Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2007, Az. IX ZR 5/06

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 992

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 5/06 Verkündet am: 8. November 2007 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja BGB § 311 Abs. 2, § 675 1. Wird eine Anwaltssozietät häufig von dem Gegner der [X.], die ihr ein neues Man-dat anträgt, beauftragt, so muss sie auch dann auf diesen Umstand hinweisen, wenn ein tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang mit den vom Gegner erteilten [X.] nicht besteht. 2. Ist der Anwalt von Anfang an nicht bereit, den Mandanten auch gerichtlich gegenüber dem Gegner zu vertreten, so hat er dies ungefragt zu offenba[X.]. 3. Steht fest, dass der Anwalt seine vorvertragliche Aufklärungspflicht über Mandatsbe-ziehungen seiner Sozietät zum Gegner der [X.] oder über G[X.]zen seiner Vertre-tungsbereitschaft verletzt hat, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass das Mandat nicht erteilt worden wäre, wenn der Mandant das Auftragsverhältnis alsbald nach entsprechender Kenntnis beendet. [X.], Urteil vom 8. November 2007 - [X.][X.]

LG Koblenz
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. November 2007 durch [X.] [X.], [X.], [X.], [X.] und die [X.]in [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des [X.] vom 16. Dezember 2005 aufgeho-ben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfah[X.]s, an den 2. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin hatte die beklagten Anwälte im Jahre 2002 mit der [X.] ihrer Interessen gegenüber der

Bank (fortan: Bank) be-auftragt. Einzelheiten sind zwischen den [X.]en streitig. Der für die Klägerin tätige Rechtsanwalt Dr.

[X.](fortan: der [X.]) verlangte und erhielt ein Honorar von 500 • netto pro Stunde. Im März 2003 stand die Erwir-kung einer einstweiligen Verfügung im Raum. Der [X.] fertigte einen [X.], erklärte dann aber, er könne nicht vor Gericht für die Klägerin tätig wer-den. In einem Schreiben vom 4. April 2003 heißt es dazu wörtlich: 1 - 3 - "Ich bedauere sehr, dass wir in diesen Druck geraten sind. Der [X.] selbst hat zwar gute Kontakte zur

Bank, die auch zunächst genutzt werden konnten, hätte aber keinerlei Probleme gehabt, die Bank als Klagegegner auch kräftig anzufassen. Aber der Partner, Herr Dr.

[X.] , vertritt ständig die

Bank in hiesigen Oberlandesge-richtsprozessen (II. Instanz) und hat die unverhohlene Aufforderung seitens der

Bank, Rechtsabteilung, erhalten, [X.]

nicht gegen die

Bank vertreten zu dürfen. Das macht übrigens die

Bank mit al-len größe[X.] Kanzleien, die sie regelmäßig mit Umsätzen "versorgt". Wir wer-den sicher in dieser Frage in der Kanzlei eine auch für die Zukunft einheitliche Haltung herstellen müssen, die wir aber derzeit, da sich das Problem noch nicht konkret ergeben hatte, mit Ausnahme bei [X.] , klä[X.] müssen. Ich habe nicht die Möglichkeit, dem noch relativ jungen Kollegen Dr. [X.]

