Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.10.2004, Az. XII ZR 7/01

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 1201

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 7/01 Verkündet am: 13. Oktober 2004 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Oktober 2004 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], [X.], Dr. [X.] und die Richterin Dr. [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 24. November 2000 auf-gehoben. Die Berufung des [X.] gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des [X.] vom 3. Februar 2000 wird [X.]. Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Parteien streiten um die Erledigung eines von dem Kläger auf [X.] einer Gaststätte gerichteten Rechtsstreits. Am 4. Dezember 1993 schloß der Kläger mit der H.

gesellschaft mbH (im folgenden nach mehrfacher Änderung des Firmennamens: [X.] ) einen notariellen Kauf- und [X.] ein schlüsselfertig zu errichtendes Gebäude mit Tiefgarage und Außenstell-plätzen im "[X.]" in [X.]. Gemäß Ziffer 8 des Vertrages sollten - 3 - Besitz, Nutzungen, Lasten, Gefahr und die allgemeinen Verkehrssicherungs-pflichten mit dem [X.] auf den Kläger übergehen. Der [X.] sollte miet- und pachtfrei übergeben werden, es sei denn, der Kläger hätte zuvor einen Miet- und Pachtvertrag abgeschlossen. Die Übergabe sollte gemäß Ziffer 9 des Vertrages mit der Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls als erfolgt gelten. Dies geschah am 12. Juni 1996. Die [X.] hatte die Räume schon zuvor im November 1995 der [X.] zum Betrieb einer Gaststätte überlassen. Der Kläger, der noch nicht als Eigentümer des von ihm gekauften Grundbesitzes im Grundbuch eingetragen ist, verlangte von der [X.] Räumung der Gaststätte.

Über das Vermögen der [X.] wurde am 9. Dezember 1998 das [X.] eröffnet. Das [X.] hat die Räumungsklage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.], nachdem der Kläger den Rechtsstreit nach Auszug der [X.] einseitig für erledigt erklärt hatte, festgestellt, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, und hat die Kosten des [X.] auferlegt. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die [X.] des landgerichtlichen Urteils. Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. 1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Rechtsstreit habe sich durch den Auszug der [X.] am 29. März 2000 erledigt. Der Kläger habe gegen die Beklagte gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 2. Alt. BGB einen Anspruch - 4 - auf Räumung der Gaststätte gehabt. Er habe der [X.] unstreitig den [X.] an den Räumen überlassen. Der mit dieser Leistung allein verfolgte Zweck, nämlich der Abschluß eines Mietvertrages mit der [X.], der von der [X.] unterschriftsreif habe vorbereitet werden sollen, sei nicht erreicht [X.]. 2. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Räumungsklage war von Anfang an unbegründet. Das hat zur Folge, daß das auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache gerichtete Klagebe-gehren abzuweisen ist. a) Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die Räume durch Leistung des [X.] erlangt, der Kläger könne deshalb von der [X.] gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 2. Alt. BGB Räumung verlangen, wird von den getroffenen Feststellungen nicht getragen. Die Ausfüh-rungen des Berufungsgerichts hierzu sind widersprüchlich. Das Berufungsgericht führt im unstreitigen Teil des Tatbestands aus, die [X.] habe die Gewerberäume vor der vereinbarten Abnahme durch den Kläger an die Beklagte übergeben, die spätestens seit dem 17. November 1995 in diesen Räumen die Gaststätte betreibe. Im streitigen Parteivortrag führt das Berufungsgericht aus, der Kläger habe vorgetragen, die Nutzung der [X.] sei ohne seine Zustimmung erfolgt. Diese Ausführungen stehen im Widerspruch zu der in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils getroffenen Feststel-lung, unstreitig habe der Kläger der [X.] den Besitz an den [X.] überlassen und die Nutzung durch die Beklagte gebilligt. b) Das Revisionsgericht ist an die tatsächlichen Feststellungen, soweit sie widersprüchlich sind, nicht gebunden ([X.], 64, 67; [X.], Urteile vom 9. März 1995 - [X.] - NJW-RR 1995, 1058, 1060; vom 17. Mai 2000 - 5 - - [X.] - [X.], 1026). Eine abschließende Entscheidung ist aber trotz der aufgezeigten Widersprüche möglich. Denn die tatsächlichen Grundla-gen ergeben sich hier zweifelsfrei aus dem Tatbestand des Berufungsurteils und den in Bezug genommenen Schriftsätzen der Parteien.

