Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.11.2010, Az. Xa ZR 149/07

10a. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 1245

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Gegenstand

Patentnichtigkeit: Neuheit eines Stoffes ausschließende Offenbarung; Widerspruch zwischen Angaben im kennzeichnenden Teil und Merkmalen des Oberbegriffs - Fentanyl-TTS


Leitsatz

Fentanyl-TTS

1. Eine die Neuheit eines Stoffes ausschließende Offenbarung ist bereits dann gegeben, wenn ein bestimmtes, dem Fachmann zugängliches Material benannt wird, das alle beanspruchten Merkmale aufweist. Eine wissenschaftliche Begründung dafür, weshalb der Einsatz eines solchen Materials den patentgemäßen Erfolg eintreten lässt, ist nicht erforderlich .

2. Ein vermeintlicher Widerspruch zwischen Angaben im kennzeichnenden Teil und Merkmalen des Oberbegriffs darf nicht dahin aufgelöst werden, dass den Merkmalen des Oberbegriffs keine Bedeutung beigemessen wird, obwohl der Wortsinn des Patentanspruchs eine widerspruchsfreie Auslegung zulässt und diese durch die in der Beschreibung geschilderten Ausführungsbeispiele nahegelegt wird .

Tenor

Die Berufung gegen das am 26. Juni 2007 verkündete Urteil des 3. Senats ([X.]) des [X.] wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Inhaberin des am 24. August 2001 angemeldeten [X.] Patents 101 41 650 ([X.]), das ein transdermales therapeutisches System mit [X.] oder verwandten Substanzen betrifft und elf Patentansprüche umfasst. Patentanspruch 1 lautet in der erteilten Fassung:

"1. [X.] ([X.]) bestehend aus einer wirkstoffundurchlässigen Rückschicht, zumindest einer [X.] oder einen fentanylanalogen Wirkstoff enthaltenden [X.] auf Basis von [X.] und einer vor Gebrauch zu entfernenden Schutzschicht, dadurch gekennzeichnet, dass das [X.] selbstklebend und frei von [X.] ist, für [X.] eine Sättigungslöslichkeit zwischen 3 und 20 Gewichtsprozenten aufweist, und dass die wirkstoffhaltigen Schichten mindestens 80 Gewichtsprozent des eingearbeiteten Wirkstoffs in [X.] gelöster Form enthalten."

2

Die Klägerinnen machen geltend, der Gegenstand des [X.] sei nicht patentfähig. Die Klägerin zu 2 macht ferner geltend, die Erfindung sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie (in der beanspruchten Breite) ausführen könne. Die Beklagte hat das Streitpatent in erster Instanz in geänderter Fassung mit einem Hauptantrag und vier Hilfsanträgen verteidigt, die jeweils einen vollständigen Anspruchssatz umfassen.

3

Das Patentgericht hat das Streitpatent antragsgemäß für nichtig erklärt (BPatGE 50, 72 = [X.], 145 - [X.]-Pflaster). Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie das Streitpatent mit dem bereits in erster Instanz gestellten Hauptantrag und mit einem neuen Hilfsantrag verteidigt.

4

Nach dem Hauptantrag soll Patentanspruch 1 folgende Fassung erhalten (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung sind gekennzeichnet):

"1. [X.] ([X.]) bestehend aus (a) einer wirkstoffundurchlässigen Rückschicht, (b) zumindest einer [X.] oder einen fentanylanalogen Wirkstoff enthaltenden [X.] auf Basis von [X.] und (c) einer vor Gebrauch zu entfernenden Schutzschicht, dadurch gekennzeichnet, dass das [X.] selbstklebend, und frei von [X.] und lediglich aus (i) monomeren Estern von Alkoholen mit 1 bis 8 C-Atomen und Acrylsäure und/oder Methacrylsäure ohne freie funktionelle Gruppen, gegebenenfalls aus ([X.]) bis zu 20 Gew.-% [X.] mit einer Hydroxylgruppe als einziger freier funktioneller Gruppe, sowie gegebenenfalls aus ([X.]i) bis zu 50 Gew.-% [X.] hergestellt worden ist, und für [X.] eine Sättigungslöslichkeit zwischen 3 4 und 12 20 Gew.-% aufweist, und dass die wirkstoffhaltigen Schichten fentanylhaltige [X.] mindestens 5 Gew.-% [X.] enthält, von dem mindestens 80 Gew.-% des eingearbeiteten Wirkstoffs in [X.] gelöster Form enthalten vorliegen."

5

Nach dem Hilfsantrag soll Patentanspruch 1 folgende Fassung erhalten (Änderungen gegenüber dem Hauptantrag sind gekennzeichnet):

"1. [X.] ([X.]) bestehend aus (a) einer wirkstoffundurchlässigen Rückschicht, (b) einer [X.] enthaltenden [X.] auf Basis von [X.] und (c) einer vor Gebrauch zu entfernenden Schutzschicht, dadurch gekennzeichnet, dass das [X.] selbstklebend, und frei von [X.] ist, für [X.] eine Sättigungslöslichkeit zwischen 4 und 12 Gew.-% aufweist, und lediglich aus (i) monomeren Estern von Alkoholen mit 1 bis 8 C-Atomen, die gegebenenfalls als einzige funktionelle Gruppe eine Hydroxylgruppe enthalten, und Acrylsäure und/oder Methacrylsäure ohne freie funktionelle Gruppen, gegebenenfalls aus ([X.]) bis zu 20 Gew.-% [X.] mit einer Hydroxylgruppe als einziger freier funktioneller Gruppe, sowie und gegebenenfalls aus ([X.]i) bis zu 50 Gew.-% [X.] hergestellt worden ist, wobei das [X.]polymer entweder aus Monomeren der Acryl- bzw. Methacrylsäureester und gegebenenfalls zusätzlich [X.] aufgebaut ist und über keine freien funktionellen Gruppen verfügt oder das dem [X.] zugrunde liegende [X.] bis zu 20 Gew.-% Monomere mit freien funktionellen Gruppen in Form von 2-Hydroxyethylacrylat und/oder -methacrylat enthält, und für [X.] eine Sättigungslöslichkeit zwischen 4 und 12 Gew.-% aufweist, und dass die fentanylhaltige [X.] mindestens 5 Gew.-% [X.] enthält, von dem mindestens 80 Gew.-% in [X.] gelöster Form vorliegen."