prak-tisch den stärksten Umsatzbringer zu vergraulen, obwohl wir aufgrund unserer Mittelstandsmission auf Dauer nicht an der Kursentscheidung vorbeikommen werden." Die Klägerin, die bereits Honorar von insgesamt 22.003,50 • an die [X.] gezahlt hatte, kündigte das Mandat. Im vorliegenden Prozess verlangt sie Schadensersatz in Höhe von insgesamt 47.527,54 •. Dazu hat sie behaup-tet, sie hätte das Mandat nicht erteilt, wenn der [X.] von Anfang an [X.] hätte, dass sein Sozius regelmäßig für die Bank tätig sei oder er die Klä-gerin vor Gericht nicht vertreten wolle oder könne. Sie, die Klägerin, hätte dann nicht die überhöhte Vergütung von 500 • netto pro Stunde zahlen müssen und auch keinen eigenen Aufwand in gleicher Höhe für die erforderlichen Zuarbeiten und Teilnahme an Besprechungen gehabt. Durch den [X.] seien überdies im nunmehr anhängigen Rechtsstreit der Bank gegen sie an den [X.] gezahlte Gebüh[X.] nochmals entstanden. Die beklagten Anwälte haben behauptet, zunächst sei nicht absehbar gewesen, dass es zu einem Rechts-streit kommen werde. Sie seien bereit gewesen, auch gerichtlich für die Kläge-rin tätig zu werden. Nachdem sich der Geschäftsführer der Klägerin jedoch un-mittelbar an die Bank gewandt und de[X.] Mitarbeiter grob beleidigt habe, hätten 2 - 4 - sie einen Vorwand gesucht, das Mandat - das mehrere Angelegenheiten um-fasst habe - zu beenden. 3 Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom [X.] zu-gelassenen Revision verfolgt die Klägerin ih[X.] Zahlungsanspruch weiter.
Entscheidungsgründe: Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur [X.] an das Berufungsgericht. 4 1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Ein Anspruch auf Rückzahlung der Vergütung folge nicht aus § 628 Abs. 2 BGB, weil die Klägerin keinen [X.] geltend mache. In Betracht komme vielmehr ein Anspruch aus § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 346 BGB oder aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Fall 1 BGB. Da es sich nicht um einen Schadensersatzanspruch handele, werde ein eventueller Anspruch aus vorvertraglicher Pflichtverletzung nicht verdrängt. 5 Der [X.] habe jedoch keine Pflichtverletzung begangen. Er sei nicht verpflichtet gewesen, darauf hinzuweisen, dass sein Sozius die [X.] vor dem zuständigen [X.] vertrete. Dafür, dass ihm die ge-mäß § 43a Abs. 1 [X.] erforderliche Unabhängigkeit gefehlt habe, gebe es keine Anhaltspunkte. Er sei auch nicht wegen widerstreitender Interessen ge-mäß § 43a Abs. 4 [X.], § 356 StGB an der Übernahme des Mandats [X.] oder zu einem Hinweis verpflichtet gewesen; denn der Sozius des [X.] sei nicht für die Bank gegen die Klägerin tätig geworden. 6 - 5 - 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die [X.]n aus § 311 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB (culpa in contrahendo) nicht verneint werden. 7 8 a) Der [X.] hätte die Klägerin vor Annahme des Mandats darauf hinweisen müssen, dass sein Sozius regelmäßig für die Bank tätig war. aa) Durch die Annahme des Mandats hat der [X.] nicht gegen das Verbot verstoßen, widerstreitende Interessen zu vertreten (§ 43a [X.]). [X.], auf dessen Einhaltung der Mandant grundsätzlich nicht verzichten kann ([X.] NJW 2003, 2520, 2521), betrifft nur die Vertretung in derselben Rechtssache (vgl. auch § 3 Abs. 1 [X.]). Darum ging es hier nicht. 9 bb) Eine Offenbarungspflicht hat der [X.] weiter für den Fall angenommen, dass der Rechtsanwalt wäh[X.]d des Mandatsverhältnisses in einer ande[X.] Sache einen Dritten gegen den Mandanten vertrat, weil der Mandant in der Regel darauf vertraute, dass der von ihm beauftragte Anwalt nur seine Interessen und nicht auch gleichzeitig die Interessen Dritter gegen ihn wahrnehme ([X.], Urt. v. 7. Juni 1984 - [X.], NJW 1985, 41). So lag der Fall hier ebenfalls nicht. Der Sozius des [X.]n war nicht für Dritte gegen die Klägerin tätig. Die Rechtssachen, in denen er die Bank vertrat, hatten mit der Klägerin nichts zu tun. [X.] hat die Klägerin jedenfalls nicht vorgetra-gen. 10 cc) Über die bisher entschiedene Fallgestaltung hinaus hat ein Rechts-anwalt jedoch auch offenzulegen, dass er oder ein anderes Mitglied seiner So-zietät den Gegner der Person, welche ihm ein neues Mandat anträgt, häufig in 11 - 6 - Rechtsangelegenheiten vertritt, und zwar unabhängig davon, ob ein tatsächli-cher oder rechtlicher Zusammenhang zu dem neuen Mandat besteht. 