Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.07.2011, Az. II R 6/10

2. Senat | REWIS RS 2011, 4484

STEUERRECHT STEUERN BUNDESFINANZHOF (BFH) VERSICHERUNGEN

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Gegenstand

Zurückweisung ausländischer Steuerberatungsgesellschaften - Fehlender Schutz in Bezug auf die Berufshaftpflicht - Auslegung und Umfang einer Zurückweisungsverfügung - Beurteilung eines Einzelakts bei harmonisierter Rechtslage


Leitsatz

Eine in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union registrierte Steuerberatungsgesellschaft Ltd. ist weder nach § 3a StBerG noch aufgrund der Dienstleistungsfreiheit zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen i.S. des § 80 Abs. 5 AO befugt, wenn sie nicht über eine Berufshaftpflichtversicherung oder einen anderen individuellen oder kollektiven Schutz in Bezug auf die Berufshaftpflicht verfügt .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine in [X.] registrierte Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft [X.] mit Niederlassungen in [X.] und den [X.]. Sie ist nicht als Steuerberatungsgesellschaft nach §§ 32 Abs. 3, 49 ff. des [X.] in der ab 12. April 2008 geltenden Fassung des [X.] ([X.], 666) --StBerG-- anerkannt und verfügt nicht über eine Berufshaftpflichtversicherung. Für die Klägerin handelt als "director" A, dessen Bestellung als Steuerberater in der [X.] ([X.]) im Jahr 2000 wegen [X.] rechtskräftig widerrufen wurde.

2

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) erließ am 11. August 2008 gegen die [X.]. ([X.]) [X.] für die Monate Juni 2007 bis Juni 2008. Der dagegen erhobenen Sprungklage stimmte das [X.] nicht zu. Am 24. September 2008 erhob die Klägerin für die [X.] Untätigkeitsklage wegen der [X.] für die Monate Juni 2007 bis Juni 2008. Gleichzeitig beantragte sie beim [X.] Aussetzung der Vollziehung (AdV). Am 8. Oktober 2008 setzte das [X.] bis zur Entscheidung über den Einspruch die Vollziehung der [X.] für die Monate Juni 2007 bis März 2008 unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs aus.

3

Unter Bezugnahme auf den gestellten [X.] wies das [X.] die Klägerin am 20. November 2008 als Bevollmächtigte der [X.] gemäß § 80 Abs. 5 der Abgabenordnung ([X.]) zurück. Die Zurückweisungsverfügung hat, soweit vorliegend von Interesse, folgenden Wortlaut:

4

"... als ... leisten Sie für die o.g. [X.] geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen in der Form, dass Sie in o.a. Schreiben einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung in der Klagesache gegen die [X.] 06/2007 bis 06/2008 stellen, ohne dazu befugt zu sein (§ 5 StBerG).

Begründung: ...

Aus vorgenannten Gründen weise ich die ... als Bevollmächtigten ihres Auftraggebers zurück (§ 80 Abs. 5 [X.]). Alle Verfahrenshandlungen, die Sie trotz dieser Zurückweisung künftig für Ihren Auftraggeber vornehmen, bleiben ohne steuerliche Wirkung. Die [X.] als Ihren Auftraggeber habe ich unterrichtet (Hinweis auf § 80 Abs. 8 [X.])."

5

Die dagegen erhobene Sprungklage hatte Erfolg. Das Finanzgericht ([X.]) legte die Verfügung des [X.] dahin aus, dass die Klägerin hinsichtlich aller weiteren Verfahrenshandlungen für die [X.] in der [X.] nach dem 20. November 2008 zurückgewiesen werde. Der Bescheid sei insoweit nichtig, als das [X.] die Klägerin für das AdV-Verfahren zurückgewiesen habe, weil das Aussetzungsverfahren zum [X.]punkt der Zurückweisung bereits erledigt gewesen sei. Soweit der Bescheid darüber hinaus gehe, sei er rechtswidrig. Denn § 80 Abs. 5 [X.] sehe keine derart weite Rechtsfolge vor. Die Vorschrift wirke nur für das jeweilige konkrete Verfahren. Dies ergebe sich aus der systematischen Stellung innerhalb der [X.]. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 541 veröffentlicht.

6

Mit der Revision rügt das [X.] eine Verletzung des § 80 Abs. 5 [X.]. Nach dem Rechtsverständnis des [X.] könne § 80 Abs. 5 [X.] seinen Schutzzweck nicht erfüllen und liefe weitgehend leer.

7

Das [X.] beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat zu Unrecht entschieden, dass die Zurückweisung der Klägerin nach § 80 Abs. 5 [X.] rechtswidrig bzw. nichtig sei.

