Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.06.2005, Az. I ZR 194/02

I. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 2925

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 194/02 Verkündet am: 23. Juni 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.] : ja [X.]R : ja

Atemtest

UWG §§ 3, 4 [X.]1

a) Eine nach §§ 3, 4 [X.]1 UWG unlautere Zuwiderhandlung gegen eine Marktverhaltensregelung setzt allein ein objektiv rechtswidriges Verhalten voraus.
b) Das Inverkehrbringen und Bewerben von Arzneimitteln ohne Zulassung stellt ein nach § 4 [X.]1 UWG unlauteres Marktverhalten dar, das, da insoweit die Gesundheit der Verbraucher auf dem Spiel steht, auch gemäß § 3 UWG er-heblich ist.

[X.] §§ 2, 4 Abs. 1 und Abs. 14, § 21 Abs. 1

a) Ein Arzneimittel ist kein Rezepturarzneimittel, sondern ein Fertigarzneimittel, wenn es in keiner Weise mehr von der dem Apotheker angelieferten [X.] abweicht und sich dessen Tätigkeit daher auf das bloße Neuverteilen der seiner Einwirkung im übrigen nicht mehr unterliegenden Arznei beschränkt. - 2 - b) Hinsichtlich der Zulassungspflichtigkeit eines Arzneimittels verbleibende Zweifel gehen zu Lasten desjenigen, der die [X.] geltend macht.

ZPO § 286 B

Der [X.] hat sich jedenfalls dann sachverständiger Hilfe zu [X.], wenn er von der Beurteilung einer Fachfrage durch die für die [X.] abweichen will.

[X.], [X.]. v. 23. Juni 2005 - I ZR 194/02 - [X.] [X.]

- 3 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 7. April 2005 durch [X.] Dr. [X.] und [X.] v. Ungern-Sternberg, Prof. [X.], Pokrant und Dr. Schaffert für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das [X.]eil des 20. Zivilsenats des [X.] vom 25. Juni 2002 unter Zurückwei-sung des Rechtsmittels im übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage dort unter Abänderung des [X.]eils der 12. Zivilkammer des [X.] vom 21. Februar 2001 mit dem Unterlassungsantrag und mit den auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung gerichteten Anträgen für die [X.] bis zum 12. April 2000 abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen - 4 - Tatbestand:

Die Klägerin produziert ein 13C-Harnstoff-Atemtestset und vertreibt dieses bundesweit. Das [X.] besteht aus 75 mg 13C-Harnstoffpulver, das in Oran-gensaft gelöst eingenommen wird, und vier verschließbaren Röhrchen, von de-nen zwei vor der Einnahme der Lösung und die beiden anderen 30 Minuten nach Einnahme der Lösung mit der Atemluft befüllt werden. Die Röhrchen wer-den sodann in ein Labor gesandt, wo das zahlenmäßige Verhältnis der Kohlen-stoffisotope 12C zu den [X.] bestimmt wird. Auf diese Weise kann eine etwaige Infektion des Magens mit Helicobacter-pylori-Bakterien nach-gewiesen werden. Die [X.] hat der Klägerin für deren Atemtest durch Entscheidung vom 14. August 1997 eine ge-meinschaftsweite arzneimittelrechtliche Zulassung erteilt.

