Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.03.2009, Az. IX ZR 214/07

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 4413

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/07 Verkündet am: 19. März 2009 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 675 Zur Beratungspflicht des Anwalts über den sichersten Weg zur Erlangung eines auslaufenden [X.]. [X.], [X.]eil vom 19. März 2009 - [X.]/07 - [X.] LG Düsseldorf - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2009 durch [X.] Ganter, [X.], Prof. Dr. [X.], Prof. Dr. Gehrlein und [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das [X.]eil des 23. Zivilsenats des [X.] vom 30. Oktober 2007 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die [X.], deren Komplementäre und Kommanditisten aus-schließlich natürliche Personen sind, brachte im Jahre 1997 als Alleingesellschafterin ihre Anteile an der [X.]

GmbH (nachfolgend: [X.]), einer Fi-nanzholding, gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 [X.] im Wege einer Kapitalerhöhung gegen Gewährung von [X.] zum steuerlichen Buchwert in die [X.] geführte Klägerin ein. Im Dezember des Jahres 1999 erwarb die Klä-gerin, eine Tochtergesellschaft der [X.], von der [X.]die Anteile an der [X.] AG (nachfol-gend: [X.]A.); dadurch sollte vermieden werden, dass die Anfangsverluste dieses im Januar des Jahres 1999 gegründeten Unternehmens in das Geschäftsergebnis der [X.] einfließen. Aufgrund dieser Transaktion verfügte die Klägerin in der [X.]und der [X.] über zwei jeweils durch Ergebnisabführungsverträge mit ihr verbun-dene 100-prozentige Tochtergesellschaften. Die [X.] hatte ihrerseits vier 100-prozentige Tochterunternehmen, nämlich die Privat- und [X.], die

[X.], die Datensysteme GmbH und die Versicherungsdienst GmbH. 1 - 3 -

Am 1. September 2000 wandte sich die Klägerin im Blick auf das zum 1. Januar 2001 geplante Steuersenkungsgesetz wegen der Möglichkeit einer steuer-freien Veräußerung von Anteilen an der
-[X.]e an die Beklagte zu 1, eine So-zietät von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern. Entsprechend dem von der [X.] zu 1 auf der Grundlage des § 8b [X.] entwickelten, von dem Finanzamt [X.] auf ein verbindliches Auskunftsersuchen als steuerfrei eingestuf-ten Konzept brachte die Klägerin am 22. Mai 2001 ihre Anteile an der [X.]und an der [X.] gegen die Gewährung von [X.] zum steuerlichen [X.] (§ 21 Abs. 1 Satz 2 [X.]) in die kurz zuvor gegründete Holding GmbH ein. Anschließend veräußerte die Klägerin ihre Anteile an der Holding GmbH am 5. Juli 2001 zum Preis von 1,1 Milliarden • an die B.

(nachfolgend: [X.]). Auf Wunsch der Erwerberin wurde aus in ihrem Heimatrecht liegenden Gründen abweichend von dem ursprüngli-chen Vertragsmodell der [X.] zu 1 der dingliche Übergang der [X.] auf das Jahr 2002 verschoben, jedoch der wirtschaftliche Übergang der Anteile und der Gegenleistung durch wechselseitige unwiderrufliche Optionen bereits im Jahre 2001 sichergestellt. Außerdem wurden der Erwerberin ab dem Jahre 2001 um-fangreiche Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsführung eingeräumt. Die Übertra-gung der Geschäftsanteile wurde am 14. Mai 2002 notariell beurkundet. 2 Ein Betriebsprüfer des Finanzamts [X.] vertrat gegenüber der Klägerin im Jahre 2003 die Auffassung, der von ihr durch den Verkauf der -[X.]e erzielte Veräußerungsgewinn könne infolge einer zwischenzeitlichen Änderung des § 8b [X.] steuerpflichtig sein. Nach Maßgabe im März und April 2004 gegen sie ergan-gener Steuerbescheide entrichtete die Klägerin, die gleichzeitig Einspruch einlegte, Steuern in Höhe von rund 255 Mio. •. Entsprechend einer mit der Klägerin am 22. November 2004 getroffenen Übereinkunft hob das zuständige Finanzamt, das nach erneuter Prüfung des Sachverhalts von einer Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an der Holding auf die [X.] mit dem Vertragsschluss vom 5. Juli 2001 ausging, die Steuerbescheide auf und erstattete der nunmehr anderweitig steu-erlich beratenen Klägerin die gezahlten Steuern nebst Zinsen. 3 - 4 -

