Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.08.2001, Az. 5 StR 260/01

5. Strafsenat | REWIS RS 2001, 1561

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5 [X.]/01BUNDESGERICHTSHOFIM [X.] DES [X.]OLKESURTEILvom 22. August 2001in der Strafsachegegenwegen Brandstiftung u. [X.] 2 -Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 22. Au-gust 2001, an der teilgenommen haben:[X.] [X.] als [X.]orsitzender,[X.] [X.],[X.]in [X.],[X.] Dr. Raum,[X.] Dr. [X.] beisitzende [X.],Oberstaatsanwalt beim [X.] [X.]ertreter der [X.],[X.] [X.]erteidigerin,[X.] Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,- 3 -für Recht [X.] Auf die Revision der [X.] das Urteil des [X.] vom 12. Oktober2000a) im Schuldspruch dahin klargestellt,daß der Angeklagte der Brandstiftung in sechs Fällen,davon in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädi-gung, und der Sachbeschädigung in drei [X.] ist, b) in den sechs [X.] wegen Brandstiftung (Fälle [X.], [X.], [X.], [X.]I, [X.][X.] undIX der Urteilsgründe) und im [X.]; damit entfällt der Ausspruch über [X.] der [X.]ollstreckung von Strafe und [X.] Die weitergehende Revision wird [X.]. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sachezu neuer [X.]erhandlung und Entscheidung, auch über [X.] des Rechtsmittels, an eine andere [X.]des [X.] zurückverwiesen.[X.] [X.]on Rechts wegen [X.]- 4 -G r ü n d eDas [X.] hat den Angeklagten wegen [X.], in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung, und [X.] Sachbeschädigung zu zwei Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verur-teilt, seine Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus angeordnet unddie [X.]ollstreckung von Strafe und Maßregel zur Bewährung ausgesetzt. [X.] wird von der Staatsanwaltschaft mit der auf den [X.] beschränkten, vom [X.] vertretenen Revision an-gefochten.1. Die auf [X.]erletzung des § 261 StPO gestützte [X.]erfahrensrüge kannin der Sache keinen Erfolg haben. Ob sie ausreichend begründet ist (§ 344Abs. 2 Satz 2 StPO) und ob im Erfolgsfall die erklärte [X.] als wirksam angesehen werden könnte, bedarf danach keiner [X.]ertie-fung. [X.] Einwände mit dem identischen Ansatz bleibengleichfalls erfolglos. Es liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor,daß die [X.] die dem Urteil zugrundegelegten Erkenntnisse nichtaufgrund des Inbegriffs der Hauptverhandlung gewonnen und den [X.] nicht aus dessen Bewertung, sondern aufgrund einer an-genommenen Selbstbindung nach einer mangels Einbeziehung der [X.] letztlich gescheiterten Absprache getroffen hat.Eine [X.]erständigung im Sinne von [X.], 195 hat nicht stattgefun-den. Daß die [X.] in der Hauptverhandlung offen die Möglichkeiteiner Aussetzung der [X.]ollstreckung der von der Staatsanwaltschaft ange-strebten Maßregel nach § 63 StGB in Aussicht genommen hat, war nachdem Inhalt des ersten vorbereitenden Sachverständigengutachtens, auf dassich die Staatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift im [X.] gestützt hatte, verständlich und sachgerecht. Aber auch nach Über-leitung des Sicherungsverfahrens in das Strafverfahren war aufgrund der- 5 -psychischen Situation des Angeklagten das entsprechende Bestreben, auchbezogen auf eine Strafe neben der weiterhin in Aussicht genommenen [X.], unverändert sachgerecht; dies ergab sich schon aus dem [X.] Gutachten des weiteren medizinischen Sachverständigen, der beiabweichender Beurteilung der Schuldunfähigkeit eine [X.]ollstreckungsausset-zung ebenfalls für erwägenswert gehalten hatte. Es war daher auch ange-zeigt, die Hauptverhandlung auf Fragen im Zusammenhang mit [X.] die erwogene [X.]ollstreckungsaussetzung zu erstrecken. Die [X.] hat auch nicht etwa vorgetragen, daß sie dieser inhaltlichen Aus-gestaltung der Hauptverhandlung widersprochen oder die jetzt mit der Revi-sion gerügte [X.]erfahrensweise der [X.] wegen deren deutlich offen-barter Zielrichtung hinsichtlich der zu verhängenden Rechtsfolgen mit [X.] in der Hauptverhandlung beanstandet