Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2008, Az. IX ZB 119/06

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 3604

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[X.][X.] 119/06 vom 5. Juni 2008 in dem Insolvenzverfahren - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Ganter und [X.], [X.], [X.] und [X.] am 5. Juni 2008 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss der 86. Zivilkammer des [X.] vom 20. Juni 2006 wird auf Kosten der Schuldnerin als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Aufgrund eines Gläubigerantrags vom 2. November 1999 eröffnete das [X.] mit [X.]uss vom 19. Juli 2000 das ([X.] über das Vermögen der Schuldnerin, in dem diese die Erteilung der Restschuldbefreiung beantragt hat. Aus dem Schlussbericht des Insolvenzverwalters vom 22. April 2005 ergibt sich, dass die Schuldnerin, die während des Insolvenzverfahrens einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit als Inhaberin eines [X.] nachgegangen ist, ihren Mitwir-kungspflichten nur unvollkommen genügt und dem Insolvenzverwalter - teilweise unvollständige - Auswertungen aus der Buchhaltung ihrer [X.] - 3 - gen Tätigkeit nur bis einschließlich September 2003 überlassen hat. Danach kam die Schuldnerin ihrer Mitwirkungspflicht bis zur Abfassung des [X.] gar nicht mehr nach, sondern kündigte lediglich an, dem Insolvenzverwal-ter weitere [X.] zur Verfügung zu stellen. [X.] diese Auswertungen auch bis zum Schlusstermin am 16. August 2005 noch nicht vorlagen, beantragte der weitere Beteiligte die Versagung der Rest-schuldbefreiung. Erst im September 2005 stellte die Schuldnerin dem Insol-venzverwalter [X.] für den Zeitraum August 2003 bis August 2005 zur Verfügung, aufgrund derer der Verwalter einen an die Insolvenzmasse abzuführenden Gesamtbetrag von 348 • errechnete, den die Schuldnerin am 7. Oktober 2005 an ihn leistete. Mit [X.]uss vom 30. März 2006 hat das Insolvenzgericht den Antrag des weiteren Beteiligten auf Versagung der Restschuldbefreiung abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten hat das [X.] aufgehoben und der Schuldnerin die Restschuldbefreiung ver-sagt. Hiergegen wendet sich die Schuldnerin mit ihrer Rechtsbeschwerde. 2 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 7, 6 Abs. 1, § 289 Abs. 2 Satz 1 [X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Zulassung zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtspre-chung ist nicht erforderlich. 3 - 4 - 1. Die Rüge, die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten sei [X.] gewesen, weil für die Besteuerung der Schuldnerin und damit auch die Stellung eines [X.] und die Einlegung eines Rechtsmittels ge-gen die Zurückweisung des Antrags auf Versagung der Restschuldbefreiung das aktuelle Wohnsitzfinanzamt des Schuldners zuständig sei und nicht das Finanzamt, bei dem die Schuldnerin zum Zeitpunkt der Eröffnung des [X.] ihren Sitz gehabt habe, greift aus mehreren Gründen nicht durch. 4 Der Insolvenzverwalter hat dem Insolvenzgericht unter dem 9. Januar 2006 berichtet, die Schuldnerin habe ihren während des Insolvenzverfahrens geführten Gewerbebetrieb am 1. April 2000 im Zuständigkeitsbereich des weite-ren Beteiligten angemeldet, eine Ummeldung sei bis zum Tage der Abfassung der Stellungnahme nicht erfolgt. Dem hat die Schuldnerin nicht widersprochen, und die Rechtsbeschwerde geht darauf nicht ein. Schon deshalb ist die Zustän-digkeit des weiteren Beteiligten für das Restschuldbefreiungsversagungsverfah-ren bestehen geblieben. 5 Die Frage, ob ein Wohnsitzwechsel des Schuldners nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen bewirkt, dass die Zuständigkeit auf das Finanzamt übergeht, bei dem der Schuldner den neuen Wohnsitz begrün-det, stellt sich deshalb nicht. Davon abgesehen hat der Gesetzgeber durch das Jahressteuergesetz 2008 (Art. 14 Nr. 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 2007, [X.] [X.], 3171) § 26 AO um einen Satz 3 erweitert, demzufolge ein Zu-ständigkeitswechsel nach § 26 Satz 1 AO so lange nicht eintritt, als ein eröffne-tes Insolvenzverfahren noch nicht aufgehoben wurde. Obgleich diese Vorschrift hier noch nicht anwendbar ist, hat die oben bezeichnete Frage dadurch ihre grundsätzliche Bedeutung verloren. 