Die Klägerin hat - vor der Einigung mit der Finanzverwaltung - gegen die [X.] zu 1 und nach teilweiser Klagerücknahme gegen die [X.] zu 2, 3, 5 und 6 als Gesellschafter der [X.] zu 1 Feststellungsklage des Inhalts erhoben, dass die [X.] verpflichtet sind, der Klägerin jeglichen Nachteil aus der Besteuerung des Veräußerungsgewinns zu ersetzen. Sie hat die Klage hinsichtlich des [X.] nach der Einigung mit dem Finanzamt für erledigt erklärt und die weitere Feststellung begehrt, dass die [X.] zu 1, 2, 3, 5 und 6 verpflichtet sind, ihr die Kosten der Rechtsberatung zur Abwendung der Steuerschuld zu erstatten. Für den Fall der Unzulässigkeit der Feststellungsklage hat die Klägerin, die den [X.] vorwirft, nicht den sichersten Weg zur Erlangung der Steuerbefreiung eingeschlagen zu haben, beantragt, die [X.] zur Zahlung von 1.720.853,19 • zu verurteilen. Das [X.] hat dem Erledigungsantrag stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der [X.] hat das Berufungsgericht die Klage un-ter Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin insgesamt abgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihrem Rechtsmittel verfolgt die Klägerin ihr in den [X.] abgewiesenes Begehren weiter. 4 Entscheidungsgründe: Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. 5 [X.] Das Berufungsgericht hat die Feststellungsanträge teils als unzulässig, teils als unbegründet erachtet. Es hat in der Sache ausgeführt, die Beklagte zu 1 treffe nicht der Vorwurf, der Klägerin keinen anderen, sichereren Weg zur Verwirklichung des angestrebten [X.] empfohlen zu haben. Zur Erreichung des von der Klägerin verfolgten Ziels einer Veräußerung der

