Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.06.2016, Az. 1 StR 49/16

1. Strafsenat | REWIS RS 2016, 9837

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:160616U1STR49.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
1
StR
49/16
vom
16. Juni 2016
in der Strafsache
gegen

wegen
Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht

geringer Menge u.a.

-
2
-
Der 1.
Strafsenat des [X.] hat aufgrund der Verhandlung
vom 14. Juni 2016, in der Sitzung am 16.
Juni 2016,
an denen
teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Dr. Raum

und [X.] am [X.]
Prof. Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Mosbacher,
[X.],

Oberstaatsanwalt
beim [X.]

-
in der Verhandlung
vom 14.
Juni 2016
-,
Oberstaatsanwältin beim [X.]

-
bei der Verkündung am 16.
Juni 2016 -

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt
-
in der Verhandlung
vom 14.
Juni 2016 -

als Verteidiger,

Justizobersekretärin

-
in der Verhandlung vom 14.
Juni 2016 -,
Justizangestellte
-
bei der Verkündung am 16.
Juni 2016
-

als Urkundsbeamtinnen
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] in
der
Oberpfalz
vom 24. September 2015 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit uner-laubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in [X.] mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht gerin-ger Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, die er auf die Sachrüge und die [X.] stützt. Das Rechtsmittel ist unbegründet.
I.

Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen:

1. Der Angeklagte begann zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt eine Beziehung mit der anderweitig Verfolgten

K.

. Der Angeklagte, der selbst über keine Fahrerlaubnis verfügt, finanzierte der anderweitig Verfolg-1
2
3
-
4
-
ten
einen PKW [X.]. Mit diesem führte die anderweitig Verfolgte auf Veran-lassung des Angeklagten mehrere Fahrten in die [X.] durch. Diese Fahrten hatten den Zweck, Betäubungsmittel, insbesondere Marihuana, aus der [X.] in das [X.] zu verbringen, was die anderweitig Verfolgte K.

im Auftrag und auf Geheiß des Angeklagten tat.

a) Der Angeklagte beauftragte im Juli oder August 2014 die gesondert Verfolgte

K.

damit, für ihn aus der Tschechischen
Republik Mari-huana in den Raum [X.] zu transportieren, wo der Angeklagte das Rauschgift gewinnbringend weiter veräußern wollte. Hierfür versprach der An-geklagte

K.

einen [X.] in Höhe von entweder 1.000 Euro
oder 50 Gramm Marihuana zum Eigenkonsum.

Am 12. August 2014 verbrachte

K.

entsprechend den Vor-gaben des Angeklagten

im PKW Typ [X.] aus der [X.] über den Grenzübergang [X.]/Autobahn 4.187,05
Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 463,94 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) über die [X.] in das Gebiet der [X.]. Die [X.] waren dabei in Hohlräumen hinter der Stoßstange des PKW einge-baut und dort versteckt. Das Rauschgift konnte jedoch bei einer Zollkontrolle aufgefunden und sichergestellt werden.

b) Am 12. August 2014 bewahrte

K.

im Auftrag des Ange-klagten in ihrer Wohnung in H.

309,69 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 37,52 Gramm THC auf. Das Rauschgift war zum [X.] Weiterverkauf durch den Angeklagten bestimmt. Für die [X.] und das Aufbewahren der Betäubungsmittel hatte 4
5
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-
5
-

K.

50 Gramm Marihuana zum Eigenkonsum vom Angeklagten [X.].
II.

Die auf Verletzung von Verfahrensrecht
sowie die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg; das angefochtene Urteil ist rechts-fehlerfrei.

1. Die erhobenen Verfahrensrügen haben aus den vom [X.] in seiner Antragsschrift näher dargelegten Gründen keinen Erfolg.

2. Auch die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

a) Die Feststellungen des [X.]s werden von der Beweiswürdi-gung getragen.

aa) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu wür-digen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lü-ckenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze ver-stößt (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteile
vom 11. Februar 2016

3 [X.] und vom 14. Dezember 2011

1 [X.], [X.], 148, jeweils mwN).
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-
6
-

bb) Derartige Rechtsfehler werden durch die Revision nicht aufgedeckt.