6

Wegen der verteidigten nachgeordneten Patentansprüche wird auf die Berufungsbegründung verwiesen.

7

Die Klägerinnen treten dem Rechtsmittel entgegen.

8

Im Auftrag des Senats hat Univ.-Prof. Dr. L. ein schriftliches Gutachten erstattet, das sie in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Beklagte hat ein schriftliches Gutachten von Prof. Dr. J. vorgelegt.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Berufung bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.

I. Das Streitpatent betrifft ein transdermales therapeutisches System mit [X.] als Wirkstoff, d.h. ein selbstklebendes Pflaster mit einer besonderen Schicht, das [X.] als Wirkstoff enthält.

1. Das synthetische Opioid [X.], ein sehr starkes Analgetikum mit der Summenformel C22H28N2O, war nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift am Prioritätstag bereits als außerordentlich wirksames Schmerzmittel bekannt, das für eine Verabreichung durch die Haut geeignet ist. Ein auf dem Markt erhältliches transdermales therapeutisches System mit [X.] als Wirkstoff war als so genanntes Reservoirsystem aufgebaut (vgl. u.a. die US-Patentschrift 4 558 580, [X.]). In diesem System war der Wirkstoff in einer flüssigen oder gelförmigen Zubereitung enthalten, die zwischen einer undurchlässigen Rückschicht und einer wirkstoffdurchlässigen Membran mit einer zusätzlichen Klebeschicht angeordnet war. Dieser Aufbau hat den Nachteil, dass der Wirkstoff in zu hohen Dosen absorbiert werden kann, wenn der [X.] undicht ist oder beschädigt wird. Dies birgt Gefahren, weil [X.] eine relativ geringe therapeutische Breite aufweist und schon eine geringe Überdosierung zu Atemdepression mit tödlichem Ausgang führen kann.

Das Streitpatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, ein System zur Verfügung zu stellen, das eine erhöhte Sicherheit gegen eine versehentliche Aufnahme von Überdosen bietet (Beschreibung Abs. 5).

2. Zur Lösung dieses Problems schlägt die mit dem Hauptantrag verteidigte Fassung des Streitpatents ein transdermales therapeutisches System mit folgenden Merkmalen vor (die abweichende Nummerierung des Patentgerichts ist in eckigen Klammern wiedergegeben):

1. [X.] [1] umfasst

1.1 eine wirkstoffundurchlässige Rückschicht [2a],

1.2 eine [X.] enthaltende Matrixschicht auf Basis von [X.] [2b] und

1.3 eine vor Gebrauch zu entfernende Schutzschicht [2c].

2. Das [X.] der Matrixschicht

2.1 ist selbstklebend [3],

2.2 frei von [X.] [4] und

2.3 lediglich hergestellt worden aus

2.3.1 monomeren [X.]n von Alkoholen mit 1 bis 8 C-Atomen und Acrylsäure und/oder [X.] ohne freie funktionelle Gruppen [5a],

2.3.2 gegebenenfalls aus bis zu 20 Gew.-% solcher [X.] mit einer Hydroxylgruppe als einziger freier funktioneller Gruppe [5b], sowie

2.3.3 gegebenenfalls aus bis zu 50 Gew.-% [X.] [5c]

2.4 und weist für [X.] eine Sättigungslöslichkeit zwischen 4 und 12 Gew.-% auf [6],

3. Die fentanylhaltige Matrixschicht enthält mindestens 5 Gew.-% [X.] [7].

4. Mindestens 80 Gew.-% des [X.]s liegen in [X.] gelöster Form vor [8].

In der Fassung nach dem Hilfsantrag wird Merkmal 2.3.2 durch Merkmal 2.3.2' ersetzt, wonach das [X.] gegebenenfalls aus bis zu 20 Gew.-% an Monomeren mit freien funktionellen Gruppen in Form von 2-Hydroxyethylacrylat oder -methacrylat hergestellt sein darf. Ferner dürfen die Merkmale 2.3.2' und 2.3.3 nur alternativ, nicht aber kumulativ erfüllt sein.

3. Einige Merkmale bedürfen näherer Erörterung.

a) Der Wirkstoff [X.] ist nach Merkmal 1.2 in einer Matrixschicht auf der Basis von [X.] enthalten. Eine solche Matrixschicht besteht aus [X.], das heißt aus [X.]n der Acrylsäure, die zu einem Polymer oder - zusammen mit anderen Monomeren - zu einem Copolymer verkettet sind. In der [X.] kann der Wirkstoff in gelöster Form vorliegen, also dergestalt, dass die Moleküle des Wirkstoffs einzeln zwischen den Molekülen der Matrix verteilt sind. Daneben kann der Wirkstoff auch in Form von festen Teilchen oder Kristallen in die Matrix eingelagert sein. Nach Merkmal 4 muss bei einem patentgemäßen System mindestens ein Anteil von 80 Gew.-% des [X.]s in [X.] gelöster Form vorliegen. Dementsprechend dürfen höchstens 20 Gew.-% in fester Form vorhanden sein. Der Begriff "in [X.] gelöster Form" besagt, dass es sich um eine echte Lösung im physikalisch-chemischen Sinn handelt.

