Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.01.2017, Az. II R 48/14

2. Senat | REWIS RS 2017, 17197

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

(Teilweise Parallelentscheidung zum BFH-Urteil vom 18. Januar 2017 II R 3/14 - Zurückweisung einer im EU-Ausland ansässigen Person wegen geschäftsmäßiger Hilfe in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige)


Leitsatz

NV: Eine im EU-Ausland ansässige Person, die nicht über einen den Anforderungen der §§ 51 ff. DVStB entsprechenden Schutz in Bezug auf die Berufshaftpflicht verfügt, kann die Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen in Deutschland nicht auf die Dienstleistungsfreiheit stützen.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 20. Februar 2014  11 K 922/09 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war früher in der [X.] ([X.]) als Steuerberater bestellt. Die Bestellung wurde im [X.] gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 des [X.]) wegen [X.] widerrufen. Der Widerruf wurde bestandskräftig.

2

Der Kläger trat seit dem Widerruf seiner Zulassung in einer Vielzahl von [X.]ällen vor verschiedenen [X.]inanzämtern und [X.]inanzgerichten als Bevollmächtigter auf. [X.]. wurde er im Besteuerungsverfahren des [X.] wegen Einkommensteuer 2004 und 2005, [X.] 2004 und Umsatzsteuer 2005 und im Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung dieser Bescheide als Bevollmächtigter tätig und gab dabei Büroadressen in den [X.] und in [X.] an.

3

Mit Bescheid vom 23. Mai 2007 wies der Beklagte und Revisionsbeklagte (das [X.]inanzamt --[X.]A--) den Kläger gemäß § 80 Abs. 5 und 7 der Abgabenordnung in der bis einschließlich 2016 geltenden [X.]assung ([X.]) im Hinblick auf diese Verfahren als Bevollmächtigten des [X.] zurück. Der Einspruch des [X.] gegen den Bescheid blieb erfolglos.

4

Mit der Klage berief sich der Kläger insbesondere auf die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 des Vertrags zur Gründung der [X.]; jetzt Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] --A[X.]V--). Er sei zur Vertretung des [X.] nicht nach [X.] gekommen. Er könne sich auf die Dienstleistungsfreiheit berufen, obwohl er seinerzeit keine berufliche Haftpflichtversicherung gehabt habe. Eine solche sei in den [X.] nicht erforderlich und damals --vor Ergehen des Urteils des [X.] (B[X.]H) vom 21. Juli 2011 II R 6/10 (B[X.]HE 234, 474, [X.], [X.] auch nicht angeboten worden (Schreiben des [X.] vom 15. April 2008 an die Steuerberaterkammer [X.], Anlage zur Klageschrift vom 17. März 2009).

5

Das [X.]inanzgericht ([X.]G) wies die Klage durch das in Entscheidungen der [X.]inanzgerichte (E[X.]G) 2014, 1058 veröffentlichte Urteil ab. Soweit der Kläger die [X.]eststellung der Nichtigkeit des Bescheids vom 23. Mai 2007 und der Einspruchsentscheidung vom 2. April 2009 begehre, sei die Klage zwar zulässig, aber unbegründet. Das [X.]A habe den Kläger zu Recht gemäß § 80 Abs. 5 [X.] als Bevollmächtigten des [X.] zurückgewiesen. Die gegen diese Bescheide gerichtete Anfechtungsklage sei unzulässig, weil die der Zurückweisung zugrunde liegenden Klageverfahren des [X.] rechtskräftig abgeschlossen seien und der Kläger in diesen Verfahren nicht mehr für diesen tätig werden könne. Die auf [X.]eststellung der Rechtswidrigkeit der Bescheide gerichtete Klage sei zulässig, aber unbegründet.

6

Mit der Revision bringt der Kläger vor, er sei als Bevollmächtigter zuzulassen gewesen, was der Gerichtshof der [X.] ([X.]) in dem [X.] bestätigen werde.

7

Der Senat setzte mit Beschluss vom 18. November 2014 das Verfahren bis zur Entscheidung des [X.] über das Vorabentscheidungsersuchen des B[X.]H (Beschluss vom 20. Mai 2014 II R 44/12, B[X.]HE 246, 278, [X.], 907) aus. Der [X.] hat darüber inzwischen mit Urteil [X.] vom 17. Dezember 2015 [X.]/14 ([X.]:[X.]) entschieden.

8

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben.

9

Das [X.]A beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat die Klage zutreffend abgewiesen. Das [X.] hat den Kläger zu Recht gemäß § 80 Abs. [X.] als Bevollmächtigten zurückgewiesen. Der Kläger war im Jahr 2007 nicht zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen befugt.

