres Beitritts zur G.-GbR, [X.] 48, [X.]., Fonds Nr. 18 (im folgenden: Fonds, [X.]), im [X.] 1994 gewährt hat.
[X.]ie [X.] war von der [X.] (im folgenden: [X.]) und deren Geschäftsführer [X.]. gegründet worden. [X.]szweck - 3 - war der Erwerb, die Sanierung, wirtschaftliche Ausnutzung und Verwaltung des mit einem sanierungsbedürftigen Jugendstilhaus bebauten Grundstücks [X.] in [X.].. [X.]ie Einlage der Klägerin und ihres Ehemannes betrug 50.000,00 [X.]M und wurde in vollem Umfang durch zwei Kredite der [X.], einen mit einer Tilgungslebensversicherung des [X.]n besi-cherten Festkredit und ein Tilgungsdarlehen, finanziert. [X.]ie Beklagte zahlte die [X.]arlehensvaluta, wie nach den [X.] vorgesehen, an den Treuhänder des Fonds aus. [X.]ie Beteiligung und ihre Finanzierung waren der Klägerin und dem [X.]n durch den für die [X.] tätigen [X.] im September 1994 vermittelt worden.
Ab September 1999 stellten die Klägerin und der [X.] die Be-dienung der [X.]arlehen ein. Mit Anwaltsschreiben vom 24. November 1999 machten sie gegenüber der Beklagten unter Berufung auf die - aus ihrer Sicht vorliegende - Unwirksamkeit der [X.]arlehensverträge Schadensersatzansprüche geltend. Während des Rechtsstreits erklärten sie unter dem 18. Juli 2000 die Kündigung ihrer Fondsbeteiligung, die von der [X.] zurückgewiesen wurde. Mit Schreiben vom 8. November 2002 widerriefen sie ihre auf den [X.] der Kreditverträge und den [X.] gerichteten Willenserklärungen nach dem [X.].
Mit ihrer am 4. Februar 2000 zugestellten Klage hat die Klägerin aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes die Feststellung der Un-wirksamkeit der [X.]arlehensverträge, Rückzahlung der an die Beklagte gezahlten Zins- und Tilgungsleistungen von - unstreitig - 17.248,65 [X.]M Zug um Zug ge-gen Abtretung der Fondsbeteiligung, Freistellung des [X.]n von allen Ansprüchen [X.]. Lebensversicherungs-AG sowie Rückabtretung der Tilgungslebensversicherung an den [X.]n begehrt. [X.]ie Beklagte hat - 4 - widerklagend von der Klägerin und dem [X.]n Rückzahlung der offe-nen [X.]arlehensbeträge, insgesamt 60.299,57 [X.]M, verlangt.

[X.]as [X.] hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattge-geben. Auf die Berufung der Klägerin und des [X.]n hat das Ober-landesgericht die Widerklage abgewiesen und unter Abweisung der Klage und Zurückweisung der Berufung im übrigen auf den entsprechenden Antrag der Klägerin die Erledigung der Feststellungsklage festgestellt und die Beklagte zur Zahlung von 8.819,09 • (= 17.248,65 [X.]M) an die Klägerin und den [X.] als Gesamtgläubiger Zug um Zug gegen Abtretung der Fondsbeteili-gung sowie zur Rückabtretung der Tilgungslebensversicherung an den [X.] verurteilt. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision [X.] die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen [X.]eils. Entscheidungsgründe:

