Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.03.2015, Az. VII ZR 347/12

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 13348

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VII ZR 347/12
Verkündet am:

26. März 2015

Seelinger-Schardt,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 204 Abs. 2 Satz 2
Ein zur Unanwendbarkeit des § 204 Abs. 2 Satz 2 [X.] führender triftiger Grund liegt jedenfalls nicht vor, wenn der Gläubiger nach einer Bezifferung seiner Schadensersatzansprüche im Mahnverfahren zur Reduzierung seines [X.] diese Ansprüche im Streitverfahren nicht in voller Höhe geltend macht, um das Ergebnis eines Sachverständigengutachtens abzuwarten.
[X.], Urteil vom 26. März 2015 -
VII ZR 347/12 -
OLG [X.]

[X.]

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2
-

Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 26.
März
2015
durch den
Vorsitzenden Richter Dr.
Eick, die Richter Halfmeier
und Dr. Kartzke, die Richterin Graßnack
und den Richter Dr. Feilcke
für Recht erkannt:
Auf die Revision des
Beklagten wird das
Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 14. November 2012 teilweise aufgehoben
und wie folgt neu gefasst:
Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberu-fung der Klägerin wird das Urteil der 2.
Zivilkammer des [X.] vom 13.
Januar
2012 unter Zu-rückweisung der weitergehenden Berufung teilweise ge-ändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die

nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus

für die [X.] vom 18.
Januar 2008 bis zum 6. Juni 2011 und aus

7.
Juni 2011 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den erst-
und zweitinstanzlichen Kosten des Rechts-streits haben
die Klägerin 46 % und der Beklagte 54 % zu tragen.
Von den Kosten des Nichtzulassungsbeschwerde-
und Revisions-verfahrens haben
die Klägerin 53
% und der Beklagte 47
% zu tragen.

Von Rechts wegen

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Tatbestand:
Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen Mängeln der Bauleistung nach Kündigung des zwischen den [X.]en
am 24.
Juni 2003 geschlossenen
Bauvertrages
über die Errichtung eines Bürogebäudes.
Soweit für die Revision noch von Interesse,
begehrt sie einen Betrag von für die fehlerhafte [X.] des
vom Beklagten neu zu errichtenden Obergeschosses.
Nachdem es im Juli 2004 zum wiederholten Male zu Unstimmigkeiten zwischen den [X.]en gekommen war,
erklärte der Beklagte im August 2004 die fristlose Kündigung des Vertrages. Mit Anwaltsschreiben vom 23.
Dezember 2004 nahm die Klägerin den Beklagten auf Erstattung einer Überzahlung in [X.].
Wegen der von ihr behaupteten Mängel der Bauleistung hat die Klägerin zunächst einen Mahnbescheid über einen Betrag von 97.803,09

beantragt. Der Mahnbescheidsantrag ist am 27. Dezember 2007 bei Gericht eingegangen.
Mit Anspruchsbegründung vom 29.
Januar 2009 hat
die Klägerin Forderungen in als "mindestens"
erforderliche Kos-ten
für die Beseitigung der Mängel der [X.], in das streitige Verfahren übergeleitet.
Nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigen-gutachtens hat
die Klägerin ihre Klage mit am 1.
Juni
2011 beim [X.] eingegangenem Schriftsatz , davon für die Mangelbe-seitigung der [X.],
erweitert.
Der Beklagte erhebt insoweit die Einrede der Verjährung.
Das [X.] hat Zinsen verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat
das Berufungsgericht den

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n-duziert.
Der [X.] hat die Revision zugunsten des Beklagten insoweit beschränkt zugelassen, als das Berufungsgericht ihn über einen Betrag von 8.000

nebst Zinsen hinaus zur Zahlung weiterer [X.] verurteilt hat. In diesem Umfang erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat im Umfang ihrer Zulassung Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht ist der Ansicht, hinsichtlich der Ansprüche der Klä-keine Verjährung eingetreten, auch wenn mit der Klagebegründung vom 29.

emacht und die Klage erst am 1. Juni 2011 auf 19.000

worden sei.
Zwar sei
die [X.] nach Ablauf der ursprünglichen Verjäh-rungsfrist
erfolgt. Diese betrage gemäß § 634a Abs.
1 [X.] fünf Jahre
und habe mit dem Schreiben der Klägerin vom 23. Dezember 2004 zu laufen begonnen. Mit diesem Schreiben, mit dem die Rückzahlung der Überzahlungen begehrt und wegen der Mängel Schadensersatzansprüche vorbehalten worden seien,

