BT-Drucksache 18/8306

Amtsausübung des Vorstands der Conterganstiftung

Vom 27. April 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8306
18. Wahlperiode 27.04.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Corinna Rüffer, Brigitte Pothmer,
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Markus Kurth, Ekin Deligöz, Britta Haßelmann,
Sven-Christian Kindler, Beate Müller-Gemmeke, Elisabeth Scharfenberg,
Maria Klein-Schmeink, Doris Wagner, Beate Walter-Rosenheimer und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Amtsausübung des Vorstands der Conterganstiftung

Die Bundesbeauftrage für den Datenschutz und die Informationsfreiheit,
Andrea Voßhoff, hat einer Contergangeschädigten in einem Schreiben vom
29. März 2016, das den Fragestellern vorliegt, mitgeteilt, dass der Vorstand der
Conterganstiftung für behinderte Menschen zurückgetreten sei. Laut Aussagen
von Contergangeschädigten war der Vorstand schon seit dem 30. Januar 2016
nicht mehr im Amt. Das wurde jedoch zu keinem Zeitpunkt öffentlich gemacht.
Am 8. April 2016 erschien dann eine Mitteilung auf der Stiftungswebsite
www.conterganstiftung.de, in der es hieß, dass der Vorstand im Amt sei. Am
13. April 2016 erklärte Elke Ferner, Parlamentarische Staatssekretärin im Bun-
desministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), in der Fra-
gestunde des Deutschen Bundestages, es habe „keinen wirksamen Rücktritt des
Vorstandes gegeben.“
Vor diesem Hintergrund ist es sehr erstaunlich, dass direkte Nachfragen der Fra-
gesteller nach dem Verbleib des Vorstands der Conterganstiftung für behinderte
Menschen am 1. und 4. April 2016 von der Geschäftsstelle der Stiftung und vom
zuständigen Referat des BMFSFJ nur ausweichend beantwortet wurden. Der
Rücktritt wurde dabei nicht dementiert.
Ein Rücktritt des Vorstands der Conterganstiftung für behinderte Menschen oder
das Ruhenlassen des Amtes über viele Wochen sind auch deshalb so bedeutend,
weil der Vorstand über die Gewährung von Leistungen zur Deckung spezifischer
Bedarfe an Contergangeschädigte entscheidet. Den Fragestellern liegen glaub-
hafte Hinweise darauf vor, dass zwischen Ende Januar und Anfang April 2016
keine entsprechenden Bescheide versendet werden konnten, weil die Unterschrift
des Vorstands fehlte.
Das ursprünglich dritte Vorstandsmitglied ist bereits am 27. April 2015 zurück-
getreten, weil die Arbeit für sie, wie sie in einem Schreiben vom 1. Juli 2015 an
die Mitglieder des Stiftungsrats erklärte, so zeitintensiv war, dass sie ehrenamt-
lich neben ihrer freiberuflichen Tätigkeit nicht zu leisten sei. Ihr Posten ist bis
heute nicht wieder besetzt worden.

Drucksache 18/8306 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Hat es zwischen Januar und April 2016 einen Rücktritt des Vorstands oder
eines Vorstandsmitglieds der Conterganstiftung für behinderte Menschen ge-
geben, der aber nicht wirksam war?
Wenn ja, warum war der Rücktritt „nicht wirksam“, bzw. was versteht die
Bundesregierung in diesem Zusammenhang unter „kein wirksamer Rück-
tritt“?

2. Wie und gegenüber wem müsste der Vorstand der Conterganstiftung für be-
hinderte Menschen seinen Rücktritt erklären, damit er wirksam ist?

3. Sehen die Rechtgrundlagen der Conterganstiftung für behinderte Menschen
ein Ruhenlassen von Vorstandsämtern oder vergleichbare Regelungen vor?
Wenn nein, welche Möglichkeiten stehen Mitgliedern des Vorstands, die ihr
Amt nicht ausüben wollen oder können, neben einem Rücktritt offen?

4. Warum wurden die Nachfragen der Fragesteller nach dem Rücktritt des Vor-
stands weder von der Geschäftsstelle der Conterganstiftung für behinderte
Menschen und dem Stiftungsratsvorsitzenden (am 1. April 2016) noch von
der zuständigen Referatsleiterin im BMFSFJ (am 4. April 2016) konkret be-
antwortet?
Warum hat niemand einen Rücktritt dementiert?

