Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.03.2023, Az. XI R 14/21

11. Senat | REWIS RS 2023, 5674

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Gegenstand

Durchschnittssatzbesteuerung nur für inländische land- und forstwirtschaftliche Betriebe


Leitsatz

Die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 des Umsatzsteuergesetzes gilt nur für inländische land- und forstwirtschaftliche Betriebe.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 18.03.2021 - 14 K 2639/19 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist, ob inländische Umsätze einer ausländischen Landwirtin der [X.] unterliegen.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Landwirtin. Ihr land- und forstwirtschaftlicher Betrieb mit Viehbestand (Ziegen) befindet sich in [X.]. Die Klägerin wird in [X.] als pauschalbesteuerte Landwirtin geführt (§ 22 des [X.] Umsatzsteuergesetzes --UStG [X.]--). Sie verkaufte (erstmals) im Jahr 2018 (Streitjahr) selbst erzeugte Produkte aus eigener Ziegenhaltung auf einem Wochenmarkt in P.

3

In der am [X.] beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --[X.]--) eingereichten Umsatzsteuererklärung errechnete die Klägerin eine Umsatzsteuer von 0 € für das Streitjahr. Sie erklärte steuerpflichtige Umsätze nach § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in Höhe von … €, für die keine Steuer zu entrichten sei. Die Umsatzsteuererklärung führte zu einer Festsetzung der Umsatzsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

4

Mit Änderungsbescheid vom 05.08.2019 setzte das [X.] die Umsatzsteuer auf … € fest. Dabei ging es davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Besteuerung der Umsätze der Klägerin im Inland nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 UStG nicht vorliegen. Es unterwarf die von der Klägerin erklärten Umsätze in Höhe von … € dem ermäßigten Steuersatz von 7 %.

5

Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Mit Änderungsbescheid vom 10.09.2019 setzte das [X.] die Umsatzsteuer herab. Dabei ging es nunmehr davon aus, dass es sich bei den von der Klägerin erklärten Umsätzen um einen Bruttobetrag handele und die Umsatzsteuer von 7 % herauszurechnen sei. Im Übrigen wurde der Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 17.10.2019 als unbegründet zurückgewiesen.

6

Mit ihrer Klage wandte sich die Klägerin gegen die Ablehnung der Pauschalbesteuerung nach § 24 UStG. Das Finanzgericht ([X.]) [X.] gab der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 1411 veröffentlichten Urteil vom 18.03.2021 - 14 K 2639/19 statt. Die streitgegenständlichen Leistungen seien nach § 24 UStG der [X.] zu unterwerfen. § 24 UStG gelte seinem Wortlaut nach für "die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze". Dies sei in richtlinienkonformer Auslegung dahin zu verstehen, dass damit nur die Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und landwirtschaftliche Dienstleistungen gemeint seien, auf die die Pauschalregelung der Art. 295 ff. der Richtlinie 2006/112/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) Anwendung finde. Der Anwendung des § 24 UStG stehe nicht entgegen, dass der land- und forstwirtschaftliche Betrieb der Klägerin im Ausland ([X.]) ansässig sei. Den unionsrechtlichen Regelungen der Art. 295 ff. MwStSystRL lasse sich keine Beschränkung der Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger auf im Inland ansässige Unternehmen entnehmen.

7

Mit der Revision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Rechts. Die Besteuerung nach § 24 UStG setze einen im Inland belegenen landwirtschaftlichen Betrieb voraus. Dies ergebe sich aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 24 UStG. Bereits aus dem Wortlaut der Definition des Art. 295 Abs. 1 Nr. 2 MwStSystRL ergebe sich eine Beschränkung allein auf die in dem jeweiligen Mitgliedstaat gelegenen Betriebe.

8

Auch aus Art. 296 Abs. 2 MwStSystRL ergebe sich entgegen der Meinung des [X.], dass die Mitgliedstaaten bestimmte Gruppen landwirtschaftlicher Erzeuger von der Pauschalregelung ausnehmen können. Damit könne die Pauschalregelung auf im Inland ansässige Betriebe beschränkt werden.

9

Entgegen der Auffassung des [X.] sei Art. 305 MwStSystRL nicht dahingehend auszulegen, dass dieser Regelung nur Bedeutung zukomme, sofern ausländische Erzeuger im Inland die Möglichkeit der Pauschalbesteuerung in Anspruch nehmen können. Aus Art. 305 MwStSystRL ergebe sich im Umkehrschluss kein Recht auf Anwendung der [X.] gemäß Art. 295 ff. MwStSystRL für ausländische Erzeuger. Vielmehr würden einzelne im Ausland bewirkte Umsätze eines inländischen Land- und Forstwirts von der [X.] ausgenommen.

