Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2014, Az. 1 StR 162/14

1. Strafsenat | REWIS RS 2014, 4680

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
StR 162/14

vom
24. Juni
2014
in der Strafsache
gegen

wegen
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht

geringer Menge u.a.

-
2
-
Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 24. Juni
2014
gemäß § 349
Abs. 2 und 4 [X.]
beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 15. Januar 2014
a) dahin abgeändert, dass vor der Unterbringung des Ange-klagten in einer Entziehungsanstalt ein Jahr und ein Monat der gegen ihn verhängten Gesamtfreiheitsstrafe zu vollzie-hen sind,
b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit das [X.] den Verfall von [X.] in Höhe von 80.000 Euro angeordnet hat.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.]s zurück-verwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 15 Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln, schuldig gespro-chen. Es hat ihn wegen zwölf dieser Taten unter Einbeziehung der Einzelstra-fen aus einem amtsgerichtlichen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei 1
-
3
-
Jahren und zehn Monaten verurteilt, auf die es als Ausgleich für die Erfüllung einer Bewährungsauflage zwei Monate angerechnet hat. Für die übrigen drei Taten hat es den Angeklagten zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Zudem hat es die Unterbringung des Ange-klagten in einer Entziehungsanstalt sowie den [X.] der verhängten Gesamtfreiheitsstrafen im Umfang von elf Monaten angeordnet. Im Übrigen hat es den Angeklagten freigesprochen. Neben der Aufrechterhaltung des Verfalls von [X.] in Höhe von 1.250 Euro aus dem amtsgerichtlichen Urteil hat das [X.] im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Taten den Ver-fall des [X.]es hinsichtlich
eines weiteren Geldbetrags in Höhe von 80.000 Euro angeordnet.
Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit einer auf die ausgeführte Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel des Angeklagten führt zu einer Abänderung der Dauer des [X.]s gemäß §
67 Abs.
2 Satz
3 StGB und hat zudem hinsichtlich der Anordnung des Verfalls von [X.] im Umfang von 80.000 Euro Erfolg (§
349 Abs.
4 [X.]); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 [X.].
1. Die Nachprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat zum Schuldspruch und zum Strafausspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Erörterung bedarf lediglich hinsichtlich der Strafzumessung Folgendes:
aa) Soweit das [X.] die Annahme minder schwerer Fälle im [X.] von §
29a Abs.
2 BtMG verneint und den Strafrahmen des §
29a Abs.
1 BtMG nach §
31 BtMG, §
49 Abs.
1 StGB gemildert hat, hätte das [X.] zwar prüfen müssen, ob bereits §
31 BtMG dazu führen kann, einen minder 2
3
4
-
4
-
schweren Fall nach §
29a Abs. 2 BtMG anzunehmen (vgl. dazu [X.], [X.] vom 27. September 2001

4 [X.] und vom 19.
November 1996

1
StR 662/96; jeweils mwN). Da jedoch die vom [X.] verhängten [X.] im unteren Bereich des Strafrahmens des §
29a Abs. 2 BtMG liegen, kann der [X.] wegen der gleichen Strafrahmenuntergrenze hier ein Beruhen des Strafausspruchs darauf ausschließen, dass das [X.] den gemäß §
31 BtMG, §
49 Abs.
1 StGB gemilderten Strafrahmen des §
29a Abs.
1 BtMG der Strafzumessung zugrunde gelegt hat.
bb) Auch die Gesamtfreiheitsstrafen haben Bestand. Das [X.] hat zu Recht dem Urteil des [X.] vom 14. Juli 2011

1 Ds

Zäsurwirkung zuerkannt und deshalb zwei Gesamtfreiheits-strafen gebildet. Deren Höhen belegen einen straffen Zusammenzug der Ein-zelstrafen und lassen nicht besorgen, das [X.] könnte einen sich aus der Notwendigkeit, zwei Gesamtstrafen zu bilden, für den Angeklagten erge-benden Nachteil infolge eines
zu hohen Gesamtstrafübels nicht ausgeglichen haben (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 22.
Juli 2009