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werde seitens der Klägerin dokumentiert, dass sie vom Beklagten keine Leis-tungen mehr verlange. Eine Abnahme sei aber dann entbehrlich, wenn der [X.] nicht mehr Erfüllung des Vertrages, sondern Schadensersatz verlange und damit nur noch ein Abrechnungsverhältnis bestehe. Der weitere Ablauf der Verjährungsfrist sei durch den Mahnbescheidsantrag vom 27. Dezember 2007
gehemmt worden.
Nachdem das Verfahren
in der [X.] nach dem 29. Juli 2008 nicht betrieben worden sei, hätte gemäß
§ 204 Abs. 2 Satz 2 [X.]
die Verjäh-rungshemmung am 29. Januar 2009 für den Teil des mit dem Mahnbescheid geltend gemachten Anspruchs, der von der Anspruchsbegründung vom
29. Ja-nuar 2009 nicht erfasst gewesen sei,
geendet. Für diesen Teil seien
zwischen dem
Ende der Hemmung und dem Eingang der [X.] am 1. Juni 2011
mehr als zwei weitere Jahre vergangen mit der Folge, dass
die mit der [X.]
geltend gemachten Ansprüche grundsätzlich verjährt seien.
Hinsichtlich der
mit der [X.]
geltend gemachten weiteren habe die Verjährungshem-mung jedoch entgegen
§ 204 Abs.
2 Satz 2 [X.] angedauert. Diese Vorschrift sei nicht anzuwenden,
wenn
für das [X.] des Berechtigten ein triftiger
und für den Prozessgegner erkennbarer Grund
bestanden habe, der
auch pro-zesswirtschaftlicher Art sein
könne. Für die Klägerin habe ein solcher Grund darin bestanden, dass sie für die Bezifferung ihres gesamten Anspruchs hin-sichtlich der mangelhaften [X.] noch das Ergebnis eines Sachverständigengutachtens habe abwarten wollen und daher "aus Vorsicht"
zunächst nur einen Mindestschaden eingeklagt habe.

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II.
Das
hält
der revisionsrechtlichen Nachprüfung
nicht stand. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist ein
etwaiger
Anspruch der Klägerin auf Zahlung des
erst mit der [X.]
geltend gemachten weiteren Betra-ges

1.
Zutreffend ist das Berufungsgericht noch
davon ausgegangen, dass die am 1. Juni 2011 bei Gericht eingegangene [X.]
außerhalb der ursprünglichen Verjährungsfrist
erfolgte. Diese Frist begann mit dem Schreiben der Bevollmächtigten der Klägerin vom 23.
Dezember 2004 zu laufen, mit dem der Übergang in
das
Abrechnungsverhältnis bewirkt wurde
(vgl. [X.], Urteil vom 11. Mai 2006 -
VII ZR 146/04, [X.]Z 167, 345 Rn. 20 ff.). Die Verjährung wurde sodann durch
die Einleitung des Mahnverfahrens am 27.
Dezember 2007 gehemmt. Ebenfalls noch zutreffend hat
das Berufungsgericht erkannt, dass infolge des [X.] des Verfahrens in der [X.] nach dem 29.
Juli 2008 gemäß §
204 Abs. 2 Satz 2 [X.] die Verjährungshemmung am 29. Januar 2009 für den nicht von der Anspruchsbegründung vom 29.
Januar 2009 um-fassten Teil des
mit dem Mahnbescheid geltend gemachten Anspruchs
hätte enden müssen, so dass die fünfjährige Verjährungsfrist nach §
634a Abs.
1 Nr.
2 [X.] bereits
vor Eingang der [X.]
am 1. Juni 2011 abgelau-fen wäre.
2.
Rechtsfehlerhaft hat
das Berufungsgericht jedoch angenommen, dass § 204 Abs.
2 Satz 2 [X.] hinsichtlich des mit der [X.]
geltend ge-machten weiteren [X.] keine Anwendung finde.
a) Zwar kann nach der Rechtsprechung des [X.] § 204 Abs. 2 Satz 2 [X.] unanwendbar sein, wenn für das [X.] des Gläubi-

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gers
ein triftiger Grund vorliegt. Triftige Gründe sind danach etwa das Abwarten des Ausgangs eines einschlägigen Strafverfahrens, das Zuwarten im [X.] auf den Ausgang des [X.] oder das Ruhen des Verfahrens zur Beschaffung von Beweisen (Beispiele bei [X.]/[X.], [X.], 74.
Aufl., §
204 Rn.
47). Hierbei kommt es weder auf eine Absicht der [X.]en
an, die verjährungsrechtlichen Regelungen zu umgehen, noch auf bloße
Motive, mögen diese auch als vernünftig erscheinen. Maßgeblich sind die nach außen erkennbaren Umstände des [X.], aus denen der er-forderliche triftige Grund für die Untätigkeit der betreffenden [X.] hervorgehen muss (st. Rspr.; vgl.
[X.], Urteil vom 16. März 2009

[X.], [X.], 1598
Rn. 27; Urteil vom 18. Oktober 2000 [X.], NJW 2001, 218, 219;
[X.],
Urteil vom 27. Januar 1999

