Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2013, Az. V ZB 13/13

V. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 3960

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V [X.]

vom

18. Juli 2013

in dem Zwangsversteigerungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
[X.] § 66 Abs. 1, § 83 Nr. 1
a)
Nach einem Abbruch der Bietzeit müssen das geänderte geringste Gebot und die geänderten Versteigerungsbedingungen festgestellt und verlesen werden.
b)
Ein Verstoß gegen § 66 Abs. 1 [X.] ist ein Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 1 [X.].

BGH, Beschluss vom 18. Juli 2013 -
V [X.] -
LG [X.]

[X.]

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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 18. Juli 2013 durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.] Lemke, Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch und [X.] und die Richterin [X.]
beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Schuldners werden der Beschluss
der 5.
Zivilkammer des [X.] vom 22. Januar 2013 und der Zuschlagsbeschluss des [X.] vom 14.
November 2012 -
7 K 4/10 -
aufgehoben.
Der Zuschlag auf das in dem Versteigerungstermin am 14.
November 2012 abgegebene Meistgebot des Beteiligten zu
4 wird versagt.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt

Gründe:
I.
Die Beteiligte zu 2 betrieb aus dem besten Rang die Zwangsversteige-rung des eingangs dieses Beschlusses bezeichneten Grundbesitzes. In dem Versteigerungstermin am 14. November 2012 stellte das Vollstreckungsgericht das geringste Gebot und die Versteigerungsbedingungen fest. Anschließend verlas es die Feststellungen, wies darauf hin, dass mit der Aufforderung zum Bieten weitere [X.]eldungen ausgeschlossen würden und forderte dann zum Bieten auf. Bevor der Schluss der Versteigerung verkündet wurde, bewilligte 1
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der [X.] der Beteiligten zu 2 die einstweilige Einstellung des Verfahrens. Nach dem Inhalt des Terminsprotokolls wurden die [X.] nach einer Neuberechnung des geringsten Gebots ohne erneute Verlesung der geänderten Feststellungen erneut zum Bieten aufgefordert. In der neuen Bietzeit blieb der Beteiligte zu 4 Meistbietender.
Nach Zurückweisung eines [X.] hat das Vollstreckungsgericht dem Beteiligten zu 4 den Zuschlag erteilt. Die sofortige Beschwerde des Schuldners hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte der Schuldner die Versagung des Zuschlags erreichen.
II.
Das Beschwerdegericht meint, das Vollstreckungsgericht habe die erste Bietzeit zu Recht abgebrochen, weil die Beteiligte zu 2 vor der Verkündung des Schlusses der Versteigerung die einstweilige Einstellung des ihr Recht betref-fenden [X.] bewilligt habe und das geringste Gebot neu habe [X.] werden müssen. Es habe vor der erneuten Aufforderung zum Bieten die geänderten Bedingungen nur feststellen, nicht aber diese Feststellungen auch verlesen müssen. Selbst wenn dies an[X.] zu sehen wäre, könne die Zu-schlagsbeschwerde hierauf nicht gestützt werden, weil ein etwaiger Verstoß gegen § 66 Abs. 1 [X.] kein Zuschlagsversagungsgrund im Sinne von § 83 [X.] sei.
III.
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