5 [X.], [X.], 428).
2. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entzie-hungsanstalt (§ 64 StGB) hält ebenfalls rechtlicher Nachprüfung stand. Auch hat das [X.] die Dauer des [X.]s der beiden Gesamtfrei-heitsstrafen vor der Unterbringung nach der Maßgabe des §
67 Abs.
2 StGB an sich zutreffend berechnet.
Selbst wenn wie hier wegen der Zäsurwirkung einer Vorverurteilung zwei Gesamtstrafen gebildet werden müssen, ist nach der Rechtsprechung des [X.] die Vorschrift über die Reihenfolge der Vollstreckung (§
67 5
6
7
-
5
-
StGB) auf beide Strafen anzuwenden, so dass auch die Sollvorschrift des §
67 Abs.
2 Satz
2 StGB für beide Strafen nicht getrennt, sondern einheitlich gilt. Bei der Berechnung des [X.]s nach §
67 Abs.
2 Satz
3 StGB ist somit von der Summe beider Gesamtstrafen und der Hälfte hiervon auszugehen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 7.
Juli 2010

2 [X.], [X.], 306 und vom 19.
Januar 2010

3 StR 499/09, [X.]R StGB § 67 Abs.
2 Satz
3 Berech-nung
1). Dieser Zeitpunkt ist hier nach drei Jahren und einem Monat erreicht. Bei einer Unterbringungsdauer von zwei Jahren beträgt hiernach der [X.] ein Jahr und einen Monat.
3. Gleichwohl hat das [X.] die Dauer des [X.]s gemäß §
67 Abs.
2 StGB im Ergebnis zu niedrig bemessen.
Es hat bei Bestimmung der Dauer des [X.]s zu Unrecht die als Ausgleich für die Erfüllung einer Bewährungsauflage gemäß §
55, §
58 Abs.
2 Satz
2, §
56f Abs.
3 StGB
auf die erste Gesamtfreiheitsstrafe [X.] zwei Monate in Abzug gebracht und demzufolge angeordnet, dass von den Gesamtfreiheitsstrafen insgesamt elf Monate vor der Maßregel zu vollstre-cken sind.
Dies ist rechtsfehlerhaft; denn der gemäß §
58 Abs.
2 Satz
2 StGB vor-zunehmende Ausgleich ist für die Bemessung der Dauer des [X.]s ohne Bedeutung. Nicht anders als erlittene Untersuchungshaft verringert dieser Ausgleich nicht von vornherein die Dauer des [X.]s, vielmehr ist er auf den nach §
67 Abs.
2 StGB vorweg zu vollstreckenden Teil der Strafe anzu-rechnen. Diese Anrechnung obliegt allerdings nicht schon dem Tatgericht, son-dern erst dem Vollstreckungsgericht (vgl. zu
§
51 StGB: [X.], Beschlüsse vom 14. Januar 2014

1 StR 531/13, [X.], 107 und vom 15.
Dezember 8
9
10
-
6
-
2010

1
StR 642/10; jeweils mwN; zur Kompensation bei rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung vgl. [X.], Beschluss vom 6.
März 2012

1 StR 40/12).
4. Der [X.] setzt die Dauer des [X.]s durch Beschluss (§
349 Abs.
4 [X.]) selbst auf ein Jahr und einen
Monat fest.
Da die Grundlagen der Bestimmung der Dauer des [X.]s rechtsfehlerfrei festgestellt sind, kann der [X.] den [X.] entsprechend § 354 Abs.
1 [X.] selbst abändern (vgl. [X.], Beschlüsse vom 15. Dezember 2010

1
StR 642/10 und vom 6.
März 2012

1 StR
40/12; jeweils mwN). Das Verschlechterungsverbot (§
358 Abs.
2 [X.]) steht dem nicht entgegen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 6.
März 2012

1 StR 40/12 mwN und vom 7. Juni 2011

4 [X.]); denn die gesetzlichen Regelungen über die Vollstreckungsrei-henfolge dienen auch der Sicherung des [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 21. August 2007

3 [X.]/07 a.E.).
5.
Die Anordnung des Verfalls von [X.] im Umfang von 80.000 Euro hält ebenfalls rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil das [X.] das ihm gemäß §
73c Abs.
1 Satz
2 Var. 1 StGB eingeräumte Ermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt hat.
Nach dieser Vorschrift kann die Verfallsanordnung unterbleiben, wenn der Wert des [X.] zur Zeit der Anordnung in dem Vermögen des [X.] nicht mehr vorhanden ist. Im Ansatz zutreffend hat das [X.] zu-nächst den Wert des [X.] nach dem [X.] (vgl. dazu [X.], Urteil vom 21.
August 2002

