Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.01.2021, Az. IV ZR 206/20

4. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 9877

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Gegenstand

Voraussetzungen für die Bestellung eines Notanwalts im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren: Darlegungspflichten der Partei nach Mandatsniederlegung durch den zunächst tätigen, postulationsfähigen Rechtsanwalt


Tenor

Der Antrag des [X.] auf Beiordnung eines Notanwalts zur Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des 10. Zivilsenats des [X.] vom 4. August 2020 wird abgelehnt.

Gründe

1

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung einer weiteren Invaliditätsentschädigung aus einer Unfallversicherung in Anspruch.

2

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

3

Gegen die Nichtzulassung der Revision in der Berufungsentscheidung hat der Kläger fristgerecht Beschwerde durch einen beim [X.] zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt. Dieser hat mit [X.] vom 2. Dezember 2020 angezeigt, dass er das Mandat niederlege. Auf seinen Antrag ist die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde bis zum 7. Januar 2021 verlängert worden.

4

Mit einem am 28. Dezember 2020 beim [X.] eingegangenen [X.] hat der Kläger persönlich beantragt, ihm einen Notanwalt für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde beizuordnen.

5

II. Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts ist unbegründet.

6

1. Vor dem [X.] müssen sich die [X.]en durch einen dort zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht nach § 78b Abs. 1 ZPO einer [X.] auf ihren Antrag einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

7

2. Die erstgenannte Voraussetzung des § 78b Abs. 1 ZPO ist nur erfüllt, wenn die [X.] trotz zumutbarer Anstrengungen einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht gefunden und ihre vergeblichen Bemühungen dem Gericht - innerhalb der Rechtsmittelfrist - substantiiert dargelegt und gegebenenfalls nachgewiesen hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 17. Mai 2017 - [X.], juris Rn. 6; vom 16. Februar 2004 - [X.], NJW-RR 2004, 864 unter 2 a [juris Rn. 5]; [X.], Beschluss vom 20. Oktober 2020 - [X.] 6/20, juris Rn. 7; jeweils m.w.N.). Der Kläger hat seinen Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts damit begründet, es seien von ihm alle [X.]-Anwälte telefonisch angefragt worden, keiner habe Kapazitäten frei gehabt, sich seines Anliegens annehmen zu können. Er hat [X.] mehrerer am [X.] zugelassener Rechtsanwälte bis zum Ablauf der Begründungsfrist nachgereicht.

8

Allerdings kommt, wenn eine [X.] - wie hier - zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt mandatiert hat, im Fall der späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn die [X.] die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Das hat die [X.] ebenfalls innerhalb der maßgeblichen Frist darzulegen (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Mai 2017 aaO; [X.], Beschlüsse vom 11. November 2020 - [X.], juris Rn. 2; vom 28. April 2020 - [X.], [X.], 1390 Rn. 5; jeweils m.w.N.).

9

Der Kläger hat dazu auf entsprechenden Hinweis des Senats angegeben, sein bisheriger am [X.] zugelassener Prozessbevollmächtigter habe ihn mehrfach beschieden, dass er die Nichtzulassungsbeschwerde nicht begründen könne wegen der "[X.]-Bestimmungen", nach denen nur nach strengen Regeln verfahren werden dürfe, was in der ersten Instanz versäumt worden sei, könne beim [X.] nicht mehr geltend gemacht werden. Daraufhin habe er, der Kläger, Rücksprache mit seinem vorinstanzlichen Rechtsanwalt gehalten, der auf seine Berufungsbegründung verwiesen habe. Der am [X.] zugelassene Rechtsanwalt habe weiter darauf beharrt, dass er die Nichtzulassungsbeschwerde nicht begründen könne. Indes kann die Bestellung eines Notanwalts nicht allein deshalb verlangt werden, weil ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beim [X.] nicht willens war, eine Revisions- oder Beschwerdebegründung nach den Vorstellungen oder gar Vorgaben der [X.] zu fertigen, oder weil er das Rechtsmittel für unzulässig oder unbegründet hält. Denn es liefe dem Zweck der Zulassungsbeschränkung für Rechtsanwälte beim [X.] zuwider, wenn die [X.] einen Anspruch darauf hätte, ihre Rechtsansicht gegen die des - auf das Revisionsrecht spezialisierten - Rechtsanwalts durchzusetzen ([X.], Beschlüsse vom 12. Mai 2020 - [X.], juris Rn. 7; vom 6. [X.] 2018 - [X.], juris Rn. 10; vom 5. Juli 2017 - [X.], [X.], 1705 Rn. 8; jeweils m.w.N.).

Da der Kläger schon den formellen Anforderungen nicht genügt hat, kann offenbleiben, ob die Nichtzulassungsbeschwerde Aussicht auf Erfolg hat.

[X.]     

        

Harsdorf-Gebhardt     

        

Dr. Brockmöller

        

Dr. Bußmann     

        

Dr. Bommel     

        

Meta

IV ZR 206/20

12.01.2021

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Koblenz, 4. August 2020, Az: 10 U 135/20

§ 78 Abs 1 ZPO, § 78b Abs 1 ZPO, § 544 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.01.2021, Az. IV ZR 206/20 (REWIS RS 2021, 9877)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 9877

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