BT-Drucksache 18/7970

Stand der Umsetzung der deutschen Zusagen an die Vereinten Nationen im Rahmen des Peacekeeping Summit im September 2015

Vom 18. März 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7970
18. Wahlperiode 18.03.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Franziska Brantner, Agnieszka Brugger,
Dr. Anton Hofreiter, Annalena Baerbock, Marieluise Beck (Bremen),
Uwe Kekeritz, Tom Koenigs, Dr. Tobias Lindner, Omid Nouripour, Cem Özdemir,
Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, Jürgen Trittin,
Doris Wagner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Stand der Umsetzung der deutschen Zusagen an die Vereinten Nationen im
Rahmen des Peacekeeping Summit im September 2015

Am 28. September 2015 fand in New York der sogenannte Leaders’ Summit on
Peacekeeping unter Leitung von US-Präsident Barack Obama statt. Dieses Tref-
fen bei den Vereinten Nationen (VN) im Rahmen der VN-Generalversammlung
fand nicht nur im 70. Jahr des Bestehens der VN statt, sondern auch nach einem
umfassenden Review-Prozess für den Bereich des Peacekeeping.
Der im Juni 2015 vorgelegte Bericht der hochrangigen Expertenkommission zur
Zukunft der VN-Friedenseinsätze (Report of the High-Level Independent Panel on
Peace Operations – kurz: HIPPO) evaluierte erstmals seit dem Brahimi-Bericht aus
dem Jahr 2000 umfassend die VN-Friedenseinsätze in ihrer ganzen Breite.
Der sogenannte HIPPO-Bericht legt nahe, dass das Engagement vieler Mitglied-
staaten zur Unterstützung der Friedenseinsätze noch verstärkt werden kann. Im-
mer wieder kommt es zu Engpässen bei der Bereitstellung von Personal, Material
und Finanzen, die es den VN unmöglich machen, schnell und effizient in einem
Krisenland zu agieren. Diese Erkenntnis ist nicht neu, die Expertinnen und Ex-
perten mahnen umso mehr an, dass die Mitgliedstaaten ihrer Beteuerung für die
Arbeit der VN auch mit Taten nachkommen.
Der sogenannte Peacekeeping Summit war eine Gelegenheit für die Mitgliedstaa-
ten, ihr Engagement im Rahmen der VN durch konkrete Zusagen zu unterstrei-
chen. So hat z. B. China 8 000 Blauhelmsoldaten zugesagt und Sierra Leone
500 Polizistinnen und Polizisten. Insgesamt wurden Zusagen für neue Truppen-
und Polizeikontingente in Höhe von 40 000 Personen gemacht, 30 000 mehr als
ursprünglich angenommen. Der Peacekeeping Summit gilt somit als Erfolg für
die Steigerung des Engagements vieler Mitgliedstaaten, zumal viele Länder mit
ihren Zusagen offenbar auch konkrete strategische Pläne verfolgten, so dass eine
Umsetzung ihrer Ankündigungen als wahrscheinlich gelten kann.
Die Bundesregierung hat auf Nachfrage (Bundestagsdrucksache 18/6301 Schrift-
liche Frage 17 des Abgeordneten Tom Koenigs) bei diesem Peacekeeping Sum-
mit u. a. deutsche Ausbilderinnen und Ausbilder, finanzielle Beiträge und mehr
ziviles Personal zugesagt. Konkrete Zahlen wurden nicht genannt. Lediglich für
den Bereich der Polizeiarbeit wurde dem Deutschen Bundestag eine Aufstockung
der entsandten Beamtinnen und Beamten für vier VN-Missionen per Brief durch
den Bundesminister des Auswärtigen Dr. Frank-Walter Steinmeier im Oktober
2015 mitgeteilt.

Drucksache 18/7970 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche konkreten Schlussfolgerungen und strategischen Handlungsempfeh-

lungen hat die Bundesregierung aus dem HIPPO-Bericht gezogen, und wel-
che konkreten Maßnahmen wurden oder werden derzeit von der Bundesre-
gierung erarbeitet, um diesen Schlussfolgerungen und strategischen Hand-
lungsempfehlungen Rechnung zu tragen (bitte einzeln aufschlüsseln und je-
weils mit Zeitplan für die Einführung und/oder Umsetzung angeben)?

2. Welche Anpassung ergibt sich ggf. aus dem HIPPO-Bericht für die „Leitli-
nien für Beiträge der Bundeswehr im Rahmen der Friedenssicherung der
Vereinten Nationen“, und inwieweit finden diese Anpassungen statt (bitte
detailliert darlegen)?

