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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I [X.]/12
Verkündet am:
24. September 2013
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
Atemtest II
[X.] § 4 Nr. 11;
[X.] § 21 Abs. 4
a)
Einer Feststellung des [X.] gemäß §
21 Abs.
4 [X.] über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels kommt im Rahmen des § 4 Nr.
11 [X.] Tatbestandswirkung zu.
b)
Die Tatbestandswirkung eines (nicht nichtigen) Verwaltungsakts entfällt nicht dadurch, dass dieser angefochten ist und die Anfechtung aufschiebende Wirkung hat.
[X.], Urteil vom 24. September 2013 -
I [X.]/12 -
O[X.]
[X.]
-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-lung vom 24.
September 2013 durch [X.]
Dr.
Dr.
h.c.
[X.] und [X.], Prof.
Dr.
Büscher, Prof.
Dr.
Schaffert und Dr.
Koch
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des 20.
Zivilsenats des [X.] vom 20.
März 2012 aufgeho-ben.
Auf die Berufung des [X.]n wird das Urteil der 12.
Zivil-kammer des [X.] vom 20.
April 2011 abgeän-dert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin betreibt ein pharmazeutisches Unternehmen, das unter an-derem 13C-Harnstoff-Atemtests zum Nachweis einer Infektion des Magens mit [X.] herstellt und bundesweit vertreibt. Der [X.] ist Apotheker und verfügt über eine Versanderlaubnis nach §
11a [X.] Er stellt 1
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ebenfalls einen 13C-Harnstoff-Atemtest in Form von Harnstoffkapseln her, den er auf Anforderung an Ärzte und Krankenhäuser vertreibt. Beide Parteien [X.] als Rohstoff und alleinigen Wirkstoff im Sinne des Arzneimittelrechts
13Harnstoff-Pulver, das sie mit einem Reinheitsgrad von 99% von einem in-dustriellen Hersteller beziehen.
Der [X.] misst nach der Identitätsprüfung des mit einem Prüfzertifi-kat versehenen Rohstoffs mittels eines Massenspektrometers Portionen von in der Regel 75
mg ab, wobei er
das 13C-Harnstoff-Pulver zur besseren Dosierung mit einem Hilfsstoff vermischt, der zu 99,5% aus [X.] und im Übrigen aus [X.] besteht. Im [X.] daran füllt er das Produkt
in Kapseln,
verschließt diese,
packt sie ab und kennzeichnet sie.
Nach Ansicht der Klägerin benötigt der [X.] für den von ihm vertrie-benen Atemtest eine arzneimittelrechtliche Zulassung. Die Voraussetzungen für eine Freistellung von der Zulassungspflicht für einen Apotheker
lägen nicht vor.
Das [X.] hat der auf Unterlassung des Vertriebs und der Bewer-bung des Atemtests des
[X.]n gerichteten Klage stattgegeben. Die Beru-fung des [X.]n ist ohne
Erfolg
geblieben. Mit seiner vom [X.] zugelasse-nen Revision,
deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt der Beklag-te weiterhin
die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat einen
Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß §§
8, 3, 4 Nr.
11 [X.] in Verbindung mit §
21
Abs.
1 Satz
1
[X.] bejaht und
dazu ausgeführt:
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4
-
Die vom [X.]n hergestellten und vertriebenen Kapseln seien ein Fer-tigarzneimittel im Sinne von §
21 Abs.
1 Satz
1, §
4 Abs.
1 [X.]. Eine [X.] von der Zulassungspflicht gemäß §
21 Abs.
2 Nr.
1 [X.] liege nicht vor, weil der [X.] die Kapseln nicht in den wesentlichen Schritten in seiner [X.] herstelle. Es sei nicht ersichtlich, dass der [X.] die Kapseln zumin-dest zum Teil als Rezepturarzneimittel in einer Weise vertreibe, die nicht dem §
4 Abs.
1 [X.] unterfalle. Einem Verbot nach §
4 Nr.
11 [X.] in Verbindung mit §
21 Abs.
1 Satz
1 [X.]
stehe auch nicht entgegen, dass
die Apotheken-aufsicht das Verhalten des [X.]n nicht untersagt
habe.
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage.
Dabei kann dahinstehen, ob die Annahme des Berufungsgerichts
zutrifft, die [X.] des [X.]n
unterfalle
nicht dem [X.] des
§
21 Abs.
2 Nr.
1 [X.].
Der Klägerin steht der Unterlassungsanspruch jedenfalls deshalb nicht (mehr) zu, weil das [X.] ([X.]; im Weiteren: [X.]) mit Bescheid vom 6.
Juni 2012 (im Weiteren: Feststellungsbescheid) gemäß §
21 Abs.
4 [X.] festgestellt hat, dass es sich bei den 13C-Harnstoffkapseln des [X.]n nicht um ein zulas-sungspflichtiges Arzneimittel handelt.
1.
Der Unterlassungsanspruch ist in die Zukunft gerichtet. Er muss
daher auch noch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bestehen, auf die das vor-liegende Urteil ergeht
(st.
Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 2.
