Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 26.10.2023, Az. IX ZR 112/22

9. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 8941

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Gegenstand

Vermutete Gläubigerbenachteiligung bei insolvenzrechtlicher Vorsatzanfechtung: Anforderungen an Beweis der fehlenden Kenntnis des Vorsatzes


Leitsatz

1. Wird die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vermutet, muss der Anfechtungsgegner den Beweis des Gegenteils führen.

2. Der Beweis des Gegenteils ist geführt, wenn der Anfechtungsgegner zur Überzeugung des Tatrichters davon ausgehen durfte, der Schuldner werde in der dafür zur Verfügung stehenden Zeit seine übrigen, bereits vorhandenen und absehbar hinzutretenden Gläubiger vollständig befriedigen.

3. Die Annahme, der Schuldner werde in der dafür zur Verfügung stehenden Zeit seine übrigen, bereits vorhandenen und absehbar hinzutretenden Gläubiger vollständig befriedigen, erfordert eine hinreichend verlässliche Beurteilungsgrundlage.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 14. Zivilsenats des [X.] vom 17. Dezember 2021 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag vom 16. Juni 2016 am 15. November 2016 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] (nachfolgend: Schuldnerin). Er nimmt den Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 [X.] aF auf Rückgewähr von vier Zahlungen in Höhe von insgesamt 378.086,76 € in Anspruch.

2

Die Schuldnerin kaufte Anteile an einer Gesellschaft, die Eigentümerin eines Hausgrundstücks in [X.] war. Die Schuldnerin beabsichtigte eine Aufteilung des Hauses in Wohnungseigentum sowie einen Abverkauf der Wohnungen mit Gewinn. Zur Entrichtung der zweiten Kaufpreisrate für die Gesellschaftsanteile in Höhe von 550.000 € benötigte die Schuldnerin eine Finanzierung. Der Beklagte gewährte der Schuldnerin gemäß notarieller Urkunde vom 26. August 2014 ein bis zum 1. März 2015 rückzahlbares Darlehen in Höhe von 550.000 €. Bei nicht fristgerechter Rückzahlung sollte das Darlehen ab dem 2. März 2015 mit 12 % jährlich zu verzinsen sein. Weiter sah der Darlehensvertrag eine Beteiligung des Beklagten am Gewinn aus dem Verkauf der Eigentumswohnungen in Höhe von 50 % vor. Die Schuldnerin unterwarf sich wegen ihrer Verpflichtung zur Rückzahlung des [X.] der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr Vermögen.

3

Die Darlehensrückzahlung erfolgte nicht fristgerecht. Ab dem 9. März 2015 mahnte der Beklagte die Rückzahlung des Darlehens wiederholt an. Am 11. März 2015 erfolgte eine erste Teilzahlung in Höhe von 150.000 €. Eine weitere Teilzahlung in Höhe von 50.000 € erfolgte am 3. Juni 2015, nachdem der Beklagte im Mai 2015 ein vorläufiges Zahlungsverbot ausgebracht hatte. Eine zweite Vorpfändung erfolgte im Juli 2015, die nächste Zahlung der Schuldnerin in Höhe von 150.000 € am 10. September 2015. Am 2. November 2015 erfolgte die dritte Vorpfändung. Die letzte noch streitgegenständliche Zahlung in Höhe von 28.086,67 € leistete die Schuldnerin am 4. November 2015.

4

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] hat keinen Erfolg gehabt. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision will der Kläger weiterhin die Verurteilung des Beklagten zur Rückgewähr der vier Teilzahlungen auf den [X.] erreichen.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Entscheidung hat infolge der Säumnis des [X.]n durch Versäumnisurteil zu ergehen, beruht aber inhaltlich auf einer Sachprüfung (vgl. [X.], Urteil vom 4. April 1962 - [X.], [X.]Z 37, 79, 81 f).

I.

6

Das Berufungsgericht hat gemeint, es fehle jedenfalls an der gemäß § 133 Abs. 1 Satz 1 [X.] erforderlichen Kenntnis des [X.]n von einem [X.] der Schuldnerin. Nach der neueren Rechtsprechung des [X.] könne allein aus der erkannten Zahlungsunfähigkeit nicht auf den [X.] des Schuldners geschlossen werden. Entscheidend sei vielmehr, dass der Schuldner wisse oder jedenfalls billigend in Kauf nehme, dass er auch künftig nicht dazu in der Lage sein werde, alle seine Gläubiger zu befriedigen. Daraus folge, dass die zugunsten des [X.] streitende Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 [X.] als widerlegt anzusehen sei, wenn der [X.] aufgrund der ihm bekannten Umstände davon ausgehen habe können, dass der Schuldner künftig in absehbarer [X.] alle seine vorhandenen und absehbar hinzutretenden Gläubiger würde befriedigen können.

