Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2009, Az. IV ZR 212/07

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 2888

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 212/07 Verkündet am:

24. Juni 2009

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.]R: ja MB/KK 94 § 4 (4) Zur Wirksamkeit einer Tarifbedingung in der privaten Krankheitskostenversicherung, die die Erstattung von Kosten privater Krankenhäuser auf höchstens 150% der durch die [X.] bzw. das Krankenhausentgeltgesetz für öffentlich geförderte Kliniken vorgegebenen Entgelte beschränkt. [X.], Urteil vom 24. Juni 2009 - IV ZR 212/07 - LG [X.]

AG [X.] - 2 -

[X.] hat durch [X.], [X.], [X.], [X.] und die [X.] [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juni 2009 für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil der 23. Zivilkammer des [X.]s [X.] vom 27. Juni 2007 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand:

Der Kläger, der Erstattung restlicher Krankenhauskosten verlangt, unterhält seit Oktober 2004 bei der Beklagten eine private [X.]. Dem Vertrag liegen die [X.] der Beklagten zugrunde, deren Teil I den §§ 1 bis 19 MB/KK 94 entspricht (vgl. [X.]/[X.], [X.]. S. 1805 ff.). [X.] enthält die Tarifbedingungen (im Folgenden: [X.]), die jeweils einzelnen Vorschriften der Allgemeinen Versicherungsbedingungen zugeordnet sind. 1 Sie ergänzen die Bestimmung in § 1 (1) Buchst. a MB/KK 94 über den in der Krankheitskostenversicherung zugesagten Versicherungs-schutz wie folgt: 2 - 3 -

Nr. 1 Preisliche Angemessenheit Die Aufwendungen für Heilbehandlungen und sonst ver-einbarte Leistungen werden - soweit sich aus § 4 MB/KK 94 einschließlich der Nummern 9 bis 13 [X.] nichts anderes ergibt - bis zu angemessenen Beträgen anerkannt.
Zu der Bestimmung über die freie Wahl unter öffentlichen und pri-vaten Krankenhäusern in § 4 (4) MB/KK 94 heißt es in der sich anschlie-ßenden Tarifbedingung: 3 Nr. 12 Angemessene Entgelte (1) Für Krankenhäuser, die dem Geltungsbereich der [X.] bzw. dem Krankenhausent-geltgesetz unterliegen, bestimmt sich die Angemessenheit des Entgelts durch die genannten Rechtsgrundlagen in der jeweils gültigen Fassung. (2) Entgelte, die nicht nach Abs. 1 zu berechnen sind, [X.] als angemessen, sofern sie die im Vergleich zu dem durch die [X.] bzw. das [X.] vorgegebenen Entgelte um nicht mehr als 50% überschreiten.
Schließlich bestimmt ein Krankheitskostentarif, der als [X.]I in Verbindung mit den Teilen [X.] gültig ist, dass die Kosten einer stati-onären Behandlung zwar zu 100% erstattet werden, aber begrenzt auf den erstattungsfähigen Rechnungsbetrag. 4 Der Kläger wurde am 8./9. August 2005 in einer Sportklinik, die nicht der [X.] oder dem [X.] unterliegt, wegen eines Knorpel- und Innenmeniskusschadens am linken Knie stationär behandelt. Die Rechnung belief sich auf 4.081,20 •. Im Hinblick auf die Obergrenze von 150% des durchschnittlichen, nach 5 - 4 -

der [X.] bzw. dem Krankenhausentgeltgesetz zu berechnenden Entgelts erstattete die Beklagte 2.615,68 •.
Das Amtsgericht hat dem Kläger nach Abzug eines Selbstbehalts weitere 1.395,08 • zugesprochen. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils. 6 Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg. 7 [X.] Das Berufungsgericht hält die Vorschrift der Nr. 12 (2) [X.] im Ge-gensatz zum Amtsgericht nicht für intransparent (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Vielmehr werde dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer hin-reichend klar und deutlich, wie sich der Erstattungsbetrag bei einer stati-onären Heilbehandlung errechne. Er müsse den exakten Betrag nicht selbst aus dem Bedingungswerk herauslesen können. Ohne eine be-stimmte Abstraktion sei eine über den Einzelfall hinausgehende Rege-lung nicht möglich. Wenn der Versicherungsnehmer wissen wolle, wie sich die ausbedungene Leistungsbegrenzung konkret auswirke, müsse er sich durch Nachfragen sachkundig machen. 8 I[X.] Das hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand. 9 - 5 -