hätte.Selbstverständlich hing die Frage der Aussetzbarkeit von Strafe [X.] davon ab, ob das Maß der Schuld des Angeklagten die [X.]erhän-gung einer aussetzungsfähigen Strafe erlaubte und ob das Ausmaß seinerGefährlichkeit für die Allgemeinheit überhaupt eine Aussetzung der Maßre-gelvollstreckung zuließ. Daß die [X.] nicht bereit gewesen wäre,diese Fragen in der abschließenden Urteilsberatung nach dem Inbegriff [X.] erneut umfassend und [X.] auch unter Berücksichtigung [X.] im Schlußvortrag des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft[X.] nunmehr abschließend verbindlich zu prüfen [X.] gegebenenfalls nach ab-weichender Beurteilung gegenüber dem bislang in Aussicht genommenen[X.]orgehen noch einen Hinweis an den Angeklagten zu erteilen [X.], [X.] sie sich unzutreffend als gebunden betrachtet hätte, ist nicht ersichtlich.Dies gilt trotz der weitgehend überflüssigen Ausführungen in dem [X.] ohnehinteilweise ausschweifend abgefaßten, aber deshalb noch nicht rechtsfehler-haften [X.] Urteil der [X.] zu ihrer Enttäuschung über eine letztlichüberraschende abweichende Bewertung der angemessenen und [X.] durch den Staatsanwalt. Eine erhoffte, letztlich gescheiterte- 6 -[X.]erständigung belegt nicht, daß die [X.] sich bei ihrer Entschei-dungsfindung gleichwohl an deren Inhalt und nicht an der [X.]erpflichtung aus§ 261 StPO orientiert hätte, auch wenn das Urteil im Ergebnis der vom [X.] erstrebten [X.]erständigung entspricht (vgl. [X.]St 42, 46, 50; [X.], [X.] 23. März 2001 [X.] 2 StR 369/00 [X.]).2. [X.] ist mit der Sachrüge ein Teilerfolg nicht zu versagen.a) Der Schuldspruch ist nicht angefochten. Gleichwohl stellt ihn [X.] wegen seiner mißverständlichen, teils auf gleichartige Idealkonkur-renz hindeutenden Fassung [X.]) Der [X.] hat Bestand. Das [X.] hat im Er-gebnis rechtsfehlerfrei festgestellt, daß der Angeklagte sämtliche Tatenzweifelsfrei mit erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit infolge Schwach-sinns begangen hat. Soweit das [X.] meint, die [X.]oraussetzungendes § 21 StGB seien nicht bereits aufgrund des auf einen geburtstraumati-schen Hirnschaden zurückgehenden Dauerzustandes der geistigen Behin-derung und Entwicklungsverzögerung erfüllt, sondern erst aufgrund einerjeweils hinzutretenden mittelgradigen Alkoholisierung, begegnet dies [X.] auchwenn es im Einklang mit der Beurteilung durch den medizinischen Sachver-ständigen stehen sollte [X.] angesichts der überaus ausführlichen, gleichwohlanschaulichen Beschreibung des geistig-seelischen Dauerzustandes [X.] zu den [X.] ganz erheblichen Bedenken, auf die es [X.] aus Rechtsgründen nicht ankommt. Ein Ausschluß der [X.] Begehung der Taten ist nämlich rechtsfehlerfrei ausgeschlossen; diejeweils hinzutretende Alkoholisierung geht wegen der zustandsbedingtenmangelhaften Alkoholverträglichkeit des Angeklagten und seines gleichwohlgänzlich unkritischen Alkoholkonsumverhaltens, das ebenfalls auf seinendauerhaften geistigen Defekten beruht, auf den Dauerzustand zurück (vgl.auch [X.]St 44, 369). Der von § 63 StGB geforderte Zustand ist damit- 7 -zweifelsfrei belegt, ebenso die zustandsbedingte Gefahr, daß der Ange-klagte zukünftig gleichartige [X.] und damit gemeingefährliche [X.] Taten wie [X.] begehen [X.]) Soweit die Staatsanwaltschaft mit eigenen Wertungen die [X.] Strafzumessung angreift, kann sie im Revisionsverfahren keinenErfolg haben. Rechtsfehler durch [X.] oder [X.] die Begründung der tatrichterlichen Strafzumessung nicht erkennen. [X.] dem nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB geminderten Strafrahmen des § 303Abs. 1 StGB gebildeten Einzelstrafen für die drei Sachbeschädigungen [X.]) Zutreffend wendet sich die Staatsanwaltschaft allerdings gegen [X.] bei den sechs Brandstiftungen. Das [X.] hatjeweils minder schwere Fälle nach § 306 Abs. 2 StGB angenommen unddiesen Strafrahmen nochmals nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB herabgesetzt. [X.] erweist sich nicht alstragfähig.Der Tatrichter hat nicht