7

Dies sei hier der Fall. Aufgrund der Äußerungen des Geschäftsführers der Schuldnerin habe der [X.] erwarten können, dass die Schuldnerin in der Lage war, durch die Veräußerung der erworbenen Anteile ([X.]) oder des [X.] (Asset Deal) kurzfristig - binnen weniger Wochen - einen erheblichen Liquiditätszufluss zu erreichen, mit dem nicht nur eine Rückführung des von ihm gewährten Darlehens möglich gewesen wäre, sondern auch ein Gewinn erzielt worden wäre. Hieraus folge zugleich, dass aus Sicht des [X.]n die Schuldnerin künftig alle Gläubiger würde befriedigen können, da andernfalls ein Gewinn kaum denkbar gewesen wäre. Dem [X.]n sei nicht zu widerlegen, dass er erst nach Erhalt der Zahlungen davon erfahren habe, dass die Schuldnerin ihre Anteile an der [X.] bereits übertragen gehabt habe. Dass der [X.] Kenntnis von einer Liquiditätslage der Schuldnerin oder sonstigen Umständen gehabt habe, die ein Insolvenzverfahren unausweichlich erscheinen ließen, sei nicht ersichtlich.

II.

8

Das hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine Kenntnis des [X.]n vom revisionsrechtlich zu unterstellenden [X.] der Schuldnerin nicht verneint werden.

9

1. Gemäß § 133 Abs. 1 [X.] in der hier gemäß Art. 103j Abs. 1 EG[X.] anwendbaren, bis zum 4. April 2017 geltenden Fassung des [X.] ([X.] I S. 2866) ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn der andere Teil zur [X.] der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Die Kenntnis des anderen Teils wird vermutet, wenn dieser wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte (§ 133 Abs. 1 Satz 2 [X.]).

2. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen zum [X.] der Schuldnerin und zum Eingreifen des [X.] des § 133 Abs. 1 Satz 2 [X.] getroffen. [X.] ist daher zu unterstellen, dass die Schuldnerin mit [X.] handelte und der [X.] die zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und die Gläubigerbenachteiligung kannte. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, dass der [X.] die Vermutung der Kenntnis vom [X.] der Schuldnerin widerlegt habe.

a) § 133 Abs. 1 Satz 2 [X.] (iVm § 133 Abs. 3 Satz 1 [X.]) ist eine widerlegliche (Tatsachen-)Vermutung im Sinne des § 292 ZPO. Der Gesetzgeber hat gesehen, dass der Vollbeweis der Kenntnis des [X.]s vom [X.] des Schuldners für den Insolvenzverwalter schwer zu führen sein kann. Er hat deshalb mit § 133 Abs. 1 Satz 2 [X.] einen Vermutungstatbestand geschaffen, der dem Verwalter die Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs erleichtern soll (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 160).

Liegen die Voraussetzungen des [X.] vor, muss der [X.] daher den Beweis des Gegenteils führen. Er muss darlegen und beweisen, dass er den [X.] des Schuldners nicht kannte (vgl. [X.], Urteil vom 24. Mai 2007 - [X.], [X.], 512 Rn. 7; vom 15. März 2012 - [X.], [X.], 416 Rn. 14; vom 21. Januar 2016 - [X.], [X.], 355 Rn. 8; vom 12. Mai 2016 - [X.], [X.]Z 210, 249 Rn. 23). Der Beweis erfordert die volle Überzeugung des Tatrichters im Sinne des § 286 ZPO von der Unkenntnis. Es reicht weder aus, dass der [X.] in seiner Überzeugung unsicher geworden ist, noch, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Gegenteil der Vermutung spricht (vgl. [X.], 6. Aufl., § 292 Rn. 25; [X.], ZPO, 23. Aufl., § 292 Rn. 21).

b) Mit Recht hat das Berufungsgericht erkannt, dass der Beweis des Gegenteils zur Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 [X.] geführt ist, wenn der [X.] zur Überzeugung des Tatrichters davon ausgehen durfte, der Schuldner werde in der dafür zur Verfügung stehenden [X.] seine übrigen, bereits vorhandenen und absehbar hinzutretenden Gläubiger vollständig befriedigen. [X.] hat das Berufungsgericht seine Überzeugung auf eine beschränkte Tatsachengrundlage gestützt.

aa) Der Schuldner, der in dem nach § 140 [X.] maßgeblichen [X.]punkt zahlungsunfähig ist, handelt im Falle der Gewährung einer kongruenten Deckung nur dann mit [X.], wenn er zumindest billigend in Kauf nimmt, dass er auch künftig nicht in der Lage sein wird, seine übrigen Gläubiger in der dafür zur Verfügung stehenden [X.] zu befriedigen (vgl. [X.], Urteil vom 6. Mai 2021 - [X.], [X.]Z 230, 28 Rn. 31, 46 f). Dementsprechend hat der [X.] keine Kenntnis vom [X.] des Schuldners, wenn er von einer Befriedigung der übrigen Gläubiger in der dafür zur Verfügung stehenden [X.] ausgehen durfte.

bb) Eine bloße Hoffnung auf Befriedigung der übrigen Gläubiger ist nicht geeignet, die Vermutung der Kenntnis vom [X.] zu widerlegen. Es muss sich um eine aus objektiver Sicht gerechtfertigte Annahme handeln, die auf ausreichender Tatsachengrundlage beruht.

