BT-Drucksache 18/8189

Förderung des Mietwohnungsneubaus mittels steuerlicher Sonderabschreibungen

Vom 19. April 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8189
18. Wahlperiode 19.04.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Axel Troost, Klaus Ernst, Caren Lay,
Susanna Karawanskij, Kerstin Kassner, Jutta Krellmann, Thomas Lutze,
Thomas Nord, Richard Pitterle, Michael Schlecht, Dr. Kirsten Tackmann und
der Fraktion DIE LINKE.

Förderung des Mietwohnungsneubaus mittels steuerlicher Sonderabschreibungen

Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungs-
neubaus (Bundestagsdrucksache 18/7736) verfolgt die Bundesregierung das Ziel,
in Gebieten mit angespannter Wohnungslage durch den Neubau von Mietwoh-
nungen das Angebot an bezahlbarem Wohnraum auszuweiten. Zu diesem Zweck
soll durch die Einführung eines neuen § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG)
ermöglicht werden, eine auf drei Jahre begrenzte Sonderabschreibung auf die Ge-
bäude vorzunehmen. Konkret sieht die Regelung vor, dass in den ersten beiden
Jahren der Anschaffung oder Herstellung bis zu 10 Prozent, im darauffolgenden
Jahr maximal weitere 9 Prozent der Bemessungsgrundlage zusätzlich zur regulä-
ren linearen Abschreibung in Höhe von 2 Prozent pro Jahr geltend gemacht wer-
den können. Die Bemessungsgrundlage bezieht sich auf die Anschaffungs- oder
Herstellungskosten und ist begrenzt auf maximal 2 000 Euro je m2 Wohnfläche.
Zum Zwecke einer zielgerichteten Förderung ist eine Kappungsgrenze vorgese-
hen. Danach kann die Begünstigung nur in Anspruch genommen werden, wenn
die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht mehr als 3 000 Euro je m2
Wohnfläche betragen. Weiterhin besteht eine zehnjährige Bindung zur entgeltli-
chen Nutzung als Mietwohnung. Die Regelung richtet sich sowohl an private als
auch institutionelle Investoren.
Diese indirekte Subvention zur Förderung des Mietwohnungsneubaus wird im
Gesetzentwurf von der Bundesregierung als alternativlos bezeichnet. Es bleibt
offen, aus welchen Gründen direkte Subventionen, z. B. in Form von Investiti-
onszulagen, auf ihre Eignung zur Erreichung des angestrebten Ziels nicht geprüft
worden sind. So profitieren z. B. steuerbefreite Wohnungsbaugenossenschaften
überhaupt nicht von der steuerlichen Subvention. Auch enthält der Gesetzentwurf
keine Aussagen, mit wie vielen neuen Mietwohnungen die Bundesregierung
durch die Maßnahme rechnet. Es ist damit ungeklärt, inwieweit die Neuregelung
überhaupt einen Beitrag zur Entspannung auf dem Mietwohnungsmarkt leisten
kann oder ob die Neuregelung nur zu Mitnahmeeffekten führt. Nicht zuletzt die
Änderungsvorschläge der Länder (Bundestagsdrucksache 18/8044) weisen da-
rauf hin, dass die geplante Neuregelung nur schwer zu administrieren und zudem
gestaltungsanfällig ist.

Drucksache 18/8189 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Inwieweit existierten in der Vergangenheit ähnliche indirekte Förderinstru-

mente im Einkommensteuergesetz, die vergleichbar mit der nun beabsichtig-
ten Sonderabschreibung nach § 7b EStG des Gesetzentwurfs sind (bitte dar-
stellen)?

2. Warum befürwortet die Bundesregierung zur Förderung des Neubaus von
Mietwohnungen eine indirekte Steuersubvention gegenüber einer direkten
Förderung (bitte die Vorteile einer indirekten Förderung gegenüber einer di-
rekten Förderung darstellen)?

3. Wie quantifiziert die Bundesregierung den Begriff „preiswerter (Miet-)Woh-
nungsneubau“ unter Abschnitt A „Problem und Ziel“ des Gesetzentwurfs
(bitte begründen)?

