BT-Drucksache 18/8369

Zusammenarbeit der Bundesregierung mit privaten Stiftungen, insbesondere der Bill & Melinda Gates Foundation

Vom 2. Mai 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8369
18. Wahlperiode 02.05.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Claudia Roth (Augsburg), Peter Meiwald,
Annalena Baerbock, Marieluise Beck (Bremen), Dr. Franziska Brantner,
Agnieszka Brugger, Tom Koenigs, Dr. Tobias Lindner, Omid Nouripour,
Cem Özdemir, Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, Jürgen Trittin,
Doris Wagner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zusammenarbeit der Bundesregierung mit privaten Stiftungen, insbesondere der
Bill & Melinda Gates Foundation

Im Jahr 2011 haben das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung (BMZ) und die Bill & Melinda Gates Foundation (BMGF) mit
der Unterzeichnung eines Memorandum of Understanding (MoU) gemeinsame
Prinzipien, Ziele und Methoden ihrer entwicklungspolitischen Zusammenarbeit
in den Bereichen Gesundheit, Wasser und sanitäre Einrichtungen, Landwirtschaft
und ländliche Entwicklung, Stadtentwicklung sowie Mikrofinanzen festgehalten.
Durch die engere Partnerschaft sollte laut der Bundesregierung das Engagement
des privaten Sektors und die Wirksamkeit der deutschen Entwicklungszusam-
menarbeit gestärkt, ihre Sichtbarkeit erhöht und zusätzliche Mittel für entwick-
lungspolitische Zwecke gehebelt werden.
Nach fünf Jahren stellt sich die Frage, wie die bisherigen Erfahrungen, Erkennt-
nisse und Ergebnisse der Zusammenarbeit aussehen. Darüber hinaus gilt es, die
Auswirkungen des Bedeutungszuwachses von großen philanthropischen Stiftun-
gen auf die Entwicklungsfinanzierung und die Formulierung und Umsetzung ent-
wicklungspolitischer Strategien zu thematisieren und zu reflektieren und daraus
entsprechende Konsequenzen abzuleiten.
Aktuelle Studien (www.globalpolicy.org/images/pdfs/GPFEurope/Philanthropic_
Power_line.pdf; www.globaljustice.org.uk/sites/default/files/files/resources/gated-
development-global-justice-now.pdf) zeigen auf, wie in den vergangenen zwei
Jahrzehnten private Stiftungen – allen voran die BMGF – mit ihren finanziellen
Ressourcen auch ihre Agenda-Setting-Macht durch zweckgebundene Gelder,
Kopplung von Förderung an die Finanzierungszusagen von Regierungen und Per-
sonal in Entscheidungsgremien von Geberinstitutionen an demokratischen Pro-
zessen vorbei und im Rahmen eines technisch-ergebniszentrierten Ansatzes eta-
blieren konnten und so zu einflussreichen Akteuren vor allem in der globalen Ge-
sundheits- und Landwirtschaftspolitik geworden sind.
Vor diesem Hintergrund ist die Bundesregierung angehalten, die Risiken und Ne-
benwirkungen des zunehmenden Einflusses großer philanthropischer Stiftungen
kritisch zu beobachten und aktuelle Partnerschaften anhand transparenter Krite-
rien zu evaluieren sowie zukünftige Partnerschaften und Kooperation dement-
sprechend auszugestalten.

Drucksache 18/8369 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Kooperationsprojekte haben das BMZ und die Durchführungsorga-

nisationen (insbesondere die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zu-
sammenarbeit GmbH – GIZ –, Kreditanstalt für Wiederaufbau – KfW –,
Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH – DEG – und
DIE) bisher mit der BMGF durchgeführt oder sind bereits zugesagt (bitte
nach Projekten, Mitteln der Bundesregierung, Mitteln der BMGF und ggf.
Dritter sowie Laufzeit aufschlüsseln)?

2. Welche Kooperationsprojekte mit der BMGF haben andere Bundesministerien
und öffentliche Institutionen in Deutschland bislang abgeschlossen (bitte nach
Projekten, Mitteln der Bundesregierung, Mitteln der BMGF und ggf. Dritter
sowie Volumen und Ministerien bzw. Institutionen aufschlüsseln)?

3. Welche Finanzbeiträge hat die Bundesregierung für Partnerschaftsprojekte
mit der BMGF bisher bereitgestellt oder zugesagt, und welche davon werden
auf die offizielle Entwicklungszusammenarbeit (ODA) angerechnet (bitte
nach Projekten, Finanzvolumen und Laufzeit aufschlüsseln)?

4. Welche Berichts- und Rechenschaftspflichten bestehen in den einzelnen Ko-
operationsprojekten gegenüber der BMGF?

5. Welche weiteren Bedingungen haben die Bundesregierung und die BMGF
an Kooperationsprojekte gestellt?

6. Welche der Kooperationsprojekte zwischen BMZ und BMGF bzw. GIZ,
KfW oder DEG wurden bisher evaluiert?
Zu welchem Ergebnis sind die Evaluationen gekommen?
Was waren die erzielten Wirkungen?
Wurden die vereinbarten Ziele erreicht?
Wo gab es Schwierigkeiten/Probleme in der Kooperation?