6 - 5 - 2. Die Voraussetzungen der Glaubhaftmachung eines Versagungsgrun-des gemäß § 290 Abs. 2 [X.] sind in der Rechtsprechung des Senats geklärt (vgl. [X.], 139, 141 ff; [X.], [X.]. v. 20. März 2003 - [X.] ZB 388/02, [X.], 980, 983; v. 29. September 2005 - [X.] ZB 178/02, [X.] 2005, 614 Rn. 3). Die vom Insolvenzverwalter in seinem Schlussbericht mitgeteilten [X.] der Schuldnerin gegen ihre Mitwirkungspflichten, die den Antrag auf [X.] der Restschuldbefreiung rechtfertigen, sind unstreitig. Der weitere [X.] hat sich in zulässiger Art und Weise darauf berufen (dazu HmbK-[X.]/Streck, 2. Aufl. § 290 Rn. 2; [X.]/[X.], [X.] § 290 Rn. 4a). Weiteren Vortrags zur Darstellung des - allein in Betracht kommenden - Versa-gungsgrundes des § 290 Abs. 1 Nr. 5 [X.] bedurfte es nicht. 7 3. Die Schuldnerin hat ihre Auskunfts- und Mitwirkungspflichten im Sinne von § 290 Abs. 1 Nr. 5 [X.] verletzt, indem sie dem Treuhänder trotz wieder-holter Aufforderungen die Einnahmen aus ihrer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit entweder nur schleppend oder gar nicht mitgeteilt hat. Dass sie nach dem Ende des [X.] dem Insolvenzverwalter eine detaillierte Ein-nahme-Überschussrechnung für die Jahre 2003 bis 2005 überlassen und an ihn den Betrag von 348 • abgeführt hat, führt nicht zur Heilung des Verstoßes ge-gen ihre Mitwirkungspflicht (vgl. [X.], [X.]. v. 7. Dezember 2006 - [X.] ZB 11/06, Z[X.] 2007, 96, 97 Rn. 6, 7; v. 29. Mai 2008 - [X.] ZB 197/07). 8 4. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass eine Versagung der Restschuldbefreiung dann ausscheidet, wenn sich das Verhalten des Schuldners von vornherein als ganz unwesentlicher Verstoß gegen seine [X.] nach der Insolvenzordnung darstellt (vgl. [X.], [X.]. v. 20. März 2003 - [X.] ZB 388/02, [X.] 2003, 170, 171 f; v. 23. Juli 2004 - [X.] ZB 174/03, [X.], 9 - 6 - 1840, 1841; v. 17. März 2005 - [X.] ZB 260/03, [X.], 461; v. 7. Dezember 2006 - [X.] ZB 11/06, Z[X.] 2007, 96; siehe auch BT-Drucks. 12/7302 [X.]). Diesen Grundsatz hat das Beschwerdegericht indes nicht verkannt, sondern das Vorliegen seiner Voraussetzungen mit einzelfallbezogenen Erwägungen verneint. 5. Geklärt sind auch die Anforderungen an die Annahme grober Fahrläs-sigkeit im Sinne des § 290 Abs. 1 Nr. 5 [X.] (vgl. [X.], [X.]. v. 7. Dezember 2006 - [X.] ZB 11/06, Z[X.] 2007, 96, 97 Rn. 9; [X.]. v. 9. Februar 2006 - [X.] ZB 218/04, [X.] 2006, 258, 259 Rn. 10). Das Beschwerdegericht hat sie seiner Entscheidung zugrunde gelegt; seine tatrichterliche Würdigung ist of-fensichtlich zutreffend. Dies folgt schon aus der beharrlichen Weigerung der Schuldnerin, ihren Mitwirkungspflichten im Verfahren nachzukommen. Diese können durch schwierige persönliche Umstände zu Beginn des [X.] und im [X.] nicht entschuldigt werden, denn die Schuldnerin hat auch in den Jahren 2004 und 2005 ihren Mitwirkungspflichten nicht genügt. 10 6. Die in der Rechtsprechung des Senats noch offene Frage, ob der [X.]sgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 5 [X.] eine Verschlechterung der Befriedi-gungsmöglichkeiten der Gläubiger voraussetzt, muss auch im vorliegenden Fall nicht beantwortet werden. Durch die von der Schuldnerin unterlassenen Mittei-lungen des [X.] aus ihrer selbständigen wirtschaftlichen Betätigung sind die [X.] der Gläubiger beeinträchtigt [X.]. Die jahrelange Untätigkeit der Schuldnerin hat dazu geführt, dass der In- 11 - 7 - solvenzverwalter die Einnahmen der Schuldnerin nicht überprüfen und pfändba-re Beträge nicht zur Masse ziehen konnte. Ganter [X.] [X.]

Fischer Pape

Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 30.03.2006 - 105 IN 3713/99 - [X.], Entscheidung vom 20.06.2006 - 86 [X.]/06 -

Meta

IX ZB 119/06

05.06.2008

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2008, Az. IX ZB 119/06 (REWIS RS 2008, 3604)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 3604

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