Bundespatentgericht, Beschluss vom 03.04.2014, Az. 24 W (pat) 19/13

24. Senat | REWIS RS 2014, 6573

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Kostenfestsetzung im Widerspruchsverfahren – Verbot einer über den Antrag hinausgehenden höheren Kostenfestsetzung – ne ultra petitum – wesentlicher Verfahrenmangel – Zurückverweisung an das DPMA – zur Erhöhung der Geschäftsgebühr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die [X.] …

(hier: Kostenfestsetzung)

hat der 24. Senat ([X.]) des [X.] am 3. April 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] sowie der Richterin [X.] und des Richters Heimen

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14. März 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 11 IR des [X.] ([X.]) vom 29. Oktober 2012 wurde der Widerspruch gegen die international registrierte Marke [X.] 042 171 zurückgewiesen. Die Markeninhaberin hatte beantragt, der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen. Hierzu enthält der Tenor des angefochtenen Beschlusses folgende Formulierung:

2

„2. Dem Antrag der Inhaberin der angegriffenen Marke der Widersprechenden die Kosten aufzuerlegen wird stattgegeben.“

3

Der Beschluss ist rechtskräftig geworden.

4

Die Markeninhaberin hat unter dem 14. Januar 2013 die Kostenfestsetzung gegen die Widersprechende auf der Basis eines Gegenstandswertes von 20.000,- € wie folgt beantragt:

5

„2,0 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 [X.]

[X.]     

1.292,00

 Auslagenpauschale nach Nr. 7002 [X.]

[X.]     

20,00 

 [X.]

[X.]     

1.312,00“

6

Zuzüglich wurde die Erstattung von Zinsen gemäß des gesetzlichen Zinssatzes beantragt. Mit Verfügung vom 24. Januar 2013 teilte der [X.] des [X.] der Widersprechenden mit, dass sich die Kostenerstattung nach einem Gegenstandswert von 50.000,- € richten könne. Die Widersprechende hat dagegen Einwände erhoben, die Markeninhaberin hat sich nicht geäußert.

7

Mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14. März 2013 hat der [X.] auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von 50.000,- € die von der Widersprechenden zu erstattenden Kosten auf insgesamt 2.112,- € [X.] Zinsen festgesetzt. Die Berechnung lautete wie folgt:

8

2,0 Geschäftsgebühr § 14 RVG - Nr. 2300 VV

[X.]     

2092,00

Postauslagen Nr. 7002 [X.]

[X.]     

20,00 

[X.] 

[X.]     

2112,00

9

Zur Begründung wurde ausgeführt, das [X.] sei hinsichtlich der Bestimmung des Gegenstandswertes nicht an den Antrag des Kostengläubigers gebunden, ein Gegenstandswert von 50.000,- € sei angesichts der wirtschaftlichen Interessen am Erhalt der angegriffenen Marke regelmäßig angemessen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

Sie ist der Auffassung, dass das [X.] keine Veranlassung gehabt habe, von der Wertangabe der Markeninhaberin, die ihr wirtschaftliches Interesse selbst am besten kenne, im vorgenannten Umfang abzuweichen und den Gegenstandswert mehr als doppelt so hoch anzusetzen. Es sei zudem im Rahmen der [X.] zu berücksichtigen, dass das Widerspruchsverfahren nicht die international registrierte Marke insgesamt, sondern nur die Schutzerstreckung auf [X.] betroffen habe.

Einen Regelstreitwert von 50.000,- € gebe es entgegen der Annahme des [X.]n nicht. Die Rechtsprechung dazu sei uneinheitlich, zudem sei die Festsetzung nach billigem Ermessen einzelfallabhängig vorzunehmen.

Die Widersprechende rügt ferner, dass eine gesonderte Entscheidung über den Gegenstandswert fehle. Der [X.] sei funktionell nicht für die Festsetzung des Gegenstandswertes zuständig, auch nicht inzident im Rahmen der Kostenfestsetzung. Dies obliege vielmehr der Markenstelle, die auch über die Hauptsache entschieden habe und die deshalb, anders als der [X.], den Wert konkret beurteilen könne.

Schließlich seien die Kosten aus anderen Gründen zu hoch festgesetzt. Die beantragte 2,0-fache Geschäftsgebühr sei nicht erstattungsfähig, da es keinen Anlass gebe anzunehmen, die Angelegenheit sei besonders umfangreich oder schwierig gewesen. Allein der Umstand, dass die Markeninhaberin in der [X.] ansässig sei, rechtfertige keine Abweichung von der 1,3-fachen Mittelgebühr.

Die Widersprechende hat sinngemäß beantragt,

den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14. März 2013 aufzuheben und den Gegenstandswert auf 20.000,- € festzusetzen.