12 (1) Der Rechtsanwalt ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs. 1 [X.]). Als unabhängiges Organ der Rechtspflege hat er die Aufgabe, sich um sachgerechte Konfliktlösungen zu bemühen, vor Gericht zu Gunsten seines Mandanten den Kampf um das Recht zu füh[X.] und diesen möglichst vor Fehlentscheidungen zu seinen Lasten zu bewah[X.]. Die Wahrnehmung anwaltlicher Aufgaben setzt den unabhängigen, verschwiegenen und nur den Interessen des eigenen Mandanten verpflichteten Rechtsanwalt voraus ([X.] NJW 2003, 2520, 2521). Davon geht jeder Rechtssuchende aus, der einem Rechtsanwalt die Schließung eines Anwalts-vertrages anträgt. Nimmt der Anwalt das Mandat an, erklärt er aus [X.] Sicht des Mandanten, auf die es ankommt (§§ 133, 157 BGB), diesen Anforderungen gerecht werden zu wollen, also seine Bereitschaft, fortan die Interessen des Mandanten ohne Rücksicht auf die gegenläufigen Interessen der ande[X.] Seite umfassend zu vertreten. (2) Wird ein Anwalt oder dessen Sozius häufig für eine bestimmte [X.] tätig, kann aus der Sicht anderer Mandanten fraglich sein, ob die [X.] eigenen Interessen mit gleichem Nachdruck vertreten werden wie ge-genüber einem dem Anwalt völlig gleichgültigen Gegner. Häufige Aufträge der-selben [X.] können zu wirtschaftlicher Abhängigkeit oder zu einer besonde[X.] Identifizierung mit de[X.] Angelegenheiten füh[X.] und die Fähigkeit des Anwalts, sich in der gebotenen umfassenden, nur den Interessen des Auftraggebers ver-pflichteten Art und Weise für einen Gegner der [X.] einzusetzen, beeinträchti-gen. Ob der Anwalt selbst sich in der Lage sieht, die ihm aus einem Anwaltsver-trag obliegenden Pflichten trotz der Mandatsbeziehungen zum Gegner [X.] zu erfüllen, ist dabei nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Sieht er Schwierigkeiten, wird er die Übernahme des Mandats ablehnen. Aber auch wenn er sich die Übernahme des Mandats zutraut, muss er die Tatsache der häufigen Mandate des Gegners offenlegen. Bei Verhandlungen über den [X.] eines Vertrages besteht regelmäßig die Verpflichtung, den ande[X.] Teil über Umstände aufzuklä[X.], die für seine Entschließung von wesentlicher Be-deutung sein können ([X.] 71, 386, 396). Häufiges Tätigwerden für den Geg-ner ist aus den genannten Gründen ein derartiger Umstand. Der Anwalt kann den Hinweis mit der Erklärung verbinden, dass die Aufträge des Gegners kei-nen Einfluss auf ihn hätten und der sachgerechten Bearbeitung des Mandates nicht im Wege stünden, wenn er sich dessen sicher ist. Der Mandant kann sich dieser Einschätzung anschließen und den Auftrag erteilen. Er muss jedoch in die Lage versetzt werden, die Entscheidung, ob er einen häufig für den Gegner tätigen Anwalt mandatie[X.] will, eigenverantwortlich und rechtzeitig zu treffen. Da er in aller Regel nicht wissen wird, welche anderweitigen Mandate der [X.] hat, muss dieser die erforderlichen Hinweise auch ungefragt geben.
b) War der [X.] - wie die Klägerin behauptet - aus Rücksicht gegen-über der Bank von vornherein nicht bereit, die Klägerin erforderlichenfalls auch vor Gericht zu vertreten, musste er dies vor Annahme des Mandats erst recht offenba[X.]. Ein uneingeschränktes Mandat umfasst regelmäßig auch die Ver-tretung vor Gericht. Der Mandant kann regelmäßig davon ausgehen, dass der Anwalt, der ihn berät und außergerichtlich vertritt, auch eine Klage oder eine Klageerwiderung für ihn fertigt, einreicht und in der mündlichen Verhandlung für ihn auftritt. Ein Rechtsanwalt, der ein ihm angebotenes Mandat nur einge-schränkt übernehmen kann (§ 78 ZPO) oder will, muss deshalb seine Vorbehal-te offen legen, damit der Mandant entscheiden kann, ob er den Auftrag selbst unter diesen Voraussetzungen erteilen will. Grund der Hinweispflicht ist auch in 14 - 8 - diesem Zusammenhang die Abweichung des [X.] vom Leitbild des den Interessen des Mandanten unabhängig von denjenigen des Gegners ver-pflichteten Rechtsanwalts. Hinzu kommen noch die gebüh[X.]rechtlichen Folgen eines eingeschränkten Mandats, die zusätzliche Kosten für den Mandanten be-deuten und deshalb ebenfalls eine Hinweispflicht begründen: Bei einem [X.]swechsel entfällt die Möglichkeit der Anrechnung nach § 118 Abs. 2 [X.] (jetzt: [X.]