-[X.]e und der steuerfreien Vereinnahmung des Erlöses habe es der [X.] - 5 - barkeit des § 8b Abs. 2 [X.] auf den Veräußerungsgewinn bedurft. Zwar werde die Steuerbefreiung gemäß § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.] nicht gewährt, wenn die [X.] von einem Einbringenden, der nicht zu dem nach § 8b Abs. 2 [X.] begünstigten Kreis der Steuerpflichtigen gehöre, erworben worden seien. Die [X.] zu 1 habe jedoch die Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinns in Anwendung der gesetzlichen Rückausnahme des § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 [X.], der [X.] nach § 20 Abs. 1 Satz 2 [X.] ebenfalls als steuerfrei behandele, sichergestellt. Zwar habe die im Blick auf § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.] mögliche Alternative bestanden, dass die Klägerin nur die Anteile an der [X.] und die [X.]die Anteile an ihren Tochterunternehmen in die neu gegründete Holding GmbH einbringen. In diesem Fall habe aber das Risiko gedroht, dass das Finanzamt nach der absehbaren Ände-rung des § 8b Abs. 4 [X.] von einer Gesetzesumgehung ausgehe und die [X.] in Anwendung von § 42 AO versage. Ein Missbrauch habe sich bei dieser Gestaltung aufgedrängt, weil die [X.] nach Durchführung des Geschäfts als funkti-onslose ([X.] zurückgeblieben wäre, ohne dass wirtschaftliche Gründe für ihre Einschaltung erkennbar gewesen seien. I[X.] Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung stand. Sämtliche [X.] sind unbegründet, weil der [X.] zu 1 eine Fehlberatung nicht an-gelastet werden kann. Deshalb bedarf es keiner Entscheidung, ob die von der Kläge-rin erhobenen einzelnen Feststellungsanträge zulässig sind ([X.], [X.]. v. 2. Juli 2007 - [X.], [X.], 1942, 1948 Rn. 66). Die Abweisung der Klage als insge-samt unbegründet anstelle - wie von dem Berufungsgericht erkannt - als teils unzu-lässig und teils unbegründet verstößt nicht gegen das Verschlechterungsverbot ([X.] 23, 36, 50; 46, 281, 283 f). 7 1. Die [X.] haben nicht gegen die Verpflichtung verstoßen, der Klägerin den zur Erreichung des angestrebten [X.] sichersten Weg vorzuschlagen. 8 - 6 -
Der um Rat ersuchte steuerliche Berater ist zu einer umfassenden und mög-lichst erschöpfenden Belehrung seines Auftraggebers verpflichtet. Er hat dem [X.] diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziel zu führen geeignet sind, und Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche vorhersehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er dem Auftraggeber den relativ sichersten und unge-fährlichsten Weg zu dem angestrebten steuerlichen Ziel aufzuzeigen und die für den Erfolg notwendigen Schritte vorzuschlagen, damit der Mandant eine sachgerechte Entscheidung treffen kann ([X.] 129, 386, 396; [X.], [X.]. v. 3. Dezember 1992 - [X.] ZR 61/92, [X.], 510, 511; v. 3. Juni 1993 - [X.] ZR 173/92, NJW 1993, 2799, 2800; v. 15. Juli 2004 - [X.] ZR 472/00, NJW 2004, 3487 m.w.[X.]; v. 8. Februar 2007 - [X.] ZR 188/05, [X.], 903 Rn. 8). 9 2. Das von der [X.] zu 1 entwickelte Steuer- und Vertragsmodell war aus der damaligen Sicht am ehesten geeignet, die von der Klägerin angestrebte Steuerersparnis zu verwirklichen. 10 a) Gemäß § 8b Abs. 2 [X.] in der Fassung des [X.] vom 23. Oktober 2000 ([X.], 1433) und des Gesetzes zur Änderung des Investitionszulagengesetzes vom 20. Dezember 2000 ([X.], 1850) blieben bei der Ermittlung des Einkommens einer Körperschaft Gewinne aus der Veräuße-rung eines Anteils an einer anderen Körperschaft außer Ansatz. Die damit gewährte Steuerbefreiung des Veräußerungsgewinns einer Kapitalgesellschaft entfiel nach § 8b Abs. 4 [X.], falls die Anteile einbringungsgeboren im Sinne des § 21 [X.], also durch eine Sacheinlage entstanden waren (§ 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 [X.]) oder die Anteile durch eine Körperschaft von einem Einbringenden, der nicht zu den nach § 8b Abs. 2 [X.] begünstigten Steuerpflichtigen gehört, zu einem Wert unter dem Verkehrswert erworben worden waren (§ 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.]). Durch § 8b Abs. 4 Satz 2 [X.] wurde auch bei Eingreifen eines [X.] nach § 8b Abs. 4 Satz 1 [X.] im Wege zweier Rückausnahmen die Steuerbefreiung gewährt, sofern der in § 8b Abs. 2 [X.] bezeichnete Vorgang später als sieben Jahre nach Erwerb der Anteile stattfand (§ 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 [X.]) oder die Anteile auf der 11 - 7 - Grundlage des § 20 Abs. 1 Satz 2 [X.] erworben worden waren (§ 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 [X.]). b) Das von der [X.] zu 1 entwickelte [X.] entsprach diesem Regelungsgeflecht und führte infolge der Verwirklichung der Rückausnahme des § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 [X.] bestimmungsgemäß zur Steuerfreiheit des von der Klägerin erzielten Veräußerungsgewinns. 12 Die Klägerin verlor zwar zunächst die ihr durch § 8b Abs. 2 [X.] gewährte Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.], weil sie die Anteile von der W.