4. Welche empirischen Erkenntnisse hat die Bundesregierung für die unter Ab-
schnitt A „Problem und Ziel“ genannte Aussage des Gesetzentwurfs, dass
für immer mehr Haushalte die Schwierigkeit besteht, eine bezahlbare Woh-
nung zu finden (bitte begründen)?

5. Aus welchen Gründen wurde nicht eine alternative direkte Förderung unter
Abschnitt C „Alternativen“ des Gesetzentwurfs diskutiert und erörtert?

6. Welche Anzahl von zusätzlichen Mietwohnungsneubauten und welche An-
zahl von zusätzlichen Mietwohnungen ist nach Ansicht der Bundesregierung
in den Jahren 2016 bis 2022 erforderlich, damit die unter Abschnitt A „Prob-
lem und Ziel“ des Gesetzentwurfs festgestellte angespannte Wohnungslage
beseitigt wird (bitte begründen und die empirischen Erkenntnisse darstel-
len)?

7. Wie quantifiziert die Bundesregierung die Begriffe „unteres und mittleres
Mietpreissegment“ unter Abschnitt E.1 „Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen
und Bürger“ des Gesetzentwurfs (bitte begründen)?

8. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass die beabsichtigte Förderung
nach § 7b EStG des Gesetzentwurfs einen Kannibalisierungseffekt in dem
Sinne bewirkt, dass die Schaffung von neuem Mietwohnraum zu Lasten des
sozialen Wohnungsbaus geht (bitte begründen)?

9. Mit wie vielen neuen Mietwohnungen rechnet die Bundesregierung durch
die Einführung der Sonderabschreibung in den Jahren 2016 bis 2022 (bitte
die Anzahl der Mietwohnungen, der Abschreibungsobjekte, der neu geschaf-
fenen Wohnungsfläche insgesamt, differenziert nach Bundesländern und
Jahren angeben sowie die Berechnung erläutern)?

10. Auf welche empirischen Erkenntnisse erstreckt sich die unter Frage 9 ge-
nannte Wirkungsweise der Sonderabschreibung (bitte begründen)?

11. Mit wie vielen neuen Mietwohnungen rechnet die Bundesregierung durch
die Einführung der Sonderabschreibung in den Jahren 2016 bis 2022 unter
Beachtung der Förderungsgrenzen nach den Vorschlägen der Länder auf
Bundestagsdrucksache 18/8044 (bitte die Anzahl der Mietwohnungen, der
Abschreibungsobjekte, der neu geschaffenen Wohnungsfläche insgesamt,
differenziert nach Bundesländern und Jahren angeben sowie die Berechnung
erläutern)?

12. Welche fiskalischen Mindereinnahmen ergeben sich aus der befristeten Ein-
führung der geplanten Sonderabschreibung nach § 7b EStG des Gesetzent-
wurfs in den Jahren 2016 bis 2030 (bitte differenziert nach Jahren, Gebiets-
körperschaften und Steuerarten angeben)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8189
 

13. Mit welchem Erfüllungsaufwand rechnet die Bundesregierung für die Wirt-
schaft und die steuerpflichtigen Personen in den Jahren 2016 bis 2022 durch
die Inanspruchnahme des § 7b EStG des Gesetzentwurfs (bitte die Anzahl an
betroffenen Personen angeben)?

14. Welche empirischen Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Höhe
der Herstellungskosten von Wohnimmobilien in den Jahren 2010 bis 2015
(bitte differenziert nach Jahren angeben und unter gesondertem Ausweis der
Kosten, die auf Grund und Boden entfallen)?

15. Stimmt die Bundesregierung der Auffassung des Bundesrates (Nummer 1
auf Bundestagsdrucksache 18/8044) zu, dass nicht steuerbelastete öffentliche
Wohnungsbaugesellschaften und Vermietungsgenossenschaften an der vor-
gesehenen Sonderabschreibung regelmäßig nicht partizipieren (bitte begrün-
den)?

