Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.05.2001, Az. VI ZR 114/00

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 2441

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[X.] DES [X.]/00Verkündet am:29. Mai 2001Holmes,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.][X.]: neinBGB § 826 Ge; [X.]PO §§ 253, 286 Ea)Die Kenntnis einer Bank von der wirtschaftlich aussichtslosen Lage ihres Kredit-nehmers und das Unterlassen einer (früheren) Kündigung eines bestehendenKredites reichen grundsätzlich alleine noch nicht aus, um eine Haftung der Bankgegenüber anderen Gläubigern ihres Kreditnehmers aus § 826 BGB zu [X.]; es müssen vielmehr weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten alssittenwidrige Schädigung anderer Gläubiger erscheinen lassen.b)Ein [X.] Verhalten der Bank kann in diesem Sinne vorliegen, wenn sieihren Kreditnehmer im [X.]usammenhang mit der Kündigung eines [X.] zum Widerruf von Lastschriften eines Vorbehaltslieferanten veranlaßt, umsich aus entsprechenden [X.]ahlungseingängen auf dem debitorischen Konto ihresKreditnehmers aus dem Weiterverkauf der unter verlängertem Eigentumsvorbe-halt bezogenen Waren zu [X.])[X.]u den Anforderungen an die Substantiierungspflicht des - unter Beweis gestell-ten - klagebegründenden [X.].[X.], Urteil vom 29. Mai 2001 - [X.]/00 - [X.] II- 2 -Der VI. [X.]ivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 29. Mai 2001 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.]Dressler, [X.], [X.] und die Richterin [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 19. [X.]ivilsenatsdes Oberlandesgerichts München vom 2. Dezember 1999 aufge-hoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin stand mit der [X.], die unter anderem mit [X.] handelte, in ständiger Geschäftsverbindung und lieferte dieser Wa-ren. Die [X.] unterhielt ein Konto bei der beklagten Bank, auf das [X.] [X.]ahlungen unter anderem aus dem Weiterverkauf der von der [X.] überwiesen. Die Beklagte hatte der [X.] einen [X.] gewährt und mit ihr zur Sicherung aller bestehenden, künfti-gen und bedingten Ansprüche aus der Geschäftsverbindung eine Globalabtre-tung sämtlicher gegenwärtiger und künftiger Ansprüche aus dem [X.] 3 -verkehr, insbesondere aus Lieferungen und Leistungen gegen alle Drittschuld-ner mit dem Anfangsbuchstaben A bis [X.], vereinbart mit Ausnahme solcher [X.], die einem branchenüblichen verlängerten Eigentumsvorbehalt einesLieferanten unterlagen. Diese Forderungsabtretung wurde den Schuldnern derFirma [X.] nicht angezeigt und war diesen auch nicht bekannt.Die Klägerin zog im Wege des Lastschrifteinzugsverfahrens vom Kontoder [X.] bei der Beklagten vom 20. Oktober bis 25. November 1997 zurBezahlung von Warenlieferungen insgesamt 72.157,25 DM ein. Dieser Betragwurde auf Widerspruch der [X.] vom 26. November 1997 der Klägerinwieder zurückbelastet. Am selben Tag kündigte die Beklagte der [X.] denBetriebsmittelkredit und verrechnete aufgrund der Globalzession Gutschriftenmit dem [X.] ihres Kontos. Mit Beschluß des Amtsgerichts Münchenvom 6. Mai 1998 wurde der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens überdas Vermögen der [X.] mangels Masse abgewiesen.Die Klägerin begehrt von der Beklagten im Wege der Stufenklage Aus-kunft darüber, welche Beträge sie