Des Weiteren verstoße die Vorentscheidung gegen den Sinn und Zweck der Pauschalierungsregelung. Diese bezwecke nach Art. 296 Abs. 1 MwStSystRL, den Landwirten einen Ausgleich für die nicht abziehbare Vorsteuer aus den bezogenen Leistungen zu gewähren. Es könne nur ein Ausgleich für inländische Vorsteuern in Betracht kommen. Nach Art. 299 MwStSystRL dürfe aber die Entlastung nicht höher sein als die Vorbelastung durch Vorsteuern. Diese Gefahr bestehe aber, wenn es um eine Entlastung von ausländischen Vorsteuern gehe. Die Regelungen des Art. 296 MwStSystRL seien nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) eng auszulegen. Die Pauschalierungsregelung würde zwei Ziele verfolgen; neben einer Vereinfachung der Besteuerung verfolge sie auch das Ziel, einen Ausgleich der Mehrwertsteuervorbelastung zu erreichen.

Auch aus der nationalen Vorschrift des § 24 UStG ergebe sich ein alleiniger Anwendungsbereich auf inländische Betriebe. Ob in der [X.] ([X.]) ein Tierhaltungsbetrieb unter die Vorschrift des § 24 UStG fällt, sei nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes zu entscheiden. Das Bewertungsgesetz erfasse aber nur im Inland belegenen Grundbesitz.

Nach [X.]-Rechtsprechung sei die Regelung des § 24a UStG in der Fassung bis 1991 nur auf inländische Erzeuger beschränkt. Denn sonst käme es durch die [X.] zu einer Überkompensation, wenn ausländische Erzeuger miterfasst würden (vgl. [X.]-Urteil [X.] vom 14.07.1994 - [X.]/92, [X.]:C:1994:298, Rz 15 f.). Dies weise darauf hin, dass auch § 24 UStG nur auf inländische Betriebe zu beziehen sei. Auch aus der Historie zu § 24 UStG ergebe sich der inländische Bezug. So habe sich die Vorschrift des § 4 Nr. 19 UStG in der Fassung vor 1967 nur auf inländische Betriebe bezogen. Daran habe sich durch die Einführung des § 24 UStG im Jahr 1967 nichts geändert.

Das [X.] beantragt,
das Urteil des [X.] [X.] vom 18.03.2021 - 14 K 2639/19 aufzuheben.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt die Klägerin vor, dass sie inhaltlich vollumfänglich die Rechtsauffassung der Vorinstanz teile.

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Entscheidungsgründe

I[X.]

Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Umsätze der Klägerin der [X.] gemäß § 24 [X.]G unterliegen. Sie sind im Rahmen der Regelbesteuerung mit 7 % gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 [X.]G i.V.m. Anlage 2 zum [X.]G zu versteuern.

1. Die Entscheidung des [X.] verstößt gegen § 24 [X.]G. Das [X.] hat in Bezug auf § 24 [X.]G die sich aus der Richtlinie 2006/112/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ergebenden Einschränkungen nicht beachtet.

a) Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.]G in der Fassung des [X.] ist die Umsatzsteuer "für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze" mit 10,7 % festzusetzen, wenn es sich nicht um Lieferungen oder sonstige Leistungen im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 [X.]G handelt. Die Vorsteuer ist in diesem Fall ebenfalls auf 10,7 % der Bemessungsgrundlage für diese Umsätze festzusetzen (§ 24 Abs. 1 Satz 3 [X.]G). Somit gleichen sich Umsatzsteuer und Vorsteuer aus, so dass keine Zahllast für den steuerpflichtigen Land- und Forstwirt entsteht.

b) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ([X.]) ist § 24 Abs. 1 [X.]G richtlinienkonform entsprechend den Art. 295 ff. MwStSystRL auszulegen (z.B. [X.]-Urteile vom 24.01.2013 - V R 34/11, [X.]E 239, 552, [X.], 460, Rz 22 f.; vom 21.01.2015 - XI R 13/13, [X.]E 248, 462, [X.], 730, Rz 17 ff.; vom 27.09.2018 - V R 28/17, [X.]E 263, 67, [X.], 383, Rz 13). Danach finden die sogenannten [X.] gemäß Art. 300 f. MwStSystRL auf landwirtschaftliche Erzeugnisse und landwirtschaftliche Dienstleistungen Anwendung. Landwirtschaftliche Erzeugnisse sind dabei gemäß Art. 295 Abs. 1 Nr. 4 MwStSystRL diejenigen Gegenstände, die im Rahmen der in Anhang [X.] zur Richtlinie aufgeführten Tätigkeiten von land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betrieben erzeugt werden. Nach Anhang [X.] Nr. 2 Buchst. a zur Richtlinie gehört hierzu die Viehzucht und -haltung.

c) Entgegen der Auffassung des [X.] bezieht sich die Regelung des § 24 [X.]G in unionsrechtskonformer Auslegung allein auf inländische land- und forstwirtschaftliche Unternehmer. Bei Beachtung der nach nationalem Recht anerkannten Auslegungsmethoden, die auch im Rahmen einer unionsrechtskonformen Auslegung durch die nationalen Gerichte angewandt werden können (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt [X.]-Urteil [X.] vom 22.09.2022 - [X.]/21, [X.]:C:2022:720, Rz 72, m.w.N.; Schlussanträge des Generalanwalts [X.] vom 02.03.2023 - [X.]/22, [X.]:C:2023:156, Rz 49), ergibt sich eine Anwendungsbeschränkung des § 24 [X.]G auf im Inland ansässige Land- und Forstwirte.

aa) Während eine Auslegung nach dem Wortlaut des § 24 [X.]G zwar eine Beschränkung auf ein nationales Unternehmen nicht zulässt (der Wortlaut "im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs" --§ 24 Abs. 1 Satz 1 [X.]G-- lässt eine nationale wie auch unionsweite Verortung zu), deuten jedoch die Regelungen der Richtlinie 2006/112/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem auf eine Beschränkung auf die im jeweiligen Mitgliedstaat ansässigen Land- und Forstwirte hin. So gilt nach Art. 295 Abs. 1 Nr. 2 [X.]G als land-, forst- und fischwirtschaftlicher Betrieb ein Betrieb, der in den einzelnen Mitgliedstaaten unter weiteren Voraussetzungen als solcher eingestuft wird. Dies spricht für eine nationale Begriffsbestimmung und damit für eine Beschränkung auf nationale Betriebe (Urteil des Bundesfinanzgerichts der [X.] --B[X.]-- vom 04.09.2019 - RV/2100317/2018, at:[X.], unter [X.], [X.]-Recht a.E.). Insbesondere aber spricht der Wortlaut der Art. 297 bis 299 MwStSystRL für eine Beschränkung auf im jeweiligen Mitgliedstaat ansässige Land- und Forstbetriebe. Danach werden die von den Mitgliedstaaten festgelegten [X.] anhand der allein für die Pauschallandwirte geltenden makroökonomischen Daten der letzten drei Jahre bestimmt. Die Ermittlung der makroökonomischen Daten kann von jedem Mitgliedstaat nur in Bezug auf die im jeweiligen Mitgliedstaat ansässigen Land- und Forstwirte erfolgen. Damit beziehen sich die [X.] auf die wirtschaftliche Tätigkeit der im jeweiligen Mitgliedstaat ansässigen Land- und Forstwirte. In diesem Sinne hat der [X.] in der [X.] die Berechnungsmodalitäten festgelegt und dabei unter anderem ausdrücklich auf die [X.] der [X.] Pauschallandwirte Bezug genommen, die durch Bestimmung eines [X.]es evident wird (vgl. [X.]-Urteil [X.] vom 08.03.2012 - [X.]/10, [X.]:C:2012:129, Rz 58). Dies spricht gegen eine Anwendung auf im [X.]-Ausland ansässige Land- und Forstwirte, deren [X.] sich wegen des Bezugs auf im dortigen Staat ermittelte Daten vom Inland unterscheiden kann.

bb) Diese nach dem Wortlaut einschränkende Auslegung steht auch mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel im Einklang (s. allgemein zu diesem Auslegungszweck z.B. [X.]-Urteile [X.], [X.]:C:2022:720, Rz 72; [X.] vom 26.06.2019 - [X.]/18, [X.]:C:2019:537, Rz 65; [X.] vom 06.11.2018 - [X.]/16, [X.]:[X.], Rz 59) und kann im Rahmen einer systematischen Auslegung berücksichtigt werden.

