BT-Drucksache 18/7643

Finanzierung der Wissenschaft auf eine arbeitsfähige Basis stellen - Bildung und Forschung in förderbedürftigen Regionen solide ausstatten

Vom 23. Februar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7643
18. Wahlperiode 23.02.2016
Antrag
der Abgeordneten Nicole Gohlke, Roland Claus, Sigrid Hupach,
Dr. Rosemarie Hein, Ralph Lenkert, Cornelia Möhring, Norbert Müller
(Potsdam), Harald Petzold (Havelland), Dr. Petra Sitte, Katrin Werner, Jörn
Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Finanzierung der Wissenschaft auf eine arbeitsfähige Basis stellen –
Bildung und Forschung in förderbedürftigen Regionen solide ausstatten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Ende 2014 erfolgte Lockerung des grundgesetzlich verankerten sogenann-
ten Kooperationsverbots im Bereich Wissenschaft und Hochschule war ein
längst überfälliger Schritt. Das 2006 von einer großen Koalition aus Union, FDP
und SPD gegen die Stimmen der LINKEN verabschiedete Verbot der Zusam-
menarbeit von Bund und Ländern in Politikbereichen, die ausschließlich in der
Zuständigkeit der Länder liegen, hat die Entwicklung von Hochschulen wie die
des gesamten Bildungssystems massiv behindert.
Das deutsche Hochschul- und Wissenschaftssystem erlebte in den vergangenen
15 Jahren im Zuge des neoliberalen Umbaus der Gesellschaft eine rasante Um-
gestaltung – in seinen Organisations- und Finanzierungsstrukturen wie auch in
seinen inneren Funktions- und Steuerungsmechanismen. Leidtragende dieser
Situation sind die Studierenden, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
sowie die Wissenschaft selbst. Negative Auswirkungen erfährt auch die struk-
turelle Entwicklung der verschiedenen Regionen und einzelnen Bundesländer.
Statt ein von Erkenntnisgewinn getriebenes wissenschaftliches Arbeiten in ei-
nem finanziell verlässlichen Rahmen und kooperativen Arbeitsumfeld zu ge-
währleisten, wurde der Wettbewerb um die Finanzierung und um wenige Dau-
erstellen zum Leitmotiv der Wissenschaftspolitik erhoben. Der Anteil frei ver-
fügbarer Grundmittel geht weiter zurück und wird zunehmend durch projektbe-
zogen eingeworbene Drittmittel und leistungsbezogen finanzierte Mittelanteile
ersetzt. Der Wettbewerb um diese Mittel dominiert heute die Finanzierungs-
und Verwaltungsstrukturen von Hochschulen und Forschungsinstituten und
überlagert vielfach die intrinsische Motivation der Wissenschaft.
Aber statt seine Gestaltungsaufgabe anzunehmen, zog sich der Bund im Rah-
men der Föderalismusreform auf die Rolle als Motor des Wettbewerbs zurück.
Begründet wurde dieser Paradigmenwechsel mit dem bis heute gängigen Argu-
ment, durch eine wettbewerbliche Bestenauslese werde das Gesamtsystem in
der Breite gestärkt. Folglich forcierte der Bund Steuerungs- und Finanzierungs-