1 StR
115/02, [X.]St 47, 369) durch Schätzung (§
73b es festgestellt, dass dieser Wert im Vermögen des Angeklagten nicht mehr 11
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14
-
7
-
vorhanden ist. Schließlich hat es ein Absehen von der Verfallsanordnung nach §
73c Abs.
1 Satz
2 StGB abgelehnt.
Allerdings hat das [X.] dabei das ihm eröffnete Ermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt. Zwar trifft es zu, dass eine unbillige Härte im
Sinne von §
73c Abs.
1 Satz
1
StGB nicht auf die vom Gesetzgeber mit der Einfüh-rung des [X.]s beabsichtigte Konsequenz gestützt werden darf, dass Aufwendungen für ein rechtswidriges Geschäft

hier der bezahlte [X.] für den Erwerb des dann weiterveräußerten Haschischs

in den Verfalls-betrag fallen (vgl. [X.], Beschluss vom 10.
Juni 2009

2 [X.], [X.]R StGB § 73c Härte 15). Jedoch muss der Tatrichter bei seiner [X.] gemäß §
73c Abs.
1 Satz
2
StGB neben den persönlichen und wirt-schaftlichen Verhältnissen des Betroffenen insbesondere in die Abwägung ein-beziehen, aus welchem Grund das Erlangte bzw. dessen Wert nicht mehr im der erlangten Mittel sowie ihre Verwendung für Luxus und Vergnügen insoweit gegen die Anwendung der Härtevorschrift sprechen; ihr Verbrauch in einer Not-lage für den Lebensunterhalt hingegen kann als Argument für eine entspre-chende Ermessensentscheidung herangezogen werden (vgl. [X.], Urteil vom 2.
Dezember 2004

3 StR
246/04, [X.], 104, 105;
vgl. auch [X.], Urteil vom 9.
Juli 1991

1
StR 316/91, [X.]St 38, 23, 25; [X.], Urteil vom 2.
Oktober 2008

4 [X.], [X.], 23). Auch können bei dieser Ent-scheidung die Aufwendungen berücksichtigt werden, die mit dem Geschäft [X.] waren (vgl. [X.], Urteil vom 3. Juli 2003

1 StR 453/02).
Hiervon ausgehend ist es an sich nicht zu beanstanden, wenn das [X.] deshalb nicht von einer Verfallsanordnung absieht, weil der
Angeklagte 15
16
-
8
-

23). Allerdings hat das [X.] hier ersichtlich aus dem Blick verloren, dass nach den Feststellungen trotz des vom [X.] angenommenen Mindestverkaufserlöses in Höhe von 80.000 Euro nicht belegt ist, dass dem rauschgiftabhängigen Angeklagten nach Abzug seiner Aufwendungen überhaupt nennenswerte Beträge verblieben sind, die er für seine eigene Lebensführung hätte verwenden können. Zwar tragen die Urteilsfeststellungen noch ausreichend die Wertung des [X.]s, dass der Angeklagte das Rauschgift jeweils gewinnbringend verkauft hat. Jedoch kann der [X.] nicht ausschließen, dass das [X.] bei rechtsfehlerfreier Ermessensausübung im Rahmen des §
73c Abs.
1 Satz
2 StGB bei dem Ange-klagten, der keine nennenswerten Vermögenswerte besitzt (UA S.
24),
im Blick auf eine Erleichterung seiner Resozialisierung ganz oder
zumindest zu einem Teil von der Anordnung des Verfalls von [X.] abgesehen hätte.

-
9
-
6. Die vom [X.] aufrechterhaltene Verfallsanordnung aus dem Urteil des [X.] vom 14. Juli 2011

1 Ds

ist von dem Rechtsfehler nicht betroffen und hat daher Bestand.
Raum [X.] Jäger

Cirener Mosbacher
17

Meta

1 StR 162/14

24.06.2014

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2014, Az. 1 StR 162/14 (REWIS RS 2014, 4680)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4680

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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