BT-Drucksache 18/9

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Erwerbsminderungsschutzes

Vom 23. Oktober 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9

18. Wahlperiode 23.10.2013

Gesetzentwurf

der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W. Birkwald,
Klaus Ernst, Katja Kipping, Azize Tank, Kathrin Vogler, Harald Weinberg,
Birgit Wöllert, Pia Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Erwerbsminderungsschutzes

A. Problem

Erwerbsminderungsrenten, die vorzeitig in Anspruch genommen werden, werden
empfindlich durch Abschläge gemindert. Dies führt zu einer unzureichenden
Absicherung des Erwerbsminderungsrisikos und vielfach zum Verweis der Be-
troffenen auf Fürsorgeleistungen.

B. Lösung

Durch die Abschaffung der Abschläge auf Erwerbsminderungsrenten werden die
Zahlbeträge signifikant erhöht und die Schutzfunktion der sozialen Sicherung bei
Erwerbsminderung wird deutlich verbessert.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Durch die Abschaffung der Abschläge erhöhen sich die Ausgaben der gesetzli-
chen Rentenversicherung jährlich um ca. 1,5 Mrd. Euro. Diese sind sachgerecht
durch Beitragseinnahmen zu bestreiten.

Drucksache 18/9 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Erwerbsminderungsschutzes

Vom …

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch

Das Sechste Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – in der Fassung der Bekannt-
machung vom 19. Februar 2002 (BGBl. I S. 754, 1404, 3384), das zuletzt durch … geändert worden ist,
wird wie folgt gefasst:

1. § 77 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa) Satz 1 wird wie folgt geändert:

aaa) Nach Nummer 1 wird folgende Nummer 1a eingefügt:

„1a. bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit 1,0,“.

bbb) In Nummer 3 werden die Wörter „bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit
und“ gestrichen.

bb) In Satz 2 werden die Wörter „eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder“ gestri-
chen.

b) In Absatz 4 werden die Wörter „Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei“ gestri-
chen.

2. In § 264d Satz 1 werden die Wörter „Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor
dem 1. Januar 2024 oder ist“ durch das Wort „Ist“ ersetzt.

Artikel 2

Änderung des Gesetzes zur Alterssicherung der Landwirte

Das Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juli
1994 (BGBl. I S. 1890, 1891), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 23 Absatz 8 wird wie folgt geändert:

a) Satz 1 Nummer 1 wird aufgehoben.

b) In Satz 3 werden die Wörter „Renten wegen Erwerbsminderung und bei“ gestrichen.

c) In Satz 4 werden die Wörter „bei Eintritt der Erwerbsminderung oder“ und die Wörter „bei Ren-
ten wegen Erwerbsminderung und“ gestrichen.

2. § 93a Absatz 3 Satz 1 wird wie folgt geändert:

a) Die Wörter „Beginnt eine Rente wegen Erwerbsminderung vor 2024 oder sind“ werden durch das
Wort „Sind“ ersetzt.

b) Die Wörter „§ 23 Abs. 8 Satz 1 Nr.1 und 2“ werden durch die Wörter „§ 23 Absatz 8 Satz 1
Nummer 2“ ersetzt.

http://www.bgbl.de/Xaver/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&bk=Bundesanzeiger_BGBl&start=//*%5B@attr_id=%27bgbl194s1890.pdf%27%5D
Drucksache 18/9 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Artikel 3

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Berlin, den 23. Oktober 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9

Begründung

A. Allgemeines

Wer vorzeitig eine Rente wegen Erwerbsminderung in Anspruch nehmen muss, hat empfindliche Renten-
kürzungen in Kauf zu nehmen, denn diese Erwerbsminderungsrenten mit Abschlägen von 0,3 Prozent pro
Monat – maximal 10,8 Prozent – belegt. Derzeit ist dies grundsätzlich bis zum Alter von 63 Jahren und
sieben Monaten der Fall. Schrittweise wird das Alter für eine abschlagsfreie Erwerbsminderungsrente
grundsätzlich auf das vollendete 65. Lebensjahr angehoben. Da Erwerbsgeminderte im Schnitt bereits mit
50,7 Jahren in Rente gehen, sind schon heute fast alle Neuzugänge in diese Rentenart von Abschlägen be-
troffen (96,4 Prozent). Im Schnitt wird ihre Rente monatlich um 77,50 Euro gemindert.

Abschläge auf Erwerbsminderungsrenten sind sachfremd und ungerecht. Denn die Erwerbsminderung und
ihre Ursachen sind für die Betroffenen kaum abwendbar. Niemand wird freiwillig krank. Zudem steht vor
der Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente ein strenger Begutachtungsprozess. Es ist also keineswegs
so, dass Versicherte eine freie Wahl hätten, über die Erwerbsminderungsrente vorzeitig in den Ruhestand zu
gehen.

Erwerbsminderung ist ein zentrales Armutsrisiko. Im Rentenzugang 2012 lag der durchschnittliche Zahlbe-
trag einer Rente wegen voller Erwerbsminderung mit 646 Euro deutlich unter dem Bruttobedarf der Grund-
sicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Für viele Versicherte greift der Schutz des Sozialversiche-
rungssystems bei Erwerbsminderung damit nicht mehr und sie sind auf Fürsorgeleistungen angewiesen.
Verbesserungen bei den Leistungen der Erwerbsminderungsrente sind daher dringend geboten. Die Ab-
schaffung der Abschläge auf Erwerbsminderungsrenten ist hierzu ein erster wichtiger Schritt.

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1 (Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch)

Zu Nummer 1 (§ 77)

Durch die Neufassung des § 77 SGB VI wird der Zugangsfaktor bei Erwerbsminderungsrenten auf 1,0 ge-
setzt. Dadurch werden die Abschläge abgeschafft.

Zu Nummer 2 (§ 264d)

Es handelt sich um eine Folgeänderung.

Zu Artikel 2 (Änderung des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte)

Zu Nummer 1 (§ 23)

Hiermit wird die Abschaffung der Abschläge auf Erwerbsminderungsrenten auf die Alterssicherung der
Landwirte übertragen.

Zu Nummer 2 (§ 93a)

Es handelt sich um eine Folgeänderung der Änderung des § 23 ALG.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Artikel 3 regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

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