b) Die in Merkmal 2.4 angesprochene Sättigungslöslichkeit oder [X.] gibt den Wert an, bei dem sich ein in Lösung befindlicher Stoff im Gleichgewicht mit seiner festen Phase befindet, das heißt, bei dem die Menge an Molekülen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums aus der Lösung austreten, gleich groß ist wie die Menge der Moleküle, die im gleichen Zeitraum in Lösung gehen. Dieser Wert ist von Bedeutung für die Geschwindigkeit, mit der der Wirkstoff bei der Anwendung des Systems aus der Matrix an die Haut abgegeben wird. Die Abgaberate hängt nicht allein vom absoluten Wert der Wirkstoffkonzentration ab, sondern auch und insbesondere vom Verhältnis zwischen Wirkstoffkonzentration und Sättigungslöslichkeit. Je geringer die Sättigungslöslichkeit ist, umso geringer ist die Menge an Wirkstoff, die in der Matrix aufgelöst werden muss, um eine bestimmte Abgaberate zu erzielen.

Nach Merkmal 2.4 weist das [X.] einer patentgemäßen Matrixschicht eine Sättigungslöslichkeit für [X.] zwischen 4 und 12 Gew.-% auf. Das [X.] muss also so beschaffen sein, dass sich bei einem Wirkstoffgehalt von mindestens 4 und höchstens 12 Gew.-% der besagte Gleichgewichtszustand einstellt. Eine Methode zur Ermittlung der Sättigungslöslichkeit wird in der Streitpatentschrift nicht angegeben.

Der Wirkstoffgehalt einer patentgemäßen Matrix beträgt gemäß Merkmal 3 mindestens 5 Gew.-%. Er kann somit kleiner, gleich oder auch größer als die Sättigungslöslichkeit sein. Im zuletzt genannten Fall kann ein Teil des Wirkstoffs - gemäß Merkmal 4 höchstens 20 Gew.-% der gesamten Wirkstoffmenge - in fester Form (Kristalle oder Teilchen) vorliegen oder die Lösung kann sich in einem übersättigten und deshalb thermodynamisch instabilen Zustand befinden.

c) Die Löslichkeit des Wirkstoffs in der [X.] hängt unter anderem davon ab, wie viele freie funktionelle Gruppen vorhanden sind. Bei [X.]n der Acrylsäure oder der [X.] kommen als freie funktionelle Gruppen vor allem [X.] (-COOH) und Hydroxylgruppen (-OH) in Betracht. Gemäß Merkmal 2.3.2 darf das [X.] einer patentgemäßen Matrixschicht "gegebenenfalls" höchstens zu 20 Gew.-% aus [X.]n bestehen, die eine freie funktionelle Gruppe aufweisen. Hierbei darf es sich lediglich um eine einzelne Hydroxylgruppe handeln. Neben [X.]n der Acrylsäure oder Monoacrylsäure darf nach Merkmal 2.3.3 ebenfalls "gegebenenfalls" höchstens ein Anteil von 50 Gew.-% an [X.], einem Carbonsäureester ([X.]) der Essigsäure (CH3COOH) mit der Summenformel C4H6O2, eingesetzt worden sein. Durch die Angabe "gegebenenfalls" sind die Merkmale 2.3.2 und 2.3.3 in dem Sinn fakultativ, dass sie nicht notwendig verwirklicht sein müssen, aber angeben, welche Stoffe allenfalls weiter bei der Herstellung des [X.]s eingesetzt werden dürfen. Damit kommt diesen Merkmalen lediglich die Funktion einer negativen Abgrenzung, nicht aber einer Rezepturangabe zu, denn die in den Merkmalen 2.3.2 und 2.3.3 genannten Stoffe müssen nicht notwendig verwendet werden. Abgesehen von ihnen dürfen deshalb ausschließlich monomere [X.] der in Merkmal 2.3.1 genannten Art enthalten sein.

II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung, mit der es das Streitpatent für nichtig erklärt hat, im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die von der [X.] verteidigten Fassungen des Streitpatents führten zu einer Erweiterung des Schutzbereichs. Zwar bestünden keine Bedenken dagegen, Matrixschichten mit einem fentanylanalogen Wirkstoff vom Gegenstand des Schutzrechts auszunehmen und die monomeren [X.] als solche ohne freie funktionelle Gruppe zu charakterisieren. Zulässig sei auch die Nennung einer Untergrenze von mindestens 5 Gew.-% für den [X.]gehalt einer Matrixschicht. Eine Erweiterung des Schutzbereichs liege aber darin, dass das transdermale therapeutische System nach den verteidigten Fassungen nur noch aus einer fentanylhaltigen Matrixschicht bestehen solle. In den Schutzbereich der erteilten Fassung fielen lediglich Ausführungsformen mit mehreren solchen [X.]. Dies ergebe sich aus dem klaren Wortlaut von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung, wonach die wirkstoffhaltigen [X.] mindestens 80 Gew.-% des eingearbeiteten Wirkstoffs in [X.] gelöster Form enthalten müssten, und entsprechenden Angaben in der Beschreibung. Darin liege eine speziellere Ausprägung der im Oberbegriff enthaltenen Anforderung, dass das System mindestens eine wirkstoffhaltige Matrixschicht umfassen müsse. Dass die in der Streitpatentschrift angeführten Beispiele sich auf eine Ausführungsform mit nur einer Matrixschicht bezögen, führe zu keiner anderen Beurteilung.