[X.], NJW 1999, 1101, 1102; Ur-teil vom 24.
Januar 1989

[X.], [X.]Z 106, 295, 299).
Der [X.] braucht im Streitfall nicht zu entscheiden, ob und inwieweit
an dieser
zu
§ 211 Abs. 2 Satz 1 [X.] a.F. entwickelten
Rechtsprechung
angesichts der [X.] des Verjährungsrechts im Schuldrechtsmodernisierungsgesetz uneinge-schränkt festzuhalten ist, denn ein solcher triftiger Grund liegt entgegen der [X.] des Berufungsgerichts nicht vor.
b) Er ist nicht darin zu sehen, dass die Klägerin für die Bezifferung ihres gesamten Anspruchs hinsichtlich der mangelhaften [X.] noch das Ergebnis eines Sachverständigengutachtens abwarten wollte
und daher "aus Vorsicht"
zunächst nur einen eingeklagt hat.
Diese Auffassung des Berufungsgerichts steht auch mit der
bisherigen
Rechtsprechung des [X.] zu den Voraussetzungen, unter de-nen eine Verjährungshemmung gemäß § 204 Abs. 2 Satz
2 [X.] endet, nicht in Einklang.
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Danach ist ein zur Unanwendbarkeit des § 204 Abs. 2 Satz 2 [X.] füh-render triftiger Grund für das Nichtbetreiben des Verfahrens etwa dann nicht gegeben, wenn eine [X.], ohne dass besondere
Umstände vorliegen, lediglich wegen außergerichtlicher Verhandlungen der [X.]en das Verfahren nicht [X.] betreibt (vgl. [X.], Urteil vom 16. März 2009

[X.],
[X.], 1598
Rn. 28; Urteil vom 18. Oktober 2000

[X.], NJW 2001, 218, 219; Urteil vom 27.
Januar
1999

XII
ZR
113/97, NJW 1999, 1101, 1102).
Ein
triftiger Grund für das Nichtbetreiben des Verfahrens liegt auch dann
nicht vor, wenn eine [X.] lediglich aus prozesswirtschaftlichen Erwägungen den Ausgang ei-nes Musterprozesses abwartet (vgl. [X.], Urteil vom 18.
Oktober 2000

[X.], NJW 2001, 218, 219; Urteil vom 23. April 1998

[X.], NJW 1998, 2274, 2276; Urteil vom 21. Februar 1983

[X.], NJW 1983, 2496, 2497).
Hier gilt
nichts anderes.
Ebenso wie in den Fällen, in denen die [X.]en
den Ausgang eines Musterprozesses abwarten
wollen, bevor sie das Verfahren weiter betreiben, dient auch in der vorliegenden Fallgestaltung, bei der die Klä-gerin nach Bezifferung ihrer Ansprüche im Mahnverfahren auf eine volle Bezif-ferung dieser Ansprüche im Streitverfahren zunächst verzichtet, das [X.] des Verfahrens ausschließlich der Reduzierung des [X.] der [X.].
Das rechtfertigt es nicht, dass trotz [X.] des Verfahrens hin-sichtlich der noch nicht geltend
gemachten Ansprüche die Hemmung der [X.] aufrecht erhalten bleibt, und zwar auch dann nicht, wenn wie hier noch ein Sachverständigengutachten
zur Mängelfrage eingeholt wird.
Kann der
Klä-ger seinen Anspruch noch nicht abschließend beziffern, so ist es ihm regelmä-ßig
möglich und zuzumuten, eine Feststellungsklage zu erheben oder eine [X.] mit einer Feststellungsklage zu verbinden.
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Für den Beklagten wäre entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts der vermeintliche triftige Grund auch nicht erkennbar gewesen. Die Klägerin hat mit
Schriftsatz vom 6. Mai 2009 deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie den über den [X.] aus der [X.] vom 29. Januar 2009 e-scheid nicht weiter verfolge.
Die Klägerin teilt hier mit, in Höhe des [X.] sei eine Klagerücknahme nicht angezeigt, weil "Gegenstand des streiti-gen Verfahrens"
entsprechend ihrem Streitantrag nur der Betrag von 42.787,13

er Auffassung sein, dass die volle Summe des Mahnbescheidsantrages in das Streitverfahren übergegangen sei, werde "hiermit der Antrag auf Durchführung des Streitverfahrens hinsichtlich des Betrages von [X.] 55.015,96 zurückgenommen".

III.
Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Es ist auf-zuheben, soweit der Beklagte hinaus zur Zahlung weiterer für die mangelhafte Holzunterkon-struktion verurteilt worden ist. Insoweit ist die
Klage abzuweisen, § 563 Abs. 3 ZPO.

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IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 1 Satz
1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Eick
Halfmeier
Kartzke

Graßnack

Feilcke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.01.2012 -
2 O 223/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom 14.11.2012 -
7 U 28/12 -

20

Meta

VII ZR 347/12

26.03.2015

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.03.2015, Az. VII ZR 347/12 (REWIS RS 2015, 13348)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 13348

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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