. 3 Abs. 4); bleibt der bisherige Anwalt [X.] und wird zusätzlich ein Prozessanwalt beauftragt, ent-steht zusätzlich die Gebühr nach § 52 [X.] (jetzt: [X.]). Diese Mehrkosten muss der Mandant in seine Entscheidung, diesen oder einen ande-[X.] Rechtsanwalt zu beauftragen, einbeziehen können. III. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus ande[X.] Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Insbesondere kann der Klägerin durch die Pflichtverletzung des [X.]n ein von den beklagten Anwälten zu ersetzender Schaden ent-standen sein. 15 1. Der Geschädigte einer schuldhaften Pflichtverletzung bei [X.] hat Anspruch auf Ersatz des [X.] (§ 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB). Er ist so zu stellen, wie er bei [X.] maßgeblichen Umstände gestanden hätte ([X.] 168, 35, 39). 16 2. Die Klägerin hat behauptet, sie hätte dem [X.]n das Mandat nicht erteilt, wenn sie gewusst hätte, dass er sie in etwaigen Rechtsstreitigkeiten mit der Bank nicht vertreten würde, so dass die Einschaltung eines ande[X.] oder 17 - 9 - eines weite[X.] Rechtsanwalts erforderlich werden würde. Dann hätte sie die abgerechneten [X.] nicht bezahlen müssen; wenn - wie die Kläge-rin ebenfalls behauptet hat - die Beratung sich auf denselben Gegenstand be-zog wie der Prozess, welchen die Bank gegen sie angest[X.]gt hat, wä[X.] die anfallenden gesetzlichen Beratungsgebüh[X.] auf die [X.] worden. Der objektive Wert der Beratungen des [X.]n kann dann nicht in die Schadensberechnung eingestellt werden, wenn sie von dem neu zu [X.] Rechtsanwalt nochmals erbracht werden und von der Klägerin bezahlt werden mussten. Sie sind dann für den Auftraggeber wertlos geworden. Der [X.] hat bereits entschieden, dass der Rechtsanwalt nach einer durch sein vertragswidriges Verhalten veranlassten Kündigung seinen [X.] für bereits erbrachte Beratungsleistungen verliert, wenn ein neuer [X.] bestellt werden muss, für den die gleichen Gebüh[X.] nochmals entstehen ([X.], Urt. v. 30. März 1995 - [X.] ZR 182/94, NJW 1995, 1954; v. 17. Oktober 1996 - [X.] ZR 37/96, NJW 1997, 188, 189). Gleiches gilt im Rahmen eines Scha-densersatzanspruchs nach § 311 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB. Den Betrag, um den das zwischen den [X.]en ausgehandelte Honorar die gesetzlichen Ge-büh[X.] übersteigt, können die beklagten Anwälte erst recht nicht verlangen. Die Gebüh[X.]vereinbarung ist darauf zurückzufüh[X.], dass der [X.] und nicht irgendein anderer Anwalt mandatiert worden ist. Die Entscheidung, den [X.] zu beauftragen, beruht nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vorbringen der Klägerin gerade auf dessen Pflichtverletzung. [X.] Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Es ist [X.] (§ 562 Abs. 1 ZPO); die Sache ist an das Berufungsgericht [X.] - 10 - verweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Dabei macht der [X.] von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch. Für die erneute Verhandlung und [X.] weist der [X.] auf folgende rechtlichen Gesichtspunkte hin: 19 1. Darlegungs- und beweispflichtig für die vorvertragliche Pflichtverlet-zung und für die haftungsbegründende Kausalität, also das Entstehen eines durch die Pflichtverletzung herbeigeführten Vermögensnachteils ist, die Kläge-rin. Gleiches gilt für die haftungsausfüllende Kausalität. Die Klägerin hat darzu-legen und zu beweisen, dass sie bei vollständiger und rechtzeitiger Aufklärung über die regelmäßigen Mandate der Bank den streitigen [X.] nicht erteilt hätte. Neben der Beweiserleichterung des § 287 ZPO kann der Beweis auch durch die Regeln des Beweises des ersten Anscheins erleichtert werden, etwa dann, wenn nach der Lebenserfahrung nur eine bestimmte Entscheidung des Mandanten in Betracht gekommen wäre. Die Regeln, die der [X.] für [X.] entwickelt hat (vgl. grundlegend [X.] 123, 311), gelten auch für die Verletzung vorvertraglicher Hinweispflichten. Im vorliegen-den Fall könnte das Verhalten der Klägerin nach Erhalt des Schreibens vom 3. April 2003 Rückschlüsse auf ihr Verhalten im Falle eines rechtzeitigen [X.] auf die Mandate der Bank und die fehlende Bereitschaft der beklagten Anwälte, die Interessen der Klägerin vor Gericht gegenüber der Bank wahrzu-nehmen, erlauben. Wenn die Klägerin das Mandat alsbald nach Erhalt der rele-vanten Informationen gekündigt hat, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie das Mandat bei vollständiger Aufklärung gar nicht erst erteilt [X.]