Der Umstand, dass die Beklagte das Streitpatent trotz ausdrücklichen Hinweises ausschließlich in unzulässig geänderten Fassungen verteidige, führe ohne weiteres zur Nichtigerklärung des Schutzrechts insgesamt. Dies folge aus dem Grundsatz der Antragsbindung (§ 308 ZPO), der auch im [X.] deutlich ausgeprägt sei. Dem Patentgericht sei es verwehrt, das Patent in einer Fassung bestehen zu lassen, mit der der Patentinhaber nicht einverstanden sei. Dies gelte auch bei Verteidigung mit einer unzulässigen Fassung. Auch in diesem Fall mache der Patentinhaber von seinem Dispositionsrecht Gebrauch, das vom Gericht zu beachten sei. Hierin liege der entscheidende Unterschied zu dem Fall, dass der Patentinhaber von einer Verteidigung des Schutzrechts insgesamt absehe.

Unabhängig davon beruhe der Gegenstand des Streitpatents weder in der erteilten noch in den von der [X.] verteidigten Fassungen auf erfinderischer Tätigkeit. Aus den Entgegenhaltungen [X.]14 (veröffentlichte [X.] Patentanmeldung 622 075; Hercon Laboratories Co., betreffend transdermale Abgabesysteme) und [X.]15 ([X.] [X.] 24 16 991; [X.], betreffend Lösungen druckempfindlicher Harze) seien dem Fachmann, einem Pharmazeuten oder Chemiker mit praktischer Erfahrung und speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Entwicklung von Wirkstoffpflastern, der bei Besonderheiten hinsichtlich der eingesetzten [X.] gegebenenfalls auf die Spezialkenntnisse eines Polymerchemikers zurückgreife, transdermale therapeutische Systeme mit dem Wirkstoff [X.] in einer [X.] bekannt gewesen, die die Merkmale 1 bis 5 und 7 von Patentanspruch 1 des Streitpatents aufwiesen. Die im Streitpatent zusätzlich enthaltenen Angaben zur Sättigungslöslichkeit des [X.]s in der [X.] und zur Menge, die in [X.] gelöster Form vorliegen müsse, könnten die erfinderische Tätigkeit nicht begründen. Der Fachmann habe aufgrund des Standes der Technik, insbesondere der [X.] der internationalen Patentanmeldung [X.] ([X.]., [X.]21), gewusst, dass die Sättigungslöslichkeit eines Wirkstoffs in einem Polymer eine inhärente Eigenschaft des Polymers selbst sei und entscheidenden Einfluss auf den Umfang der Wirkstoffabgabe durch die Haut habe. Die in [X.]21 offenbarte carboxylgruppenfreie [X.]matrix mit einer Sättigungslöslichkeit von 3 bis 20 Gew.-% habe dem Fachmann die Richtung vorgegeben, welche Polymere mit welcher Sättigungslöslichkeit geeignet seien. Dass in [X.]21 eine fehlerhafte Produktbezeichnung enthalten sei und dass darin zur Lösung der dort gestellten Aufgabe eine zweite Matrix vorgeschlagen werde, führe zu keiner anderen Beurteilung. Dem Fachmann sei am [X.] auch bekannt gewesen, dass es vorteilhaft sei, die Konzentration des Wirkstoffs nahe dessen Sättigungslöslichkeitsgrenze einzustellen. Dies ergebe sich aus der Entgegenhaltung [X.] (internationale Anmeldung [X.]; Noven Pharmaceuticals Inc.). Der Gegenstand der verteidigten [X.] sei ebenfalls durch die Entgegenhaltungen [X.]14/[X.]15 und [X.]21 nahegelegt.

III. Diese Beurteilung hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren im Ergebnis Stand.

1. Entgegen der Auffassung des Patentgerichts führen die von der [X.] verteidigten [X.] nicht dazu, dass der Gegenstand des Streitpatents über den Gegenstand der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinausgeht oder dass der Schutzbereich des Streitpatents erweitert wird. Es bedarf daher keiner Auseinandersetzung mit der - von der dafür angeführten Zitatstelle ([X.] in [X.], [X.], 7. Aufl., Rn. 134 zu § 81, ebenso in der 8. Aufl. Rn. 133, abweichend noch die 6. Aufl. Rn. 131 f.) nicht gedeckten und in der Literatur kritisierten ([X.], Patentnichtigkeitsverfahren, 4. Aufl. Rn. 230; vgl. auch [X.], Urteil vom 16. Dezember 2008 - [X.] Rn. 22) - Auffassung des Patentgerichts, ein Patent sei ohne weitere Prüfung für nichtig zu erklären, wenn es im [X.] ausschließlich mit Patentansprüchen verteidigt werde, die unzulässige Änderungen aufweisen.

Nach Patentanspruch 1 in der Fassung des erteilten Patents, die insoweit mit der Fassung nach den ursprünglich eingereichten Unterlagen übereinstimmt, besteht ein patentgemäßes Systems "zumindest" aus einer [X.] enthaltenden Matrixschicht. Zum Gegenstand der Anmeldung und des erteilten Patents gehören danach sowohl Systeme, die aus mehreren Matrixschichten mit [X.] bestehen, als auch Systeme, die nur eine solche Schicht aufweisen. Dass auch Systeme mit nur einer Matrixschicht beansprucht und als zur Erfindung gehörend offenbart sind, wird bestätigt durch die in der Anmeldung und in der Streitpatentschrift geschilderten Ausführungsbeispiele, die durchweg Systeme mit nur einer Matrixschicht betreffen.