für die [X.] auf welchen Konten in der[X.]eit ab dem 16. Oktober 1997 von welchen Konten und mit welchem Betreffentgegengenommen hat und inwieweit diese Beträge noch auf den [X.] bzw. dort mit Debetsalden der [X.] verrechnet worden sind,soweit [X.]ahlungen von Kunden der [X.] für Warenlieferungen betroffensind, welche diese selbst von der Klägerin - entsprechend näher bezeichneterRechnungen - bezogen hat. Des weiteren verlangt die Klägerin - nach erteilterAuskunft - Bezahlung derjenigen Beträge, die sich als [X.]ahlungseingänge [X.] der [X.] beziehen, welche diese bei der Klägerin ge-kauft hat.- 4 -Die Klägerin macht geltend, die Beklagte habe spätestens seit [X.] 1997 die Konkursreife der [X.] gekannt und diese [X.] "Stehenlassen" ihres Kredits am Leben erhalten, um zu Lasten der [X.] wie der Klägerin ihre eigenen Kreditforderungengegenüber der [X.] zu befriedigen. Sie, die Klägerin, habe im [X.]eitraumvom 15. September bis 14. November 1997 unter vereinbartem verlängertenEigentumsvorbehalt an die [X.] bisher nicht bezahlte Waren geliefert. [X.] habe bewußt in Kenntnis des ungedeckten Lastschriftverfahrens dafürgesorgt, daß die aus dem Verkauf des Eigentums der Klägerin stammendenErlöse zur Tilgung der eigenen Kreditforderungen gegenüber der [X.]verwendet worden seien. Dabei habe die Beklagte auch gewußt, daß der vonihr der [X.] gewährte Kredit niemals ausreichen würde, um deren [X.]u-sammenbruch zu verhindern. Damit habe die Beklagte u.a. auch die Klägerinüber die Kreditwürdigkeit der GmbH getäuscht und die Schädigung der Kläge-rin bewußt in Kauf genommen. Die Geschäftsführerin der [X.] habe [X.] am 26. November 1997 nur auf Druck und Drängen der [X.]. Nach Kündigung des Kredits am selben Tag habe die Beklagte [X.] Verfügung über das Konto mehr zugelassen.Die Beklagte ist dem entgegengetreten und macht geltend, sie sei ledig-lich die [X.]ahlstelle der [X.] gewesen.Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgtdie Klägerin ihr Klagebegehren [X.] 5 -Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht hat ausgeführt, das [X.] - auf dessen Be-gründung es insoweit Bezug nimmt - habe einen Anspruch der Klägerin aus§ 816 Abs. 2 BGB zu Recht verneint, weil [X.]ahlungen der Drittschuldner an [X.] nur als [X.]ahlstelle der [X.] erfolgt seien. Darüber hinaushafte die Beklagte auch nicht deliktisch aus § 826 BGB. [X.] der Bank zwar dann vorzuwerfen sein, wenn sie als [X.]ahlstelle im Rah-men eines Einzugsermächtigungsverfahrens den [X.]ahlungspflichtigen zum [X.] aufgefordert hätte, um sich selbst daraus Vorteile zu verschaffen.Dies habe die Klägerin jedoch nicht bewiesen. Insoweit habe sie im Berufungs-verfahren zwar zuletzt behauptet und durch die [X.]euginnen [X.] und U. unter [X.] gestellt, daß die [X.]eugin [X.] als Geschäftsführerin der [X.] die [X.] nur auf "Druck" und "Drängen" der beklagten Bank widerrufen habe.Diesem Beweisantrag sei aber als unzulässigem Ausforschungsbeweis nichtstattzugeben, da er die Tatsachen nicht spezifiziere, die den Begriff "Drängen"oder den Begriff "Druck" ausfüllten und aufgrund derer allein entschieden wer-den könne, ob ein Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 826 [X.] dem Gesamtcharakter der Verhaltensweise der Beklagten vorliege. [X.] sei insbesondere schon deshalb