Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.09.2022, Az. X ZR 30/21

10. Zivilsenat | REWIS RS 2022, 6082

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Tenor

Der Antrag der Beklagten auf Aussetzung des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Auf die Beschwerde der Beklagten wird die Revision gegen das Urteil des [X.] vom 10. März 2021 zugelassen, soweit die Berufung gegen die im Urteil des [X.] vom 4. Dezember 2015 ausgesprochene Verurteilung und Feststellung bezüglich Auskunft und Rechnungslegung über Verbrauchsmaterialien sowie Wartungs- und Leasingverträge (Nr. 3, 4 und 5 des erstinstanzlichen Tenors) zurückgewiesen worden ist.

Das weitergehende Rechtsmittel der Beklagten wird zurückgewiesen.

Gründe

1

I. Die Klägerin nimmt die [X.] wegen Verletzung des am 21. Juli 1995 angemeldeten [X.] Patents 776 760 in Anspruch, das eine Polsterumarbeitungsmaschine betrifft.

2

Das Klagepatent ist im Einspruchsverfahren in geänderter Fassung aufrechterhalten worden. Eine von der [X.]n erhobene Nichtigkeitsklage hat der [X.] auf die Berufung der Klägerin abgewiesen ([X.], Urteil vom 7. Mai 2019 - [X.]/17).

3

Das [X.] hat unter Abweisung der weitergehenden Klage festgestellt, dass der ursprünglich geltend gemachte Unterlassungsanspruch bezüglich zwei von vier angegriffenen Ausführungsformen erledigt ist. Ferner hat es festgestellt, dass die [X.] zum Ersatz aller Schäden verpflichtet ist, die der Klägerin durch Herstellen, Anbieten, Inverkehrbringen und Gebrauchen dieser beiden Ausführungsformen sowie Einfuhr und Besitz zu diesen Zwecken entstanden sind, und die [X.] zur Auskunft und Rechnungslegung bezüglich der genannten Handlungen sowie bezüglich der Lieferung von Verbrauchsmaterialien zur Verwendung in solchen Vorrichtungen und bezüglich Wartungs- und Leasingverträgen über solche Vorrichtungen verurteilt.

4

Das Berufungsgericht ([X.], [X.], 641) hat die [X.] ergänzend dazu verurteilt, Erzeugnisse, die in einem bestimmten Zeitraum Gegenstand von [X.] waren, in näher bestimmter Weise umzubauen. Die weitergehenden Rechtsmittel beider Parteien sind erfolglos geblieben. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen.

5

Mit ihrer Beschwerde strebt die [X.] die Zulassung der Revision mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung an. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

6

Die [X.] beantragt ergänzend, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine neue Nichtigkeitsklage (4 Ni 35/22) auszusetzen. Diese Klage haben eine mit der [X.]n verbundene Gesellschaft sowie einer deren Geschäftsführer mit Schriftsatz vom 23. Februar 2022 erhoben. Sie ist unter anderem auf [X.] gestützt, die im ersten [X.] nicht vorlagen. Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag entgegen.

7

II. Die von der [X.]n beantragte Aussetzung bis zur Entscheidung über die am 23. Februar 2022 durch die Konzerngesellschaft der [X.]n eingereichte neue Nichtigkeitsklage hält der [X.] nicht für zweckmäßig.

8

1. Nach der Rechtsprechung des [X.]s handelt es sich bei der Entscheidung über die Aussetzung um eine Ermessensentscheidung, im Rahmen derer nicht nur das Interesse an widerspruchsfreien Entscheidungen zu berücksichtigen ist, sondern auch das Interesse des Verletzungsklägers an einem zeitnahen Abschluss des Verletzungsverfahrens ([X.], Beschluss vom 28. September 2011 - [X.], [X.], 93 f. - Klimaschrank).

9

Nach rechtskräftigem Abschluss eines [X.]s kommt regelmäßig wegen der damit verbundenen erheblichen Verzögerung des Verfahrensabschlusses eine (erneute) Aussetzung des an sich entscheidungsreifen Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde im Hinblick auf eine nach Abschluss des ersten [X.]s erhobene zweite Nichtigkeitsklage nur dann in Betracht, wenn die Erfolgsaussicht der neuen Nichtigkeitsklage offensichtlich ist ([X.], Beschluss vom 17. Juli 2012 - [X.], [X.], 1072 - Verdichtungsvorrichtung).

2. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt.

Die neue Nichtigkeitsklage ist zwar zum Teil auf andere [X.] gestützt. Ob diese Angriffe Erfolg haben werden, ist aber offen.

Dass die neuen [X.] nach dem Vorbringen der [X.] Maschinen mit Entnahmesensor enthalten, vermag eine offensichtliche Erfolgsaussicht schon deshalb nicht begründen, weil der [X.] ausgeführt hat, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht schon deswegen nahegelegt, weil ein Entnahmesensor als solcher bekannt gewesen sei ([X.], Urteil vom 7. Mai 2019 - [X.]/17, Rn. 50 f.).

3. Der Umstand, dass das Klagepatent durch Zeitablauf erloschen und die Verurteilung zur Auskunft und Rechnungslegung bereits vollstreckt ist, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung.

Die Klägerin hat ungeachtet dieses Umstands ein schutzwürdiges Interesse an einer zeitnahen Entscheidung des [X.]. Die mit einer solchen Entscheidung verbundenen Nachteile für die [X.] sind zumutbar, zumal die [X.] nach ihrem Vorbringen eine weitere Vollstreckung bezüglich der Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung nicht befürchten muss.

III. Soweit sich die Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Bejahung einer Patentverletzung und der daraus resultierenden Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung bezüglich der [X.] sowie Umgestaltung verletzender Vorrichtungen wendet, ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

Von einer näheren Begründung wird insoweit gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

IV. Hinsichtlich der Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung über Verbrauchsmaterialien sowie Wartungs- und Leasingverträge ist die Revision hingegen wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Der Streitfall wirft die klärungsbedürftige Frage auf, ob und inwieweit Vorteile, die einem Patentverletzer aus Handlungen nach dem Ablauf der Schutzdauer zufließen, zu dem durch Verletzungshandlungen während der Schutzdauer erzielten Gewinn gehören und in welchem Umfang insoweit gegebenenfalls Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung bestehen. Diese Frage ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts durch die bisherige Rechtsprechung des [X.]s nicht abschließend geklärt.

[X.]     

      

Grabinski     

      

Kober-Dehm

      

Marx     

      

Rensen     

      

Meta

X ZR 30/21

27.09.2022

Bundesgerichtshof 10. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Karlsruhe, 10. März 2021, Az: 6 U 9/16, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.09.2022, Az. X ZR 30/21 (REWIS RS 2022, 6082)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 6082

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4a O 50/21 (Landgericht Düsseldorf)


I-2 U 136/05 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


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X ZR 109/16

X ZR 142/18

X ZR 70/12

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X ZR 130/12

X ZR 51/11

X ZR 77/11

X ZR 68/10

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