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1. Die Entscheidung des [X.] ist allerdings entgegen der Ansicht des Schuldners nicht schon deshalb -
ohne Sachprüfung -
aufzuheben, weil die erforderliche Sachdarstellung fehlte.
a) Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, haben zwar nach gefestigter Rechtsprechung des [X.] den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt wiederzugeben, wobei auch das mit dem [X.] verfolgte [X.] deutlich werden muss (Senat, Beschlüsse vom 7.
April 2011 -
V [X.], [X.], 377 Rn. 3, vom 29. September 2011
-
V [X.], NJW-RR 2012, 141, 142 Rn. 2 und vom 15. Mai 2012 -
V [X.], [X.], 404 Rn. 3). Diese Anforderungen gelten insbesondere für Beschlüsse über Zuschlagsbeschwerden, gegen die das Beschwerdegericht
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wie hier -
zur Klärung von für die gerichtliche Praxis bedeutsamen Rechtsfra-gen die Rechtsbeschwerde zugelassen hat. Denn nach § 577 Abs. 2 Satz 4, §
559 ZPO hat das Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich von dem Sachver-halt auszugehen, den das Beschwerdegericht festgestellt hat; es kann seiner Aufgabe nicht gerecht werden, wenn dieser fehlt. Als Folge davon wäre die an-gefochtene Entscheidung ohne Sachprüfung aufzuheben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
b) Hier enthält die Entscheidung des [X.] aber Feststel-lungen, die zur Prüfung gerade noch ausreichen. Im Eingang seines [X.] teilt das Beschwerdegericht mit, dass der Schuldner den im [X.] an den Versteigerungstermin vom 14. November 2012 verkündeten Zuschlag zu-gunsten des Beteiligten zu 4 angefochten hat. Im Folgenden setzt es sich mit sämtlichen Einwänden des Schuldners gegen den Zuschlag in der Reihenfolge auseinander, wie er sie vorgetragen hat.
Zu jedem dieser Einwände teilt es den relevanten Sachverhaltsausschnitt, insbesondere den Inhalt des Terminsproto-kolls, mit. Das ermöglicht eine Sachprüfung.
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2. Die Entscheidung des [X.] ist jedoch deshalb [X.], weil der Zuschlag dem
Beteiligten zu 4 wegen eines Verfahrensfehlers des Vollstreckungsgerichts nicht hätte erteilt werden dürfen, der deshalb nach §
83 Nr. 1, §
101 Abs. 1 [X.] zu versagen ist.
a) Nach § 100 Abs. 1 [X.] kann die Zuschlagsbeschwerde zwar nicht auf jeden Verfahrensfehler gestützt werden, sondern nur darauf, dass eine der [X.] der §§ 81, 83 bis 85a [X.] verletzt oder dass der Zuschlag unter ande-ren als den der Versteigerung zugrunde gelegten Bedingungen erteilt worden ist. An[X.] als das Beschwerdegericht meint, liegt hier aber einer dieser Zu-schlagsversagungsgründe vor, nämlich eine Verletzung von §
83 Nr. 1 [X.]. Das Vollstreckungsgericht hat gegen § 66 Abs. 1 [X.] und damit gegen eine der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots oder der Verstei-gerungsbedingungen verstoßen. Zu diesen Vorschriften gehören nicht nur die-jenigen, die den Inhalt des geringsten Gebots und der Versteigerungsbedin-gungen regeln, sondern auch die in § 66 Abs. 1 [X.] enthaltenen Bestimmun-gen darüber, welche verfahrensmäßigen Vorgaben hierbei zu beachten sind, darunter auch die Verpflichtung zur Verlesung der getroffenen Feststellungen vor der Aufforderung zum Bieten im Versteigerungstermin (Senat, Beschluss vom 19. Juli 2012 -
V [X.], [X.], 1738 Rn. 6; [X.], Rpfleger 1989, 297; [X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., §
83 [X.].
4 Abs.
2; [X.] in
[X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 14. Aufl., § 83 Rn. 8; [X.], [X.] 1981, 944, 947). Die Verletzung der verfahrensmäßigen Vorgaben für die Feststellung und
das Verlesen des geringsten Gebots und der [X.] kann das Ergebnis genauso beeinflussen wie die Verletzung der inhaltlichen Vorgaben für deren Ermittlung. Erst durch die Verlesung erfah-ren die Beteiligten, welche Feststellungen das Gericht zu dem geringsten Gebot und zu den Versteigerungsbedingungen getroffen hat. Ohne die Verlesung wüssten die Beteiligten nicht, unter welchen Bedingungen danach geboten 8
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werden soll. Gerade das soll aber mit der Verlesung erreicht werden, die [X.] auch -
insoweit abweichend von früheren Landesrechten -
die Verlesung des geringsten Gebots umfasst (Motive zum [X.], 1889, S. 23, 193 zu § 85 [X.]-E). Die Verlesung wird deshalb als integraler Bestandteil der Feststellung des geringsten Gebots und der Versteigerungsbedingungen von der in §
83 Nr.
1 [X.] enthaltenen Verweisung auf die Vorschriften darüber erfasst, ohne dass §
66 Abs.
1 [X.] eigens erwähnt werden müsste. Das ist in dem von dem Beschwerdegericht als Grundlage für seinen gegenteiligen Standpunkt ange-führten Fall des §