aaa) Nach Art. 296 Abs. 1 MwStSystRL besteht der Sinn und Zweck der Pauschalbesteuerung der Land- und Forstwirte darin, die Vorsteuerbelastung aus Vereinfachungsgründen pauschaliert auszugleichen. Hierzu haben die Mitgliedstaaten, die eine Pauschalregelung eingeführt haben, anhand von makroökonomischen Daten der letzten drei Jahre die [X.] zu bestimmen (Art. 298 Satz 1 MwStSystRL). Darüber hinaus dürfen die [X.] nicht dazu führen, dass es zu Erstattungen kommt (Art. 299 MwStSystRL).

bbb) Dieser Zweck wird mit einer Erfassung ausländischer Land- und Forstwirte durch eine nationale Pauschalierungsregelung nicht erreicht. Diese Regelungen könnten --in sich schlüssig-- nur auf [X.] übertragen werden, wenn die Vorsteuerbelastungen (aufgrund makroökonomischer Datenauswertungen) des Landwirts eines anderen Mitgliedstaats (hier [X.]) den Vorsteuerbelastungen des inländischen Landwirts entsprächen. Nur dann wäre eine Anwendung der Pauschalregelung (hier nach § 24 [X.]G) auf die vom zum Beispiel [X.] Landwirt im Inland erzielten Umsätze ein Ausgleich für seine (pauschal berechnete) Vorsteuerbelastung. Da sich aber die [X.] in einem anderen Mitgliedstaat von denen in [X.] unterscheiden können und im Streitjahr auch unterschieden haben (statt 10,7 % betrug der [X.] 10 % --§ 22 Abs. 1 Satz 1 [X.]G [X.]--), widerspräche die Anwendung des § 24 [X.]G auf diese Fälle dem Sinn und Zweck der Regelungen der MwStSystRL, die nur auf einen Ausgleich von den im jeweiligen Mitgliedstaat festgestellten Vorsteuerbelastungen abzielen (in diesem Sinne ebenso [X.] in [X.]/Widmann/[X.], [X.]G, § 24 Rz 88 f., m.w.N.; [X.], [X.] direkt digital vom [X.], S. 15). Dies gilt unabhängig davon, dass der Ausschluss der Anwendung der Pauschalierungsregelung nicht damit begründet werden kann, dass es im Einzelfall zu Erstattungen kommen kann (vgl. [X.]-Urteil [X.] vom 12.10.2017 - [X.]/16, [X.]:C:2017:756, Rz 39; [X.] in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 24 Rz 15).

ccc) Ein weiterer systematischer Grund spricht ebenso für den Ausschluss von Land- und Forstwirten aus anderen Mitgliedstaaten. So würde es bei Land- und Forstwirten aus Mitgliedstaaten ohne eine Pauschalbesteuerungsregelung, welche landwirtschaftliche Produkte ins Inland verbringen und hier veräußern, an den aufgrund makroökonomischer Daten im Mitgliedstaat ermittelten [X.]n gemäß Art. 298 Satz 1 MwStSystRL völlig fehlen. Hier wäre eine [X.] im Inland überhaupt nicht mit den Regelungen der Art. 297 bis 299 MwStSystRL in systematischen Einklang zu bringen.

ddd) Schließlich spricht auch die Regelung des Art. 299 MwStSystRL für den systembedingten Ausschluss von im [X.]-Ausland ansässigen Land- und Forstwirten. Soweit Art. 299 MwStSystRL bestimmt, dass die Berechnung der [X.] nicht dazu führen darf, dass die Pauschallandwirte insgesamt Erstattungen erhalten, die über die [X.] hinausgehen, spricht dies ebenfalls für einen Anwendungsbezug auf im jeweiligen Mitgliedstaat ansässige Land- und Forstwirte. Denn ein im anderen Mitgliedstaat ansässiger Land- und Forstwirt wäre bei der dortigen Produktion ganz anderen [X.]en unterworfen, die in die nach Art. 299 MwStSystRL erforderliche Berechnung des Mitgliedstaats nicht eingeflossen ist (vgl. B[X.]-Urteil vom 04.09.2019 - RV/2100317/2018, at:[X.], unter [X.], [X.]-Recht).