Danach sind die Parteien übereinstimmend davon ausgegangen, daß die Beklagte den Besitz nicht von dem Kläger, sondern von der [X.] erhalten hat und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kaufgegenstand an den Kläger noch nicht übergeben worden war. Die [X.] hat die Räume der [X.] auch nicht auf Weisung des [X.] übergeben. Dieser war vielmehr nach ei-genem Vortrag mit einer Übergabe der Räume an die Beklagte gerade nicht einverstanden. Damit liegen die Voraussetzungen für den vom Berufungsge-richt angenommenen Räumungsanspruch des [X.] aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. oder aus § 812 Abs. 1 Satz 2 2. Alt. BGB (Leistungskondiktion) schon mangels Leistung des [X.] nicht vor. Ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB (Eingriffskondiktion) scheidet aus, weil die Beklagte die Räume von der [X.] , der Eigentümerin und damaligen Besitzerin, aufgrund der mit die-ser abgeschlossenen Betriebsführungs- und Managementvereinbarung vom 10. Oktober 1995 und damit durch Leistung der [X.] erhalten hat. Denn eine Bereicherung in sonstiger Weise (also aufgrund sog. Eingriffskondiktion) kommt nur dann in Betracht, wenn der [X.] dem Empfänger überhaupt nicht, also von niemandem geleistet worden ist (vgl. [X.]Z 40, 272, 278). Der Kläger hat zwar bestritten, daß ein solcher Vertrag zwischen der [X.] und der [X.] abgeschlossen worden ist. Dieses Bestreiten ist aber angesichts der Vorlage des schriftlichen, von den Vertragspartnern unterzeich-neten Vertrages nicht hinreichend substantiiert. - 6 - 3. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 563 ZPO a.F.). Ein Anspruch des [X.] gegen die Beklagte auf Räumung ergibt sich aus keinem anderen rechtlichen Grund. a) Vertragliche und vorvertragliche Ansprüche scheiden aus. Zwischen den Parteien bestand keine vertragliche Beziehung. Sie haben auch keine Ver-tragsverhandlungen geführt. b) Der Kläger kann auch aus dem Übergang der Nutzungen am 12. Juni 1996 gemäß dem zwischen ihm und der [X.] abgeschlossenen Kauf- und [X.] keinen Räumungsanspruch gegen die Beklagte herlei-ten. Diese Bestimmung im Kaufvertrag regelt nur im Innenverhältnis zwischen Käufer und Verkäufer, wem welche Ansprüche zustehen. Ein direkter Anspruch des Käufers gegen den Nutzenden ergibt sich hieraus nicht. Mit der Übergabe des Gebäudes am 12. Juni 1996 hat die [X.] auch keinen Herausgabean-spruch gegen die Beklagte an den Kläger abgetreten. Ein solcher Herausgabe-anspruch ist von dem Kläger schon nicht substantiiert dargetan und auch sonst nicht ersichtlich. Die [X.] war vielmehr aus der mit der [X.] abge-schlossenen Betriebsführungs- und Managementvereinbarung vom 10. Oktober 1995 verpflichtet, ihr die Räume zu überlassen. c) Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf [X.] gemäß §§ 861, 862 BGB. Diese Ansprüche sollen den Besitzstand [X.]. Sie zielen darauf ab, den früheren Besitz wieder herzustellen, der durch verbotene Eigenmacht entzogen worden ist. Hier fehlt es schon an einer wider-rechtlichen Besitzbeeinträchtigung des [X.]. Denn er hatte zum Zeitpunkt der Besitzerlangung durch die Beklagte im November 1995 unstreitig keinen Besitz an den Räumen. Die Beklagte hat vielmehr den Besitz mit Willen der - 7 - damals berechtigt besitzenden [X.] und somit nicht durch verbotene [X.] erlangt. d) Aus diesem Grund ist auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB nicht gegeben. Zwar ist der Besitz als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB anerkannt. Es fehlt hier aber - wie oben ausgeführt - an einer Entziehung des klägerischen Besitzes durch die Beklagte. e) Ein Anspruch des [X.] ergibt sich auch nicht aus der zu seinen Gunsten am 21. Dezember 1993 im Grundbuch eingetragenen Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Übertragung des Eigentums nach § 883 Abs. 1 und 2 BGB, da die Überlassung der Räume keine Verfügung im Sinne des [X.] der Vorschrift darstellt ([X.], 109, 111, 112; [X.]Z 13, 1, 3). f) Ein Räumungsanspruch des [X.] ist auch nicht gemäß § 816 Abs. 1 Satz 2 BGB begründet. Denn die [X.] hat mit der Besitzüberlassung an die Beklagte keine Verfügung im Sinne des § 816 Abs. 1 BGB, also im Sinne einer Übertragung, Belastung, Änderung oder Aufhebung eines Rechtes am Grundstück, getroffen ([X.] aaO; [X.]Z 13, aaO; [X.]Z 131, 297, 305, 306; [X.]/Bund 2000, [X.]. zu §§ 854 ff. [X.]. 36 m.w.N.). 4. Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da es weiterer Sachaufklärung nicht bedarf, kann der Senat in der Sache selbst - 8 - entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.). Danach war die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 3. Februar 2000 [X.]. Hahne [X.] Fuchs [X.] [X.]

Meta

XII ZR 7/01

13.10.2004

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.10.2004, Az. XII ZR 7/01 (REWIS RS 2004, 1201)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 1201

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