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elemente wie die Exzellenzinitiative, den Ausbau der Deutschen-Forschungs-
gemeinschaft-(DFG-)Drittmittelförderung, die wettbewerbliche Finanzierung
der Forschungsbauten und die internen Wettbewerbssysteme der außeruniver-
sitären Forschung, ebenso wie die Gebühren- und Begabtenmodelle statt der
Weiterentwicklung von Breitenförderungsinstrumenten in der Studienfinanzie-
rung. Diese „Verflüssigung“ der Wissenschaftsfinanzierung hat das Verhältnis
von eigeninitiierter freier Forschung und extern induzierter Drittmittelfor-
schung aus dem Gleichgewicht gebracht. Die Drittmittel für die Forschung an
Hochschulen in Trägerschaft der Länder betrugen im Jahr 2013 bereits rund
7 Milliarden Euro, die Grundfinanzierung belief sich dagegen auf knapp
22 Milliarden Euro, von denen knapp über 7 Milliarden Euro für die Forschung
und Entwicklung sowie 15 Milliarden Euro für die Lehre vorgesehen sind. Da-
mit entspricht die Summe der Drittmittel beinah dem Anteil der Grundfinanzie-
rung, der an den Hochschulen für die Forschung verausgabt wird.
Diese Ausrichtung der Forschungs- und Wissenschaftspolitik verstärkt die Ten-
denz, einzelne Regionen, teilweise ganze Bundesländer, dauerhaft von der all-
gemeinen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung abzuhängen und
die bereits bestehende Spaltung in strukturstarke und strukturärmere Gebiete
auszuweiten. Denn Hochschulen sind wichtige Eckpfeiler einer Region und be-
einflussen deren langfristige Entwicklungen. Bekanntestes Beispiel hierfür ist
der Strukturwandel im Ruhrgebiet, von der Montanindustrie hin zu wissensba-
sierten Dienstleistungen und Hightech-Industrien. Zur Umsetzung dieses Struk-
turwandels wurde versucht, durch den gezielten Ausbau und die Neugründung
von Hochschulen und Forschungseinrichtungen die Entwicklung zu verstärken.
Trotz umfangreicher Investitionen, nicht nur in Hochschulen und außeruniver-
sitäre Forschung, zeigt sich jedoch, dass dieser Strukturwandel, der vor über
40 Jahren begann, bis heute nicht abgeschlossen ist. Denn im Verlauf der
1950er- und 1960er-Jahre war Nordrhein-Westfalen der mit Abstand größte
Einzahler in den Länderfinanzausgleich und trug zeitweise mehr als die Hälfte
aller geleisteten Einzahlungen. Aktuell zahlt es netto kaum noch in den Länder-
finanzausgleich ein.
Der vom Bund forcierte Wettbewerb zwischen Hochschulen und Bundeslän-
dern hat zur Folge, dass das politisch in Kauf genommene ökonomische Ausei-
nanderdriften der Bundesländer ebenso in der Wissenschaft nachvollzogen
wird: Vor allem die im Südwesten Deutschlands liegenden Regionen (z. B. Fi-
nanzplatz Frankfurt, Versicherungswirtschaft in München, Automobilbau um
Stuttgart und München) wurden in den vergangenen Jahrzehnten durch politi-
sche Entscheidungen massiv wirtschaftlich gefördert. Zum einen direkt durch
die massive Förderung der technisch orientierten Exportindustrien wie Auto-
mobil- und Maschinenbau sowie der chemischen Industrie in Verbindung mit
dem Abbau der Großindustrie in den ostdeutschen Bundesländern. Zum ande-
ren über indirekte Effekte der Umverteilung wie das massive Ansteigen des
Geldvermögens der Kapitaleigner durch Deregulierung am Arbeitsmarkt, er-
zwungene Lohnzurückhaltung und Absenkung der Besteuerung von hohen Ein-
kommen. Hinzu kommt die Förderung der Versicherungswirtschaft durch die
Privatisierung bisher öffentlich organisierter Teile der Sozialversicherungssys-
teme (z. B. Renten- und Pflegeversicherung).
Entsprechend verteilen sich beispielsweise die Mittel aus der Exzellenzförde-
rung des Bundes vor allem auf die vorher bereits gut ausgestatteten und von
einer großen Anzahl oder mit umfangreichen Finanzmitteln ausgestatteten und
von außeruniversitären Forschungseinrichtungen umgebenen Hochschulen in
Süddeutschland und dem Ruhrgebiet. Ausgenommen ist hier Berlin, allerdings
dürfte hier der Status der Bundeshauptstadt eine gewisse Rolle spielen. Die neu-
en Bundesländer (ohne Berlin) erhielten 2013 gerade einmal 5 Prozent der