KG erworben hatte, die als Personengesellschaft nicht zu den durch § 8b Abs. 2 [X.] begünstigten Steuerpflichtigen - Kapitalgesellschaften und folglich juristischen Personen - gehörte. Jedoch kam der Klägerin die Rückausnahme des § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 [X.] zustatten, weil sie die Anteile von der [X.] aufgrund eines Einbringungsvorgangs nach § 20 Abs. 1 Satz 2 [X.] erworben hatte und darum die Steuerbefreiung in Anspruch nehmen konnte. Entgegen der Intention des Gesetzgebers fand § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 [X.] nach seinem eindeutigen Wortlaut nämlich auch Anwendung, wenn die betroffenen Anteile nach Maßgabe des § 20 Abs. 1 Satz 2 [X.] von einer natür-lichen Person eingebracht wurden ([X.] [X.] 2005 § 8b Rn. 430; Gröbl/[X.][X.], [X.] 2. Aufl. § 8b Rn. 234; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.] § 8b Rn. 205; Streck/Binnewies [X.] 6. Aufl. § 8b [X.]. 13; [X.]/[X.] GmbHR 2000, 1121, 1127; [X.] DStR 2000, 2061, 2064 m.w.[X.]; [X.]/[X.] GmbHR 2000, 1229, 1239). 13 c) Zwar wurde § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 [X.] durch das [X.] vom 20. Dezember 2001 ([X.] I 2001, 3858) dahin umges-taltet, dass die zugunsten einer Steuerbefreiung wirkende Rückausnahme nicht ein-greift, wenn die Einbringung der Anteile durch eine natürliche Person erfolgte (BT-Drucks. 14/6882 [X.]). Diese Regelung gilt gemäß § 34 Abs. 4 Satz 7 [X.] für Ver-äußerungen, die nach dem 15. August 2001 verwirklicht wurden. Die Anknüpfung an diesen Stichtag beruht darauf, dass an diesem Tag der die Gesetzesänderung einlei-14 - 8 - tende Kabinettsbeschluss gefasst wurde und folglich danach ein Vertrauen auf die Fortgeltung des bisherigen [X.] nicht mehr schutzwürdig war (Streck/Binnewies, aaO). d) Da die Veräußerung der Geschäftsanteile im Streitfall am 5. Juli 2001 er-folgte und der [X.] als Erwerberin in diesem Zeitpunkt mit Hilfe von Optionen zugleich das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen übertragen wurde (vgl. [X.]/[X.] aaO, die für die Steuerbefreiung sogar den Zeitpunkt des Abschlusses des schuldrechtlichen Vertrages für maßgeblich halten), konnte die Klägerin entspre-chend dem von der [X.] zu 1 entwickelten Konzept die Steuerbefreiung des § 8b Abs. 2 [X.] realisieren. Es entsprach insbesondere auch der Auffassung der Steuerverwaltung, dass bereits die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den Gesellschaftsanteilen den [X.] auslöst ([X.], 292 Rn. 50). Dieser Vorgabe hat das von der [X.] zu 1 entwickelte Konzept unein-geschränkt genügt. Damit war ein Risiko, die Steuerbefreiung nicht zu erlangen, aus-geschlossen. Der [X.] zu 1 ist es mithin gelungen, den Vorgang noch vor der teils rückwirkenden Gesetzesänderung unter dem Dach des bisherigen Rechts ab-zuwickeln (vgl. [X.], [X.]. v. 15. Juli 2004, aaO). 15 3. Die Beklagte zu 1 war entgegen der Auffassung der Revision nicht unter dem Gesichtspunkt des sichereren Wegs zu der Empfehlung an die Klägerin ver-pflichtet, die Klägerin möge die Anteile an der [X.] und die [X.]die Anteile an ih-ren Tochtergesellschaften in die Holding-Gesellschaft einbringen und die Anteile an dieser Holdinggesellschaft an die [X.]veräußern. 