angezeigt, weil die Klägerinselbst vorgetragen habe, daß sie von dem "Druck" und dem "Drängen" der [X.] nur aufgrund einer Äußerung der [X.]eugin [X.] gegenüber der [X.]eugin U.erfahren habe und davon ausgegangen werden könne, daß durch den [X.] Lastschriften eigene Vorteile für die [X.] auf Kosten der Klägerin be-absichtigt gewesen seien. Somit könne nicht ausgeschlossen werden, daß die[X.]eugin [X.] die Äußerung gegenüber der [X.]eugin U. lediglich gemacht habe, um- 6 -ihren Anteil am Widerruf der Lastschriften zur Selbstrechtfertigung herunterzu-spielen. Im übrigen seien für den von der Klägerin behaupteten Mißbrauch der[X.]ahlstellenfunktion durch die Beklagte keine hinreichenden Anhaltspunkte er-sichtlich.[X.] Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Über-prüfung nicht stand.Soweit die Vorinstanzen einen Anspruch der Klägerin aus § 816 Abs. [X.] verneint haben, zeigt die Revision hiergegen zwar keine durchgreifendenrechtlichen Bedenken auf. Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revisionjedoch nicht stand, soweit es einen Schadensersatzanspruch aus § 826 [X.] eines von der Beklagten veranlaßten Widerrufs von Lastschriften derKlägerin verneint, denen [X.]ahlungseingänge auf dem Konto der [X.] ausdem Weiterverkauf von der Klägerin unter verlängertem [X.] Waren gegenüberstehen. Ein Schadensersatzanspruch aus uner-laubter Handlung kann als rechtliche Sonderverbindung auch einen vorberei-tenden Auskunftsanspruch rechtfertigen (vgl. Senatsurteil vom 28. [X.] - VI [X.]R 63/89 - NJW 1990, 1358, 1359 m.w.[X.] Allerdings reichen alleine die Kenntnis eines Kreditgebers von [X.] aussichtslosen Lage seines Kreditnehmers und das Unterlasseneiner (früheren) Kündigung eines bestehenden Kredits - entgegen der [X.] der Revision - grundsätzlich noch nicht aus, um eine Haftung des [X.] nach § 826 BGB zu begründen. Einer Bank bleibt es in der [X.], ob und gegebenenfalls wann sie ein notleidendes Unternehmen,- 7 -dem sie Kredit gegeben hat, fallenlassen will (vgl. [X.][X.] 90, 381, 399). Um [X.] der Bank als sittenwidrige Schädigung anderer Gläubiger erscheinenzu lassen, müssen vielmehr weitere Umstände hinzutreten. Dies wurde [X.] für das Ausspielen wirtschaftlicher Macht im Verhältnis zum [X.] (vgl. [X.][X.] 19, 12, 18; [X.], Urteil vom 7. März 1985 - III [X.]R 90/83 -[X.] 1985, 866, 868; [X.] [X.]IP 2000, 743), die Ausübung von Druck ([X.],Urteil vom 7. März 1985, aaO) oder die sonstige Einflußnahme auf die Ge-schäftsführung zu eigenem Nutzen (vgl. [X.], [X.], 1238, 1241).Darüber hinaus kommt eine Haftung nach § 826 BGB gegenüber [X.] des Kreditnehmers wegen Täuschung über dessen Kreditwürdigkeitin Betracht, wenn sich der Kreditgeber - etwa im Rahmen eines Sanierungsver-suchs - nicht im Rahmen des bestehenden Kredits auf die neutrale Rolle als[X.]ahlungsmittler beschränkt, sondern sich in die Bemühungen des [X.]s um die Gewinnung Dritter als Partner für weitere Kredit- oder [X.] aktiv einschaltet (vgl. [X.], Urteil vom 7. März 1985 - III [X.]R 90/83 -aaO) oder durch die Gewährung weiterer Kredite um eigener Vorteile willeneinen absehbaren Konkurs verzögert (vgl. [X.], Urteil vom 26. März 1984- II [X.]R 171/83 - aaO m.w.