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durch die Exzellenzinitiative verteilten Finanzmittel (Sachsen 4,7 Prozent, Thü-
ringen 0,3 Prozent, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-An-
halt erhielten jeweils keine Finanzmittel aus der Exzellenzinitiative). Dagegen
erhielt Baden-Württemberg allein 25,3 Prozent der Exzellenzmittel.
Diese Ungleichverteilung besteht nicht nur zwischen ostdeutschen und west-
deutschen Bundesländern. Betrachtet man die dritte Förderlinie der Exzellenz-
initiative, die Zukunftskonzepte oder sogenannten Exzellenzuniversitäten, zeigt
sich, dass ein Erfolg ohne Kooperation mit mindestens einem der Großfor-
schungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft fast unmöglich ist. An zehn von
elf Zukunftskonzepten ist die Helmholtz-Gemeinschaft beteiligt (Gemeinsame
Wissenschaftskonferenz, Materialien, Heft 42, Pakt für Forschung und Innova-
tion, Monitoring-Bericht 2015, S. 99). Diese Zentren verteilen sich vor allem
auf die großen Flächenstaaten in Westdeutschland sowie die Stadtstaaten. In
Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen existieren lediglich kleinere
Teilinstitute.
Ebenso wenig beschränkt sich diese Ungleichverteilung nur auf die Exzellenz-
initiative. Von den 40 Hochschulen, die von 2011 bis 2013 die meisten Dritt-
mittel von der DFG eingeworben haben, liegen nur vier im Osten (TU Dresden
sowie die Universitäten Leipzig, Jena und Halle-Wittenberg). Die TU Dresden
ist auf Platz 10 die einzige Hochschule in den ostdeutschen Bundesländern, die
in den „TOP 10“ liegt (DFG-Förderatlas 2015). Eliminiert man den Größenef-
fekt, indem die Bewilligungen ins Verhältnis zum vorhandenen wissenschaftli-
chen Personal gesetzt werden, sind die ostdeutschen Bundesländer weiterhin
nur mit vier Hochschulen vertreten, wobei die TU Dresden als erste Hochschule
aus den neuen Bundesländern auf Platz 20 rangiert. Ebenso abgeschlagen sind
die Hochschulen aus Schleswig-Holstein oder Rheinland-Pfalz, die nur auf-
grund ihrer Größe und ihres Fächerprofils bei den Gesamtbewilligungen einen
Platz im Mittelfeld erreichen.
Die hier sichtbar werdende Spaltung zwischen den Bundesländern ist mittler-
weile so tief, dass sie durch die Länder allein nicht mehr abgebaut werden kann.
Gerade für das Bildungs- und Hochschulsystem ist dies katastrophal, da der An-
teil der Länder an den öffentlichen Bildungsausgaben 71,1 Prozent, mit ihren
Gemeinden zusammen sogar über 92 Prozent beträgt (vgl. Bildungsfinanzbe-
richt 2015, S. 33 u. 39). Vergleicht man die öffentlichen Bildungsausgaben der
Länder und ihrer Gemeinden in Relation zu ihrer normierten Wirtschaft (Ein-
wohnerzahl multipliziert mit dem Bruttoinlandsprodukt – BIP – pro Einwohner
im Bundesdurchschnitt), zeigt sich ein eindeutiger Zusammenhang zwischen
BIP und Höhe der Bildungsausgaben in Relation zu diesem BIP. Die einzigen
Ausreißer sind das Land Brandenburg, das aufgrund geschichtlicher Entwick-
lungen bis vor kurzem über keine eigene medizinische Fakultät verfügte, und
Bayern aufgrund der niedrigen Quoten an Absolventen mit allgemeiner oder
Fachhochschulreife sowie der geringen Anzahl an öffentlich finanzierten Stu-
dienplätzen.
Begründet ist dieser Zusammenhang mit dem mangelnden Ausgleichseffekt des
Länderfinanzausgleichs (LFA) auf die Finanzausstattung der Bundesländer.
Denn die Ausgabenbelastung der Bundesländer, vor allem durch die Folgen von
Armut und Erwerbslosigkeit, wird dort nicht berücksichtigt – ebenso wie im
kürzlich von den Bundesländern vorgelegten Entwurf für eine Neuregelung ab
dem Jahr 2020. Der LFA gleicht lediglich die Steuerkraft der einzelnen Bun-
desländer an, wobei diesem Vergleich eine zugunsten der Bundesländer mit ho-
hen Steuereinnahmen verzerrte Berechnung zugrunde liegt. Für die struktur-
schwachen Länder ergibt sich daraus eine deutlich schlechtere Finanzausstat-
tung.