1. Gemäß § 80 Abs. [X.] sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein; dies gilt nicht für Notare und Patentanwälte.

a) Nach § 2 Satz 1 StBerG darf die Hilfeleistung in Steuersachen geschäftsmäßig nur von Personen und Vereinigungen ausgeübt werden, die hierzu befugt sind. Eine solche Befugnis ist auch für eine Person erforderlich, die vom Ausland aus Hilfe in Steuersachen für Steuerpflichtige in [X.] leistet, selbst wenn sie sich zur Erbringung der Dienstleistungen nicht auf [X.] Gebiet begibt (BFH-Urteile in [X.], 474, [X.], 906, Rz 20, und vom 19. Oktober 2016 II R 44/12, [X.], 367, für Steuerberatungsgesellschaften).

b) Die Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen gemäß § 2 Satz 1 StBerG setzt u.a. voraus, dass ein den Anforderungen der §§ 51 ff. der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften ([X.]) entsprechender Schutz in Bezug auf die Berufshaftpflicht besteht. §§ 51 ff. [X.] gelten aufgrund des mit diesen Vorschriften verfolgten [X.] auch für Personen, die vom Ausland aus Hilfe in Steuersachen für Steuerpflichtige in [X.] leisten und die nach inländischem Recht nicht gegebene Befugnis dazu unmittelbar aus der Dienstleistungsfreiheit ableiten wollen. Das Bestehen eines entsprechenden Schutzes muss der Dienstleister gemäß § 90 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AO ggf. i.V.m. § 76 Abs. 1 Satz 4 [X.]O durch Vorlage entsprechender Unterlagen nachweisen.

Besteht kein den Anforderungen der §§ 51 ff. [X.] entsprechender Schutz in Bezug auf die Berufshaftpflicht, ist eine Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit ausgeschlossen (BFH-Urteile in [X.], 474, [X.], 906, und in [X.], 367, Rz 62 f., 68). Darin liegt keine unzulässige Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit. Dies ist aufgrund der im BFH-Urteil in [X.], 474, [X.], 906, Rz 28 ff. angeführten Rechtsprechung des [X.] bereits geklärt. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den [X.] gemäß Art. 267 AEUV ist somit nicht erforderlich.

2. Der Kläger war danach bei Ergehen des Bescheids vom 23. Mai 2007 nicht zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen i.S. des § 80 Abs. [X.] befugt. Er hat nicht durch Vorlage entsprechender Unterlagen nachgewiesen, dass er seinerzeit über den erforderlichen Schutz in Bezug auf die Berufshaftpflicht verfügte. Er hat vielmehr bereits im Klageverfahren eingeräumt, dass dies nicht der Fall war. Es ist daher nicht erforderlich, die Sache an das [X.] zurückzuverweisen, um dem Kläger Gelegenheit zu geben, das Bestehen eines Haftpflichtversicherungsschutzes am 23. Mai 2007 nachzuweisen. Einem etwaigen später erfolgten Abschluss einer Haftpflichtversicherung kommt keine auf den 23. Mai 2007 zurückwirkende Bedeutung zu. Für die Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Zurückweisungsbescheids nach § 80 Abs. [X.] sind die Verhältnisse bei dessen Ergehen maßgebend (BFH-Urteil in [X.], 367, Rz 12, 27, 44, 47 f., 67).

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

II R 48/14

18.01.2017

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 20. Februar 2014, Az: 11 K 922/09, Urteil

§ 80 Abs 5 AO, Art 49 EG, Art 56 AEUV, § 2 S 1 StBerG, §§ 51ff StBDV, § 51 StBDV

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.01.2017, Az. II R 48/14 (REWIS RS 2017, 17197)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 17197

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II R 3/14 (Bundesfinanzhof)

Zurückweisung einer im EU-Ausland niedergelassenen Steuerberatungsgesellschaft wegen geschäftsmäßiger Hilfe in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige


II R 6/14 (Bundesfinanzhof)

(In Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 18. Januar 2017 II R 3/14 - Zurückweisung einer …


II R 5/14 (Bundesfinanzhof)

(In Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 18. Januar 2017 II R 3/14 - Zurückweisung einer …


II R 6/10 (Bundesfinanzhof)

Zurückweisung ausländischer Steuerberatungsgesellschaften - Fehlender Schutz in Bezug auf die Berufshaftpflicht - Auslegung und Umfang …


II R 44/12 (Bundesfinanzhof)

Zurückweisung einer im EU-Ausland niedergelassenen Steuerberatungsgesellschaft wegen geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige - …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.