BT-Drucksache 18/8392

Drohende Streckenstilllegungen verhindern - Keine Kürzung bei Regionalisierungsmitteln in Ostdeutschland

Vom 10. Mai 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8392
18. Wahlperiode 10.05.2016
Antrag
der Abgeordneten Sabine Leidig, Ralph Lenkert, Caren Lay, Herbert Behrens,
Karin Binder, Heidrun Bluhm, Eva Bulling-Schröter, Roland Claus, Annette
Groth, Kerstin Kassner, Katrin Kunert, Michael Leutert, Dr. Gesine Lötzsch,
Thomas Lutze, Birgit Menz, Dr. Petra Sitte, Dr. Kirsten Tackmann, Hubertus
Zdebel und der Fraktion DIE LINKE.

Drohende Streckenstilllegungen verhindern – Keine Kürzung bei
Regionalisierungsmitteln in Ostdeutschland

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Fachpolitiker des Bundestages sprechen sich bedauerlicherweise dagegen aus,
die Regionalisierungsmittel entsprechend der ursprünglichen Forderung der Bundes-
länder auf 8,5 Mrd. Euro zu erhöhen und die jährliche Steigerung auf 2 Prozent zu
erhöhen, wie in einem Antrag vom 13. April 2016 gefordert (Bundestagsdrucksa-
chen 18/8074 und 18/8362). Dabei hatten die Bundesländer anhand eines gemeinsam
beauftragten Gutachtens, dessen Aussagen von der Bundesregierung nicht in Frage
gestellt wurden, nachgewiesen, dass die bisherige Finanzmittelausstattung von zu-
letzt knapp 7,3 Mrd. Euro im Jahr 2014 mit einer bis dahin jährlichen Steigerung
von nur 1,5 Prozent bei weitem nicht mehr ausreichend sei, um weitere, erforderliche
Mehrverkehre zu bestellen und Strecken zu ertüchtigen. Deshalb sei eine Anhebung
auf 8,5 Mrd. Euro pro Jahr und ab 2016 eine jährliche Steigerung um 2 Prozent
pro Jahr erforderlich. Im Rahmen der Verkehrsministerkonferenz (VMK) vom
1. und 2. Oktober 2014 in Kiel einigten sich die Bundesländer auf eine Mittelvertei-
lung nach dem so genannten Kieler Schlüssel (vgl. www.verkehrsministerkon-
ferenz.de), die den westlichen Bundesländern sukzessive einen höheren Anteil zu-
gestand. Kein Bundesland sollte aber weniger als ein jährliches Plus von 1,25 Pro-
zent gegenüber dem bisherigen verbuchen, die so genannte Sperrklinke.
Nach langer Blockadehaltung der Bundesregierung, die bis zuletzt ihre konkreten
Vorstellungen nicht offenlegte, wurden die Ministerpräsidenten insbesondere der
Ostländer am Rande einer Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungs-
chefinnen und Regierungschefs der Länder zur Asyl- und Flüchtlingspolitik am
24. September 2015 von der Bundesregierung überrumpelt. Die Bundesregierung
unterbreitete einer kleinen Gruppe von nur vier anwesenden Ministerpräsidenten am
Abend des 24. September 2015 den Vorschlag einer Erhöhung der Regionalisie-
rungsmittel auf 8 Mrd. Euro im Jahr bei einer jährlichen Dynamisierung von 1,8 Pro-
zent. Die Annahme des Vorschlages wurde protokolliert (Beschluss der Bespre-
chung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der
Länder zur Asyl- und Flüchtlingspolitik am 24. September 2015, lfd. Nr. 6).

Drucksache 18/8392 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Das Ergebnis dieses Beschlusses wurde im Zuge des Verfahrens des bereits zuvor
vom Bundesrat angerufenen Vermittlungsausschusses in ein Änderungsgesetz zum
Regionalisierungsgesetz überführt, das zum 15. Dezember 2015 in Kraft getreten ist
(vgl. Bundestagsdrucksachen 18/3785, 18/3993, 18/4514, 18/4189). Nicht geregelt
werden konnte dabei aber die Frage, wie die Mittel auf die Länder aufgeteilt werden.
Dies soll über eine Verordnung des Bundes mit Zustimmung der Länder geregelt
werden. Bis heute liegt aber kein Entwurf für eine solche Verordnung vor. Hinter-
grund ist, dass auch die Anwendung des Kieler Schlüssels bei der Vereinbarung am
24. September 2015 zugrunde gelegt wurde. Da die zur Verfügung stehende Summe
nun aber um 500 Mio. Euro niedriger liegt und auch die Dynamisierung um 0,2 Pro-
zent geringer ausfällt, als von der VMK im Oktober 2014 gefordert, führt die An-
wendung des Kieler Schlüssels ohne weitere Randbedingungen dazu, dass die östli-
chen Bundesländer nicht nur relativ, sondern in absoluten Zahlen weniger Mittel er-
halten würden, als sie nach dem alten Verteilungsschlüssel erhielten. Deswegen dro-
hen nun Abbestellungen und Streckenstilllegungen in den östlichen Bundesländern,
die in einigen Ländern bereits konkret angekündigt wurden.
Die Bundesregierung zieht sich auf die Position zurück, dass sich die Länder unter-
einander einigen sollten. Das ist jedoch bis heute nicht geschehen. Während viele
westliche Bundesländer auf der 1:1-Anwendung des Kieler Schlüssels beharren, er-
warten die ostdeutschen Bundesländer, dass sie nicht weniger Mittel bekommen als
bislang und zumindest eine jährliche Steigerung der Mittel von 1,25 Prozent erhal-
ten. Die Sperrklinke ist nach Auffassung der Ost-Ministerpräsidenten Teil der Ver-
einbarung vom 24. September 2015.
Damit es angesichts der Ablehnung einer Aufstockung der offenkundig nicht ausrei-
chenden Regionalisierungsmittel von 8 auf 8,5 Mrd. Euro im Jahr 2016 durch den
Deutschen Bundestag nicht zur Abbestellung von Schienenpersonennahverkehr und
Streckenstillegungen in den östlichen Bundesländern kommt, ist nun der Bund ge-
fordert, eine Verordnung vorzulegen, die zur Schadensbegrenzung zumindest die
Kürzung der Mittel in diesen Ländern verhindert und eine jährliche Dynamisierung
in jedem Land in Höhe von 1,25 Prozent vorsieht. Da dies unter der bereits in Kraft
getretenen gesetzlichen jährlichen Gesamtdynamisierungsrate der Regionalisie-
rungsmittel in Höhe von 1,8 Prozent liegt, wird es dennoch zu einem – lediglich
verlangsamten – Aufwuchs der Mittel in den westlichen Bundesländern kommen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

umgehend einen Verordnungsentwurf im Sinne von § 5 Abs. 4 des Regionalisie-
rungsgesetzes zu beschließen und dem Bundesrat zur Zustimmung zuzuleiten, mit
dem die Mittelaufteilung unter Anlehnung an den Kieler Schlüssel so gestaltet wird,
dass kein Land über die vereinbarte Laufzeit des Regionalisierungsgesetzes hindurch
im Vergleich zum Vorjahr weniger Mittel und jedes Land mindestens eine Dynami-
sierung von 1,25 Prozent je Jahr erhält.

Berlin, den 10. Mai 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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