BT-Drucksache 18/9475

Rüstungsexporte aus Bayern

Vom 24. August 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9475
18. Wahlperiode 24.08.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Doris Wagner, Agnieszka Brugger, Katja Keul,
Dr. Tobias Lindner, Uwe Kekeritz, Ekin Deligöz, Dr. Thomas Gambke,
Dieter Janecek, Claudia Roth (Augsburg), Elisabeth Scharfenberg,
Beate Walter-Rosenheimer, Annalena Baerbock, Marieluise Beck (Bremen),
Dr. Franziska Brantner, Tom Koenigs, Omid Nouripour, Cem Özdemir,
Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, Jürgen Trittin und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Rüstungsexporte aus Bayern

Mehr als die Hälfte der im Jahr 2015 genehmigten deutschen Rüstungsexporte
kamen aus Bayern (vgl. die Antwort der Bundesregierung vom 14. Juli 2016 auf
die Schriftliche Frage 10 der Abgeordneten Doris Wagner auf Bundestagsdruck-
sache 18/9191). Der Anteil der Kriegswaffen an den bayerischen Rüstungsexpor-
ten allgemein und insbesondere der hohe Anteil der Kriegswaffen, die an Dritt-
staaten außerhalb der EU und NATO verkauft wurden, sind besorgniserregend.
Die Bundesregierung läuft aus Sicht der Fragesteller zunehmend Gefahr, aktiv
zur Verschärfung bestehender Konflikte oder Kriege beizutragen und damit ge-
gen den vom Bundesminister für Wirtschaft und Energie Sigmar Gabriel erklärten
Willen zu verstoßen, wonach „die deutsche Rüstungsexportpolitik […] Thema
der Sicherheitspolitik“ sei (www.bmwi.de/DE/Presse/reden,did=661856.html).
Geklärt werden muss ferner, inwieweit die Bundesregierung ihrem selbst for-
mulierten Ziel, eine „zurückhaltende, verantwortungsvolle Rüstungsexportpoli-
tik“ (www.bmwi.de/DE/Themen/Aussenwirtschaft/Ruestungsexportkontrolle/
grundsaetze.html) zu betreiben, tatsächlich gerecht wird, in der der Grundsatz
„keine Genehmigung“ für Exporte in Drittstaaten gelte (www.bmwi.de/DE/
Presse/reden,did=661856.html).
In diesem Zusammenhang gilt es vor allem zu überprüfen, ob die Bundesregie-
rung ihre Zusage einhält, „die Entwicklungen in den importierenden Ländern
auch aus Sicht der Rüstungsexportkontrolle genau“ zu verfolgen (www.bmwi.de/
DE/Themen/Aussenwirtschaft/Ruestungsexportkontrolle/grundsaetze.html) oder
dabei Vermutungen wie der des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer
2015 bei einem Besuch in Saudi-Arabien folgt, wonach man mit Rüstungsexpor-
ten „den Menschen in dieser Region am meisten hilft“ (www.n-tv.de/politik/
Seehofer-begruesst-Waffenexporte-an-Saudis-article14932576.html).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hoch war der Anteil der Rüstungsexporte (inklusive Sammelausfuhren)

von in Bayern ansässigen Antragstellern an den gesamtdeutschen Rüstungs-
exporten gemäß den Rüstungsexportberichten 2006 bis 2015 (bitte nach no-
minalem und prozentualem Wertanteil in den einzelnen Jahren aufschlüs-
seln)?

Drucksache 18/9475 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Wie hoch war der Anteil der exportierten Kriegswaffen (inklusive Sammel-
ausfuhren) von in Bayern ansässigen Antragstellern an den insgesamt aus
Deutschland exportierten Kriegswaffen gemäß den Rüstungsexportberichten
2006 bis 2015 (bitte nach nominalem und prozentualem Wertanteil in den
einzelnen Jahren aufschlüsseln)?
a) Welche Kriegswaffen (inklusive Sammelausfuhren) von in Bayern ansäs-

sigen Antragstellern wurden dabei in welcher Stückzahl gemäß der ein-
schlägigen Kriegswaffenlistennummern jeweils exportiert?

b) In welche Länder wurden die von in Bayern ansässigen Antragstellern
exportierten Kriegswaffen (inklusive Sammelausfuhren) geliefert, bezo-
gen auf die jeweiligen Ländergruppen „EU-Länder“, „NATO und gleich-
gestellte Länder“ und „Drittländer“ (bitte nach nominalem und prozentu-
alem Wertanteil in den einzelnen Jahren aufschlüsseln)?