1. Soweit das [X.] die Zurückweisungsverfügung als rechtswidrig angesehen hat, weil das [X.] die Klägerin für zukünftige Verfahren der [X.]. zurückgewiesen habe, hat es den Bescheid fehlerhaft ausgelegt. Denn die Klägerin ist nur für das [X.]-Verfahren und nicht auch für zukünftige Verfahren der [X.]. zurückgewiesen worden.

a) Maßgebend für die Auslegung eines Verwaltungsakts ist der objektive Erklärungsinhalt der Regelung, wie ihn der Empfänger nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des [X.] --[X.]--- vom 15. April 2010 [X.], [X.], 1830, m.w.[X.]). Es kommt grundsätzlich nicht darauf an, was die Finanzbehörde erklären wollte oder wie ein außen stehender Dritter den Verwaltungsakt auffassen konnte. Im Zweifel ist das den Betroffenen weniger belastende Auslegungsergebnis vorzuziehen, da er als Empfänger einer auslegungsbedürftigen Willenserklärung der Verwaltung durch etwaige Unklarheiten aus deren Sphäre nicht benachteiligt werden darf (vgl. [X.]-Urteil vom 11. Juli 2006 [X.], [X.], 18, [X.], 96, m.w.[X.]).

Zur Auslegung ist auch das Revisionsgericht befugt, wenn die tatsächlichen Feststellungen des [X.] hierzu ausreichen (Senatsurteil vom 24. August 2005 II R 16/02, [X.], 515, [X.], 36). Der [X.] ist nicht an die Auslegung eines Bescheides durch das [X.] gebunden (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 18, [X.], 96).

b) Die streitgegenständliche Verfügung ist dahin auszulegen, dass das [X.] die Klägerin lediglich für das [X.]-Verfahren der [X.]. zurückgewiesen hat.

Der Wortlaut der Verfügung ist nicht eindeutig. Das [X.] hat die Klägerin als Bevollmächtigte ihres Auftraggebers zurückgewiesen und im Zusammenhang damit ausgeführt, dass alle Verfahrenshandlungen, die sie trotz dieser Zurückweisung künftig für den Auftraggeber vornehme, ohne steuerliche Wirkung blieben. Dies kann zwar dahin verstanden werden, dass die Zurückweisung alle zukünftigen Verfahren der [X.]. betreffen sollte, weil alle künftigen Verfahrenshandlungen der Klägerin steuerlich wirkungslos sein sollten und eine ausdrückliche Einschränkung auf das [X.]-Verfahren fehlt. Gegen eine solche Auslegung spricht jedoch, dass das [X.] zu Beginn der Verfügung den von der Klägerin für die [X.]. gestellten [X.] als unbefugte geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen bezeichnet und im Hinblick darauf die Klägerin als Bevollmächtigte der [X.]. zurückgewiesen hat. Da sich aus dem Wortlaut der Verfügung nicht entnehmen lässt, für welche Verfahren im Einzelnen die Klägerin zurückgewiesen wurde, kann aus der Angabe des [X.] im Einleitungssatz geschlossen werden, dass damit das Verfahren benannt wurde, für das die Zurückweisung gelten soll. Einer solchen Auslegung steht nicht der Hinweis des [X.] in der Zurückweisungsverfügung entgegen, dass alle Verfahrenshandlungen, die die Klägerin trotz der Zurückweisung künftig für die [X.]. vornimmt, ohne steuerliche Wirkung bleiben. Die Verwendung des Wortes "künftig" bezieht sich nicht auf Verfahren der [X.]., sondern auf die Verfahrenshandlungen der Klägerin. Insoweit wird lediglich im Wesentlichen der Gesetzestext des § 80 Abs. 8 Satz 2 [X.] wiedergegeben. Danach sind Verfahrenshandlungen des zurückgewiesenen Bevollmächtigten oder Beistands, die dieser nach der Zurückweisung vornimmt, unwirksam. Die Vorschrift regelt die Rechtsfolge der Zurückweisung. Soweit diese Rechtsfolge laut Zurückweisungsverfügung für alle künftig vorgenommenen Verfahrenshandlungen der Klägerin eintreten sollte, wird damit verdeutlicht, welche Verfahrenshandlungen im Rahmen des [X.] in zeitlicher Hinsicht betroffen sein sollten.

Soweit das [X.] darauf hinweist, dass der Vertreter des [X.] in der mündlichen Verhandlung bestätigt habe, dass die Zurückweisung das Mandatsverhältnis der Klägerin zur [X.]. insgesamt betreffen sollte, berührt dies nicht den objektiven, sondern nur den subjektiv gewollten Inhalt der Zurückweisungsverfügung, der bei der Auslegung unbeachtlich ist.