16. Inwieweit befürwortet die Bundesregierung den Einsatz von zusätzlichen
Förderinstrumenten, damit auch nicht steuerbelastete Haushalte und Körper-
schaften einen Anreiz zur Schaffung von neuem Wohnraum erhalten (bitte
begründen)?

17. Inwieweit befürwortet die Bundesregierung eine Ausweitung der beabsich-
tigten Förderung auch auf neu geschaffenen Wohnraum zur eigenen Nutzung
(bitte begründen)?

18. Wie kann durch die Finanzverwaltung überprüft werden, dass der neu ge-
schaffene Wohnraum nach § 7b Absatz 2 EStG des Gesetzentwurfs mindes-
tens zehn Jahre nach der Anschaffung oder der Herstellung zur entgeltlichen
Überlassung zu Wohnzwecken genutzt wird, insbesondere in Fällen einer
zwischenzeitlichen Veräußerung (bitte begründen)?

19. Wie ermitteln sich die in § 7b Absatz 5 EStG des Gesetzentwurfs genannten
Anschaffungs- und Herstellungskosten (bitte begründen)?

20. Inwieweit sind nachträgliche Anschaffungs- und Herstellungskosten bei der
Förderobergrenze und der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen (bitte
begründen)?

21. Inwieweit erfasst die Förderung nach § 7b EStG des Gesetzentwurfs auch
bisher gewerblich genutzte Objekte, die in Mietwohnungen umgebaut oder
umgewandelt werden (bitte begründen)?

22. Inwieweit erfasst die Förderung nach § 7b EStG des Gesetzentwurfs auch
den Um- oder Ausbau bisher fremdvermieteter Objekte (bitte begründen)?

23. Nach welchen Grundsätzen ist die in § 7b Absatz 5 EStG des Gesetzentwurfs
genannte Wohnfläche zu ermitteln, und wie ist hierbei sichergestellt, dass die
Berechnung innerhalb der Länder einheitlich vollzogen wird (bitte begrün-
den)?

24. Inwieweit kann ausgeschlossen werden, dass die beabsichtigte Neuregelung
durch Mietverträge zwischen nahen Angehörigen zu nicht marktüblichen
Mietpreisen missbräuchlich im Sinne des Gesetzeszwecks ausgenutzt wird
(bitte begründen)?

25. In welchem Umfang entfällt nachträglich die gewährte Sonderabschreibung,
wenn sich nach Anschaffung oder Herstellung die ursprünglich ermittelte
Wohnfläche innerhalb der Zehn-Jahres-Frist, z. B. durch Umwidmungen der
Nutzung, verringert (bitte begründen)?

Drucksache 18/8189 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

26. In welchen Ländern wurden noch keine Rechtsverordnungen erlassen, die
nach den §§ 556d, 558 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angespannte Woh-
nungsmärkte bzw. Gebiete mit abgesenkter Kappungsgrenze ausweisen, und
inwieweit geht in diesen Ländern die beabsichtigte Förderung ins Leere (bitte
begründen)?

27. Inwieweit wurde bei der Europäischen Kommission um beihilferechtliche
Genehmigung gebeten, und wie ist diesbezüglich der Sachstand?

28. Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass infolge regionaler Un-
terschiede zwischen den Ländern, u. a. auch durch unterschiedliche Steuer-
sätze bei der Grunderwerbsteuer, die Herstellungskosten für neue Wohnim-
mobilien sehr stark schwanken, so dass eine einheitliche Förderobergrenze,
wie sie jetzt in § 7b EStG des Gesetzentwurfs beabsichtigt wird, zu keiner
sachgerechten und zielgerichteten Förderung führt (bitte begründen)?

29. Inwieweit befürwortet die Bundesregierung die Förderung nach § 7b EStG
an eine Mietpreisobergrenze zu koppeln, um dadurch einen zielgerichteten
Mietwohnungsneubau für mittlere und untere Einkommensgruppen zu be-
wirken (bitte begründen)?

Berlin, den 19. April 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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