3. Welche Kriegswaffen (inklusive Sammelausfuhren) aus Bayern wurden zwi-
schen 2006 und 2015 an welche Drittstaaten geliefert (bitte nach Jahr, Emp-
fängerland und Kriegswaffenlistennummer aufschlüsseln), und wie hoch war
jeweils deren Wert?
a) Wann wurden die entsprechenden Exporte jeweils beantragt, wann wur-

den sie genehmigt und wann geliefert?
4. Welche Rüstungsgüter – mit Ausnahmen von Kriegswaffen – (inklusive

Sammelausfuhren) wurden im Zeitraum von 2006 bis 2015 schwerpunktmä-
ßig von in Bayern ansässigen Antragstellern ausgeführt?
a) Wie hoch war der jeweilige Anteil der Ausfuhren in EU-Länder, NATO-

Länder und der NATO gleichgestellte Länder (bitte nach Jahren auf-
schlüsseln)?

b) Wie hoch war der jeweilige Anteil der Ausfuhren in Drittstaaten (bitte
nach Jahren aufschlüsseln)?

c) Welche der Rüstungsgüter gingen an welche Drittstaaten (bitte nach Emp-
fängerland, Rüstungsgut und Jahr aufschlüsseln)?

5. Welche Unternehmen aus Bayern haben von 2006 bis 2015 Rüstungsgüter
in Drittstaaten exportiert, und welche weiteren Unternehmen haben für die-
sen Zeitraum Rüstungsexporte in Drittstaaten beantragt?

6. Welche Unternehmen aus Bayern haben von 2006 bis 2015 Kriegswaffen in
Drittstaaten exportiert, und welche weiteren Unternehmen haben für diesen
Zeitraum Kriegswaffenexporte in Drittstaaten beantragt?

7. Wie hoch war der Anteil an beantragten Rüstungsexporten (inklusive Sam-
melausfuhren) von Unternehmen aus Bayern zwischen 2006 und 2015, die
a) untersagt wurden oder
b) zurückgezogen wurden (bitte nach Jahr der Untersagung bzw. des Rück-

zugs aufschlüsseln),
c) an welche Länder hätten die entsprechenden Rüstungsgüter geliefert wer-

den sollen, und welche Gründe führten zur Untersagung der Exporte?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9475
8. Wie hoch war der Anteil an beantragten Kriegswaffenexporten (inklusive
Sammelausfuhren) von Unternehmen aus Bayern zwischen 2006 und 2015,
die
a) untersagt wurden oder
b) zurückgezogen wurden (bitte nach Jahr der Untersagung bzw. des Rück-

zugs aufschlüsseln),
c) an welche Länder hätten die entsprechenden Kriegswaffen geliefert wer-

den sollen, und welche Gründe führten zur Untersagung der Exporte?
9. Bei welchen Rüstungsexporten (inklusive Sammelausfuhren) von Unterneh-

men aus Bayern, die in den letzten fünf Jahren in Drittstaaten geliefert wur-
den, wurden einschränkende Vereinbarungen getroffen, die über das übliche
Maß hinausgehen, und um welche Einschränkungen handelte es sich hierbei?
a) Bei welchen dieser Einschränkungen ging die Initiative dafür von den Un-

ternehmen oder den Drittstaaten aus (bitte aufschlüsseln)?
b) Welche dieser Einschränkungen wurden von Seiten der Bundesregierung

bereits bei entsprechenden Voranfragen gemacht, welche erst im Rahmen
der formalen Genehmigung (bitte aufschlüsseln)?

c) Wie wurden diese Einschränkungen bislang überprüft (bitte aufschlüs-
seln)?

d) Wie lange gelten die Einschränkungen (bitte aufschlüsseln)?
e) Sind der Bundesregierung Abweichungen von den vereinbarten Ein-

schränkungen bekannt (bitte ggf. aufschlüsseln)?
10. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass die im vergangenen Jahr nach

Katar exportierten Kampfpanzer nicht im Jemen eingesetzt werden können
(vgl. www.tagesschau.de/inland/katar-119.html)?
a) Welche Kontrollmaßnahmen hat die Bundesregierung dazu ergriffen?
b) Auf welcher Basis gründet die Aussage des Sprechers des Auswärtigen

Amts, wonach der Einsatz im Jemen „weder politisch beabsichtigt, noch
militärisch zweckmäßig noch technisch möglich“ sei (bitte nach politi-
scher Absichtserklärung und technischer Ausstattung aufschlüsseln und
begründen)?

c) Gilt die Aussage, die gelieferten Kampfpanzer seien nicht im Jemen ein-
zusetzen, im übertragenen Sinne auch für die im vergangenen Jahr an Ka-
tar gelieferten Startanlagen für gelenkte Flugkörper, sonstige gepanzerte
Kampffahrzeuge, Maschinengewehre, Kanonen/Haubitzen/Mörser und
gepanzerte Selbstfahrlafetten, und falls nein, warum nicht?