Die Markeninhaberin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die gemäß § 63 Abs. 3 S. 3 [X.] zulässige Beschwerde ist auch in der Sache begründet.

Der Senat sieht die Tenorierung unter Ziffer 2.) im unangefochtenen Beschluss vom 29. Oktober 2012 als hinreichende Kostengrundentscheidung an und legt sie dahin aus, dass der Widersprechenden die Kosten des patentamtlichen Widerspruchsverfahrens auferlegt wurden.

Der Beschluss ist bereits wegen Verstoßes gegen § 308 ZPO aufzuheben.

Diese Vorschrift verbietet es, u. a. bei der Kostenfestsetzung über den Antrag der Markeninhaberin hinauszugehen. Das stets mehrseitige Kostenfestsetzungsverfahren ist, wie sich nicht allein aus dem Verweis in § 63 Abs. 3 [X.] auf die §§ 104 ff. ZPO ergibt, aufgrund der dabei ausschließlich betroffenen Kosteninteressen der am Verfahren beteiligten Personen anders als das vorangehende Hauptverfahren ein kontradiktorisch ausgestaltetes Verfahren. Auf das patentamtliche Kostenfestsetzungsverfahren nach § 63 [X.] ist daher § 308 ZPO als Ausdruck der Dispositionsmaxime entsprechend anzuwenden (vgl. [X.]: Vollkommer in [X.] ZPO, § 308, Rn. 1).

Wenngleich das [X.] an die Wertangaben der Beteiligten nicht gebunden ist und auf der Grundlage eines anderen Gegenstandswertes demnach ein höherer Erstattungsanspruch bestehen könnte, ist es aufgrund der Antragsbindung („ne ultra petitum“) unzulässig, höhere Kosten als beantragt festzusetzen. Dieser Verfahrensmangel ist ohne Rüge von Amts wegen zu beachten.

Der Beschluss war daher schon wegen dieses wesentlichen [X.] aufzuheben und gemäß § 71 Abs. 3 Nr. 2 [X.] zur erneuten Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.

Für die Entscheidung unerheblich war mithin, dass die Widersprechende gerügt hat, dass eine gesonderte Festsetzung des Gegenstandswertes durch den Spruchkörper erforderlich sei, der die Sachentscheidung getroffen hat und es nicht ausreiche, dass lediglich der [X.] im Kostenfestsetzungsverfahren inzidenter einen von ihm selbst für angemessen angesehenen Gegenstandswert wählt.

Ebenso wenig war es vorliegend entscheidungserheblich, ob es billigem Ermessen entspricht, wenn das [X.], unbeschadet der amtsinternen Zuständigkeit, ohne Darlegung der dafür sprechenden Gründe, einen um mehr als das Doppelte höheren Gegenstandswert annimmt als vom Kostengläubiger, hier der Markeninhaberin, angegeben.

Der Senat gibt für das weitere Verfahren zudem zu bedenken, dass die – an sich unverbindliche - Wertangabe der Markeninhaberin hier nicht unangemessen erscheint und als ein Bemessungsfaktor für den Gegenstandswert bei der Ausübung des billigen Ermessens nicht unbeachtet bleiben darf.

Bei seiner erneuten Entscheidung über den Kostenfestsetzungsantrag wird sich der [X.] auch mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV über den 1,3-fachen Satz hinaus gerechtfertigt ist, weil die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war, mithin überdurchschnittlich gewesen sein muss.

Allein der Umstand, dass die Markeninhaberin ihren Sitz im Ausland hat, führt nicht zwangsläufig dazu, dass ihr Bevollmächtigter gebührenwirksam Fremdsprachenkenntnisse benötigt oder benutzt hat.

Meta

24 W (pat) 19/13

03.04.2014

Bundespatentgericht 24. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 308 Abs 1 ZPO § 104 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 03.04.2014, Az. 24 W (pat) 19/13 (REWIS RS 2014, 6573)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6573

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

26 W (pat) 3/19 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – Kostenfestsetzung – zur Frage, ob jeder kostenrechtlich obsiegende Streitgenosse die Kosten eines eigenen …


29 W (pat) 115/11 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren - Kostenfestsetzung - Gegenstandswert -


33 W (pat) 100/09 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – Kostenfestsetzung im Löschungsverfahren – zur Festsetzung des Gegenstandswertes – zum Interesse der Allgemeinheit …


33 W (pat) 68/10 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – Kostenfestsetzung im Löschungsverfahren – Begründetheit der Kostengrundentscheidung wird im Kostenfestsetzungsverfahren nicht überprüft – …


29 W (pat) 39/09 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – Kostenfestsetzung im Löschungsverfahren – zur Höhe des Gegenstandswertes im Falle unbenutzter Marken (hier: …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.