Die Beklagte ist Inhaberin einer Apotheke in [X.]. Sie stellte einen 13C-Harnstofftest für die diagnostische Anwendung durch Ärzte in [X.] Weise her. Den dafür benötigten 13C-Harnstoff bezog sie als ferti-ges Produkt und füllte ihn in [X.] von 75 mg zusammen mit dem Stoff Lac-tose in Kapseln ab, nachdem sie ihn nach ihrem insoweit von der Klägerin be-strittenen Vortrag mittels eines Massenspektrometers auf Identität, Reinheit und Gehalt überprüft hatte. Sie bereitete diese Kapseln dabei zum einen im Wege der sogenannten verlängerten Rezeptur (Defektur) im Vorgriff auf [X.] ärztliche Verschreibungen in einer Anzahl von bis zu 100 Stück täglich vor, um sie bei Anforderung schnell zur Verfügung stellen zu können. Zum anderen bereitete sie nach ihrem - von der Klägerin bestrittenen - Vortrag die Kapseln auch im Wege der Rezeptur, d.h. auf spezielle ärztliche Anforderung durch [X.] 5 - zept zu. Über eine arzneimittelrechtliche Zulassung für ihren 13C-Harnstofftest verfügt die Beklagte nicht.
Die Klägerin ist der Auffassung, das Verhalten der [X.] sei nicht durch das sogenannte [X.] in § 21 Abs. 2 [X.] [X.] gedeckt, sondern rechts- und auch wettbewerbswidrig. Sie hat mit ihrer deshalb erhobe-nen Klage vor dem [X.] beantragt,
1. die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des [X.] einen 13C-Harnstoff-Atemtest zum Nachweis einer Helicobacter-pylori-Infektion in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben, solange für dieses Fertigarzneimittel keine Zulassung des [X.] nach §§ 21 ff. [X.] vorliegt;
2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin über den Umfang der unter [X.] beschriebenen Handlungen Auskunft zu erteilen, und zwar unter Angabe a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen, den angegebenen Arzneimittelmustern sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, de-ren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet; 3. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter [X.] bezeichneten Handlungen entstanden ist und zukünftig entstehen wird.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie vertritt die Auffassung, ihr Verhalten sei durch die Bestimmung des § 21 Abs. 2 [X.] [X.] gedeckt. Außerdem beruft sie sich auf ein auf ihre Anfrage hin an sie ergangenes Schreiben des für die Arzneimittelüberwachung als Landesbehörde zuständi-gen [X.] [X.] vom 12. April 2000. In diesem Schreiben wurde der [X.] mitgeteilt, daß gegen die Herstellung von 13C-Harnstoff-- 6 - kapseln arzneimittelrechtlich und apothekenrechtlich keine Bedenken [X.], sofern - wie von der [X.] behauptet - eine Identitätsprüfung in der Apotheke durchgeführt und die Qualität des Ausgangsstoffs gemäß § 6 Abs. 3 der Apothekenbetriebsordnung belegt sei.
Das [X.] hat der Klage stattgegeben.

Mit ihrer Berufung hat die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter-verfolgt. Die Klägerin hat sich mit ihrer Anschlußberufung auch gegen das In-verkehrbringen und Bewerben der entsprechend der Darstellung der [X.] von dieser auf Einzelrezeptur hin hergestellten 13C-Harnstoff-Atemtests [X.].
Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen und die Anschlußberu-fung der Klägerin zurückgewiesen ([X.] GRUR-RR 2003, 15).
Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision [X.].

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung an das [X.], soweit dieses die Klage mit den [X.] und mit den auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung ge-richteten Anträgen für die [X.] bis zum 12. April 2000 abgewiesen hat. Ohne - 7 - Erfolg bleibt die Revision dagegen, soweit das Berufungsgericht den weiterge-henden Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und den darauf be-zogenen Auskunftsanspruch abgewiesen hat.
[X.] Nach der Auffassung des Berufungsgerichts ist das Verhalten der [X.] unabhängig davon, ob deren Atemtest als zulassungspflichtiges Arz-neimittel zu qualifizieren ist, schon deshalb nicht wettbewerbswidrig, weil die zum Vollzug des Arzneimittelgesetzes zuständige Landesbehörde auf Anfrage der [X.] die Zulassungspflicht für den Test verneint hat. Die betreffende Äußerung habe nicht nur Vertrauensschutz begründet, sondern sei ein Verwal-tungsakt, mit dem sich die Behörde verpflichtet habe, keine Verbotsverfügung zu erlassen. Ihm komme, da er jedenfalls nicht nichtig sei, [X.] zu.
I[X.] Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht ist allerdings mit Recht davon ausgegangen, daß der Tatbestand des § 1 UWG a.F. unter dem Gesichtspunkt des Rechts-bruchs - ebenso wie nunmehr der Tatbestand des § 4 [X.]1 UWG - nicht erfüllt ist, wenn ein Marktverhalten durch einen Verwaltungsakt ausdrücklich erlaubt worden ist und der Verwaltungsakt nicht nichtig ist (vgl. zu § 1 UWG a.F.: [X.], [X.]. v. 11.10.2001 - [X.], [X.], 269, 270 = [X.], 323 - Sportwetten-Genehmigung; [X.], Festschrift für [X.], 1991, [X.], 710 f.; zu § 4 [X.]1 UWG: [X.]/[X.]/[X.], [X.]recht, 23. Aufl., § 4 UWG [X.]. 11.20; [X.], GRUR 2004, 381, 388 [X.]. 88).
2. Nicht zugestimmt werden kann aber der Ansicht des Berufungsge-richts, das Schreiben des [X.] [X.] habe die durch Ver- - 8 - waltungsakt erteilte Zusage enthalten, daß gegen die Beklagte keine Verbots-verfügung erlassen werde, und damit eine entsprechende [X.] entfaltet. Das Schreiben des [X.] T.
stellte lediglich die Beantwortung einer Anfrage zur Zulassungspflicht eines Arzneimittels ge-mäß § 10 Satz 1 der aufgrund des § 82 Satz 1 [X.] am 25. August 1983 erlas-senen [X.] zur Durchführung des Arzneimittelge-setzes (BAnz. S. 9649 - [X.]VwV) dar. Diese Äußerung enthielt keine Rege-lung, wie das für einen Verwaltungsakt mit [X.] unverzichtbar ist (vgl. auch BVerwG [X.] 316 § 35 VwVfG Nr. 34; BVerwG VRS 87, 305, 306).