11. Ist sichergestellt, dass auch folgende Lieferungen bayerischer Rüstungsun-
ternehmen gemäß Rüstungsexportbericht 2015 nicht im Jemen zum Einsatz
kommen, und wenn ja, wie wird dies kontrolliert:
a) sonstige gepanzerte Kampffahrzeuge nach Kuwait,
b) Startanlagen für gelenkte Flugkörper nach Saudi-Arabien,
c) vollautomatische Gewehre in die Vereinigten Arabischen Emirate?

12. Gab es bei den in Frage 11 benannten Exportgenehmigungen ähnliche Be-
denken des Bundeswirtschaftsministers wie bei den Kampfpanzern nach Ka-
tar (siehe Frage 10), und wenn ja, welche?

Drucksache 18/9475 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

13. Wann wurde der 2015 ausgeführte Export von Panzern nach Katar erstmals

angefragt, und wann wurde die abschließende Genehmigung erteilt?
Wie lautete die sicherheitspolitische Begründung im Rahmen der abschlie-
ßenden Genehmigung?

14. Inwiefern hatte der Hersteller der 2015 nach Katar exportierten Kampfpan-
zer, die Krauss-Maffei Wegmann GmbH & Co. KG, angekündigt, Schadens-
ersatzansprüche geltend zu machen, falls die Bundesregierung die Ausfuhr
nicht genehmigt?
a) Wenn ja, zu welchem Zeitpunkt und von wem wurde eine Schadenser-

satzklage angekündigt?
b) Wäre die Bundesregierung nach eigener Auffassung schadensersatz-

pflichtig gewesen, und wenn ja, ab welchem Zeitpunkt?
c) Inwiefern gibt es Vereinbarungen oder Ankündigungen über die Höhe

eventueller Schadensersatzklagen/Schadensersatzleistungen?
15. Ab wann ist die Bundesregierung grundsätzlich für den Widerruf einer er-

teilten Exportgenehmigung/einer positiv beschiedenen Voranfrage scha-
densersatzpflichtig?
In welchem Umfang wäre die Bundesregierung schadensersatzpflichtig, ge-
messen am jeweiligen Wert der Exportgenehmigung/positiv beschiedener
Voranfrage?

16. Unter welchen Umständen ist die Bundesregierung bereit, das Risiko einer
Schadensersatzforderung/-klage einzugehen?
Warum waren diese Umstände bei den 2015 ausgeführten Kampfpanzern
nach Katar nicht gegeben?

17. Bei welchen Rüstungsexporten der vergangenen zehn Jahre ist die Bundes-
regierung das Risiko einer Schadensersatzforderung/-klage eingegangen und
hat die entsprechenden Genehmigungen/ positiv beschiedenen Voranfragen
widerrufen (bitte aufschlüsseln)?
a) Aus welchen Gründen hat die Bundesregierung widerrufen (bitte auf-

schlüsseln)?
b) In welchen Fällen wurde daraufhin eine Schadensersatzforderung an die

Bundesregierung gerichtet (bitte aufschlüsseln)?
c) Wie hoch waren die Schadensersatzforderungen (bitte aufschlüsseln)?
d) Welche Schadensersatzforderungen wurden gerichtlich entschieden (bitte

aufschlüsseln)?
e) In wie vielen Fällen hat die Bundesregierung Schadensersatzleistungen

geleistet, und in welcher Höhe (bitte aufschlüsseln)?
18. Für welche weiteren Rüstungsexporte von Unternehmen aus Bayern in Dritt-

staaten liegt eine positiv beschiedene Voranfrage vor?
a) Wann wurden die Voranfragen positiv beschieden (bitte Datum ange-

ben)?
b) Wann rechnet die Bundesregierung mit der formalen Antragstellung oder

dem Export?
c) Inwiefern wurden bereits Einschränkungen der Verwendung oder der

Weitergabe vereinbart?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9475

19. Wie viele Menschen in Bayern arbeiten nach Kenntnis der Bundesregierung

in der Rüstungsindustrie (bitte nominal und prozentual zu den in Deutschland
bestehenden Beschäftigungen in der Rüstungsindustrie angeben)?
Wie hat sich die Zahl in den letzten zehn Jahren verändert?

20. Welchen Anteil am Bruttoinlandsprodukt Bayerns haben die Rüstungsex-
porte aus Bayern nach Kenntnis der Bundesregierung?

21. Gab es vor der Reise des Ministerpräsidenten Horst Seehofer nach Saudi-
Arabien und Katar im April 2015 Gespräche bzw. Kontakte zwischen der
Bayerischen Staatsregierung und der Bundesregierung in Bezug auf das ko-
härente außenpolitische Auftreten Deutschlands, insbesondere im sensiblen
Bereich der Rüstungsexporte?
a) Falls ja, mit welchem Inhalt und Ergebnis?
b) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Reise und

insbesondere den dort getätigten Aussagen des bayerischen Ministerprä-
sidenten in Bezug auf Rüstungsexporte?

Berlin, den 24. August 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.