d) Diese Auslegung widerspricht auch nicht dem Grundsatz der [X.] (vgl. B[X.]-Urteil vom 04.09.2019 - RV/2100317/2018, at:[X.], unter [X.], zum Einwand des Verstoßes gegen die [X.]; so wohl aber [X.] [X.]G/[X.], [X.]. 15.09.2022, [X.]G § 24 Rz 115 a.E.; ebenso --jedoch bezogen auf den Grundsatz der unzulässigen Beschränkung des freien [X.] die Vorinstanz vom 18.03.2021 - 14 K 2639/19, Rz 23; [X.], [X.]B 2021, 316, 317).

aa) Die Regelungen der Art. 295 bis Art. 305 MwStSystRL ermöglichen den Mitgliedstaaten eine Vereinfachung und Entlastung der im Inland ansässigen Land- und Forstwirte von den Vorsteuerbelastungen auf [X.]. Der [X.]-Ausländer, der einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb im Inland betreibt, profitiert danach von der [X.] genauso wie ein Inländer.

bb) Auch ist der Unternehmer aus einem anderen Mitgliedstaat --wie hier die [X.] nicht dadurch benachteiligt, dass er bei einer Besteuerung der Umsätze in [X.] mit 7 % keinen [X.] in [X.] erlangen kann. Abgesehen davon, dass er die Vorsteuer aus in [X.] vollzogenen Eingangsumsätzen in seinen Steuererklärungen in [X.] geltend machen kann, ist zu beachten, dass er bereits von der Vorsteuer im [X.]-Ausland durch die dort durch das Verbringen nach [X.] (Art. 17 Abs. 1 MwStSystRL) ausgelöste Pauschalbesteuerung entlastet wurde.

2. Die Lieferung der von der Klägerin selbst erzeugten Produkte aus eigener Ziegenhaltung unterliegen dem ermäßigten Steuersatz von 7 %.

a) § 12 Abs. 2 Nr. 1 [X.]G ordnet i.V.m. der Anlage 2 Nr. 2 und Nr. 4 zum [X.]G eine Steuersatzermäßigung für die Lieferung von Fleisch und Milch und Milcherzeugnissen in Höhe von 7 % an. [X.] Grundlage für diese Steuersatzermäßigung ist Art. 98 Abs. 1 und 2 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 1 zur MwStSystRL. Danach können die Mitgliedstaaten auf die Lieferungen von Nahrungsmitteln einen ermäßigten Steuersatz anwenden. Der [X.] legt die Steuersatzermäßigungen des § 12 Abs. 2 Nr. 1 [X.]G i.V.m. der Anlage 2 zum [X.]G in ständiger Rechtsprechung richtlinienkonform entsprechend dem jeweiligen Ermächtigungstatbestand der Richtlinie 2006/112/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem aus ([X.]-Urteile vom 08.10.2008 - V R 61/03, [X.]E 222, 176, [X.], 321, unter I[X.]3.c cc; vom 03.12.2015 - V R 43/13, [X.]E 252, 171, [X.], 858, Rz 17 und vom 21.04.2022 - V R 2/22 (V R 6/18), [X.]E 276, 400, Rz 20), so dass vorliegend Art. 98 MwStSystRL zu berücksichtigen ist.

b) Die bisher nicht versteuerte Gegenleistung ist in Entgelt und Steuerbetrag aufzuteilen (vgl. [X.]-Urteil vom 12.05.2022 - V R 19/20, [X.]/NV 2023, 101, Rz 12, m.w.N.).

c) Entsprechend hat das [X.] die Umsätze der Klägerin zutreffend mit … € (7/107 von … €) versteuert.

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

XI R 14/21

22.03.2023

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 18. März 2021, Az: 14 K 2639/19, Urteil

§ 24 UStG 2005, Art 295 EGRL 112/2006, Art 296 EGRL 112/2006, Art 297 EGRL 112/2006, Art 298 EGRL 112/2006, Art 299 EGRL 112/2006, Art 300 EGRL 112/2006, Art 301 EGRL 112/2006, Art 302 EGRL 112/2006, Art 303 EGRL 112/2006, Art 304 EGRL 112/2006, Art 305 EGRL 112/2006, Art 17 EGRL 112/2006, UStG VZ 2018

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.03.2023, Az. XI R 14/21 (REWIS RS 2023, 5674)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 5674


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 14 K 2639/19

FG München, 14 K 2639/19, 18.03.2021.


Az. XI R 14/21

Bundesfinanzhof, XI R 14/21, 22.03.2023.


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