BT-Drucksache 18/9259

Aktuelle Entwicklungen in der Leiharbeit

Vom 21. Juli 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9259
18. Wahlperiode 21.07.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Klaus Ernst, Sabine Zimmermann (Zwickau), Jutta Krellmann,
Susanna Karawanskij, Thomas Lutze, Thomas Nord, Richard Pitterle,
Michael Schlecht, Dr. Axel Troost und der Fraktion DIE LINKE.

Aktuelle Entwicklungen in der Leiharbeit

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Novellierung des Arbeitneh-
merüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze beschlossen, der im Herbst 2016
in den Deutschen Bundestag eingebracht werden soll. Geplant ist, die Höchst-
überlassungsdauer bezogen auf den einzelnen Leiharbeitnehmer auf 18 Monate
festzulegen. Nach einer Frist von drei Monaten soll ein erneuter Einsatz im Ent-
leihbetrieb möglich sein. Equal Pay ist nach einer Wartezeit von neun bzw.
15 Monaten vorgesehen, wobei auch in diesem Fall nach einer dreimonatigen Un-
terbrechung des Einsatzes die Wartefrist von vorne beginnen soll.
Diese Regelungen werden von diversen Stimmen in der öffentlichen Debatte als
unzureichend kritisiert, da beispielsweise nur eine Minderheit der Leiharbeits-
kräfte von Equal Pay nach neun Monaten profitieren würde. Auch wird kritisiert,
dass mit den geplanten Änderungen bei der Höchstüberlassungsdauer der dauer-
hafte Einsatz im Entleihbetrieb mit wechselnden Leiharbeitnehmern legitimiert
wird, obwohl die EU-Richtlinie Leiharbeit als vorübergehendes Instrument vor-
schreibt.
Es ist notwendig, einen aktuellen Überblick über die Entwicklungen in der Leih-
arbeit zu haben, um bewerten zu können, inwiefern die Regelungen im Gesetz-
entwurf der Bundesregierung geeignet sind, die mit dem Einsatz von Leiharbeit
verbundenen Probleme zu lösen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Leiharbeitskräfte gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in

Deutschland aktuell, und wie hat sich diese Zahl in den Jahren 2007 bis 2015
entwickelt (bitte jährlich sowohl die absoluten Zahlen als auch die Anteile
an allen Beschäftigten ausweisen und nach Ost- und Westdeutschland sowie
nach Alter und Geschlecht differenzieren)?

2. Wie hoch ist derzeit nach Kenntnis der Bundesregierung der durchschnittli-
che monatliche Bruttoverdienst von vollzeitbeschäftigten Leiharbeitskräften,
und wie hoch ist er im Vergleich dazu bezogen auf alle sozialversicherungs-
pflichtigen Vollzeitbeschäftigten (bitte differenzieren nach Alter, Geschlecht
und Ost/West)?

3. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl und der Anteil
der niedriglohnbeziehenden Leiharbeitskräfte aktuell, und wie hoch sind die
entsprechenden Werte bezogen auf alle Beschäftigten?

Drucksache 18/9259 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

4. Wie viele Leiharbeitskräfte erhalten nach Kenntnis der Bundesregierung ak-
tuell ergänzend zu ihrem Lohn Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozial-
gesetzbuch (bitte in absoluten und relativen Werten angeben)?
Wie viele Beschäftigte erhalten insgesamt ergänzend zu ihrem Lohn Leis-
tungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (bitte ebenfalls in absolu-
ten und relativen Werten angeben)?

5. In welchen zehn Tätigkeitsfeldern bzw. Berufsgruppen sind nach Kenntnis
der Bundesregierung derzeit die meisten Leiharbeitskräfte tätig (bitte je Tä-
tigkeitsfeld die Anzahl der Leiharbeitskräfte und ihren prozentualen Anteil
an der Gesamtbeschäftigung nennen; bitte für jedes Tätigkeitsfeld die Zahl
der Leiharbeitskräfte auch nach Geschlecht und Ost/West differenziert dar-
stellen)?

6. In welchen zehn Tätigkeitsfeldern bzw. Berufsgruppen ist der Anteil der so-
zialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Arbeitnehmerüberlassung an
allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am höchsten (bitte für jede
Tätigkeit den Anteil der Leiharbeitskräfte nach Geschlecht und Ost/West dif-
ferenziert darstellen)?

7. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der durchschnittliche mo-
natliche Bruttoverdienst für vollzeitbeschäftigte Leiharbeitskräfte jeweils in
den in den Fragen 5 und 6 benannten Tätigkeitsfeldern (bitte differenzieren
nach Geschlecht und Ost/West)?

8. Wie hoch ist der durchschnittliche monatliche Bruttoverdienst für sozialver-
sicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte in den in den Fragen 5 und 6
genannten Tätigkeitsfeldern (bitte differenzieren nach Geschlecht und
Ost/West)?

9. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl und der Anteil
der niedriglohnbeziehenden Leiharbeitskräfte in den in den Fragen 5 und 6
genannten Tätigkeitsfeldern (bitte differenzieren nach Geschlecht und
Ost/West)?

10. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl und der Anteil
der Niedriglohnbeziehenden in den in den Fragen 5 und 6 genannten Tätig-
keitsfeldern (bitte nach Geschlecht und Ost/West differenzieren)?

11. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit die Zahl und der
Anteil der Niedriglohnbeziehenden bezogen auf die Gesamtwirtschaft (bitte
differenzieren nach Geschlecht und Ost/West)?

12. Wie viele Leiharbeitskräfte gibt es derzeit auf Basis der Auswertung des Be-
triebspanels des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)?
Wie hoch sind auf Basis dieser Auswertung die Zahl und der Anteil der Leih-
arbeitskräfte (an allen Leiharbeitskräften), die in der Metall- und Elektroin-
dustrie tätig sind?

13. Welche sind die drei Einsatzbranchen, die auf Basis der Auswertung des
IAB-Betriebspanels den höchsten Anteil von Leiharbeitskräften bezogen auf
alle Leiharbeitskräfte haben?

14. Welche sind nach Kenntnis der Bundesregierung auf Grundlage der Auswer-
tung des IAB-Betriebspanels jeweils die fünf Einsatzbranchen mit den zah-
lenmäßig sowie anteilig (Anteile der Leiharbeitskräfte an der Gesamtbe-
schäftigung) meisten eingesetzten Leiharbeitskräften, und wie hoch sind die
Werte jeweils?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9259
 

15. Wie viele Leiharbeitsverhältnisse werden nach Kenntnis der Bundesregie-
rung nach mehr als neun Monaten beendet, wie viele nach mehr als 15 Mo-
naten, und wie viele nach 18 bzw. 24 Monaten (bitte die aktuellsten verfüg-
baren Daten ausweisen und zum Vergleich auch den Zeitraum von 2007 bis
2015 darstellen)?
Wie stellen sich diese Werte für Leiharbeitskräfte in den in den Fragen 5
und 6 genannten Tätigkeitsfeldern dar?

16. Wie lange ist nach Kenntnis der Bundesregierung auf Basis von Verweildau-
eranalysen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung die durch-
schnittliche Beschäftigungsdauer in der Leiharbeit (bitte wenn möglich dif-
ferenziert nach neun, 15 und 18 Monaten darstellen)?

17. Wie viele Leiharbeitsbeschäftigte würden nach Kenntnis der Bundesregie-
rung unter die in der Novelle des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes nach
aktuellem Stand geplanten Regelungen zu Equal Pay fallen?

18. Aus welchen Gründen hat sich die Bundesregierung dafür entschieden, in der
Novelle des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes nach aktuellem Stand die
Begrenzung der Überlassungshöchstdauer auf 18 Monate nicht auf den Be-
darf im Entleihbetrieb, sondern auf die Dauer des Einsatzes des einzelnen
Leiharbeitnehmers zu beziehen?

19. Kann nach Auffassung der Bundesregierung mit einer Überlassungshöchst-
dauer von 18 Monaten bezogen auf den einzelnen Leiharbeitnehmer wie es
in der Novelle des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes nach aktuellem Stand
formuliert ist, verhindert werden, dass im Entleihbetrieb ein Arbeitsplatz
dauerhaft mit wechselnden Leiharbeitnehmern besetzt wird?

20. Kann nach Auffassung der Bundesregierung mit den Vorgaben der Novelle
des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes nach aktuellem Stand verhindert
werden, dass im Entleihbetrieb dauerhaft Leiharbeit eingesetzt wird, und in-
wiefern hat die Leiharbeit bezogen auf den Bedarf im Entleihbetrieb dann
noch einen vorübergehenden Charakter?

Berlin, den 21. Juli 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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