(1) Die
Beweiswürdigung des [X.]s ist rechtsfehlerfrei.

Der Angeklagte machte im Rahmen des Hauptverfahrens keine Angaben zur Sache. Das [X.] hat sich auf Grund einer umfassenden Würdigung sämtlicher erhobener Beweise davon überzeugt, dass der Angeklagte den Transport der Betäubungsmittel in Auftrag gegeben hat und das in der [X.] sowie im Fahrzeug gefundene Rauschgift gewinnbringend [X.] wollte.

(2) Die Beweiswürdigung des [X.]s ist auch nicht lückenhaft.

(a) Auf die Sachrüge hin prüft das Revisionsgericht, ob die tatrichterliche Beweiswürdigung so, wie sie sich aus den Urteilsgründen ergibt, den Beweis-stoff lückenlos ausgeschöpft hat (vgl. [X.], Urteil vom 10. Dezember 1986

3
StR 500/86; [X.] in [X.], 7.
Aufl.,
§ 261 Rn.
81). [X.] ist die Be-weiswürdigung namentlich dann, wenn sie wesentliche Feststellungen nicht erörtert (vgl. [X.], Urteile
vom 3. Dezember 2015

4 [X.], Rn.
13,
[X.], 110; vom 22. Mai 2007

1 [X.] und vom 5.
Dezember 2013

4
StR 371/13, [X.], 87; Beschluss vom 12.
November 2015

2
StR 197/15, Rn.
14, [X.], 338).

Im Übrigen liegt ein Erörterungsmangel und damit eine Lücke nur dann vor, wenn sich das Tatgericht mit tatsächlich vorhandenen Anhaltspunkten
für nahe liegende andere Möglichkeiten nicht auseinandergesetzt hat (vgl. [X.], Beschlüsse vom 12.
November 2015

2
StR 197/15, Rn.
14, [X.], 338; 12
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-
7
-
vom 30.
April 1987

4 [X.], [X.]R StPO §
261 Beweiswürdigung, un-zureichende
6; Urteil vom 5.
Dezember 1986

2 StR 566/86, [X.]R StPO
§
261 Beweiswürdigung, unzureichende
4). Es ist aber weder im Hinblick auf den [X.] noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten Tatvarian-ten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine konkreten Anhaltspunkte erbracht sind (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteile
vom 27.
April 2010

1 [X.], [X.], 310, 312 mwN und vom 23.
März 1995

4 [X.], [X.]R BtMG §
29 Bewertungseinheit
4; Beschluss vom 23.
August 2011

1 [X.], Rn.
24, in [X.]St 57, 1 nicht abgedruckt). Deshalb braucht das tatrichterliche Urteil bloß theoretische Möglichkeiten auch nicht zu erörtern ([X.], Beschlüsse vom 12.
November 2015

2
StR 197/15, Rn.
14, [X.], 338; vom 23.
Mai 2012

1 [X.], Rn.
7, [X.], 355 [in NStZ 2012, 584 nicht abge-druckt]; vom 23.
August 2011

1
[X.], Rn.
24, in [X.]St 57, 1 nicht ab-gedruckt; Urteil vom 26. Mai 2011

1
StR 20/11, [X.], 688), sondern muss sich nur mit nach der Sachlage naheliegenden Möglichkeiten auseinan-dersetzen (vgl. [X.], Urteil vom 11. Januar 2005

1 [X.], [X.], 147; Beschlüsse
vom 12.
November 2015

2
StR 197/15, Rn.
14, [X.], 338 und vom 29.
August 1974

4 [X.], [X.]St 25, 365, 367; [X.] in [X.], 7.
Aufl., §
261 Rn.
49 mwN).