Februar 2012
I
ZR
81/10, [X.], 945 Rn.
30 =
[X.], 1222 -
Tribenuronmethyl; Urteil vom 31.
Mai
2012 -
I
ZR
45/11, [X.], 949 Rn.
36 =
[X.], 1086 -
Missbräuchliche Vertragsstrafe).
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5
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2. Der Feststellungsbescheid ist im vorliegenden Revisionsverfahren zu berücksichtigen. Der Umstand, dass er erst nach Schluss der mündlichen [X.] in der Berufungsinstanz erlassen worden ist, steht seiner Berücksich-tigung nicht entgegen. Die Bestimmung des §
559 Abs.
1 ZPO
verbietet nicht generell
die Einführung neuer Tatsachen. Als ausnahmsweise auch im Revisi-onsverfahren noch zu beachtende Tatsache ist unter anderem der
([X.])
Erlass eines Verwaltungsakts anerkannt (vgl. [X.], Urteil vom 12.
De-zember 1997
V
ZR
81/97, NJW 1998, 989, 990, insoweit nicht in [X.]Z 137, 314; Urteil vom 4.
Juni 2009
III
ZR
229/07, [X.], 2956 Rn.
12; Münch-Komm.ZPO/[X.], 4.
Aufl., §
559 Rn.
31, jeweils mwN).
3.
Der Feststellungsbescheid steht -
als feststellender Verwaltungsakt
-
dem Erfolg der Klage entgegen,
weil er dem [X.]n das
von der Klägerin mit der Klage beanstandete Verhalten ausdrücklich erlaubt hat
(vgl.
[X.], Urteil vom 23.
Juni 2005
I
ZR
194/02,
[X.]Z 163, 265, 269
-
Atemtest
I; Winnands in [X.]/[X.][X.], [X.], 2012, §
21 Rn.
98; [X.], [X.], 3.
Aufl., §
21 Rn.
13; [X.] in [X.], Medizinrecht, 2011, §
21 [X.] Rn.
21; [X.]/[X.], Arzneimittelrecht, 121. Lief., 2012,
§
21 [X.] Anm.
74 mwN; [X.] in Prütting, Medizinrecht, 2.
Aufl., §
21 [X.] Rn.
45).
a) Die Revisionserwiderung weist zwar
mit Recht darauf hin, dass ein Verwaltungsakt den Tatbestand des §
4 Nr.
11 [X.] dann nicht ausschließt, wenn er nichtig ist
(vgl. [X.]Z 163, 265, 269 -
Atemtest
I; Urteil vom 13.
März 2008
I
ZR
95/05, [X.], 1014 Rn.
32 =
[X.], 1335 -
Amlodipin; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 31.
Aufl., §
4 Rn.
11.20, jeweils mwN). Von einer Nichtigkeit des Feststellungsbescheids kann im Streitfall jedoch
nicht aus-gegangen werden.
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11
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-
aa) Die
Revisionserwiderung macht für ihren gegenteiligen Standpunkt geltend, der Feststellungsbescheid sei
widersprüchlich
und deshalb nichtig. Das [X.] führe in der Begründung seines Bescheids
selbst aus, dass es sich bei der Herstellung nicht um eine sogenannte verlängerte Rezeptur ledig-lich im Voraus hergestellter und vorrätig gehaltener [X.] handele. Das [X.] grenzt mit dieser Formulierung jedoch
lediglich die Portionierung von Großgebinden ([X.]), die keine zulässige verlängerte Rezeptur im Sinne von
§
21 Abs.
2 Nr.
1 [X.] darstellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.
März 1999 -
3
C
32/98, [X.] 418.32 [X.] Nr. 33), von
der
danach
zulässigen verlängerten Rezeptur ab und geht im Weiteren in seinem Bescheid davon aus, dass es sich bei dem vom [X.]n hergestellten Produkt nicht um ein zulas-sungspflichtiges Arzneimittel handelt. Das [X.] bringt daher entgegen der Ansicht der
Revisionserwiderung mit der von dieser beanstandeten [X.] nicht auch selbst zum Ausdruck, dass der [X.] den Rahmen einer zulässigen Rezeptur überschreitet.
bb) Auch im Übrigen
sind keine
Gründe
ersichtlich, die für die Nichtigkeit des Feststellungsbescheids sprechen
könnten. Insbesondere hat das Bundes-institut
als die nach
§
77 Abs.
1 [X.] zuständige Bundesoberbehörde auf [X.] der nach
§
64 [X.] als Landesbehörde zuständigen Bezirksregierung [X.] gemäß §
21 Abs.
4 [X.] in dem dafür vorgesehenen Verwaltungs-verfahren entschieden.