. 2. Den beklagten Anwälten könnte gleichwohl ein nach den gesetzlichen Gebüh[X.] zu berechnender Honoraranspruch verbleiben, wenn ihre Tätigkeit - wie sie behaupten - auch andere Angelegenheiten betraf als diejenige, in der 20 - 11 - später der Rechtsstreit geführt wurde. Unabhängig davon wird die Klägerin ihre Schadensberechnung überprüfen müssen. Grundsätzlich kann der Geschädigte einer culpa in contrahendo auch vergebliche Aufwendungen ersetzt verlangen. Die eigene Arbeitsleistung des Geschädigten und seiner Angestellten ist [X.] nur dann zu erstatten, wenn ihr ein Geldwert zukommt und sie bei wer-tender Betrachtung vom Schadensersatz nicht auszug[X.]zen ist (vgl. [X.] 131, 220, 224 ff). Verwaltungsaufwand in eigenen Angelegenheiten erfüllt diese Voraussetzung in der Regel nicht.
3. Als Grundlage eines Anspruchs der Klägerin auf Rückzahlung des [X.] kommt weiter § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB in Betracht, und zwar auch dann, wenn der [X.] den Entschluss, die Klägerin nicht ge-genüber der Bank zu vertreten, erst nach Annahme des Mandats gefasst haben sollte. 21 a) Gemäß § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB steht dem Rechtsanwalt ein Hono-raranspruch für erbrachte Leistungen dann nicht zu, wenn er die Kündigung des Mandats durch vertragswidriges Verhalten veranlasst hat und seine bis zur Kündigung erbrachten Leistungen infolge der Kündigung für den Mandanten kein Interesse haben. 22 b) Ein vertragswidriges Verhalten im Sinne von § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB setzt die schuldhafte Verletzung einer Vertragspflicht voraus ([X.], Urt. v. 30. März 1995, aaO). Hat der [X.] - wie die Klägerin behauptet und wie es im eingangs zitierten Schreiben vom 3. April 2003 heißt - die Klägerin deshalb nicht vor Gericht vertreten, weil die Bank dies von ihm verlangte und er um den Umsatz der Kanzlei fürchtete, hat er die aus dem Anwaltsvertrag folgende Ver-pflichtung verletzt, die Interessen der Klägerin gegenüber der Bank nach allen 23 - 12 - Seiten hin, gegebenenfalls auch gerichtlich, wahrzunehmen. Darlegungs- und beweispflichtig für die tatsächlichen Voraussetzungen des vertragswidrigen Verhaltens der Gegenseite ist grundsätzlich der Dienstberechtigte, der sich auf § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB beruft ([X.], Urt. v. 17. Oktober 1996, aaO). Die Wei-gerung des [X.]n, die Klägerin vor Gericht gegen die Bank zu vertreten, steht als solche allerdings fest. Es kann jetzt nur noch um die Frage gehen, ob der [X.] seinerseits aufgrund eines vertragswidrigen Verhaltens Grund zur Kündigung des Mandats gehabt hätte. Insoweit trifft die beklagten Anwälte eine sekundäre Darlegungslast.
c) Muss der Mandant infolge eines von seinem bisherigen Rechtsanwalt verschuldeten [X.] in der gleichen Angelegenheit nochmals Gebüh- 24 - 13 - [X.] zahlen, sind die bisherigen Beratungsleistungen für ihn regelmäßig nicht mehr von Interesse ([X.], Urt. v. 30. März 1995, aaO; v. 17. Oktober 1996, aaO). [X.] Raebel Kayser [X.] am [X.] [X.] [X.] ist erkrankt und kann daher

nicht unterschreiben

[X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 26.01.2005 - 15 O 433/03 - [X.], Entscheidung vom 16.12.2005 - 8 U 229/05 -

Meta

IX ZR 5/06

08.11.2007

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2007, Az. IX ZR 5/06 (REWIS RS 2007, 992)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 992

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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28 U 46/07 (Oberlandesgericht Hamm)


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