16 a) Wäre der Veräußerungsvorgang in dieser Weise abgewickelt worden, hätte die Gefahr einer Missbilligung durch die Finanzverwaltung wegen einer Umgehung des § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.] bestanden. Falls die Anteilsübertragung auf eine Zwischengesellschaft nicht auf Dauer angelegt ist und lediglich dazu dient, die [X.] an der Altgesellschaft steuerfrei zu veräußern, geht die Finanzverwaltung regel-mäßig von einem Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO aus ([X.], aaO). Die persönliche Sperre des § 8 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.] wirkt also auch bei [X.] - 9 - ren Veräußerungen (BMF-Schreiben vom 28. April 2003, BStBl. I 2003, 292 Rn. 38, 49; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.] § 8b Rn. 170). In einer solchermaßen ver-dächtigen Weise hätte sich der Streitfall gestaltet, wenn die Klägerin mit der [X.] eine Holding-Gesellschaft errichtet hätte, in die von der Klägerin die [X.] und von der [X.] deren Tochtergesellschaften eingebracht worden wären. Die Anteilsüber-tragung auf die Holding-Gesellschaft hätte dann dem ausschließlichen Zweck ge-dient, die Anteile an der -[X.]e steuerfrei zu veräußern. Eine dahingehende Bewertung war hier vor dem Hintergrund des der Finanzverwaltung ursprünglich [X.], anders lautenden Veräußerungskonzepts durchaus naheliegend, weil die neu gegründete Holdinggesellschaft allein zum Zwecke eines steuerbegünstigten Verkaufs errichtet worden wäre. Während nach der seitens der [X.] entwickel-ten Konzeption die Gründung der Holdinggesellschaft zumindest auch einem erleich-terten Verkauf sämtlicher Beteiligungen unter einem Dach diente, wäre nach dem Modell der Klägerin die Holding ausschließlich zu steuerlichen Zwecken gegründet worden. Die Klägerin wollte nach ihrem [X.] gerade nicht den Weg des unmittelbaren Verkaufs der Tochtergesellschaften durch die [X.] beschreiten. Statt dessen sollten die Tochtergesellschaften der [X.] unter Einbeziehung der unmittelbar von der Klägerin gehaltenen [X.] in eine Holding eingebracht werden, an der neben der [X.] auch die Klägerin als Muttergesellschaft sowohl der [X.] und deren Tochtergesellschaften als auch der von ihr selbst eingebrachten [X.] beteiligt war. Die Annahme einer Umgehung liegt aber überaus nahe, wenn eine [X.], der bei einer Eigenveräußerung steuerliche Nachteile drohen, mittelbar an der Veräußerung ihrer Tochter- und Enkelgesellschaften mitwirkt. Vor diesem Hinter-grund verbietet sich die Annahme, dass die von der Klägerin angeführte Alternative aus der damaligen Warte im Vergleich zu dem von der [X.] zu 1 entwickelten Modell einen sichereren Weg zur Erlangung der Steuervergünstigung dargestellt [X.]. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, dass eine Steuerbefreiung auch nach der vermeintlich sicheren Variante der Klägerin nur in Anwendung der [X.] des § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 [X.] zu verwirklichen gewesen wäre. b) Darüber hinaus war der von der Klägerin favorisierte Weg angesichts der nach § 37 Abs. 7 [X.] ebenfalls mit Rückwirkung ausgestatteten Regelung des § 15 18 - 10 - Nr. 2 Satz 1 und 2 [X.] in der Fassung vom 20. Dezember 2001 mit weiteren erheb-lichen steuerlichen Unwägbarkeiten verbunden, welche der Annahme entgegenste-hen, dass im Rahmen dieser Vorgehensweise der steuerliche Vorteil am sichersten zu verwirklichen gewesen wäre. Wegen der hier gegebenen konzernrechtlichen Ver-flechtung bestand die Gefahr, dass die Klägerin die erstrebte Steuerersparnis mit Hilfe der von ihr bevorzugten gesellschaftsrechtlichen Gestaltung nicht realisieren konnte. Da die [X.] den durch den Verkauf ihrer Anteile an der neu gegründeten Holdinggesellschaft erzielten Erlös als Organgesellschaft aufgrund des Gewinnabfüh-rungsvertrages an die Klägerin als Organträgerin hätte abführen müssen, wäre nach § 15 Nr. 2 Satz 1 und 2 [X.] für die Anwendung des § 8b [X.] auf die steuerlichen Verhältnisse der Klägerin abzustellen gewesen. Dann wäre der Sachverhalt auch auf der Grundlage des von der Klägerin bevorzugten Weges im Ergebnis steuerrechtlich so zu beurteilen gewesen, wie wenn die Klägerin selbst die Veräußerung vorgenom-men hätte. Dies räumt auch die Revision ein. Sie macht lediglich geltend, das Eingreifen des § 15 [X.] ändere nichts an der rechtlichen Beurteilung des [X.]