verkannt, daß in allen diesen Fällen [X.] bis aufden leichtesten Fall C [X.]I, bei dem er die Frage indes offen gelassen hat [X.]das erhebliche objektive Gewicht der Taten nach ihrer Gemeingefährlichkeit,nach dem Ausmaß der Brandschäden und einer Begehungsweise, die [X.] hohe kriminelle Intensität bewies, gegen die Annahme minder schwe-rer Fälle spricht. Daß das [X.] aufgrund der massiven psychischenDefekte des Angeklagten gleichwohl minder schwere Fälle bejaht hat, ist fürsich noch nicht rechtsfehlerhaft. Indes kam danach eine nochmaligeStrafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB nicht in Betracht;§ 50 StGB stand ihr entgegen (vgl. auch [X.]R StGB § 50 [X.] Mehrfachmilde-rung 2). Der Tatrichter versucht sie dadurch zu rechtfertigen, daß der Zu-stand des § 21 StGB letztlich jeweils auf die aktuelle Alkoholisierung [X.] zurückgegangen sei. Abgesehen davon, daß dies, wie ausge-- 8 -führt, für sich bedenklich ist, wird damit der bei der Erörterung zu § 63 StGBdargelegte untrennbare Zusammenhang zwischen dem psychischen Dauer-defekt des Angeklagten und seiner jeweiligen Alkoholisierung verkannt. [X.] vermögen die von der Staatsanwaltschaft mit Recht kritisierten Ausfüh-rungen des [X.] zum Jugendgerichtsgesetz [X.] mit denen dem [X.] gehemmten Entwicklungsstand des Angeklagten zu den [X.] Rechnung getragen werden soll [X.] nicht, diesen Entwicklungsrück-stand von den biologischen [X.]oraussetzungen der §§ 20, 21 StGB, die ihnallein bedingen, zu separieren und hierin eine von § 21 StGB unabhängigeRechtfertigung für die Annahme minder schwerer Fälle zu finden.Der [X.] kann nicht sicher ausschließen, daß die [X.] ohnedie rechtsfehlerhafte Begründung der [X.] im Fall C [X.]I keinedoppelte Strafrahmenverschiebung vorgenommen hätte, so nicht über § 47Abs. 2 StGB zur [X.]erhängung einer Einzelgeldstrafe hätte gelangen könnenund daß sie in den übrigen fünf Fällen aus dem nicht weiter gemildertenStrafrahmen des § 306 Abs. 2 StGB höhere Einzelstrafen als die bisherigen,zwischen acht Monaten und einem Jahr Freiheitsstrafe bemessenen [X.] hätte.e) Die Aufhebung von sechs Einzelstrafen zieht die der [X.] sich; dies entzieht der Entscheidung über die Aussetzung der [X.]oll-streckung der Strafe, gemäß § 67b Abs. 1 Satz 2 StGB auch der Maßregel,die Grundlage. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es bei dem [X.] bedingenden [X.] nicht. Der neue Tatrichter hat [X.] obliegenden Entscheidungen zur Strafhöhe, gegebenenfalls erneut zurAussetzung der [X.]ollstreckung jeweils auf der Grundlage der bisherigenFeststellungen zu treffen, die lediglich durch neue widerspruchsfreie er-gänzbar sind. Der neue Tatrichter wird sich wieder der Hilfe eines psychia-trischen Sachverständigen bedienen müssen, insbesondere auch im [X.] 9 -sammenhang mit den wesentlichen Erkenntnissen zur weiteren Entwicklungdes Angeklagten seit dem ersten Urteil.Der [X.] weist darauf hin, daß trotz der erheblichen Gefährlichkeitder abgeurteilten Taten im Blick auf das jugendliche Alter des [X.] auf seinen Zustand die bisherige Begründung der [X.]ollstreckungs-aussetzung für sich keinen rechtlichen Bedenken begegnet (vgl. auch [X.],Urteil vom 12. Juli 2001 [X.] 4 StR 154/01 [X.]). Aus [X.]erhältnismäßigkeitsgrün-den wird bei dem jungen Angeklagten auch bei [X.]erhängung einer zu voll-streckenden Freiheitsstrafe in absehbarer Zeit (vgl. auch § 67 Abs. 5 Satz 1StGB) nach der Möglichkeit von im [X.]ergleich zum Maßregelvollzug milderen,seine Gemeingefährlichkeit gleichwohl ausreichend mindernden Einbin-dungsmöglichkeiten zu suchen sein. Deren hinreichende Stabilität wäredann innerhalb mehrjähriger Dauer von Führungsaufsicht und Bewährungs-zeit kritisch zu überprüfen.[X.] Bode GerhardtRaum Brause

Meta

5 StR 260/01

22.08.2001

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.08.2001, Az. 5 StR 260/01 (REWIS RS 2001, 1561)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 1561

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