Der Umstand, dass an anderer Stelle des Anspruchswortlauts von "wirkstoffhaltigen [X.]" die Rede ist, führt entgegen der Auffassung des Patentgerichts nicht zu einer einschränkenden Auslegung. Aus ihm kann lediglich gefolgert werden, dass die im Patentanspruch formulierte Anforderung, wonach mindestens 80 Gew.-% des eingearbeiteten Wirkstoffs in [X.] gelöster Form vorliegen müssen, stets für alle zum System gehörenden fentanylhaltigen Matrixschichten einzuhalten ist. Daraus ergibt sich indes nicht, dass abweichend von der Definition des Oberbegriffs nur Systeme mit mindestens zwei Matrixschichten zum Gegenstand der Anmeldung oder des Streitpatents gehören.

Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ist für die Auslegung eines Patentanspruchs maßgeblich, welcher technische Sinngehalt aus der Sicht des Fachmanns den Merkmalen im einzelnen und in ihrer Gesamtheit zukommt (vgl. nur [X.], Urteil vom 3. Juni 2004 - [X.], [X.]Z 159, 221, 226 = GRUR 2004, 844, 845 - Drehzahlermittlung, mwN). Hierzu ist zwar in aller Regel eine Gliederung der einzelnen Merkmale geboten. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass diese unabhängig vom Gesamtzusammenhang betrachtet und interpretiert werden.

Im Streitfall ist durch die im Oberbegriff enthaltene Definition festgelegt, dass ein patentgemäßes System eine oder mehrere Matrixschichten enthalten kann. Die Festlegungen im kennzeichnenden Teil befassen sich lediglich mit der Beschaffenheit dieser [X.]. Jede dieser Anforderungen kann gleichermaßen mit nur einer oder mit mehreren [X.] erfüllt werden. Angesichts dessen liegt es fern, dass damit zugleich der im Oberbegriff ausdrücklich definierte Zahlenbereich ("zumindest eine") weiter eingeschränkt werden soll, zumal alle in der Beschreibung ausgeführten Ausführungsbeispiele Systeme mit nur einer Matrixschicht betreffen. Die Verwendung der Pluralform vermag eine einschränkende Auslegung des Patentanspruchs schon deshalb nicht zu rechtfertigen, weil sie entgegen der Auffassung des Patentgerichts nicht zu einem eindeutigen Wortlaut führt. Vor dem aufgezeigten Hintergrund, dass ein patentgemäßes System wahlweise eine oder mehrere Matrixschichten aufweisen kann, umfasst der Wortsinn der im kennzeichnenden Teil verwendeten Formulierung "die wirkstoffhaltigen [X.]" auch die Bedeutung "alle im System vorhandenen wirkstoffhaltigen [X.]". Dies kann eine einzige sein, wenn das System insgesamt nur eine wirkstoffhaltige Schicht aufweist.

Die Bestimmung in § 9 Abs. 2 [X.], wonach in den Oberbegriff die durch den Stand der Technik bekannten Merkmale der Erfindung aufzunehmen sind, in den kennzeichnenden Teil dagegen die Merkmale der Erfindung, für die in Verbindung mit den Merkmalen des Oberbegriffs Schutz begehrt wird, führt nicht zu einem abweichenden Ergebnis. Entgegen der Auffassung des Patentgerichts ist dieser Bestimmung nicht zu entnehmen, dass die geschützte technische Lehre sich auf das beschränkt, was ausdrücklich im kennzeichnenden Teil in Verbindung mit den Merkmalen des Oberbegriffs unter Schutz gestellt werden soll. Für die Erfassung des Gegenstandes eines Patents ist es nach ständiger Rechtsprechung vielmehr ohne Bedeutung, ob ein bestimmtes Merkmal im Oberbegriff oder im kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs erscheint ([X.], Urteil vom 20. Januar 1994 - [X.], [X.], 357, 358 - [X.]). Ein vermeintlicher Widerspruch von Angaben im kennzeichnenden Teil zu den Merkmalen des Oberbegriffs darf deshalb nicht dahin aufgelöst werden, dass diesen Merkmalen keine Bedeutung beigemessen wird. Die abweichende Auffassung des Patentgerichts führt zu einer durch das Gesetz nicht gedeckten zergliedernden Betrachtung, die den für die Auslegung maßgeblichen technischen Sinngehalt des Patentanspruchs als Ganzen außer Betracht lässt.

Die weiteren Merkmale, die nach dem Hauptantrag zusätzlich in Patentanspruch 1 aufgenommen wurden, sind, wie das Patentgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend dargelegt hat, auch in ihrer Kombination mit den übrigen Merkmalen bereits aus den ursprünglich eingereichten Unterlagen als zur Erfindung gehörend zu entnehmen. Entsprechendes gilt für die zusätzlichen Merkmale nach dem in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag.

2. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung ist nicht patentfähig. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob er neu ist (§ 3 [X.]). Er beruht jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit (§ 4 [X.]), sondern ist dem Fachmann, einem Pharmazeuten oder Chemiker mit praktischer Erfahrung und speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Entwicklung von Wirkstoffpflastern, durch den Stand der Technik nahegelegt.

a) In der [X.] der internationalen Patentanmeldung [X.] ([X.]21) vom 19. April 2001, die vor dem [X.] des Streitpatents erfolgt ist, ist eine Vorrichtung zur transdermalen Verabreichung von Arzneistoffen offenbart, die aus einer Trägerschicht, zwei nebeneinander liegenden wirkstoffhaltigen Klebeschichten und einer abziehbaren Schutzschicht besteht.