(1) Dies hat der Senat bereits für den ernsthaften, letztlich aber fehlgeschlagenen Sanierungsversuch angenommen und näher begründet (vgl. [X.], Urteil vom 12. Mai 2016 - [X.], [X.]Z 210, 249 Rn. 14 ff). Die Annahme, die übrigen Gläubiger würden in der dafür zur Verfügung stehenden [X.] befriedigt, kann auf der Grundlage eines solchen Sanierungsversuchs gerechtfertigt sein. Hierfür sind die vom [X.] mit Urteil vom 12. Mai 2016 (aaO Rn. 23 ff) entwickelten und mit Urteil vom 3. März 2022 im Blick auf das Erfordernis einer (jedenfalls in den Anfängen erfolgten) Umsetzung des Konzepts modifizierten Grundsätze ([X.], [X.]Z 233, 70 Rn. 79 f) zu berücksichtigen.

Danach gelten hinsichtlich der Kenntnis vom Vorliegen der Voraussetzungen eines ernsthaften Sanierungsversuchs zwar nicht dieselben Anforderungen, wie sie für den Schuldner oder die für diesen verantwortlich handelnden Personen zur Anwendung gelangen (vgl. [X.], Urteil vom 12. Mai 2016 - [X.], [X.]Z 210, 249 Rn. 24). Von einem schlüssigen Sanierungskonzept des Schuldners kann der [X.] jedoch nur dann ausgehen, wenn er in den Grundzügen über die wesentlichen Grundlagen des Konzepts informiert ist, insbesondere über die Ursachen der Insolvenz, die Maßnahmen zu deren Beseitigung und eine positive Fortführungsprognose (vgl. [X.], Urteil vom 12. Mai 2016, aaO Rn. 25 ff). Erlangt der [X.] Kenntnis von einem schlüssigen Sanierungskonzept, ist er nicht verpflichtet, das Konzept fachmännisch zu prüfen oder prüfen zu lassen; er darf sich auf die Angaben des Schuldners oder dessen Beraters zu den Erfolgsaussichten des Konzepts verlassen solange er keine Anhaltspunkte dafür hat, dass er getäuscht werden soll oder dass der Plan keine Chancen auf dauerhaften Erfolg hat (vgl. [X.], Urteil vom 12. Mai 2016, aaO Rn. 27; vom 23. Juni 2022 - [X.], Z[X.] 2022, 1734 Rn. 32). Bloße Verzögerungen bei der Umsetzung des Sanierungskonzepts begründen keine durchgreifenden Zweifel, solange die Verzögerungen keine Anhaltspunkte dafür enthalten, dass das Konzept nunmehr keine Aussicht auf Erfolg mehr hat, gescheitert ist oder der [X.] über die (weitere) Sanierung getäuscht werden soll (vgl. [X.], Urteil vom 23. Juni 2022, aaO Rn. 33).

(2) Der Versuch einer Sanierung im vorstehenden Sinne ist nicht der einzige Tatbestand, der aus der maßgeblichen Sicht ex [X.] des Schuldners oder des [X.]s die berechtigte Erwartung begründen kann, die übrigen Gläubiger würden noch befriedigt. Die Ursache der Krise des Schuldners, die zu seiner Zahlungsunfähigkeit geführt hat, kann vorübergehend sein. Der Einzelunternehmer oder Freiberufler kann erkranken und deshalb vorübergehend nicht in der Lage sein, seine geschäftliche Tätigkeit auszuführen. Die Ursache einer solchen Krise kann auch von außen kommen und in einer vorübergehenden (etwa pandemiebedingten) Schließung des Geschäftsbetriebs durch die zuständige Behörde bestehen. In derartigen Fällen bedarf es keines Sanierungsversuchs, sondern eines Konzepts, welches das wirtschaftliche Überleben für die Dauer der Krise sichert und etwa in einer Stillhaltevereinbarung mit Gläubigern des Schuldners liegen kann. Auch wenn die Krise nicht nur vorübergehend ist, muss das erforderliche Eingreifen des Schuldners nicht zwingend auf eine dauerhafte Sanierung des schuldnerischen Unternehmens (vgl. dazu [X.], Urteil vom 12. Mai 2016 - [X.], [X.]Z 210, 249 Rn. 29 ff) gerichtet sein. Unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 [X.] kann sich der Schuldner auch mit einer Abwicklung des Unternehmens außerhalb eines Insolvenzverfahrens begnügen, wenn diese aus der Sicht ex [X.] in der dafür zur Verfügung stehenden [X.] zur Befriedigung seiner Gläubiger führt. Zur Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 [X.] (iVm § 133 Abs. 3 Satz 1 [X.]) ist in jedem Fall erforderlich, dass für den [X.] eine hinreichend verlässliche Beurteilungsgrundlage vorliegt.