7. Welche Erkenntnisse haben sich aus der Koppelung der Finanzierung an Er-
gebniserreichung (results-based financing) ergeben?
Wurden bislang Finanzmittel in Kooperationsvorhaben aufgrund mangeln-
dem Fortschritts nicht ausgezahlt (wenn ja, bitte nach Projekt, Volumen und
Grund aufschlüsseln)?

8. Mit welchen weiteren privaten Stiftungen bestehen Partnerschaften oder Ko-
operationsprojekte seitens der Bundesregierung im Bereich internationale
Zusammenarbeit (bitte nach Ressort, Projekten, Mitteln der Bundesregie-
rung, Mitteln der jeweiligen Stiftungen und Laufzeit aufschlüsseln)?

9. Welche Kriterien bzw. Standards hat die Bundesregierung für die Kooperation
mit privaten Stiftungen in der internationalen Zusammenarbeit formuliert?

10. Plant die Bundesregierung die verstärkte Kooperation mit deutschen privaten
Stiftungen?
Mit welchen deutschen privaten Stiftungen steht die Bundesregierung hin-
sichtlich möglicher Kooperationsprojekte in Kontakt?

11. Wie begründet die Bundesregierung, dass es zwischen BMZ und BMGF ein
MoU gibt?

12. Mit welchen anderen privaten Institutionen hat die Bundesregierung ein ver-
gleichbares MoU unterzeichnet?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8369
 

13. Ist eine Überarbeitung bzw. Neufassung des gegenwärtigen MoU zwischen
BMZ und BMGF geplant?
Wenn ja, welches sind die Beweggründe für eine Neuauflage, und wann soll
das neue MoU ggf. unterzeichnet werden?
Wird das MoU für die Öffentlichkeit zugänglich sein?

14. In welchen Themenbereichen sind neue Kooperationsprojekte mit der
BMGF geplant?
Welche konkreten Maßnahmen (Programme und Projekte) sind im Rahmen
der Kooperation bereits vereinbart?

15. Auf welche Weise werden zivilgesellschaftliche Akteure und die von den
Kooperationsprojekten unmittelbar oder mittelbar betroffenen Bevölke-
rungsgruppen sowie die Partnerländer in die Ausgestaltung und Umsetzung
der Kooperationsprojekte einbezogen?

16. Welche weiteren Akteure sollen an der Durchführung von Kooperationen
beteiligt sein (private Unternehmen, wissenschaftliche Institute etc.)?

17. Welche Maßnahmen für Berichterstattung und Evaluation der Vorhaben sind
im Rahmen der zukünftigen Kooperation vorgesehen?

18. Welche potenziellen Risiken sieht die Bundesregierung in der Kooperation
mit der BMGF?

19. Welche potenziellen Risiken sieht die Bundesregierung für die internationale
Zusammenarbeit im Allgemeinen in der immer weiter verbreiteten Koopera-
tion mit privaten Stiftungen, insbesondere durch die Vergabe großzügiger, aber
zweckgebundener Finanzmittel ohne direkte demokratische Legitimation?

20. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen für ihre Zusammenarbeit
zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass die BMGF sich für die Nut-
zung von genverändertem Saatgut einsetzt?

21. Hat die BMGF den Einsatz von genverändertem Saatgut in bisherigen Ko-
operationsprojekten mit GIZ, KfW oder DEG vorgeschlagen, und wenn ja,
in welchen?

22. Wird in Kooperationsprojekten zwischen BMGF und GIZ, KfW oder DEG
genverändertes Saatgut eingesetzt, und wenn ja, in welchen?

23. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen für ihre Zusammenarbeit
zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass die BMGF beispielsweise
im Rahmen von Water Efficient Maize for Africa (WEMA) mit dem Unter-
nehmen Monsanto kooperiert, das in jüngster Zeit vermehrt in der Kritik
steht, insbesondere wegen der negativen Auswirkungen seiner Ge-
schäftspraktiken auf Kleinbauern?

24. Welche Gefahren bestehen aus der Sicht der Bundesregierung durch die
zweckgebundene Vergabe von Geldern der BMGF an die Weltgesundheits-
organisation (WHO) und die damit einhergehende Einflussnahme auf die
WHO-Agenda sowie die Entsendung von Personal in die Einrichtungen der
Vereinten Nationen (VN), wie kann in diesem Bereich mehr Transparenz und
Kontrolle geschaffen werden, und wird dies nach Wissen der Bundesregie-
rung auch in VN-Kreisen diskutiert?

Drucksache 18/8369 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

25. Was verändert aus der Sicht der Bundesregierung die umfangreiche For-
schungsfinanzierung und Unterstützung von marktorientierten und technolo-
giebasierten Ansätzen durch die BMGF im Bereich der internationalen Zu-
sammenarbeit?

Berlin, den 2. Mai 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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