. Die in § 15 Nr. 2 [X.] enthaltene Anordnung, den § 8b [X.] auf die Organgesellschaft nicht anzuwenden, rechtfertige nicht den Schluss, bei der Organgesellschaft handele es sich von vornherein um einen nicht durch § 8b [X.] begünstigten Steuerpflichti-gen. Auch würde diese Begünstigung weitgehend leer laufen, wenn die Einbringung durch eine Organgesellschaft die Rückausnahme des § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 [X.] praktisch ausschließe. Dem ist nicht zu folgen. 19 aa) Da § 8b Abs. 2 [X.] nur von einer Körperschaft in Anspruch genommen werden kann, könnte ein als Personengesellschaft konstituierter Organträger über eine als Körperschaft verfasste Organgesellschaft in den Genuss ihm seiner Rechts-form wegen nicht zustehender Steuervergünstigungen gelangen. Nach § 15 Nr. 2 Satz 1 [X.] werden deshalb die Vorschriften des § 8b Abs. 1 bis 6 [X.] auf eine Organgesellschaft nicht angewendet. Vielmehr ordnet § 15 Nr. 2 Satz 2 [X.] zur Vermeidung einer unberechtigten Steuerbegünstigung des [X.] an, dass § 8b [X.] nur bei der Ermittlung des Einkommens des [X.] und nicht der 20 - 11 - Organgesellschaft anzuwenden ist (vgl. BT-Drucks. 14/6882 S. 37 f). Die [X.] über die Freistellung von [X.] finden mithin ausschließlich auf [X.] des [X.] Berücksichtigung ([X.].[X.].AG/[X.], 3. Aufl. § 71 Rn. 49). Die Regelung des § 8b [X.] kommt dem Organträger - hier also der Klägerin - somit nur zustatten, wenn die Vorschrift ihren tatbestandlichen Vorausset-zungen nach für ihn und auch seine Rechtsform gilt ([X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.], aaO § 15 Rn. 18). Mit Hilfe der Regelung des § 15 Nr. 2 Satz 1 [X.] wird also Vorsorge dagegen getroffen, dass die Rechtsfolgen des § 8b [X.] einen Steuerpflichtigen begünstigen, der nicht in den Anwendungsbereich des § 8b [X.] fällt ([X.]/[X.], aaO § 15 Rn. 35). Die steuerliche Behandlung bei der Organgesellschaft angefallener Gewinne aus der Veräußerung von [X.] bestimmt sich folglich danach, ob sie auf der obersten Beteiligungsstufe einer Körperschaft zuzurechnen sind ([X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.], aaO § 15 Rn. 19). Da sonach allein die für den Organträger selbst geltenden Besteue-rungsregeln maßgeblich sind, kommt ihm eine Steuerbefreiung nach § 8b [X.] nicht zugute, falls er nicht unter den durch diese Vorschrift begünstigten Personenkreis fällt ([X.]/[X.], aaO § 15 Rn. 17; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.], aaO § 15 Rn. 18). [X.]) Das von der Klägerin favorisierte Modell einer Veräußerung der [X.] der [X.] über eine gemeinsam mit der Klägerin errichtete Holding-Gesellschaft hätte danach - ebenso wie eine unmittelbare Veräußerung der [X.] durch die [X.]- wegen des zwischen der [X.] und der Klägerin be-stehenden Ergebnisabführungsvertrages und der durch § 15 Nr. 2 Satz 1 und 2 [X.] angeordneten Anwendung des § 8b [X.] auf die Klägerin nicht zu einer anderen steuerlichen Bewertung geführt. Die Klägerin wäre nicht in den Genuss des § 8b Abs. 2 [X.] gelangt, weil wegen des Erwerbs der Anteile an der [X.]von der W.