3. In welchem Umfang hat die Bundesregierung beim Peacekeeping Summit in
New York deutsche Ausbilderinnen und Ausbilder für den militärischen Be-
reich zugesagt?
a) Wie und in welchen konkreten Missionen sollen sie eingesetzt werden?
b) Sind bereits zusätzliche Ausbilderinnen und Ausbilder im Einsatz, und

wenn ja, wo?
c) Welche Aufgabe obliegt ihnen beim Aufbau von Missionshauptquartie-

ren?
d) Handelt es sich hier um einen einmaligen Beitrag oder erwägt die Bun-

desregierung dieses Engagement in Zukunft aufrechtzuerhalten?
4. Wie viele sogenannte Ausbildungsteams, für Drittstaaten möchte die Bun-

desregierung zur Verfügung stellen?
a) Bestehen bereits Ausbildungsteams, und wenn ja, wie sind sie zusammen-

gesetzt?
b) Welche Aufgaben sollen diese Ausbildungsteams übernehmen?
c) Sind bereits Ausbildungsteams von den VN angefragt worden?

5. Wie viele sogenannte Startup Kits (mobile Bürocontainer inklusive Ausrüs-
tung) stellt die Bundesregierung den VN zur Verfügung?
Sind bereits Startup Kits ausgeliefert worden, und wenn ja, wie viele?

6. Wie hoch ist der Anteil der deutschen Polizistinnen und Polizisten bei der Mis-
sion der Vereinten Nationen im Südsudan (United Nations Mission in the Re-
public of South Sudan, UNMISS), nachdem das Kabinett am 7. Oktober 2015
eine Erhöhung auf bis zu 20 Beamtinnen und Beamten der Polizei beschloss?

7. Wie hoch ist der Anteil der deutschen Polizistinnen und Polizisten bei der
Multidimensionalen Integrierten Stabilisierungsmission der Vereinten Nati-
onen in Mali (United Nations Multidimensional Integrated Stabilization Mis-
sion in Mali, MINUSMA), nachdem das Kabinett am 7. Oktober 2015 eine
Erhöhung auf bis zu 20 Beamtinnen und Beamten der Polizei beschloss?

8. Wie hoch ist der Anteil der deutschen Polizistinnen und Polizisten bei der
Mission der Vereinten Nationen in Somalia (United Nations Assistance Mis-
sion in Somalia, UNSOM), nachdem das Kabinett am 7. Oktober 2015 eine
Beteiligung mit bis zu fünf Beamtinnen und Beamten der Polizei beschloss?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7970
 

9. Wie hoch ist der Anteil der deutschen Polizistinnen und Polizisten bei der
Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Haiti (United Nations
Stabilization Mission in Haiti, MINUSTAH), nachdem das Kabinett am
7. Oktober 2015 eine Beteiligung mit bis zu 20 Beamtinnen und Beamten der
Polizei beschloss?

10. Wie viele Polizistinnen und Polizisten befinden sich nach diesen Aufsto-
ckungen insgesamt in VN-Einsätzen?
a) Plant die Bundesregierung darüber hinaus eine weitere Erhöhung ihres

Engagements im Bereich der Polizeiarbeit?
b) Wenn ja, in welchem Umfang?
c) Wenn nein, warum nicht?

11. Wie weit sind die in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine An-
frage auf Bundestagsdrucksache 18/2774 angekündigten Ressortabstimmun-
gen sowie Gespräche des Bundes mit den Ländern in Bezug auf eine im Ko-
alitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD angekündigte Bund-Länder-
Vereinbarung für den Einsatz von Polizistinnen und Polizisten in Friedens-
missionen gediehen?

12. Um wie viel ziviles Personal handelt es sich, das laut Aussage des Staats-
sekretärs Dr. Markus Ederer beim Peacekeeping Summit zugesagt wurde
(Bundestagsdrucksache 18/6301)?
a) Bis wann soll dieses Personal den VN zur Verfügung gestellt werden?
b) Sind für diese Bereitstellung noch formale Hindernisse wie Ausbildung

oder Rekrutierung notwendig?
13. Haben die Zusagen Deutschlands, die im Zusammenhang mit dem Peace-

keeping Summit gemacht wurden, Auswirkungen auf das Memorandum of
Understanding zwischen Deutschland und den VN aus dem Jahr 2000?

