BT-Drucksache 18/7977

Aufträge des Bundesministeriums der Verteidigung sowie privater Rüstungsfirmen an öffentliche Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen

Vom 22. März 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7977
18. Wahlperiode 22.03.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Nicole Gohlke, Sigrid Hupach, Jan van Aken,
Christine Buchholz, Sevim Dağdelen, Wolfgang Gehrcke, Annette Groth,
Dr. Rosemarie Hein, Inge Höger, Andrej Hunko, Ulla Jelpke, Jan Korte,
Katrin Kunert, Ralph Lenkert, Niema Movassat, Norbert Müller (Potsdam),
Dr. Alexander S. Neu, Harald Petzold (Havelland), Dr. Petra Sitte,
Kersten Steinke, Frank Tempel, Kathrin Vogler, Katrin Werner
und der Fraktion DIE LINKE.

Aufträge des Bundesministeriums der Verteidigung sowie privater
Rüstungsfirmen an öffentliche Hochschulen und außeruniversitäre
Forschungseinrichtungen

In den vergangenen Jahren hat sich die Fraktion DIE LINKE. mehrfach in Form
von Kleinen Anfragen nach militärischer oder wehrtechnisch relevanter For-
schung an öffentlichen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrich-
tungen erkundigt. Bereits zweimal stufte die Bundesregierung Informationen zur
Verteilung der Ressortforschungsaufträge seitens des Bundesministeriums der
Verteidigung (BMVg) als „VS-Nur für den Dienstgebrauch“ ein und enthielt sie
damit der Öffentlichkeit vor (Bundestagsdrucksachen 17/3337, 18/851). Im Sinne
des Transparenzgebots von öffentlich finanzierter Forschung kann die Bundesre-
gierung Hochschulen von der Verschwiegenheitsverpflichtung bezüglich For-
schungsprojekten, die von der Bundeswehr bzw. dem BMVg finanziert werden,
entbinden (Bundestagsdrucksachen 18/851, 18/2197). Die Fragesteller konnten
bisher feststellen, dass das in Einzelfällen passierte. Insgesamt führt jedoch die
Geheimhaltungspraxis selbst im Bereich der staatlich verausgabten Gelder zu ei-
nem hohen Grad an Intransparenz.
Darüber hinaus kann das Maß an Auftragsforschung seitens privater Rüstungs-
konzerne an öffentlichen Hochschulen und außeruniversitären Forschungsein-
richtungen nicht überblickt werden. Trotz des öffentlichen Interesses und Auffor-
derungen in vergangenen Kleinen Anfragen, hat sich die Bundesregierung dar-
über keinen Überblick verschafft, sondern sich auf den Standpunkt zurückgezo-
gen, „keine Erforschungspflicht“ zu haben (Bundestagsdrucksachen 18/851,
18/2197).
Laut Bundesregierung liegen die einzelnen Forschungsprojekte an öffentlichen
Forschungseinrichtungen nicht im direkten Verantwortungsbereich der Bundes-
regierung, obwohl sie in den Aufsichtsgremien der außeruniversitären For-
schungseinrichtungen vertreten ist. Die Fragesteller sehen allerdings eine Re-
chenschaftspflicht gegenüber der Öffentlichkeit, da der Bund die öffentlichen
Forschungseinrichtungen maßgeblich mitfinanziert.

Drucksache 18/7977 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

Im Weiteren kann die Bundesregierung entsprechend eigener Angaben (Bundes-
tagsdrucksache 18/2197) nicht ausschließen, dass mittels der Deutschen For-
schungsgemeinschaft e. V. (DFG) Projektfinanzierung direkt oder indirekt (bei-
spielsweise im Rahmen von Wissenstransfer über Kooperationen oder über grö-
ßere Forschungsverbünde) militärische oder wehrtechnisch relevante Forschung
betrieben wird. Hier gilt es, weitere Klärung herzustellen.
Ebenso relevant für das Gesamtbild und darum Gegenstand der Abfrage sind
Informationen zum Ausmaß der Sicherheitsforschung oder der sogenannten
Dual-Use-Forschung, die gleichermaßen im zivilen oder militärischen Bereich
angesiedelt sein können.
Mit der hier angestrebten aktuellen Übersicht möchten die Fragesteller eine der
Öffentlichkeit zugängliche Informationsquelle hinsichtlich militärisch und wehr-
technisch verwertbarer Forschung sowie ziviler Forschung, die militärisch ge-
nutzt wird, an öffentlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen schaffen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Drittmittel- bzw. Forschungsaufträge hat das BMVg nach Kenntnis