KG, die nicht zu den nach § 8b Abs. 2 begünstigten Steuerpflichtigen gehört, der Versagungsgrund des § 8b Abs. 4 Nr. 2 [X.] vorgelegen hätte. Ohne Bedeutung ist es, dass die Anteile der [X.]an ihren Tochtergesellschaften an sich in Einklang mit § 8b Abs. 2 steuerbefreit veräußert werden konnten, weil die Besteuerung durch § 15 Nr. 2 auf [X.] des [X.] verlagert wird. Den Steuervorteil hätte die 21 - 12 - Klägerin deshalb, was die Revision nicht verkennt, ebenfalls nur auf der Grundlage der Rückausnahme des § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 [X.] und unter den gleichen Vor-aussetzungen wie im Rahmen der tatsächlich gewählten Gestaltung erzielen können. § 8b Abs. 2 [X.] wäre folglich nicht ohne weiteres auf den von der Klägerin erzielten Veräußerungsgewinn anzuwenden gewesen. Ob die Steuerbefreiung des § 8b [X.] gewährt würde, richtete sich vielmehr auch bei Wahl dieser Veräußerungsform ge-mäß § 15 Nr. 2 Satz 2 [X.] allein nach den steuerlichen Gegebenheiten bei der Klägerin. Deshalb war das Modell der Klägerin mit denselben Risiken behaftet, [X.] sie bei dem Modell der [X.] zu erkennen glaubt. [X.]) Ob es - wie die Revision meint - "zirkelschlüssig" wäre, wollte man aus der Nichtanwendungsanordnung in § 15 Nr. 2 Satz 1 [X.] folgern, bei einer [X.] greife § 8b [X.] schon tatbestandsmäßig nicht ein, kann dahin stehen. Entscheidend ist, dass § 8b Abs. 2 [X.] bei der Ermittlung des Einkommens des [X.] zur Anwendung kommt und dass die Steuerbefreiung so oder so nur in Anwendung der Rückausnahme des § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 [X.] zu verwirklichen gewesen wäre, was die Revision nicht in Abrede stellt. 22 [X.]) Entgegen der Auffassung der Revision steht die hier entwickelte Lösung auch nicht mit Sinn und Zweck des Gesetzes in Widerspruch. Es mag zutreffen, dass "die meisten [X.] Konzerne steuerrechtlich eine Organschaft darstellen". [X.] laufen die Begünstigungen des § 8b Abs. 2 [X.]
23 - 13 - aber nicht ins Leere. Sie können allerdings nur von dem Organträger in Anspruch genommen werden, falls dieser die dafür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt. [X.] [X.] Gehrlein [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.] - 13 O 289/04 - [X.], Entscheidung vom 30.10.2007 - [X.]/06 -

Meta

IX ZR 214/07

19.03.2009

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.03.2009, Az. IX ZR 214/07 (REWIS RS 2009, 4413)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4413

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