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Darüber hinaus zeigt das Beispiel Bayern, dass gerade im Bereich der Hoch-
schulausbildung und wissenschaftlichen Qualifizierung ein sogenanntes Tritt-
brettfahrerverhalten beobachtet werden kann. Bayerns Wirtschaft profitiert von
den gut ausgebildeten Hochschulabsolventinnen und -absolventen anderer Bun-
desländer, muss jedoch nichts für deren Ausbildung bezahlen.
Solange dieser attraktive Wirtschaftsstandort genügend Anziehungskraft für
Absolventinnen und Absolventen aus anderen Bundesländern hat, besteht für
die bayrische Landesregierung kein Handlungsdruck, an der Unterfinanzierung
des eigenen Bildungssystems etwas zu verändern. Für die von Abwanderung
betroffenen Bundesländer besteht gleichzeitig keine Möglichkeit, sich gegen
diese zu wehren.
Auch die Umsetzung der sogenannten Schuldenbremse und der stetig wach-
sende Kürzungs- und Konsolidierungsdruck auf die öffentlichen Haushalte wer-
den die Situation an Hochschulstandorten weiter verschärfen.
In dieser Situation wäre es Aufgabe des Bundes, darauf hinzuwirken, dass we-
der die sozioökonomische noch die regionale Herkunft über den Erfolg im Bil-
dungssystem entscheidet. Stattdessen wird im besten Fall weiter mit zeitlich be-
grenzten und zumeist unterfinanzierten Programmen gearbeitet, die eher die Öf-
fentlichkeit beruhigen sollen, als das bestehende Problem zu adressieren und
dauerhaft abzustellen.
So betragen beispielsweise die Zuschüsse aus dem Hochschulpakt 2020, die der
Bund zur Hälfte trägt und die die Hochschulen für jeden zusätzlich geschaffe-
nen Studienplatz erhalten, rund 420 Euro oder 6,3 Prozent weniger als die
durchschnittlich laufenden Grundmittel je Studierenden im Jahr 2012. Und das,
obwohl die durchschnittlichen laufenden Grundmittel je Studierenden in den
Jahren 2000 bis 2012 um mehr als 5 Prozent gesunken und die Ausgaben für
die Investitionen in den Hochschulbau überhaupt nicht berücksichtigt sind.
Mit der geplanten Weiterentwicklung der Exzellenzinitiative wird es sogar zu
weiteren Verschlechterungen kommen. Denn mit der vielfach geforderten Kon-
zentration der Förderung auf weniger Hochschulen wird sich die Spaltung zwi-
schen den Hochschulstandorten weiter vertiefen.
Ein Neustart in der Kooperation zwischen Bund und Ländern ist daher dringend
erforderlich. Mit der Neuregelung des Artikels 91b des Grundgesetzes Ende
2014 sind die Voraussetzungen für diesen Neustart geschaffen worden. Dass
die Große Koalition mit der Lockerung des Kooperationsverbots diesen 2006
selbst verschuldeten Fehler nun korrigiert, ist zu begrüßen. Diese Lockerung
muss jedoch auch aktiv genutzt werden, um ein Wissenschaftssystem auf aller-
orts gleichhohem Niveau umzusetzen, und nicht, wie derzeit in Planung, mit der
Ausweitung oder Fortsetzung unzureichend ausgestatteter, zeitlich befristeter
und oft nur einzelne Institutionen begünstigender Förderprogramme ad absur-
dum geführt zu werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. zusammen mit den Ländern das sogenannte Kooperationsverbot vollständig auf-
zuheben;

2. mit den Ländern in Verhandlungen zu treten, um die Grundfinanzierung der
Hochschulen zu verbessern, insbesondere durch
a. die Verlängerung des Hochschulpakts 2020 im Rahmen einer Verwaltungs-

vereinbarung auf unbegrenzte Zeit sowie eine Fortschreibung der Bundeszu-
schüsse auf dem Niveau des Jahres 2017, in der der Höhepunkt dieser Zu-
schüsse erreicht wird, verbunden mit einer jährlichen Anpassung in Höhe von

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3 Prozent, um Inflation sowie Lohnsteigerungen der Beschäftigten zu berück-
sichtigen,

b. die Bereitstellung von 80.000 zusätzlichen Studienplätzen über den Hoch-
schulpakt 2020 hinaus. Diese sind aufgrund der zu erwartenden steigenden
Anzahl an Studienbewerberinnen und -bewerbern, die im letzten, im laufen-
den sowie in den kommenden Jahren aus ihrer Heimat nach Deutschland flie-
hen mussten, um hier Schutz z. B. vor Krieg, Unterdrückung und Armut zu
suchen, zur Verfügung zu stellen. Dafür sind die Zuweisungen des Bundes
pro Studienplatz um mindestens 10 Prozent anzuheben, um die besondere Be-
treuung, wie z. B. psychosoziale Beratung, zu finanzieren. Die Kosten für
Sprach- und Vorbereitungskurse für Geflüchtete, die ein Studium aufnehmen,
sind vom Bund ebenso zur Hälfte zu übernehmen,

c. die Bereitstellung von weiteren 50.000 zusätzlichen Studienplätzen über den
Hochschulpakt 2020 hinaus, um dem bestehenden sowie dem sich abzeich-
nenden Mangel an ausgebildeten Lehrkräften an Schulen und von weiteren
pädagogischen Fachkräften zu begegnen,

d. die Übernahme der Hälfte der Kosten für die Absenkung der Betreuungsver-
hältnisse an den Hochschulen von derzeit im Durchschnitt 16,8 Studierenden
pro wissenschaftlich Beschäftigten (Vollzeitäquivalent) auf 13 zu 1 sowie ei-
ne entsprechende Anpassung der Sachmittel für Forschung und Lehre, zuzüg-
lich eines Zuschlages von 20 Prozent;