Dabei wird der [X.] in der Regel auf Informationen des Schuldners angewiesen sein, um beurteilen zu können, ob mit einer Befriedigung der übrigen Gläubiger in der dafür zur Verfügung stehenden [X.] gerechnet werden kann. Das Informationsbedürfnis wird umso größer sein, je weiter der [X.] von den maßgeblichen Vorgängen im schuldnerischen Unternehmen entfernt ist. [X.] sich der [X.] die erforderlichen Informationen nicht, handelt er mit Anfechtungsrisiko (vgl. [X.], Urteil vom 12. Mai 2016 - [X.], [X.]Z 210, 249 Rn. 25).

cc) Diesen Maßstäben genügen die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht. Eine hinreichend verlässliche Beurteilungsgrundlage für die von ihm angenommene Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 [X.] hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.

(1) Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hatte der [X.] keine Informationen, die auf eine Befriedigung der übrigen Gläubiger der Schuldnerin schließen ließen. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Veräußerung im Wege eines Verkaufs des [X.] (Asset Deal) oder durch einen Verkauf der [X.]s[X.]ile ([X.]) erfolgen sollte. Es hat angenommen, der [X.] habe aufgrund des [X.] zwischen ihm und dem damaligen Geschäftsführer der Schuldnerin in der [X.] vom 9. bis zum 18. März 2015 erwarten können, dass die Schuldnerin einen so erheblichen Liquiditätszufluss erreichen werde, der eine Befriedigung aller Gläubiger erwarten ließ. Das entbehrt einer hinreichenden Tatsachengrundlage, weil Feststellungen zu konkreten Angeboten und der Absicht der Schuldnerin, diese anzunehmen, nicht getroffen sind.

Ausweislich der E-Mails soll es Angebote zum Erwerb des [X.] (Asset Deal) zu einem Preis oberhalb des Kaufpreises für die von der Schuldnerin gekauften [X.]s[X.]ile gegeben haben. Ob auf der Grundlage eines Verkaufs des [X.] davon ausgegangen werden konnte, die Schuldnerin würde auch ihre übrigen Gläubiger in der dafür zur Verfügung stehenden [X.] befriedigen, kann offenbleiben. Aus dem [X.] ergibt sich nämlich, dass der damalige Geschäftsführer der Schuldnerin nicht beabsichtigte, das Hausgrundstück zu veräußern. Er bevorzugte, angeblich aus steuerlichen Gründen, eine Veräußerung der [X.]s[X.]ile ([X.]). Ob ein solcher Verkauf zustande kommen würde, stand noch nicht fest. Der Geschäftsführer äußerte lediglich die Hoffnung, eine Veräußerung der [X.]s[X.]ile gelinge zeitnah. Auf eine bloße Hoffnung kann die Erwartung einer Befriedigung der übrigen Gläubiger nicht gestützt werden.

(2) Soweit das Berufungsgericht dem [X.]n zugutehält, das bestimmte Kenntnisse nicht ersichtlich seien, etwa Umstände betreffend, die ein Insolvenzverfahren unausweichlich erscheinen ließen, und annimmt, dass dem [X.]n die von ihm behauptete Unkenntnis von einer bereits erfolgten Übertragung der [X.]s[X.]ile nicht zu widerlegen sei, verkennt es die Darlegungs- und Beweislast und die Anforderungen an die Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 [X.].

III.

Das Urteil ist nicht aus anderen Gründen richtig (§ 561 ZPO). Andere Umständen, die zur Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 [X.] führen könnten, sind nicht ersichtlich. Das Urteil ist danach aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO).

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem bei dem [X.] zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils bei dem [X.], [X.] 45a, [X.], durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.

Schoppmeyer     

      

Schultz     

      

Selbmann

      

Harms     

      

Weinland     

      

Meta

IX ZR 112/22

26.10.2023

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Versäumnisurteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 17. Dezember 2021, Az: 14 U 2/21

§ 133 Abs 1 S 1 InsO, § 133 Abs 1 S 2 InsO, § 286 ZPO, § 292 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 26.10.2023, Az. IX ZR 112/22 (REWIS RS 2023, 8941)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 8941

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