14. Welchen Beitrag verspricht sich die Bundesregierung von der Entsendung
der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) in Friedensmissionen?
a) Wie kam es zu der Entscheidung, die Entsendung des THW mit Hilfe ei-

nes Rahmenabkommens mit dem Department of Field Support des VN-
Sekretariats zu vereinbaren?

b) Nach welchen Maßgaben kann das Department of Field Support des VN-
Sekretariats auf das THW zugreifen?

c) Wurde das THW bereits im Zuge dieser Vereinbarung angefragt?
15. In welcher Höhe wurden beim Peacekeeping Summit „substantielle finanzi-

elle Beiträge für Initiativen der Vereinten Nationen zu Krisenprävention und
Mediation“ zugesagt (Antwort des Staatssekretärs Dr. Markus Ederer vom
6. Oktober 2015 auf Bundestagsdrucksache 18/6301)?
a) Sind von diesen zugesagten Geldern bereits Mittel abgeflossen?
b) Wenn ja, in welcher Höhe an welche Initiative?
c) Wenn nein, warum nicht?

16. Plant die Bundesregierung, sich am Ausbau der Mediationskapazitäten der
VN nur in finanzieller Hinsicht zu beteiligen oder sind auch andere Unter-
stützungsleistungen vorgesehen?

17. Welche Initiativen im Bereich der Krisenprävention hält die Bundesregie-
rung für besonders unterstützenswert?

Drucksache 18/7970 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

18. Welchen Analysen und Aussagen des HIPPO-Berichts legt die Bundesregie-
rung ihre Entscheidung zugrunde, die Auswahl an Unterstützungsleistungen
zu treffen, die sie vorgenommen hat?

19. Warum legte die Bundesregierung am 28. September 2015 beim Peace-
keeping Summit keine konkreten Zahlen ihrer Unterstützungsabsichten vor?

20. Bei welchen VN-geführten Missionen erwägt die Bundesregierung, entwe-
der zusätzlich personelle oder materielle Kapazitäten einzubringen oder eine
neue Beteiligung zu realisieren?
a) Wenn ja, bei welchen?
b) Wenn nein, warum nicht?

21. Welche Anfragen hat es von Seiten der VN seit Oktober 2014 an die Bun-
desregierung gegeben, VN-geführte Missionen personell oder materiell zu
unterstützen, und wie hat die Bundesregierung auf welcher Grundlage darauf
reagiert (bitte einzeln aufschlüsseln und jeweils begründen)?

22. Welche Gründe sprachen gegen ein Bundestagsmandat, das für die Entsen-
dung zweiter Einzelpersonen für die Mission in der Demokratischen Repu-
blik Kongo (MONUSCO) laut Antwort der Bundesregierung zu Frage 11 auf
Bundestagsdrucksache 18/2774 notwendig gewesen wäre?

23. Inwieweit könnte die Europäische Union die VN in der Anfangsphase einer
Mission unterstützen (bitte detailliert darstellen, welche Verfahren für eine
solche Unterstützung bestehen), und wie steht die Bundesregierung zu den
vielfach geäußerten Ideen, dass die Europäische Union grundsätzlich insbe-
sondere bei Beginn von VN-Missionen eine aktive Rolle bei der Herstellung
einer „Anfangsbefähigung“ übernehmen könnte?

24. Existiert der in der Antwort der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache
18/2774) angekündigte Rahmenvertrag zwischen Europäischer Union und
VN für die Zusammenarbeit im Krisenmanagement mittlerweile?
a) Wenn ja, welche Inhalte umfasst er?
b) Wenn nein, warum nicht?

25. Wurde das EU-VN Steering Committee, das die EU-VN-Zusammenarbeit
stärken und die Instrumente der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidi-
gungspolitik zur Unterstützung der friedenserhaltenden Maßnahmen der VN
ausbauen soll, genutzt, um im Vorfeld des Peacekeeping Summit Abspra-
chen zwischen den EU-Mitgliedstaaten und ihren möglichen Beiträgen zu
treffen?

26. Wie ist der derzeitige Stand der Umsetzung der „Leitlinien für Beiträge der
Bundeswehr im Rahmen der Friedenssicherung der Vereinten Nationen“,
und zu welchem Ergebnis sind im Einzelnen die darin aufgeführten Prüfun-
gen gekommen (bitte einzeln aufgeschlüsselt darlegen und jeweils den anvi-
sierten Zeitplan aufzeigen)?

27. Wie sieht der Gesamthaushalt für und der deutsche Beitrag an friedenserhal-
tenden Maßnahmen der VN seit dem 1. Juli 2015 aus (bitte tabellarisch dar-
stellen)?

Berlin, den 15. März 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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