Im Ergebnis ist daher die Verfügung dahin auszulegen, dass das [X.] die Klägerin nur für das [X.]-Verfahren zurückgewiesen hat. Denn eine solche Zurückweisung belastet die Klägerin weniger als eine Zurückweisung auch für alle zukünftigen Verfahren der [X.].

2. Das [X.]-Verfahren war entgegen der Auffassung des [X.] zum Zeitpunkt der Zurückweisung der Klägerin auch noch nicht erledigt. Die Klägerin hatte für die [X.]. am 24. September 2008 die [X.] der [X.] für die Monate Juni 2007 bis Juni 2008 beantragt. Hinsichtlich der [X.] für die Monate April bis Juni 2008 ergibt sich aus den Feststellungen des [X.] nicht, dass das [X.] über den [X.] entschieden hat. Aber auch soweit das [X.] die Vollziehung der [X.] für die Monate Juni 2007 bis März 2008 ausgesetzt hat, ist keine Erledigung des [X.] eingetreten. Denn zum einen stand die [X.] unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs. Zum anderen war sie bis zur Entscheidung über den Einspruch vom 27. August 2008 befristet.

Mangels Erledigung des [X.] ist die Zurückweisungsverfügung vom 20. November 2008 nicht nichtig. Da das [X.] von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, ist die Vorentscheidung aufzuheben.

3. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist als unbegründet abzuweisen. Das [X.] hat die Klägerin zu Recht gemäß § 80 Abs. 5 [X.] zurückgewiesen. Nach dieser Vorschrift sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein.

a) Nach § 2 Satz 1 [X.] darf die Hilfeleistung in Steuersachen geschäftsmäßig nur von Personen und Vereinigungen ausgeübt werden, die hierzu befugt sind. Eine Befugnis ist danach auch für eine Steuerberatungsgesellschaft erforderlich, die --wie die [X.] ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der [X.] ([X.]) hat und von dort aus Hilfe in Steuersachen für Steuerpflichtige in der [X.] leistet, selbst wenn sich die für die Steuerberatungsgesellschaft handelnden Personen zur Erbringung der Dienstleistungen nicht auf das Gebiet der [X.] begeben.

b) Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sind u.a. nach § 3 Nr. 3 [X.] Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften befugt. Die Klägerin ist keine solche Gesellschaft. Sie ist insbesondere nicht gemäß § 32 Abs. 3 Satz 1 [X.] als Steuerberatungsgesellschaft anerkannt.

c) Nach § 3a Abs. 1 Satz 1 [X.] sind Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] beruflich niedergelassen sind und dort befugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen nach dem Recht des Niederlassungsstaates leisten, zur vorübergehenden und gelegentlichen geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen auf dem Gebiet der [X.] befugt. Der Umfang der Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen im Inland richtet sich nach dem Umfang dieser Befugnis im Niederlassungsstaat (§ 3a Abs. 1 Satz 2 [X.]). Bei ihrer Tätigkeit im Inland unterliegen sie denselben Berufsregeln wie die in § 3 [X.] genannten Personen (§ 3a Abs. 1 Satz 3 [X.]). Zu diesen Berufsregeln gehört u.a. der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung (vgl. § 50 Abs. 6 [X.], § 51 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften --[X.]--; siehe auch [X.]/[X.], Steuerberatungsgesetz, 6. Aufl., § 3a Rz 8).

Die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen nach § 3a Abs. 1 [X.] ist nur zulässig, wenn die Person vor der ersten Erbringung im Inland der zuständigen Stelle schriftlich Meldung erstattet (§ 3a Abs. 2 Satz 1 [X.]). Diese Meldung muss u.a. eine Information über Einzelheiten zur Berufshaftpflichtversicherung oder eines anderen individuellen oder kollektiven Schutzes in Bezug auf die Berufshaftpflicht enthalten (§ 3a Abs. 2 Satz 3 Nr. 8 [X.]).

Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen des § 3a Abs. 1 [X.] nicht. Denn sie hat --wie vom [X.] durch die Bezugnahme auf den Inhalt des [X.] tatsächlich festgestellt-- keine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen. Da sich damit aus § 3a [X.] keine Befugnis der Klägerin zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen ergibt, kann dahinstehen, ob die geschäftsmäßige Hilfe im [X.]-Verfahren der [X.]. überhaupt vom Anwendungsbereich des § 3a [X.] erfasst ist.

d) Aus der unionsrechtlich gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit (Art. 49, 50 des Vertrags zur Gründung der [X.] --[X.]--; jetzt Art. 56, 57 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] --A[X.]V--) ergibt sich für die Klägerin kein Recht, der [X.]. geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen zu leisten.