II[X.] Die angefochtene Entscheidung hat aber Bestand, soweit mit ihr die Klage mit den auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung gerichte-ten Anträgen für die [X.] ab dem 13. April 2000 abgewiesen worden ist, weil sie sich in dieser Hinsicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig darstellt (§ 561 ZPO). Denn es ist davon auszugehen, daß die Beklagte bei in diesem [X.]raum etwa begangenen Rechtsverstößen ohne das für die Schadenser-satzpflicht erforderliche Verschulden gehandelt hat.
1. Für die Beurteilung der im wiedereröffneten Berufungsverfahren ge-mäß den Ausführungen zu nachstehend [X.] erst noch festzustellenden Unlau-terkeit der Verhaltensweise der [X.] ist der Inhalt des Schreibens des [X.] [X.] vom 12. April 2000 nicht maßgeblich. Die [X.]widrigkeit des Verhaltens der [X.] beurteilt sich allein da-nach, ob die Herstellung und der Vertrieb des Atemtests vom [X.] des § 21 Abs. 2 [X.] [X.] gedeckt ist oder die Beklagte hierzu einer Zulas-sung bedarf. Die Äußerung des [X.] änderte nichts daran, daß die Beklagte weiterhin Kenntnis von den Umständen hatte, die bei objekti-- 9 - ver Würdigung die etwa gegebene Sittenwidrigkeit i.S. des § 1 UWG a.F. ihrer Verhaltensweise begründeten (vgl. [X.] 117, 115, 117 f. - Pullovermuster; [X.], [X.]. v. [X.] - I ZR 326/91, [X.], 693, 695 = [X.], 387 - Indizienkette; Großkomm.UWG/Teplitzky, § 1 [X.]. [X.]; [X.]/Piper, UWG, 3. Aufl., Einf. [X.]. 294, jeweils m.w.[X.]), so daß ein danach wettbewerbsrecht-lich zu beanstandendes Verhalten auch weiterhin vorlag. Dasselbe gilt für [X.], welche die Beklagte unter der Geltung des am 8. Juli 2004 in [X.] getretenen neuen UWG begangen hat; denn eine nach den §§ 3, 4 [X.]1 UWG unlautere Zuwiderhandlung gegen eine Marktverhaltensregelung setzt allein ein objektiv rechtswidriges Verhalten voraus (vgl. [X.]/ [X.]/[X.] aaO § 4 UWG [X.]. 11.54; [X.]/[X.]/[X.], UWG, § 4 [X.]1 [X.]. 49; [X.], [X.], 817, 822).
2. Die Beklagte handelte aber bei nach dem Zugang des Schreibens des [X.] [X.] vom 12. April 2000 etwa begangenen Verstö- ßen ohne das für einen Schadensersatzanspruch gemäß § 1 UWG a.F., §§ 3, 4 [X.]1, § 9 Satz 1 UWG erforderliche Verschulden. Sie durfte auf die Richtigkeit der ihr in dieser Hinsicht erteilten Auskunft des [X.] [X.] vertrauen, das - anders als für Entscheidungen über die Zulassung von [X.] (vgl. dazu [X.], [X.]. v. 2.10.2002 - [X.], [X.], 162 f. = WRP 2003, 72 - [X.]) - dafür zuständig ist, daß die Vorschriften des [X.] im übrigen eingehalten werden; denn sie konnte davon [X.], daß das [X.] für die Beurteilung des ihm - zutreffend - mitgeteilten Sachverhalts besonders sachkundig sei.
[X.] Die Entscheidung des Rechtsstreits im übrigen hängt davon ab, ob das Inverkehrbringen und Bewerben des von der [X.] im Wege der Re-zeptur und der Defektur hergestellten 13C-Harnstoff-Atemtests arzneimittelrecht-- 10 - lich zulässig oder unzulässig ist. Zu dieser Frage hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. [X.] können auch nicht aufgrund des unstreitigen Sachverhalts sowie der vom [X.] getroffenen und im zweiten Rechtszug unangegriffen gebliebenen Feststellungen nachgeholt werden, so daß dem erkennenden Senat insoweit eine abschließende Entscheidung verwehrt ist. Dementsprechend wird das [X.] im wiedereröffneten Berufungsverfahren die Frage der [X.] der Verhaltensweise der [X.] sachlich zu prüfen haben. Hierbei wer-den folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen sein:
1. Nach § 21 Abs. 2 [X.] [X.] dürfen zur Anwendung beim Menschen bestimmte Fertigarzneimittel auch ohne Zulassung durch die zuständige Bun-desoberbehörde bzw. entsprechende gemeinschaftsrechtliche Genehmigungen in den Verkehr gebracht werden, wenn sie aufgrund nachweislich häufiger ärzt-licher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungs-schritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen [X.] an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe in dieser Apotheke bestimmt sind. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber solche Fertigarzneimittel von der Zulassung freistellen, die im wesentlichen in der Apotheke selbst und nicht durch einen industriellen Hersteller produziert werden (vgl. Begründung des [X.] zum 4. Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes, BT-Drucks. 11/5373, [X.]). Erforderlich ist daher, daß alle wesentlichen Herstellungsschritte in der [X.] erfolgen (vgl. BVerwG [X.] 418.32 [X.] Nr. 33, [X.]). Die Frage, ob dies zutrifft, erfordert eine Prüfung des jeweiligen Einzelfalls, wobei im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung die Art und die Anzahl der jeweiligen Her-stellungsschritte des Mittels zu berücksichtigen sind (vgl. [X.]/[X.], [X.], [X.]. Juni 2002, § 21 [X.] Anm. 30). Der Gesetzgeber - 11 - hat die Ausnahme ersichtlich auf die traditionelle "verlängerte Rezeptur" [X.] und die industrielle Herstellung ausschließen wollen. [X.] sind auch diejenigen für das Fertigarzneimittel erforderlichen Herstel-lungsschritte zu berücksichtigen, die nicht in einer Apotheke, sondern nur in-dustriell erfolgen können (BVerwG [X.] 418.32 [X.] Nr. 33, [X.]). Dabei ist zu prüfen, welcher Stellenwert der nicht in der Apotheke der [X.] er-folgenden Herstellung des Wirkstoffs im Verhältnis zu den von der [X.] zur Herstellung ihrer Kapseln bei der Defektur ausgeführten weiteren Arbeits-schritten zukommt.
Sollte das Berufungsgericht in dieser Hinsicht zu der - vom [X.] im Gegensatz zum [X.] [X.] als der für die Arzneimittel- überwachung zuständigen Fachbehörde vertretenen - Auffassung gelangen, der Wirkstoffherstellung komme im Verhältnis zu den von der [X.] in der Apotheke durchgeführten [X.] keine nur untergeordnete Be-deutung zu, hätte es allerdings zunächst eine weitergehende Klärung der Frage durch einen Sachverständigen oder eine nochmalige bzw. ergänzende Äuße-rung der dafür gemäß § 10 Satz 1 [X.]VwV zuständigen Landesbehörde [X.] (vgl. [X.], [X.]. [X.] - [X.], NJW 1998, 3355, 3356).
