BT-Drucksache 18/9052

Mögliche Fehler in einem Ratgeber des Bundesministeriums für Gesundheit für Asylsuchende zu ihrem Anspruch auf Gesundheitsversorgung

Vom 4. Juli 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9052
18. Wahlperiode 04.07.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Harald Weinberg, Sabine Zimmermann (Zwickau),
Matthias W. Birkwald, Inge Höger, Katja Kipping, Jan Korte, Katrin Kunert,
Harald Petzold (Havelland), Kersten Steinke, Azize Tank, Kathrin Vogler,
Birgit Wöllert, Jörn Wunderlich, Pia Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Mögliche Fehler in einem Ratgeber des Bundesministeriums für Gesundheit
für Asylsuchende zu ihrem Anspruch auf Gesundheitsversorgung

Der Anspruch von Asylsuchenden auf gesundheitliche Leistungen ist während
der ersten 15 Monate ihres Aufenthaltes in Deutschland deutlich eingeschränkt.
Um Asylsuchende über ihren Anspruch zu informieren, hat das Bundesministe-
rium für Gesundheit einen Ratgeber herausgegeben. Das „Deutsche Ärzteblatt“
(Jg. 113, Heft 18 vom 6. Mai 2016) kritisiert in einem Kommentar die
Darstellungen in diesem Ratgeber (vgl. www.bmg.bund.de/fileadmin/dateien/
Publikationen/Gesundheit/Broschueren/Ratgeber_Asylsuchende/2._Auflage/
Ratgeber_Asylsuchende_DE_web.pdf). Dort seien einige Punkte „verzerrt dar-
gestellt“. Dies kann dazu führen, dass Asylsuchende weniger Leistungen bean-
spruchen als ihnen zustehen. Ebenso kann die Broschüre bewirken, dass Leis-
tungserbringer die Leistungen noch stärker einschränken, als gesetzlich vorgese-
hen ist.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Inwiefern ist die Bundesregierung verpflichtet, in ihren Publikationen, die

Ratgeber-Charakter haben, die bestehende Rechtslage richtig und vollständig
darzulegen?

2. Ist die Begrenzung der Aufzählung auf Seite 3 („Sie werden von einer Ärztin
oder einem Arzt untersucht und behandelt, wenn …“) auf akute Krankheiten,
Schmerzen und Schwangerschaft eine Einengung, wie das „Deutsche Ärzte-
blatt“ schreibt, zumal § 4 Absatz 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes
(AsylbLG) auch u. a. ausdrücklich Impfungen und Früherkennungsuntersu-
chungen einschließt?

3. Ist diese Begrenzung eine Einengung, zumal § 6 AsylbLG alle Behandlun-
gen, die „zur Sicherung […] der Gesundheit unerlässlich“ sind, vorsieht?

4. Weshalb wird in der gesamten Broschüre nicht erwähnt, dass auch Ver-
schlechterungen des Gesundheitszustandes vorbestehender chronischer Er-
krankungen zu einem Leistungsanspruch nach § 6 AsylbLG führen, z. B. In-
sulin bei Diabetikern?

Drucksache 18/9052 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

5. Teilt die Bundesregierung die im „Deutschen Ärzteblatt“ dargelegte Auffas-
sung, wonach dadurch eine implizite und falsche Mitteilung an Asylsu-
chende gehe, dass sie bei chronischen Krankheiten erst dann ärztlich behan-
delt würden, wenn chronische Krankheiten zu einer akuten Entgleisung führ-
ten, z. B. wenn Hypertonie zu einem lebensbedrohlichen Zustand führt (bitte
ausführen)?

6. Inwiefern kann die Bundesregierung bestätigen, dass Leistungsberechtigte
nach AsylbLG durchaus Anspruch auf die ärztliche Behandlung chronischer
Krankheiten haben können, und inwieweit ist dieser Anspruch einge-
schränkt?
Inwiefern ist nach Ansicht der Bundesregierung hier eine bundesweit ein-
heitliche Auslegung gewährleistet?

7. Ist es richtig, dass Ärztinnen und Ärzte die Frage, ob eine ärztliche Behand-
lung stattfindet oder nicht nach den Grundsätzen der ärztlichen Ethik unab-
hängig von „ethnische[r] Herkunft, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, politi-
sche[r] Überzeugung, Rasse“ (vgl. Genfer Deklaration des Weltärztebundes)
der Patientin oder des Patienten und nicht nach der Frage des Versicherten-
status oder der Kostenübernahme zu beantworten haben?

8. Müsste der in Frage 2 zitierte Text daher nicht lauten „Ihre Ärztin/Ihr Arzt
kann die Ihnen zuteil gewordene Leistung beim Sozialamt abrechnen, wenn
…“?

9. Inwiefern erkennt die Bundesregierung, dass es zwischen den Vorgaben des
AsylbLG und den ebenfalls verbindlichen berufsrechtlichen Vorgaben zur
ärztlichen Ethik zu Widersprüchen kommen kann, und wie sollten Ärztinnen
und Ärzte mit diesen Widersprüchen umgehen?

10. Inwiefern ist der implizite Ausschluss von ärztlichen Leistungen (siehe
Frage 2) nach Ansicht der Bundesregierung eine unzulässige Einflussnahme
von außen sowie ein Austragen eines Konfliktes zwischen Ethik und Abrech-
nung auf dem Rücken einer rechtlich und sozial marginalisierten Bevölke-
rungsgruppe, wie das „Deutsche Ärzteblatt“ kommentiert?

Berlin, den 4. Juli 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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