3. gemeinsam mit den Ländern die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau wieder im
Grundgesetz zu verankern, die 2006 im Rahmen der Umsetzung der Ergebnisse
der Föderalismuskommission I abgeschafft wurde. Anstelle der 2019 auslaufen-
den Kompensationsmittel sowie der Förderung von Forschungsbauten an Hoch-
schulen einschließlich Großgeräten sollte der Bund seine Zuschüsse an die Län-
der um rund 300 Millionen auf 1,3 Milliarden Euro erhöhen. Die Finanzierung
ist darüber hinaus auf die soziale Infrastruktur, insbesondere den Wohnheimbau,
auszuweiten, wofür der Bund aufgrund des hohen Bedarfs zusätzlich in einem
Sonderprogramm einmalig 720 Millionen Euro als Investitionszuschuss bereit-
stellt. Die Bundesländer sind im Gegenzug zum Bau von 75.000 Wohnheimplät-
zen in den kommenden vier Jahren zu verpflichten;

4. mit einem Anreizprogramm zehn Jahre lang die Einrichtung von 100.000 unbe-
fristeten Stellen zu fördern, um auf diesem Weg knapp der Hälfte des angestellten
wissenschaftlichen Personals an den Hochschulen eine dauerhafte Perspektive zu
ermöglichen. Dabei ist eine Besetzung der Stellen mit einem Anteil von 50 Pro-
zent an Frauen anzustreben;

5. die Gemeinkostenpauschale für die Forschungsförderung der Bundesministerien
an Hochschulen von derzeit 20 Prozent an den tatsächlichen Bedarf anzupassen
und schnellstmöglich auf 40 Prozent der direkten Projektkosten zu erhöhen. Im
Verlauf der folgenden vier Jahre ist die Gemeinkostenpauschale in gleichmäßi-
gen Schritten auf 60 Prozent anzuheben. Gleiches ist in Absprache mit den Län-
dern für die DFG-Programmpauschalen, die derzeit 22 Prozent betragen, anzu-
streben, wobei die Kosten hierfür vom Bund übernommen werden sollten;

6. gemeinsam mit den Ländern die langfristige Finanzierung der außeruniversitären
Forschungseinrichtungen zu sichern und eine durchschnittlich 3-prozentige Stei-
gerung ihrer Budgets pro Jahr über 2020 hinaus zu vereinbaren. Zudem ist eine
Vereinheitlichung der Finanzierungsschlüssel von 70 Prozent durch den Bund
und 30 Prozent durch die Länder für alle vier großen Forschungsverbünde/ -or-
ganisationen zu vereinbaren. Gleichzeitig sollen über ein Rahmengesetz deren
Aufgaben, Profile und Gouvernance-Strukturen verankert werden;

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7. die Länder beim Ausbau der Forschungskapazitäten der Fachhochschulen zu un-

terstützen, indem das Förderprogramm „Forschung an Fachhochschulen“ des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung auf 100 Millionen Euro aufge-
stockt und nicht mehr nur projektgebunden vergeben wird;

8. gemeinnützige, unabhängige Forschungseinrichtungen als Stützen von For-
schung und Innovation für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu stärken
und für diese verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen;

9. mittelfristig die Einnahmesituation der Länder durch stärkere Beteiligung der
wirtschaftlich Leistungsfähigen an den Kosten des Gemeinwesens, insbesondere
durch die Ausschöpfung des Aufkommenspotentials der Erbschaftssteuer sowie
der Wiedererhebung der Vermögenssteuer, zu verbessern. Zudem ist die Exzel-
lenzinitiative mit Ablauf der derzeit laufenden Förderperiode einzustellen, um
mit den frei werdenden Finanzmitteln eine Verbesserung der Grundfinanzierung
der Hochschulen zu ermöglichen. Die Beteiligung des Bundes an der Hochschul-
finanzierung ist im Zuge dieser Steuerreform zu überprüfen und gegebenenfalls
anzupassen.

Berlin, den 23. Februar 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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