In der Beschreibung wird ausgeführt, einige Arzneistoffe wie zum Beispiel [X.] wiesen eine relativ enge therapeutische Breite auf und zeigten bei Überdosierung äußerst unerwünschte Nebenwirkungen, die bis zum Tod führen könnten. Diese Arzneistoffe seien auch relativ teuer und besäßen ein hohes Missbrauchspotential. Deshalb sei es wünschenswert, wenn eine transdermal wirkende Vorrichtung den Arzneistoff ohne lange Verzögerungszeit und mit einer kontrollierten und im Wesentlichen gleichbleibenden Geschwindigkeit über einen ausgedehnten Zeitraum (zum Beispiel mindestens 24 Stunden) abgebe (S. 5 Z. 18 bis [X.]). Demgegenüber wird ein System vorgeschlagen, bei dem zwei wirkstoffhaltige Klebeschichten nebeneinander auf einer Trägerschicht angeordnet und mit einer abziehbaren Deckschicht versehen werden. Die Klebeschichten bestehen aus adhäsiven Polymeren, die unterschiedliche Löslichkeit für den Wirkstoff aufweisen (S. 12 Z. 20 bis [X.]). Die erste Klebeschicht enthält zwischen 0,1 und 5,0 Gew.-%, bevorzugt zwischen 0,5 und 2,0 Gew.-% des Wirkstoffs. Die Löslichkeit liegt zwischen 1 und 20 mg/ml, bevorzugt zwischen 2 und 10 mg/ml. Die zweite Klebeschicht enthält zwischen 1 und 20 Gew.-% des Wirkstoffs. Die Löslichkeit liegt bevorzugt zwischen 30 und 200 mg/ml ([X.] 15 bis 20), besonders bevorzugt zwischen 50 und 150 mg/ml (S. 16 Z. 13 bis 16). Letzteres entspricht, wie sich aus dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien ergibt, einem Bereich von 5 bis 15 Gew.-%.

In der Beschreibung wird ergänzend ausgeführt, das wesentliche Merkmal der Erfindung bestehe darin, dass die beiden laminierten [X.] unterschiedliche Löslichkeit für den Wirkstoff aufwiesen (S. 14 Z. 12 bis 14). Die erste Schicht weise eine relativ geringe Löslichkeit auf. Deshalb könne im frühen Stadium der Anwendung schnell eine gewisse Menge an [X.] abgegeben werden (S. 12 Z. 7 bis 11). Wenn die Löslichkeit von [X.] in der ersten Schicht unter 1,0 mg/ml liege, könne die gewünschte schnelle Abgabe nicht erreicht werden, weil zu wenig [X.] im Polymer gelöst sei. Wenn sie über 20 mg/ml liege, könne das [X.] nicht schnell genug abgegeben werden und die nach der Anwendung im System verbleibende Restmenge werde zu groß (S. 15 Z. 15 bis 21). Liege die Konzentration von [X.] unterhalb von 0,1 Gew.-%, könne die gewünschte Abgaberate nicht erreicht werden; liege sie über 5,0 Gew.-%, könne das [X.] nicht vollständig gelöst oder in kristallisierter Form extrahiert werden (S. 16 Z. 3 bis 7). Die zweite Schicht weise eine relativ hohe Löslichkeit auf und könne den Wirkstoff deshalb von einer gewissen Zeitspanne nach der Verabreichung an über einen längeren Zeitraum abgeben (S. 12 Z. 11 bis 14). Wenn die Löslichkeit von [X.] in der zweiten Schicht unter 30 mg/ml liege, werde der Wirkstoff zu schnell abgegeben. Liege sie über 200 mg/ml, sei die Abgaberate zu gering und die im System verbleibende Restmenge zu groß (S. 16 Z. 18 bis 23). Wenn der Gehalt an [X.] weniger als 1,0 Gew.-% betrage, könne die gewünschte [X.] nicht erreicht werden. Liege er über 20 Gew.-%, werde das [X.] nicht vollständig gelöst und falle in kristalliner Form aus (S. 17 Z. 6 bis 10).

Als Ausführungsbeispiele werden insgesamt fünf Systeme mit zwei benachbarten Matrixschichten beschrieben. In Ausführungsbeispiel 1 besteht die erste Klebeschicht aus Polydimethylsiloxan und enthält 0,7 Gew.-% [X.]base. Die zweite Klebeschicht besteht aus einem Acrylat-/[X.]copolymer ("[X.] 97-4098") und enthält 10 Gew.-% [X.]base ([X.] bis S. 20 Z. 9).

Als [X.]e werden ein Pflaster nach dem Reservoirsystem ([X.] 1) und ein Pflaster mit nur einer Matrixschicht ([X.] 2) herangezogen. Bei dem als zweites [X.] beschriebenen Pflaster besteht die Klebeschicht aus "[X.] 97-4098" und weist einen [X.]gehalt von 12 Gew.-% auf (S. 25 Z. 3 bis 9). Dieses [X.] wird in [X.]21 als nachteilig gegenüber einem Ausführungsbeispiel mit zwei nebeneinander liegenden Matrixschichten bezeichnet, weil die anfängliche Abgaberate und die gleichmäßige Abgabe über einen Zeitraum von 24 bis 72 Stunden geringer, die Zeit bis zum Erreichen der gewünschten Abgaberate und die nach Anwendung verbleibende Restmenge hingegen höher seien (S. 25 Z. 16 bis 21).

b) In [X.]21 sind die [X.], 2 und 3 offenbart.