10 1. § 307 Abs. 3 BGB steht einer Kontrolle der streitigen Klausel nicht entgegen. Nr. 12 [X.] gestaltet das in § 1 (1) Buchst. a MB/KK 94 gegebene Hauptleistungsversprechen näher aus im Sinne der schon in Nr. 1 [X.] vorgesehenen Beschränkung der zu erstattenden Aufwendun-gen auf angemessene Beträge. Solche Klauseln sind kontrollfähig (vgl. [X.]Z 152, 262, 265). 2. Soweit das Amtsgericht angenommen hat, die Klausel verstoße schon deshalb gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), weil dem Versicherungsnehmer die mit ihr bestimmte Einschränkung der Leistungspflicht des Versicherers im Rahmen des Gesamtklauselwerks nicht hinreichend deutlich werde, ist dem nicht zu folgen. Auf die Be-schränkung des Versicherungsschutzes "bis zu angemessenen [X.]" wird schon in der Tarifbedingung Nr. 1 zu § 1 (1) Buchst. a MB/KK 94 hingewiesen. Diese Tarifbedingung enthält zudem einen ausdrückli-chen Hinweis auf § 4 MB/KK und die dazu vereinbarten Tarifbedingun-gen unter Nr. 9 bis 13, also auch auf die Nr. 12 [X.]. Letztere lässt den durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, welche von Krankenhäusern gefor-derte Entgelte vom Versicherer noch als angemessen und daher erstat-tungsfähig angesehen werden. Die Klausel findet sich nicht an [X.] Stelle, sondern im [X.] an die in § 4 (4) MB/KK 94 geregelte freie Wahl des Versicherungsnehmers unter öffentlichen und privaten Krankenhäusern, für die sie Bedeutung haben kann. Sie steht auch nicht in Widerspruch mit der in [X.]I der Tarifbedingungen unter A vorgese-henen Erstattung von Kosten einer stationären Behandlung in Höhe von 100% (statt nur 90% der Kosten etwa einer Psychotherapie oder von Heilmitteln). Denn diese Prozentsätze beziehen sich nach der [X.] des [X.] der Tarifbedingungen stets auf den [X.] - 6 -

fähigen Rechnungsbetrag. [X.]I verweist abschließend auf die Teile [X.] und damit auch auf die Beschränkung der Erstattungsfähigkeit von Krankenhauskosten in Nr. 12 [X.].
Allein aus der in Nr. 12 [X.] vorgesehenen Beschränkung der [X.] bei Behandlungen in privaten Krankenhäusern an sich ergibt sich auch kein Verstoß gegen § 305c Abs. 1 BGB. Der Versicherungs-nehmer wird in Anbetracht des durch die Versicherungsbedingungen grundsätzlich weit gesteckten [X.] der Krankheitskosten-versicherung davon ausgehen, dass das allgemeine Leistungsverspre-chen näherer Ausgestaltung bedarf, die auch Einschränkungen nicht ausschließt (vgl. Senatsurteile vom 19. Mai 2004 - [X.] - [X.], 1035 unter II 3 a; vom 18. Januar 2006 - [X.]/04 - [X.], 497 [X.]. 15). Darauf wird der Versicherungsnehmer - wie darge-legt - auch ausreichend hingewiesen. 12 3. a) Die Revision beanstandet zwar nicht, dass sich allein aus Nr. 12 [X.] ohne Rückfrage beim Versicherer der exakte Erstattungsbe-trag nicht entnehmen lässt. Eine Klausel, die von den Erwartungen des Versicherungsnehmers deutlich abweiche und mit der er nicht zu [X.] brauche, sei jedoch überraschend [X.] von § 305c Abs. 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 2004 aaO), zumindest aber intransparent und deshalb unwirksam. Das treffe hier für die Kappungsgrenze zu, weil sie auf 150% der durch die [X.] oder das [X.] vorgegebenen Entgelte bezogen sei. Dieser Referenz-rahmen sei für eine Privatklinik weder "vorgegeben" noch überhaupt maßgebend. Privatkliniken orientierten sich vielmehr an Marktpreisen. Es sei willkürlich, stattdessen auf die für öffentliche Krankenhäuser gelten-den Regelungen zurückzugreifen. Angemessene Fallpauschalen privater 13 - 7 -

Krankenhäuser könnten um 900% über den Preisen öffentlich geförderter Häuser liegen ([X.]Z 154, 154, 156). In Wahrheit bewirke Nr. 12 (2) [X.] nicht eine Beschränkung auf angemessene Preise, sondern der Sache nach eine von [X.]I der Tarifbedingungen abweichende, von vornherein auf einen Bruchteil der Kosten beschränkte Erstattung, die aber nicht of-fen gelegt, sondern verschleiert werde. Damit werde die freie Klinikwahl wesentlich stärker eingeschränkt, als dem durchschnittlich aufmerksa-men Leser der Bedingungen erkennbar werde.
b) Auch unter diesem Blickwinkel lässt sich indessen weder ein Verstoß gegen § 305c Abs. 1 BGB, noch ein solcher gegen das Transpa-renzgebot oder eine unangemessene Benachteiligung des [X.] feststellen. 14 aa) Dass die Beschreibung der Kappungsgrenze, die als Basis auf die Krankenhausentgelte nach der [X.] oder dem Krankenhausentgeltgesetz zurückgreift, für sich genommen gegen das Überraschungsverbot des § 305c Abs. 1 BGB verstößt, ist nicht er-sichtlich. Denn eine Beschränkung des [X.], mit der der Versicherungsnehmer - wie dargestellt - rechnen muss, bedarf einer An-knüpfungsgröße; wenn diese dem Bereich gesetzlich geregelter Entgelte entnommen wird, ist das für sich genommen weder überraschend [X.] von § 305c Abs. 1 BGB noch intransparent [X.] von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dass sich die Intransparenz nicht schon daraus herleiten lässt, dass der Versicherungsnehmer die Konkrete Leistungspflicht der Höhe nach nicht ohne weitere Nachfrage ermitteln kann, räumt die Revision selbst ein. Die Klarheit und Durchschaubarkeit der [X.] würde dadurch, dass ihnen die in Bezug genommene Bundes-pflegesatzverordnung sowie das Krankenhausentgeltgesetz im Wortlaut 15 - 8 -