[X.]). Dem von der Revision im vorliegenden Fall her-angezogenen Vortrag der Klägerin läßt sich jedoch im Hinblick auf das [X.] der Beklagten bis zum 26. November 1997 nur entnehmen, daß diesevon der wirtschaftlich prekären Situation der [X.] Kenntnis hatte. [X.] der Beklagten auf die Geschäftsführung der [X.], insbe-sondere was die Geschäftsbeziehungen zur Klägerin anbelangt, hat die Kläge-rin dagegen nicht [X.] Die Revision rügt jedoch mit Recht, daß sich das [X.] verfahrensfehlerfrei mit dem Vortrag der Klägerin befaßt hat, die Ge-schäftsführerin der [X.] habe die Lastschriften am 26. November 1997 nur- 8 -auf Druck und Drängen der Beklagten widerrufen. Das Berufungsgericht istzwar zutreffend davon ausgegangen, daß der Bank [X.] Verhaltenjedenfalls dann vorzuwerfen wäre, wenn sie als [X.]ahlstelle im Rahmen einesEinzugsermächtigungsverfahrens den [X.]ahlungspflichtigen zum [X.] hätte, um sich selbst daraus Vorteile zu verschaffen (vgl. [X.],Urteil vom 24. Juni 1985 - II [X.]R 277/84 - NJW 1985, 2326, 2327 = [X.] 1985,905, 906). Es ist jedoch diesem Vortrag der Klägerin nicht nachgegangen, [X.] sich nach seiner Auffassung bei dem Beweisantritt durch Vernehmung [X.] benannten [X.]euginnen mangels hinreichender Substantiierung um einenunzulässigen Ausforschungsbeweis handele, zumal nicht ausgeschlossen wer-den könne, daß die damalige Geschäftsführerin der [X.], die [X.]eugin [X.],die entsprechende Äußerung gegenüber der anderen [X.]eugin lediglich gemachthabe, um ihren Anteil am Widerruf der Lastschriften zur Selbstrechtfertigungherunterzuspielen.Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten revisionsrechtlicherÜberprüfung nicht stand. Abgesehen davon, daß es sich hierbei teilweise umeine unzulässige Vorwegnahme einer Beweiswürdigung der Aussage der [X.]eu-gin [X.] handelt und abgesehen davon, daß die Klägerin über die behaupteteÄußerung der [X.]eugin [X.] gegenüber der [X.]eugin U. hinaus aus eigenem [X.] nichts hätte vortragen können (vgl. hierzu Senatsurteil vom 15. Mai2001 - VI [X.]R 55/00 - zur Veröffentlichung bestimmt), ist es im Rahmen derrechtlichen Würdigung eines entsprechenden Verhaltens der Beklagten [X.] des § 826 BGB unerheblich, mit welchen Worten und unter welchenäußeren Umständen die Beklagte die Geschäftsführerin der [X.] veran-laßt haben soll, die Lastschriften zu widerrufen. Im [X.]usammenhang mit demtaggleich mit der Kündigung des [X.] erfolgten Widerruf derLastschriften könnte es bereits ausreichen, daß die Beklagte den Widerruf in- 9 -irgendeiner Form veranlaßt hat, um sich dadurch aus [X.]ahlungseingängen ausdem Weiterverkauf der [X.] der Klägerin zu befriedigen(vgl. [X.], Urteil vom 24. Juni 1985 - II [X.]R 277/84 - aaO).Das Berufungsgericht hat insoweit überzogene Anforderungen an [X.] gestellt; dem Tatrichter bleibt es in einem solchen Fallunbenommen, bei der Beweisaufnahme die [X.]eugen nach allen Einzelheiten zubefragen, die ihm für die Beurteilung der [X.]uverlässigkeit der Bekundung erfor-derlich erscheinen (vgl. Senatsurteil vom 4. Juli 2000 - VI [X.]R 236/99 - VersR2000, 1520, 1521 m.w.[X.]).[X.]Dr. Dressler[X.][X.]Diederichsen

Meta

VI ZR 114/00

29.05.2001

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.05.2001, Az. VI ZR 114/00 (REWIS RS 2001, 2441)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 2441

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