(1) Das in [X.]21 als [X.] 2 herangezogene und trotz der Darstellung als nachteilbehaftet als Stand der Technik zu berücksichtigende (vgl. [X.], Urteil vom 30. Juni 1964 - [X.], [X.], 612, 615 - Bierabfüllung; [X.], Urteil vom 12. Dezember 2000 - [X.], bei [X.] [X.] 1999-2001, 355, 361 - Kniegelenkendoprothese) Pflaster besteht aus den drei in [X.] 1 genannten Komponenten, also einer wirkstoffundurchlässigen Rückschicht, einer [X.] enthaltenden Matrixschicht auf Basis von [X.] und einer vor Gebrauch zu entfernenden Schutzschicht. Das für die Matrixschicht verwendete Material [X.] 4098 besteht, wie sich unter anderem aus einem Prospekt des Anbieters [X.] aus dem [X.] ([X.]12) ergibt, aus Acrylat und [X.].

Obwohl in [X.]12 die Produktnummer 4098 nur zusammen mit dem Vorspann "87-", in [X.]21 hingegen mit dem Vorspann "97-" aufgeführt ist, hat der Senat keine Zweifel daran, dass es sich um das gleiche Produkt handelt. Die Ziffern vor dem Bindestrich bezeichnen, wie die gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, das Vertriebsgebiet und haben auf die Zusammensetzung keinen Einfluss. Dies wird zusätzlich bestätigt durch den weiteren Inhalt von [X.]12, in der zahlreiche Produkte nebeneinander sowohl mit dem Vorspann "387-" als auch mit "87-" aufgeführt werden, ohne dass Unterschiede in der Zusammensetzung ausgewiesen werden. Die gerichtliche Sachverständige hat ferner aufgezeigt, dass dieser Vorspann in der Praxis häufig vernachlässigt und nur die vierstellige Produktnummer angegeben wird. Derartige Angaben finden sich auch in einem Poster, das von H. S. [X.] am 19. April 2000 auf dem Millenial [X.] in [X.] öffentlich präsentiert wurde ([X.]23-A: [X.] 2196, 2287 und 4098).

(2) Offenbart ist auch die [X.] 2.

Das Material [X.] 87-4098 ist nach den Angaben in [X.]12 selbstklebend und frei von funktionellen Gruppen, wie dies in den Merkmalen 2.1 und 2.2 vorgesehen ist. Aus einer nach dem [X.] erstellten und als vertraulich gekennzeichneten Herstellerinformation ([X.]8) ergibt sich, dass das Material aus 2-Ethylhexylacrylat und [X.] besteht. Damit weist es das Merkmal 2.3.1 und auch das fakultative Merkmal 2.3.3 auf. Nach den ergänzenden Angaben der gerichtlichen Sachverständigen, die ebenfalls auf einer Angabe des Herstellers beruhen, enthält es ferner zu rund 4% Acrylate mit freien Hydroxylgruppen. Dies entspricht Merkmal 2.3.2.

Ein auf der Internet-Seite des Anbieters ([X.]6) verfügbares Berechnungsprogramm weist eine Sättigungslöslichkeit des Materials für [X.] von 6,157 Gew.-% aus. Dabei handelt es sich, wie die gerichtliche Sachverständige erläutert hat, um eine Schätzung; der tatsächliche Wert kann auch in der Größenordnung von 10 Gew.-% liegen. Beides liegt innerhalb des in Merkmal 2.4 definierten Bereichs. Wie die Parteien übereinstimmend vorgetragen haben und die gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, hängt die Sättigungslöslichkeit ausschließlich von der Zusammensetzung der eingesetzten Stoffe und von der Temperatur ab. Mit dem Einsatz von [X.] 87-4098 ist damit auch Merkmal 2.4 verwirklicht.

Ob diese Eigenschaften von [X.] 87-4098 der Fachwelt am [X.] durch [X.]en des Herstellers oder Dritter zugänglich waren, ist unerheblich. Der Senat hat im Hinblick auf den im [X.] und damit geraume Zeit vor dem [X.] gedruckten Prospekt [X.]12 und die Angaben der gerichtlichen Sachverständigen keine Zweifel daran, dass das Material im Jahr 2001 am Markt erhältlich war. Damit war der Fachmann in der Lage, die in [X.]21 beschriebenen Pflaster herzustellen und auf diesem Weg ein System in die Hand zu bekommen, das die in [X.] 2 beschriebenen Eigenschaften aufweist. Darauf, dass dem Fachmann diese Eigenschaften bewusst waren und dass er die Möglichkeit hatte, sie durch geeignete Analysen in Erfahrung zu bringen, kommt es nach der Rechtsprechung des Senats nicht an. Für eine die Neuheit eines Stoffes ausschließende Offenbarung reicht es aus, wenn ein bestimmtes Material benannt wird, das alle beanspruchten Merkmale aufweist. Eine wissenschaftliche Begründung dafür, weshalb der Einsatz eines solchen Materials den patentgemäßen Erfolg eintreten lässt, ist nicht erforderlich (Senatsurteil vom 13. Juli 2010 - [X.] Rn. 48).

(3) Merkmal 3 ist ebenfalls offenbart. Der in [X.]21 für das [X.] 2 genannte Wirkstoffgehalt von 12 Gew.-% liegt oberhalb der in diesem Merkmal definierten Untergrenze von 5 Gew.-%.

c) Nicht offenbart ist in [X.] 2 das Merkmal 4, wonach mindestens 80 Gew.-% des [X.]s in [X.] gelöster Form vorliegt. Der Fachmann hatte aufgrund der Ausführungen in [X.]21 aber Veranlassung, dieses Beispiel dahin abzuwandeln, dass der [X.]gehalt unterhalb oder nur knapp oberhalb der Sättigungsgrenze liegt.