beigefügt würden, nicht verbessert. Das Transparenzgebot verlangt eine dem Versicherungsnehmer verständliche Darstellung insbesondere der von ihm hinzunehmenden Nachteile und Belastungen nur soweit, wie dies den Umständen nach gefordert werden kann ([X.]Z 147, 354, 372; 141, 137, 143; [X.] in [X.]/Langheid, [X.]. [X.]. zu § 1 [X.]. 14). Diesen Anforderungen wird § 12 [X.] gerecht.
[X.]) Bedenken gegen die Wirksamkeit der Klausel könnten sich [X.] unter dem Gesichtspunkt der Transparenz oder jedenfalls einer unangemessenen Benachteiligung ergeben, wenn die geregelte Be-schränkung der Leistungspflicht für [X.] dazu führt, dass deren geforderte Entgelte regelmäßig nicht abgedeckt werden; damit würde zugleich die versprochene (§ 4 Abs. 4 MB/KK) freie Wahl unter den öffentlichen und privaten Krankenhäusern eingeschränkt. 16 (1) Die Kosten für private Kliniken sind grundsätzlich höher als die in der [X.] und dem Krankenhausentgeltgesetz berücksichtigten Kosten, zu denen insbesondere wesentliche Investiti-onskosten nicht gehören (vgl. [X.]Z 154, 154, 160 ff.). Reine Privatklini-ken sind daher in der Regel nicht in der Lage, ihre Preise so günstig zu gestalten wie in den Krankenhausplan aufgenommene Häuser. Dem kann der Krankenversicherer, auch wenn er aus Gründen der Kosten-dämpfung an die Entgelte öffentlich geförderter Krankenhäuser anknüpft, grundsätzlich dadurch angemessen Rechnung tragen, dass er seine Obergrenze deutlich über 100% der von öffentlichen Häusern geforder-ten Preise zieht. Auf diese Weise können allerdings nur gleichartig gebil-dete Preise verglichen werden. In der von der Revision angesprochenen Entscheidung ging es dagegen um einen Vergleich zwischen Fallpau-schalen einerseits und tagesgleichen Pflegesätzen andererseits ([X.]Z 17 - 9 -

154, 154, 156). Daraus ergab sich der Eindruck, die Fallpauschale des privaten Krankenhauses liege neunmal höher als die Preise öffentlich ge-förderter Krankenhäuser.
(2) Der Kläger hat nicht behauptet, dass auch andere Privatklini-ken für die bei ihm durchgeführte [X.] oder andere ärztliche Leis-tungen Entgelte berechnen, die die Kappungsgrenze des § 12 Abs. 2 [X.] überschreiten. Demgegenüber hat die Beklagte in den Tatsacheninstan-zen darauf hingewiesen, dass sich die durchschnittlichen Entgelte öffent-lich geförderter Krankenhäuser heute ebenfalls nach Fallpauschalen (Di-agnosebezogenen Fallgruppen) bestimmen, die zwischen den Kranken-kassen und der [X.] ausgehandelt wür-den. Die Beklagte hat behauptet, der ganz überwiegende Teil der Privat-kliniken rechne anhand von Sätzen ab, die unterhalb der hier vereinbar-ten Kappungsgrenze lägen. Diesem Vorbringen hat der Kläger nicht wi-dersprochen und insbesondere keine Beweisanträge etwa dahin gestellt, dass die Preise privater Kliniken ganz allgemein und insbesondere für die bei ihm durchgeführte Meniskusoperation in der Regel wesentlich über den in Nr. 12 (2) [X.] vorgesehenen 150% lägen. Der Kläger ist aber für die Tatsachen beweispflichtig, aus denen er eine Unwirksamkeit von Vertragsklauseln nach §§ 305c, 307 BGB herleitet (vgl. [X.], Urteil vom 21. November 1995 - [X.] - NJW 1996, 388 unter II 2 b [X.] m.w.N.). 18 - 10 -

19 Deshalb kann nicht festgestellt werden, dass die hier in Nr. 12 (2) [X.] gezogene Obergrenze für Entgelte privater Kliniken den Versiche-rungsnehmer unangemessen benachteiligt oder seine Wahlfreiheit zwi-schen öffentlichen und privaten Krankenhäusern beeinträchtigt. [X.] [X.] [X.]

[X.] [X.] Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 10.10.2006 - 146 C 119/06 - LG [X.], Entscheidung vom 27.06.2007 - 23 S 69/06 -

Meta

IV ZR 212/07

24.06.2009

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2009, Az. IV ZR 212/07 (REWIS RS 2009, 2888)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2888

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