2. Das von der Klägerin mit der Anschlußberufung verfolgte Begehren ist darauf gerichtet, der [X.] das Inverkehrbringen und Bewerben ihrer Atem-tests auch insoweit verbieten zu lassen, als dies auf Rezeptur geschieht. Ob die Voraussetzungen für die zulassungsfreie Herstellung und den entsprechenden Vertrieb aufgrund einer Rezeptur vorliegen, wird zu prüfen sein. Dafür ist es erforderlich, daß das Mittel tatsächlich aufgrund einer individuellen Rezeptur hergestellt wird ([X.], [X.], 2. Aufl., § 4 [X.]. 1). Hieran fehlt es, wenn ein Mittel in keiner Weise mehr von der dem Apotheker angelieferten [X.] ab-- 12 - weicht und sich dessen Tätigkeit daher auf das bloße Neuverteilen der seiner Einwirkung im übrigen nicht mehr unterliegenden Arznei beschränkt (vgl. [X.], [X.]. v. 28.6.1991 - 2 U 18/91, [X.]. bei [X.], [X.] zum Arzneimittelrecht, § 21 [X.] [X.]4; OLG Köln GRUR 1990, 691, 692; [X.], Arzneimittelrecht, Stand Februar 2002, [X.]. 3 zu § 4 [X.]; vgl. auch [X.] 2002, 441, 447). Ein solches bloßes Aufteilen des gebrauchsfertigen Wirkstoffs in Portionen machte diesen zu einem [X.], welches gemäß § 21 Abs. 1 [X.] grundsätzlich nur dann in den Verkehr gebracht werden darf, wenn eine entsprechende Zulassung durch das [X.] oder eine gemeinschaftsrechtliche Genehmigung vorliegt (vgl. BVerwG [X.] 418.32 [X.] Nr. 33, [X.]). Die Frage, ob im Streitfall eine solche Fall-gestaltung vorliegt, erfordert - zumal hier zudem der zugrundezulegende Sach-verhalt streitig ist - eine vom Tatrichter vorzunehmende Beurteilung, der sich gegebenenfalls auch insoweit sachverständiger Hilfe zu bedienen haben wird (vgl. zu vorstehend 1.).
3. Das Berufungsgericht wird gegebenenfalls auch zu berücksichtigen haben, daß ein Arzneimittel gemäß den Bestimmungen der Art. 3, 5, 6 bis 12 und 87 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/[X.] und des [X.] eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel ([X.]. [X.], [X.]7) grundsätzlich nur dann in den Verkehr gebracht und be-worben werden darf, wenn die zuständige Behörde eine entsprechende [X.] bzw. Zulassung erteilt hat (vgl. [X.] 2002, 441, 447; Eisenblätter/[X.], [X.] 2003, 425, 426-428). Denn damit gehen auch nach einer weitergehenden Aufklärung des Sachverhalts etwa noch verbleibende Zweifel, ob die von der [X.] im Wege der Defektur und/oder der Rezeptur hergestellten Atemtests zulassungspflichtige Fertigarzneimittel sind, zu Lasten der [X.]. - 13 -
4. Das Inverkehrbringen und Bewerben von Arzneimitteln ohne Zulas-sung stellt ein i.S. des § 1 UWG a.F. sittenwidriges Handeln (vgl. [X.], [X.]. [X.], [X.], 419, 421 f. = WRP 1995, 386 - Knob-lauchkapseln; [X.]. v. 7.12.2000 - I ZR 158/98, [X.], 450, 453 = [X.], 542 - Franzbranntwein-Gel) und ebenso ein nach § 4 [X.]1 UWG [X.] Marktverhalten dar (vgl. [X.]/[X.]/[X.] aaO § 4 UWG [X.]. 11.147; [X.]/[X.]/[X.] aaO § 4 [X.]1 [X.]. 62). Dieses ist, da insoweit die Gesundheit der Verbraucher auf dem Spiel steht, auch gemäß § 3 UWG erheblich (vgl. [X.]/[X.]/[X.] aaO § 3 UWG [X.]. 57; Fezer/Fezer, UWG, § 3 [X.]. 40, jeweils m.w.[X.]).

[X.] v. Ungern-Sternberg Bornkamm

Pokrant Schaffert

Meta

I ZR 194/02

23.06.2005

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.06.2005, Az. I ZR 194/02 (REWIS RS 2005, 2925)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 2925

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I ZR 11/14

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