b) Entgegen der Ansicht
der Revisionserwiderung rechtfertigt
die Tatsa-che, dass der
Feststellungsbescheid
des [X.]s seiner Rechtsnatur nach ein feststellender
Verwaltungsakt ist, kein anderes
Ergebnis. Zwar ist der
feststellende Verwaltungsakt einer Vollstreckung weder zugänglich noch be-dürftig. Auch ist er im Streitfall ausdrücklich allein
zugunsten des [X.]n er-gangen. Mit der
Vorschrift des §
21 Abs.
4 [X.] wurde aber gerade die Mög-12
13
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7
-
lichkeit geschaffen, dass das [X.] als Bundesoberbehörde [X.] hinsichtlich der Zulassungspflicht von Arzneimitteln bundesweit einheitlich entscheidet. Die für die Überwachung der Einhaltung der arzneimittelrechtlichen Vorschriften zuständigen
Landesbehörden sind an die für sie insoweit verbindli-che rechtliche Auffassung des [X.]s gebunden und können daher auch keine damit unvereinbaren Untersagungsverfügungen
erlassen
(vgl. [X.] aaO §
21 Rn.
13; [X.] in [X.] aaO §
21 [X.] Rn.
21). Wenn aber der Vertrieb
der 13C-Harnstoffkapseln dem [X.]n durch die zu-ständige Verwaltungsbehörde
nicht untersagt werden
kann, kommt ein
auf den Tatbestand des §
4 Nr.
11 [X.] gestützter wettbewerbsrechtlicher Unterlas-sungsanspruch ebenfalls
nicht in Betracht.
c) Der Umstand, dass die Klägerin den Feststellungsbescheid des [X.] nach der Zurückweisung ihres dagegen eingelegten Widerspruchs
vor dem Verwaltungsgericht angefochten und dieses
soweit ersichtlich
-
bis-lang noch nicht entschieden hat, rechtfertigt ebenfalls
keine andere Beurteilung. Die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage begründet lediglich eine
Vollziehbarkeitshemmung;
der Verwaltungsakt als solcher bleibt davon [X.] und damit wirksam (vgl.
BVerwG, Urteil vom 15.
August
1988
4
B
89/88, NVwZ 1989, 48, 49; Urteil vom 20.
November 2008
3
C
13/08, [X.], 250 Rn.
12 =
[X.], 1099). Dementsprechend
ist die zuständige Landes-behörde an den
Verwaltungsakt
auch dann gebunden, wenn dieser angefoch-ten
worden ist.
Sie ist deshalb auch in einem solchen Fall
gehindert, eine arz-neimittelrechtliche Untersagungsverfügung zu erlassen. Wenn aber
eine [X.], mit der die Verwaltungsbehörde
dem [X.]n den
Ver-trieb der von ihm hergestellten
13C-Harnstoffkapseln untersagt,
nicht in Betracht
kommt, scheidet
der Tatbestand des §
4 Nr.
11 [X.] aus, der ohne Gesetzes-verstoß nicht erfüllt sein kann.
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II[X.] Der [X.] hat davon abgesehen, die Verhandlung
gemäß §
148 ZPO auszusetzen. Zwar ist
es
nicht ausgeschlossen, dass der Feststellungsbescheid
des [X.]s aufgehoben wird. In einem solchen
Fall
wäre im Rahmen des Tatbestands gemäß
§
4 Nr.
11 [X.] die Frage neu
zu beurteilen, ob der [X.] die 13C-Harnstoffkapseln vertreiben darf. Gegen die
Aussetzung der
Verhandlung
spricht jedoch, dass dem
[X.]n
der Vertrieb der nach dem Feststellungsbescheid des [X.]s nicht zulassungspflichtigen 13C-Harnstoffkapseln durch das für
vorläufig vollstreckbar
erklärte und mit einer Ordnungsmittelandrohung versehene Berufungsurteil untersagt
worden ist.
[X.] Das Urteil des Berufungsgerichts kann danach nicht aufrechterhalten werden; es ist deshalb aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden, weil diese -
im Sinne der Abweisung der Klage
-
zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs.
3 ZPO).
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V. [X.] beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
VRi[X.] Prof. Dr.
Dr.
h.c.
[X.]
Pokrant
Büscher
ist wegen Urlaubs an der Unterschrift
gehindert.
Pokrant
Schaffert
Koch
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.04.2011 -
12 [X.]/10 -
O[X.], Entscheidung vom 20.03.2012 -
I-20 [X.] -
18
Meta
24.09.2013
Bundesgerichtshof I. Zivilsenat
Sachgebiet: ZR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.09.2013, Az. I ZR 73/12 (REWIS RS 2013, 2525)
Papierfundstellen: REWIS RS 2013, 2525
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
I ZR 73/12 (Bundesgerichtshof)
Unlauterer Wettbewerb: Feststellungsbescheid über die Zulassungspflicht eine Arzneimittels als Marktverhaltensregelung - Atemtest II
I-20 U 2/02 II (Oberlandesgericht Düsseldorf)
3 C 4/18 (Bundesverwaltungsgericht)
Zulässigkeit einer arzneimittelrechtlichen Drittanfechtungsklage
I ZR 194/02 (Bundesgerichtshof)
3 VR 1/17, 3 VR 1/17 (3 B 69/16) (Bundesverwaltungsgericht)
Keine Anordnung der Fortdauer der aufschiebenden Wirkung der Klage trotz erfolgreicher Revisionszulassung