[X.]ie Revision ist nicht begründet. [X.]as Berufungsgericht hat mit Recht die Erledigung der Feststellungsklage ausgesprochen und der Klage hinsichtlich des Zahlungs- und des Rückabtretungsanspruchs stattgegeben, die Widerklage aber abgewiesen.
[X.] [X.]ie Klägerin und ihr Ehemann haben gemäß § 3 [X.] (in der hier anzuwendenden bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung des [X.]) gegen die Beklagte Anspruch auf Rückgewähr der erbrachten Zins- und Tilgungszahlungen und brauchen ihr das [X.]arlehen nicht zurückzuzahlen.
1. [X.]ie Klägerin und der [X.] haben die [X.]arlehensverträge am 8. November 2002 nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] wirksam widerrufen. - 5 -
a) [X.]ie [X.]arlehensverträge unterfallen dem [X.]. [X.]es-sen Vorschriften sind entgegen der Ansicht der Revision durch die Vorrangre-gelung des § 5 Abs. 2 [X.] hier nicht ausgeschlossen.
§ 5 Abs. 2 [X.] ist richtlinienkonform dahin auszulegen, daß das Widerrufsrecht nach dem [X.] nicht durch das Widerrufs-recht nach § 7 VerbrKrG ausgeschlossen oder eingeschränkt wird (vgl. [X.].[X.]. v. 14. Juni 2004 - [X.], [X.], 1402, 1403 m.w.Nachw.).
b) [X.]ie Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] liegen entge-gen der Auffassung der Revision vor. [X.]ie Klägerin und der [X.] sind nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zum Abschluß der [X.]arlehensverträge durch mündliche Verhandlungen in ihrer Privatwohnung bestimmt worden. [X.]amit hat das Berufungsgericht hinreichend deutlich ge-macht, daß nach seiner Überzeugung die mündlichen Verhandlungen in der Haustürsituation kausal für die [X.]arlehensanträge der Klägerin und ihres Ehe-mannes waren. [X.]ie Rüge der Revision, das Berufungsurteil lasse [X.]arlegungen zur Kausalität der Haustürsituation für das Zustandekommen der Verträge ver-missen, geht daher fehl.
c) [X.]ie Haustürsituation ist der Beklagten zuzurechnen. Insoweit gelten die für die Zurechnung einer arglistigen Täuschung nach § 123 Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätze ([X.], [X.]. v. 12. November 2002 - [X.], [X.], 22, 24 f.; v. 15. Juli 2003 - [X.], [X.], 1741, 1743; v. 20. Januar 2004 - [X.], [X.]B 2004, 647, 648). Ist danach - wie hier - der Verhandlungsführer als [X.]ritter anzusehen, so ist sein Handeln dem Erklärungs-empfänger zuzurechnen, wenn dieser es kannte oder kennen mußte. Für eine - 6 - fahrlässige Unkenntnis in diesem Sinne genügt, daß die Umstände des Falles den Erklärungsempfänger veranlassen mußten, sich zu erkundigen, auf wel-chen Umständen die ihm übermittelte Willenserklärung beruht ([X.], [X.]. v. 9. April 1992 - [X.], [X.], 755, 756).
Auch wenn die Beklagte nicht schon gewußt haben sollte, daß die Fondsbeteiligungen und die zugehörigen Finanzierungen in Haustürsituationen vertrieben wurden, war sie nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen [X.] verpflichtet, sich bei der [X.] oder dem Vermittlungsun-ternehmen über die Umstände der Vertragsverhandlungen zu erkundigen, weil sie in das Vertriebssystem des Fonds eingebunden war. Sie hatte dem [X.] ihre [X.] überlassen. [X.]ie Klägerin und ihr Ehemann wohnten damals wie heute in [X.]). [X.]ie Beglaubi- gung ihrer Unterschriften unter den [X.]arlehensverträgen erfolgte zwar am 16. September 1994 durch einen Notar in Tu., gleichwohl lautet die Orts-angabe neben den Unterschriften der Klägerin und des [X.]n B.. [X.]ie der Beklagten zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Klägerin und ihres Ehemannes eingereichte Selbstauskunft und die mit einem Überga-bevermerk des Vermittlers versehene Widerrufsbelehrung zu den [X.]arlehens-verträgen weisen ebenfalls aus, daß sie von der Klägerin und dem [X.] in B. unterzeichnet wurden. [X.]amit mußte sich der Beklagten zumindest der Eindruck aufdrängen, daß die in Rede stehenden [X.]arlehensan-träge auf einer Haustürsituation beruhten, so daß sie Anlaß hatte, sich bei dem Vermittlungsunternehmen über die Umstände der den Anträgen [X.] Vertragsverhandlungen zu erkundigen.
d) [X.]as Widerrufsrecht der Klägerin und des [X.]n ist nicht durch Fristablauf erloschen. [X.]ie einwöchige Frist des § 1 Abs. 1 [X.] - 7 - hat mangels ordnungsgemäßer Belehrung nach § 2 Abs. 1 [X.] nicht zu laufen begonnen.