(b) Ausgehend von diesen Grundsätzen enthält die Beweiswürdigung auch keine Erörterungsmängel und sonstigen
Lücken. Das [X.] hat sich mit sämtlichen in der Hauptverhandlung erhobenen Beweisen umfassend im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung auseinandergesetzt. Die Schlussfolgerungen und Wertungen des [X.]s lassen keine Rechtsfeh-ler erkennen und halten sich im tatgerichtlichen Beurteilungsspielraum. [X.] ist auch die von der Revision gerügte Auslegung des Kassibers des 18
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Angeklagten durch das [X.] vor dem Hintergrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht zu beanstanden.

b) Die Urteilsfeststellungen tragen den Schuldspruch.

aa) Das [X.] hat im Fall II.2 der Urteilsgründe den festgestellten Sachverhalt als Anstiftung zur unerlaubten
Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§
30 Abs.
1 Nr.
4 BtMG, § 26 StGB) in Tateinheit mit un-erlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§
29a Abs. 1 Nr.
2 BtMG) gewertet. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.

bb) Auch im Fall [X.] tragen die Feststellungen des [X.]s
den Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§
29a Abs.
1 Nr.
2 BtMG). Die Wirkstoffmenge des in der Wohnung der anderweitig Verfolgten K.

aufgefundenen und nach rechts-fehlerfreier Würdigung des [X.]s zum Weiterverkauf durch den Ange-klagten bestimmten Marihuana von 37,52 Gramm THC überschritt den Grenz-wert zur nicht geringen Menge um das fünf-fache.

[X.]) Die Annahme von Tatmehrheit (§
53 StGB) zwischen Fall II.2 und Fall [X.] wird ebenfalls von den Feststellungen getragen. Die festgestellten Tathandlungen des Angeklagten bildeten keine einheitliche Tat.

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist eine [X.] Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln dann anzu-nehmen, wenn ein und derselbe Güterumsatz Gegenstand der strafrechtlichen Bewertung ist (vgl. nur [X.], Urteil vom 23.
März 1995

4 [X.],
[X.]R BtMG §
29 Bewertungseinheit
4). Dies ist nach den Urteilsfeststellungen hier 19
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jedoch nicht der Fall. Insbesondere belegen die Feststellungen des Landge-richts, dass das in der Wohnung aufgefundene und das von der anderweitig Verfolgten

K.

eingeführte Marihuana aus unterschiedlichen Be-schaffungsvorgängen stammten.

3. Auch der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.

Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine
Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der [X.] von der Tat und der Persönlichkeit des [X.] gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsge-richts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldaus-gleich zu sein (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteile vom 17. September 1980

2 StR 355/80, [X.]St 29, 319, 320;
vom 7. Februar 2012

1 [X.], Rn.
17, [X.]St 57, 123, 127 und vom 12. Januar 2016

1 [X.], Rn.
12, [X.]

1 StPO) vorliegen. Dagegen ist eine ins Einzelne ge-hende [X.] ausgeschlossen (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 10. April 1987

GSSt
1/86,
[X.]St 34, 345, 349; Urteile vom 12.
Januar 2005

5 StR 301/04, wistra
2005, 144, vom 7. Februar 2012

1
[X.], Rn.
17, [X.]St 57, 123, 127 und vom 12. Januar 2016

1 [X.], Rn. 12, [X.] 2016, 719).
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Solche Rechtsfehler liegen hier nicht vor. Das [X.] hat das [X.] minder schwerer Fälle der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht gerin-ger Menge (§
30 Abs. 2 BtMG) bzw. des Handeltreibens (§
29a Abs. 2 BtMG) mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit tragfähigen Erwägungen verneint. Die Strafzumessung ist unter Berücksichtigung der zahlreichen [X.], davon vier einschlägigen Voreintragungen, sowie der Überschreitung der nicht geringen Menge um das sechzig-
bzw. fünffache auch im Übrigen rechtsfehlerfrei.
III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §
473 Abs.
1 StPO.

Raum Graf Jäger

Mosbacher

Bär
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Meta

1 StR 49/16

16.06.2016

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.06.2016, Az. 1 StR 49/16 (REWIS RS 2016, 9837)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 9837

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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