Dabei bedarf es nicht der Aufklärung, ob sich das genannte Verhältnis bei einem [X.]gehalt von 12 Gew.-% ohne weiteres einstellt, weil die Sättigungslöslichkeit oberhalb von 9,6 Gew.-% liegt oder weil es zu einer Übersättigung kommt. Selbst wenn dieses Merkmal in dem [X.] nicht verwirklicht ist, gaben die ergänzenden Ausführungen in [X.]21 und das allgemeine Wissen über den Zusammenhang zwischen Wirkstoffgehalt und Sättigungsgrenze dem Fachmann Anlass, den Anteil des in [X.] gelöster Form vorliegenden Wirkstoffs innerhalb der in Merkmal 4 definierten Grenzen zu halten.

Wie bereits dargelegt enthält die Beschreibung von [X.]21 den ausdrücklichen Hinweis, ein zu hoher [X.]gehalt führe dazu, dass der Wirkstoff nicht vollständig aufgelöst werde und in kristalliner Form ausfalle (S. 17 Z. 8 bis 10). Hieraus kann zwar nicht ohne weiteres gefolgert werden, dass der Wirkstoff in den in [X.]21 geschilderten Ausführungs- und [X.]en in vollständig gelöster Form vorlag, wie dies die gerichtliche Sachverständige in ihrem schriftlichen Gutachten für möglich gehalten hat. Die angeführten Ausführungen gaben dem Fachmann aber Anlass, die Konzentration so zu wählen, dass sie einerseits möglichst nahe oder knapp über der Sättigungslöslichkeit liegt, andererseits der kristalline Anteil aber möglichst gering bleibt. Ein zu hoher Anteil an nicht gelöstem Wirkstoff würde, wie die gerichtliche Sachverständige erläutert hat, die Klebeeigenschaften des [X.]s nachteilig beeinflussen. Er würde zudem die Menge des benötigten Wirkstoffs, die aus Kostengründen und wegen der bestehenden Missbrauchsgefahr möglichst gering gehalten werden soll, unnötig erhöhen. Diese am [X.] bekannten Zusammenhänge legten es dem Fachmann nahe, die Wirkstoffkonzentration so zu wählen, dass allenfalls ein geringer Teil des Wirkstoffs in fester Form vorliegt.

Der Fachmann wurde von Überlegungen in diese Richtung nicht deshalb abgehalten, weil in [X.]21 ein System mit zwei nebeneinander liegenden Matrixschichten mit unterschiedlicher Sättigungslöslichkeit und unterschiedlichem Wirkstoffgehalt als überlegen dargestellt wurde. Aus den zum [X.] 2 mitgeteilten Ergebnissen war abzulesen, dass auch ein System mit nur einer Matrixschicht zu besseren Ergebnissen führt als das in [X.] 1 herangezogene Reservoirsystem. Die zusätzliche Matrixschicht mit einer geringeren Sättigungslöslichkeit führt nach den Ausführungen in [X.]21 vor allem zu einer schnelleren Abgabe in den ersten Stunden der Anwendung. Die Nutzung dieses Vorteils ist nicht erforderlich, um die weiteren vorteilhaften Wirkungen des in [X.]21 offenbarten Systems herbeizuführen. Damit stand es im Belieben des Fachmanns, ob er die Anregungen aus [X.]21 vollständig übernimmt oder ob er sich mit einem geringfügig schlechteren, aber im Vergleich zu [X.] immer noch besseren Ergebnis begnügt. Die Entscheidung für eine solche Lösung beruht deshalb nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

IV. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der mit dem Hilfsantrag verteidigten Fassung ist ebenfalls nicht patentfähig.

Der genannte Gegenstand unterscheidet sich von dem mit dem Hauptantrag verteidigten Gegenstand nur insoweit, als [X.]e, die sowohl aus [X.]n mit einer Hydroxylgruppe als freier funktioneller Gruppe als auch aus [X.] hergestellt worden sind, nicht erfasst werden und dass als Monomere mit freien funktionellen Gruppen nur 2-Hydroxyethylacrylat oder -methacrylat in Betracht kommen. Die in [X.]21 offenbarte Matrixschicht aus [X.] 87-4098 weist zwar Hydroxylgruppen auf und entspricht deshalb nicht vollständig den Anforderungen von [X.] 2 in der Fassung des [X.]. Dem Fachmann waren durch [X.]21 aber auch Ausführungsformen nahegelegt, bei der auf den in [X.] 87-4098 enthaltenen geringen Anteil von Hydroxylgruppen verzichtet wird. Ihm war am [X.] geläufig, dass die Anzahl von freien Hydroxylgruppen Einfluss auf die Sättigungslöslichkeit des [X.]s für [X.] hat. Damit hatte er Veranlassung, diesen Parameter zu nutzen, um einen angestrebten Wert für die Sättigungslöslichkeit erzielen zu können.

V. Der Gegenstand der auf Patentanspruch 1 zurückbezogenen Patentansprüche 2 bis 11 unterliegt nach den im einzelnen sachlich begründeten Ausführungen des Patentgerichts keiner anderen Beurteilung hinsichtlich der Patentfähigkeit. Die Berufung zeigt demgegenüber keine Gesichtspunkte auf, die hinsichtlich des Haupt- oder des [X.] insoweit zu einem anderen Ergebnis führen könnten.

VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 [X.] und § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]                                      Mühlens                                 Bacher

                                   Hoffmann                                  Schuster

Meta

Xa ZR 149/07

18.11.2010

Bundesgerichtshof 10a. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend BPatG München, 26. Juni 2007, Az: 3 Ni 22/04, Urteil

§ 3 PatG, § 14 PatG, § 9 Abs 2 PatV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.11.2010, Az. Xa ZR 149/07 (REWIS RS 2010, 1245)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1245

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