5. Hat der Vorstand der Conterganstiftung für behinderte Menschen zu irgend-
einem Zeitpunkt zwischen Januar und April 2016 mit Rücktritt gedroht
und/oder sein Amt zweitweise nicht ausgeübt bzw. ruhen lassen, und wenn
ja, warum?
Wenn ja, warum wurden darüber nicht alle Mitglieder des Stiftungsrats
(ordentliche und stellvertretende Mitglieder) informiert?
Falls einzelne Mitglieder des Stiftungsrats informiert wurden, warum und
nach welchen Kriterien wurden diese ausgewählt, und wieso wurden nicht
alle Mitglieder informiert?

6. Ist es aus Sicht der Bundesregierung angemessen, dass die Betroffenenver-
treter im Stiftungsrat – selbst auf entsprechende Nachfragen hin – keine In-
formationen über den Verbleib des Vorstands erhalten haben?

7. Inwieweit war nach Ansicht der Bundesregierung in den letzten Monaten der
laufende Betrieb der Stiftung, insbesondere die in die Zuständigkeit des Vor-
stands fallende Entscheidung über Gewährung von Leistungen zur Deckung
spezifischer Bedarfe nach § 13 des Conterganstiftungsgesetzes, sicherge-
stellt?
Wie viele Anträge auf Bewilligung von Leistungen zur Deckung spezifischer
Bedarfe nach § 13 des Conterganstiftungsgesetzes wurden im Februar und
März 2016 beschieden oder trifft es zu, dass ab Ende Januar 2016 mehrere
Wochen lang derartige Anträge nicht abschließend bearbeitet bzw. Be-
scheide nicht versandt werden konnten?
Wie viele entsprechende Anträge wurden im Februar und März 2015 be-
schieden bzw. abschließend bearbeitet?
Sofern es zutrifft, dass Anträge im Februar und März 2016 nicht abschlie-
ßend bearbeitet bzw. Bescheide nicht versandt werden konnten, warum war
das der Fall?

8. Wer erledigt die Aufgaben des Vorstands in Zeiten, in denen kein Vorstand
im Amt ist bzw. der Vorstand sein Amt ruhen lässt/nicht ausübt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8306
9. Was hat die Bundesregierung seit dem ersten Rücktritt eines Vorstandsmit-
glieds am 27. April 2015 unternommen, um den Posten neu zu besetzen oder
warum wurde nichts unternommen?

10. Ist es aus Sicht der Bundesregierung zumutbar, dass die Aufgaben des Vor-
stands seit dem Rücktritt des ursprünglich dritten Vorstandsmitglieds am
27. April 2015 nur noch von zwei statt drei Personen wahrgenommen werden
bzw. wurden?
Wie und wo wird nach einer Nachfolgerin bzw. einem Nachfolger für das
zurückgetretene Vorstandsmitglied gesucht, und inwieweit werden der Stif-
tungsrat bzw. die Betroffenenvertreter dabei eingebunden?
Wenn nein, warum nicht?
Hat das BMFSFJ bereits eine entsprechende Kandidatin bzw. einen Kandi-
daten vorgeschlagen und ist diese bzw. dieser im Abstimmungsprozess?

11. Sind aus Sicht der Bundesregierung die ehrenamtlichen Strukturen des Vor-
stands sinnvoll angesichts dessen, dass seine Aufgaben spätestens seit In-
krafttreten des Dritten Conterganstiftungsänderungsgesetzes sehr zeitinten-
siv sind, insbesondere da dieser über die Gewährung von Leistungen zur
Deckung spezifischer Bedarfe entscheidet?

12. Wird darüber nachgedacht, diese Strukturen zu ändern?
Wenn ja, inwiefern?
Wenn nein, warum nicht?
Ist der Vorstand der Conterganstiftung für behinderte Menschen gegenüber
den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Geschäftsstelle weisungsbefugt
und hat er Sanktionsmöglichkeiten?
Wenn nein, warum nicht?
Wäre es nach Ansicht der Bundesregierung sinnvoll, wenn die Geschäfts-
stelle der Conterganstiftung für behinderte Menschen vom Bundesamt für
Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) unabhängig wäre?
Wenn nein, warum nicht?

13. Trifft es zu, dass kürzlich alle Stiftungsratsmitglieder außer dem Vorsitzen-
den und den Betroffenenvertretern ausgetauscht wurden?
Wenn ja, wann, und warum wurden neue Mitglieder benannt?

Berlin, den 27. April 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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