83 Nr. 4 [X.] an[X.]. Die dort angesprochene Zurückwei-sung einer nach der Aufforderung von Geboten erfolgten [X.]eldung oder Glaubhaftmachung eines Rechts ist nämlich sachlich richtig, weil diese Rechte nach § 45 Abs. 1 [X.] in dem geringsten Gebot nicht (mehr) zu berücksichtigen sind. Sie kann deshalb einen Zuschlagsversagungsgrund nur darstellen, wenn das Vollstreckungsgericht den mit § 66 Abs. 2 [X.] vorgeschriebenen Hinweis auf diese Rechtsfolge versäumt hat, was in der Vorschrift des § 83 Nr. 4 [X.] deshalb auch ausdrücklich bestimmt werden muss.
b) Gegen § 66 Abs. 1 [X.] hat das Vollstreckungsgericht verstoßen, in-dem es nach Feststellung des geänderten geringsten Gebots und der geänder-ten Versteigerungsbedingungen unmittelbar erneut zum Bieten aufforderte und davon absah, zunächst beides zu verlesen.
aa) Der Abbruch der ersten Bietzeit und die Feststellung des geänderten geringsten Gebots und der geänderten Versteigerungsbedingungen waren [X.] geworden, weil der Vertreter der im
besten Rang betreibenden Gläubi-gerin, der Beteiligten zu 2, noch vor der Verkündung des Schlusses der [X.] die einstweilige Einstellung des ihr Recht betreffenden Einzelverfah-rens bewilligt hatte: Damit änderte sich das geringste Gebot, in das nunmehr das Recht der Beteiligten zu 2 als fortbestehendes Recht aufzunehmen war.
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bb) Wie zu verfahren ist, wenn die Bietzeit wegen einer Veränderung des geringsten Gebots abgebrochen und nach Feststellung eines geänderten ge-ringsten Gebots eine neue Aufforderung zum Bieten mit einer neuen Bietzeit erfolgen muss, wird zwar nicht in allen Einzelheiten einheitlich beurteilt. Einig-keit besteht aber darüber, dass jedenfalls das geänderte geringste Gebot und die geänderten Versteigerungsbedingungen erneut festgestellt und verlesen werden müssen ([X.], Rpfleger 1989, 297
f. für den Fall eines nachträglich bemerkten Fehlers bei der Berechnung des geringsten Gebots; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 14.
Aufl., § 66 Rn. 48 f.; [X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., § 66 [X.]. 7 [X.]; Löhnig/[X.], [X.], § 66 Rn.
16 [X.]; [X.], [X.], 20. Aufl., § 66 Rn. 7.4; [X.]. [X.] 1981, 944, 947). Das folgt schon aus dem Wortlaut des § 66 Abs.
1 [X.], aber auch aus dem Zweck der Vorschrift. Ohne eine erneute Verlesung des vollständigen neuen gerings-ten Gebots und der vollständigen neuen Versteigerungsbedingungen können sich bei den Beteiligten und den Bietinteressenten leicht Missverständnisse darüber einstellen, welche Teile des ursprünglich verlesenen geringsten Gebots und der ursprünglich verlesenen Versteigerungsbedingungen noch gelten und welche davon ersetzt worden sind. Solche Missverständnisse, die sich zum Nachteil des Schuldners auf das [X.] auswirken können, lassen sich nur vermeiden, wenn das geänderte geringste Gebot und die geän-derten Versteigerungsbedingungen vollständig neu verlesen werden.
[X.]) Die erforderliche Verlesung der geänderten Feststellungen ist nach dem gemäß § 80 [X.] hierfür allein maßgeblichen -
gegebenenfalls berichtig-ten
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Terminsprotokoll unterblieben. Nach dessen ursprünglicher Fassung hat eine Verlesung nicht stattgefunden. Vielmehr hat das Vollstreckungsgericht nach Feststellung der geänderten Bedingungen unmittelbar erneut zum Bieten aufgefordert. In diesem
Punkt hat die Berichtigung das Protokoll nicht verän-dert. Damit ist für das Rechtsbeschwerdeverfahren davon auszugehen, dass 12
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die gebotene Verlesung der geänderten Versteigerungsbedingungen nicht stattgefunden und das Vollstreckungsgericht die Vorschrift des §
66 Abs. 1 [X.] verletzt hat.
dd) Es muss deshalb nicht entschieden werden, ob die erfolgte Berichti-gung des Protokolls, die nicht nur von den Personen unterzeichnet ist, die an dem Termin in dem relevanten Zeitraum nach dem Protokoll mitgewirkt haben, den Anforderungen des §
164 ZPO entsprach, was im Hinblick auf die [X.] vorherige Anhörung der Beteiligten zweifelhaft ist.
IV.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Gerichtskosten sind nicht angefallen; ein Ausspruch über die außergerichtlichen Kosten scheidet aus, weil sich die Beteiligten bei der Zuschlagsbeschwerde grundsätzlich nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüberstehen (vgl. Senat, [X.] vom 25. Januar 2007 -
V [X.], [X.], 378, 381 Rn. 7). Der Gegenstandswert des [X.] für die anwaltliche Vertre-

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tung des Schuldners entspricht nach §
26 Nr. 2 RVG dem festgesetzten Wert

Stresemann
Lemke
Schmidt-Räntsch

Roth
Brückner
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.11.2012 -
7 K 4/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 22.01.2013 -
5 [X.] und 4/13 -

Meta

V ZB 13/13

18.07.2013

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2013, Az. V ZB 13/13 (REWIS RS 2013, 3960)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3960

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