aa) Es kann offen bleiben, ob die Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit schon im Hinblick auf § 3a [X.] ausgeschlossen ist. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber die Richtlinie 2005/36/[X.] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen umgesetzt (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 12. November 2007, Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des [X.], BTDrucks 16/7077, [X.]). Liegt eine abgeschlossene Rechtsharmonisierung auf Gemeinschaftsebene vor, ist ein Einzelakt anhand der Bestimmungen dieser Harmonisierungsmaßnahme und nicht der des Primärrechts zu beurteilen (vgl. Urteil des Gerichtshofs der [X.] --[X.]-- vom 14. Dezember 2004 [X.]/02, [X.] und [X.], [X.]. 2004, [X.]. 53; [X.], Handbuch Europarecht, Band I, [X.]; siehe auch [X.], Die Struktur der Grundfreiheiten des [X.]srechts, S. 151; [X.]. in [X.]/[X.], Das Verfassungsrecht der [X.] mit Europäischer Grundrechtecharta, Art. 28 bis 30 [X.]V Rz 18; [X.], [X.], 1429, 1432).

bb) Selbst wenn eine abschließende Rechtsharmonisierung auf Gemeinschaftsebene für reglementierte Berufe nicht vorläge und sich die Klägerin deshalb auf die Dienstleistungsfreiheit berufen könnte, wäre sie nicht zu einer grenzüberschreitenden geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt.

Die Dienstleistungsfreiheit verlangt in erster Linie die Beseitigung jeglicher Diskriminierung des Dienstleistenden aufgrund seiner Staatsangehörigkeit oder des Umstands, dass er in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen ansässig ist, in dem die Dienstleistung erbracht werden soll (vgl. [X.]-Urteil vom 25. Juli 1991 [X.]/89, [X.], [X.]. 1991, [X.]. 10).

Eine derartige Diskriminierung der Klägerin aufgrund ihres Sitzes in den [X.] liegt nicht vor. Vielmehr ist die Klägerin allein deshalb im Inland nicht zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt, weil sie nicht die Voraussetzungen erfüllt, die das [X.] Recht auch für in der [X.] niedergelassene Steuerberatungsgesellschaften vorschreibt. Denn zu diesen Voraussetzungen zählt, wie bereits ausgeführt, u.a. der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung. Über eine derartige Versicherung verfügt die Klägerin nicht.

Nach ständiger [X.]-Rechtsprechung verlangt Art. 49 [X.] (jetzt Art. 56 A[X.]V) nicht nur die Beseitigung jeder Diskriminierung des in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleistenden aufgrund seiner Staatsangehörigkeit bzw. seiner Ansässigkeit, sondern auch die Aufhebung aller Beschränkungen --selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus anderen Mitgliedstaaten gelten--, die geeignet sind, die Tätigkeiten von Dienstleistenden, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind und dort rechtmäßig entsprechende Dienstleistungen erbringen, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (vgl. [X.]-Urteil vom 13. Februar 2003 [X.]/01, [X.]/[X.], [X.]. 2003, [X.]. 26).

Soweit § 51 Abs. 1 [X.] vorsieht, dass Steuerberatungsgesellschaften verpflichtet sind, sich gegen die aus ihrer Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden zu versichern, kann diese Regelung zwar geeignet sein, die geschäftsmäßige Hilfeleistung der Klägerin im Inland zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Nach der Rechtsprechung des [X.] sind nationale Maßnahmen, die die Ausübung der durch den [X.]-Vertrag garantierten grundlegenden Freiheiten behindern oder weniger attraktiv machen können, jedoch mit diesem vereinbar, wenn sie vier Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, sie müssen aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, sie müssen geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist (vgl. [X.]-Urteil vom 30. März 2006 [X.]/03, [X.], [X.]. 2006, [X.]. 37; vom 11. Juni 2009 [X.]/07, [X.]/Österreich, [X.] --DStRE-- 2010, 61, jeweils m.w.[X.]). Diesen Voraussetzungen entspricht die Regelung des § 51 Abs. 1 [X.]. Sie ist insbesondere aus Gründen des Allgemeininteresses, nämlich dem Schutz von Verbrauchern als Empfänger der betreffenden Dienstleistung erforderlich (vgl. [X.]-Urteil [X.]/Österreich in [X.], 61 Rdnr. 32, zur Berufshaftpflicht eines Patentanwalts).

Meta

II R 6/10

21.07.2011

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 26. November 2009, Az: 6 K 530/08, Urteil

§ 80 Abs 5 AO, § 3a StBerG, Art 49 EG, Art 50 EG, Art 56 AEUV, Art 57 AEUV, Art 5 Abs 3 EGRL 36/2005, § 50 Abs 6 StBerG, § 51 Abs 1 StBDV

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.07.2011, Az. II R 6/10 (REWIS RS 2011, 4484)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4484

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