der Bundesregierung seit dem Jahr 2014 an öffentliche Hochschulen und
Forschungseinrichtungen, die nicht Einrichtungen der Bundeswehr sind, er-
teilt (bitte jeweils Projektname sowie genauer als „Zuwendung“ oder „Zu-
wendungsbescheid“ mit Projektnummer bzw. Identifizierungsnummer, fi-
nanziellem Umfang, Forschungseinrichtung und Fakultät bzw. Fachbereich
angeben und nach beauftragten Institutionen und Nationen bzw. Bundeslän-
dern sortieren)?

2. Welche Zusammenarbeit der wehrwissenschaftlichen Dienststellen des
BMVg oder der vom BMVg grundfinanzierten Forschungseinrichtungen mit
Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen, die nicht Einrichtungen
der Bundeswehr sind, hat nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr
2014 stattgefunden (bitte jeweils Projektname, Projektnummer bzw. Identi-
fikationsnummer, finanziellen Umfang, Forschungseinrichtung und Fachbe-
reich angeben und nach Forschungseinrichtung sortieren)?

3. Welche bundesdeutschen öffentlichen Hochschulen – außer Universitäten
der Bundeswehr – erhielten nach Kennnis der Bundesregierung seit dem Jahr
2014 Ressortforschungsaufträge seitens des BMVg (bitte entsprechend der
Antworten der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksachen 18/2455 und
17/6200 nach Bundesländern, Höhe der Zuwendung und Jahren aufschlüs-
seln)?

4. Welche Einzelfallbetrachtungen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung
im Sinne des Transparenzgebots seit dem Jahr 2014 unternommen, um die
Hochschulen bezüglich Forschungsprojekten, die von der Bundeswehr bzw.
dem BMVg finanziert werden, von ihrer Verschwiegenheitsverpflichtung zu
entbinden (bitte nach Hochschule, Fachbereich, Projekt, Art und Ort der Ver-
öffentlichung sortieren)?

5. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über militärische, wehrtech-
nisch relevante oder Dual-Use-Forschungsaufträge von privaten Firmen an
öffentliche Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die nicht Einrichtun-
gen der Bundeswehr sind?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7977
 

6. Welche öffentlichen Hochschulen und außeruniversitären Forschungsein-
richtungen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen des For-
schungsprogramms des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
(BMBF) „Forschung für die zivile Sicherheit 2012 bis 2017“ an Forschungs-
projekten beteiligt, unter deren Projektkooperationspartnern Unternehmen
oder Institutionen sind, die eine Rüstungs- oder Wehrtechniksparte haben
(bitte nach Institution, Programmlinie, Forschungsprojekt, Projektlaufzeit,
finanziellem Projektvolumen und Kooperationspartner aufschlüsseln)?

7. Welche Zivil- oder Friedensklauseln waren nach Kenntnis der Bundesregie-
rung zum Zeitpunkt der Beauftragung von Hochschulen mit Ressortfor-
schungsaufträgen seitens des BMVg seit dem Jahr 2014 in Kraft, entweder
weil sie in den Statuten festgeschrieben waren oder sich in den jeweiligen
Landeshochschulgesetzen befinden (bitte nach Hochschule bzw. Bundesland
sortieren)?

8. Erwägt die Bundesregierung die DFG zu beauftragen, zukünftig im Rahmen
der Projektantragsstellung Erklärungen von den Antragstellerinnen und An-
tragsstellern einzuholen, dass sie weder mit ihren direkten Kooperationspart-
nern außerhalb des Projekts noch im Rahmen eines größeren, anderen Pro-
jektverbundes für militärische oder wehrtechnisch relevante Ziele und Mittel
forschen (entsprechend der Aussage auf Bundestagsdrucksache 18/2197)?