Mit dem Hinweis, daß im Falle der Ausübung des Widerrufsrechts auch das finanzierte Geschäft nicht wirksam zustande komme, genügt die Belehrung hinsichtlich der [X.]arlehensverträge nicht den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 [X.], weil sie eine "andere" Erklärung enthält (vgl. [X.].[X.]. v. 14. Juni 2004 - [X.], [X.], 1402, 1404 m.w.Nachw. und [X.], [X.], 1527, 1528). [X.]as gilt auch, wenn eine Belehrung nach dem [X.] allein wegen der in der Vergangenheit [X.] Auslegung des § 5 Abs. 2 VerbrKrG unterblieben war ([X.].[X.]. v. 14. Juni 2004 - [X.] aaO, 1404 m.w.Nachw.). Gesichtspunkte des [X.] können eine andere Beurteilung entgegen der Auffassung der [X.] nicht rechtfertigen (vgl. [X.], [X.]. v. 9. April 2002 - [X.], [X.], 1075, 1078).
[X.]ie Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 4 [X.] liegen ersicht-lich nicht vor.
2. Als Rechtsfolge des Widerrufs haben die Vertragspartner einander die jeweils empfangenen Leistungen zurückzugewähren, § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.].
[X.]anach muß die Beklagte der Klägerin und dem [X.]n die von ihnen erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen, soweit sie aus ihrem eigenen Vermögen und nicht aus Erträgnissen des Fonds gezahlt worden sind, zurück-zahlen und auch etwaige Sicherheiten zurückgeben. - 8 - [X.]ie Klägerin und der [X.] brauchen der Beklagten das [X.]arle-hen nicht zurückzuzahlen, sondern sie haben, was ihr [X.] bereits berücksichtigt, der Beklagten lediglich den ihr schon sicherungshalber abgetre-tenen Fondsanteil endgültig zu überlassen.
[X.]ie von dem [X.]arlehensnehmer empfangene Leistung ist im Falle der - hier gegebenen - Auszahlung der Valuta an einen [X.]ritten bei einem Verbund-geschäft i.S. von § 9 VerbrKrG der finanzierte [X.]santeil (vgl. [X.].[X.]. v. 14. Juni 2004 - [X.], [X.], 1402, 1404 f.). Auf einen Kredit zur Finanzierung einer Beteiligung an einer Anlagegesellschaft finden gemäß § 9 Abs. 4 VerbrKrG die Vorschriften des § 9 Abs. 1-3 VerbrKrG Anwendung, weil der Beitritt nach seinem wirtschaftlichen Zweck und wegen der Schutzbedürftig-keit des Anlegers einem Vertrag über eine entgeltliche Leistung gleichzustellen ist ([X.].[X.]. v. 21. Juli 2003 - [X.], [X.], 1592, 1593 f.; ebenso [X.]. v. 14. Juni 2004 - [X.], [X.], 1407, 1408 und [X.], [X.], 1394, 1396 sowie [X.], [X.]. v. 23. September 2003 - [X.], [X.], 2232, 2233 f.). [X.]er [X.] der Klägerin und des [X.]n und die von ihnen mit der Beklagten geschlossenen Kreditverträge sind ein Verbundgeschäft i.S. von § 9 Abs. 1 VerbrKrG. [X.]essen Voraussetzungen liegen vor, wenn sich die [X.] und das Kreditinstitut derselben [X.] bedienen (vgl. [X.].[X.]. v. 21. Juli 2003 - [X.], 1592, 1594; ebenso Entscheidungen v. 14. Juni 2004 in den Sachen [X.], [X.], 1394, 1396, 1398 und [X.], [X.], 1402, 1405). [X.]as war hier der Fall. [X.]ie Beklagte hat, wie schon erwähnt, ihre [X.] dem von den Fondsinitiatoren eingeschalteten Vermittlungsunternehmen zur Verfügung gestellt. - 9 - I[X.] [X.]anach hat das Berufungsgericht zu Recht die Widerklage abgewie-sen und der Klage - bis auf den im Revisionsverfahren keine Rolle mehr spie-lenden Freistellungsantrag - stattgegeben. [X.]a der Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung der [X.]arlehen nicht zusteht, war der auf die Feststellung der Un-wirksamkeit der [X.]arlehensverträge gerichtete Antrag der Klägerin bis zur Erhe-bung der Widerklage begründet, so daß das Berufungsgericht nach einseitiger Erledigungserklärung der Klägerin zutreffend die Erledigung dieses Antrags festgestellt hat. [X.]em [X.] der Klägerin und des [X.]n war stattzugeben, weil es sich nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag bei den zurückverlangten Zins- und Tilgungsbeträgen um aus eigenem Vermögen erbrachte Leistungen gehandelt hat. [X.]ie Beklagte hat dem [X.]n die Lebensversicherung zurück abzutreten, weil ihr ein zu sichernder Anspruch auf [X.]arlehensrückzahlung nicht zusteht. Ihre Revision unterliegt damit der Zurück-weisung als unbegründet.

[X.]

[X.] Gehrlein

Meta

II ZR 394/03

15.11.2004

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2004, Az. II ZR 394/03 (REWIS RS 2004, 689)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 689

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