9. An welchen Standorten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
e. V. (DLR) wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2014
Forschungsaufträge seitens des BMVg im Bereich der militärischen und
wehrtechnisch relevanten Forschung bearbeitet?

10. Welche Standorte des DLR kooperieren nach Kenntnis der Bundesregierung
mit einem oder mehreren der Unternehmen mit Aktivitäten im wehrtechni-
schen Bereich, Diehl Defence Holding GmbH, EADS Deutschland GmbH,
OHB-System AG, Rheinmetall Defence Electronics GmbH oder Rolls-
Royce Deutschland Ltd. & Co. KG, die zu den großen Fördermitgliedern des
DLR gehören (bitte nach Standort sortieren)?

11. Welche Organisationsmodelle zu Forschungskooperationszwecken, wie bei-
spielsweise ein eingetragener Verein oder eine GmbH o. ä., existieren nach
Kenntnis der Bundesregierung zwischen entweder Universitäten der Bundes-
wehr und/oder dem BMVg und/oder wehrwissenschaftlichen Dienststellen
der Bundeswehr und dem DLR und/oder Organisationen und/oder Instituti-
onen und/oder Unternehmen (beispielhaft wäre die Konstellation Munich
Aerospace-Fakultät für Luft- und Raumfahrt e. V. wie in der Antwort der
Bundesregierung zu Frage 14 auf Bundestagsdrucksache 18/851 beschrie-
ben)?

12. Welche noch aktiven Soldaten und Reservisten oder Soldaten a. D. haben
nach Kenntnis der Bundesregierung Lehraufträge, Lehrstühle oder leitende
Funktionen an öffentlichen Hochschulen und/oder außeruniversitären For-
schungseinrichtungen seit dem Jahr 2010 eingenommen (bitte nach Namen,
Institution und Abteilung aufschlüsseln)

13. Wie kam es nach Kenntnis der Bundesregierung zur Notwendigkeit der nach-
träglichen Korrektur der Angaben bezüglich erhaltener Ressortforschungs-
aufträge des BMVg an der Universität Bielefeld in den Jahren 2010 und 2011
auf Bundestagsdrucksache 18/2455?

14. Wie viele Studienplätze an öffentlichen Hochschulen, die nicht Bundeswehr-
hochschulen sind, wurden nach Kenntnis der Bundesregierung durch die
Bundeswehr im Rahmen ihrer Kontingente seit dem Jahr 2010 belegt (bitte
nach Semester, Bundesland, Hochschule und Fachbereichen aufschlüsseln)?

Drucksache 18/7977 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

15. Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung vom BMVg seit dem Jahr 2013
Forschungsaufträge an ausländische Hochschulen oder Forschungseinrich-
tungen vergeben bzw. Forschungskooperationen mit ausländischen Hoch-
schulen oder Forschungseinrichtungen finanziert (falls ja, bitte jeweils Pro-
jektname, Projektnummer bzw. Identifikationsnummer, finanziellen Umfang,
Forschungseinrichtung und Fachbereich angeben und nach Forschungsein-
richtung sortieren)?

16. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Forschungsaufträge finan-
ziert aus Etats des US-Verteidigungsministeriums und dessen angegliederte
Behörden oder Unterabteilungen oder anderer ausländischer Verteidigungs-
ministerien und deren angegliederte Behörden oder Unterabteilungen mit öf-
fentlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen in der Bundesrepublik
Deutschland?
Welche Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind davon seit dem Jahr
2013 betroffen, und seit wann hat die Bundesregierung jeweils welche
Kenntnisse von den jeweiligen Projekten (bitte jeweils Auftraggeber, Pro-
jektname, Projektnummer bzw. Identifikationsnummer, finanziellen Umfang,
Forschungseinrichtung und Fachbereich angeben und nach Forschungsein-
richtung und Jahr sortieren)?

Berlin, den 22. März 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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