BT-Drucksache 18/7021

Belegrechte der Bundeswehr in Einrichtungen der frühkindlichen Förderung und Betreuung

Vom 10. Dezember 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7021
18. Wahlperiode 10.12.2015

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Norbert Müller (Potsdam), Sigrid Hupach, Wolfgang Gehrcke,

Christine Buchholz, Eva Bulling-Schröter, Nicole Gohlke, Annette Groth,

Inge Höger, Andrej Hunko, Ulla Jelpke, Katrin Kunert, Ralph Lenkert,

Niema Movassat, Harald Petzold (Havelland), Kathrin Vogler, Katrin Werner,

Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Belegrechte der Bundeswehr in Einrichtungen der frühkindlichen Förderung und
Betreuung

Die Bundeswehr ist um eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Dienst
bemüht. In der Zentralen Dienstvorschrift 10/1 heißt es dazu: „Die Vereinbarkeit
von Familie und Dienst verbessert die Einsatzfähigkeit der Streitkräfte und die
Attraktivität des militärischen Dienstes.“ Eine bedeutende Rolle bei der Verein-
barkeit kommt der Kinderbetreuung zu.

Einige Hundert Kinderbetreuungsplätze kann die Bundeswehr durch den Aufkauf
von so genannten Belegrechten in Kinderbetreuungseinrichtungen ihren Angehö-
rigen zur Verfügung stellen. Dabei handelt es sich um „Kita-Plätze, die gegen
Zahlung von Bundesfinanzhilfen an Träger von Kinderbetreuungseinrichtungen
zur Errichtung oder Erweiterung dieser Einrichtungen erworben werden, mit der
Auflage, dass Kinder von Bundeswehrangehörigen – meist in einer zahlenmäßig
festgelegten Anzahl – in die Einrichtungen aufgenommen werden“ (siehe Allge-
meiner Umdruck 1/500 – Handbuch zur Vereinbarkeit von Familie und Dienst in
den Streitkräften (2010), Anlage 6/14).

Seit August 2013 haben alle Kinder vom vollendeten ersten Lebensjahr an einen
Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Kindertageseinrichtung zur Frühförde-
rung und Betreuung. Nach wie vor besteht hierbei ein Mangel an Plätzen und
neben den rein quantitativen Aspekten sind zusehends qualitative Aspekt in den
Einrichtungen in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Die Bundeswehr bemüht
sich, diesen Mangel für ihre Angehörigen auszuräumen. Aus der Antwort der
Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. (Bundestags-
drucksache 18/2080) wird ersichtlich, dass Belegrechte vor allem dort erworben
werden, wo der Ausbau der Kinderbetreuung dem tatsächlichen Betreuungsbe-
darf hinterherhinkt.

Damit wird ein privilegierter Zugang zu Betreuungsangeboten für Angehörige
der Bundeswehr gegenüber anderen Familien ermöglicht. Dabei gibt die Bundes-
regierung einen Mangel an Betreuungsplätzen offen zu und hält die Privilegie-
rung von Bundeswehrangehörigen gegenüber anderen Familien für gerechtfer-
tigt: „Die Möglichkeiten einer bedarfsgerechten Kinderbetreuung an den Stand-
orten der Bundeswehr, den die Kommunen nicht decken können, sind vielfältig.
Ziel ist, künftig eine flächendeckende Kinderbetreuung an allen Standorten der
Bundeswehr zu gewährleisten. Der Erwerb von Belegrechten kann geeignet sein,

Drucksache 18/7021 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

 

den standortbezogenen Bedarf an Kinderbetreuung zu decken.“ (Bundestags-
drucksache 18/2080). Für die Gewährleistung dieses Privilegs bezahlt die Bun-
deswehr bis zu 5 000 Euro pro Jahr und Kitaplatz (ebenda).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. An welchen Standorten wurden seitens des Bundesministeriums der Vertei-
digung (BMVg) bzw. Einrichtungen der Bundeswehr Vereinbarungen mit
Trägern von Kinderbetreuungseinrichtungen geschlossen, die zum Ziel ha-
ben, Kindern von Bundeswehrangehörigen einen Betreuungsplatz mit Beleg-
rechten zu sichern (bitte detailliert nach Bundesländern, Kommunen, Betreu-
ungseinrichtung, vorgehaltenen und belegten Plätzen, Plätzen für Kinder un-
ter und über drei Jahren sowie Zeitpunkt des Erwerbes der Belegrechte, Kos-
ten und Laufzeit aufschlüsseln)?

Wurden mit den Einrichtungen bzw. den Trägern der Einrichtungen weitere
Kooperationen bzw. Verträge geschlossen, die über die Belegung von Plät-
zen hinausgehen, und wenn ja, was beinhalten diese Vereinbarungen (bitte
detailliert ausführen)?

2. An welchen Standorten planen das Bundesministerium der Verteidigung
bzw. Einrichtungen der Bundeswehr weitere Belegrechte in Kinderbetreu-
ungseinrichtungen anzukaufen (bitte detailliert nach Bundesländern, Kom-
munen, Betreuungseinrichtung, vorgehaltenen Plätzen, Plätzen für Kinder
unter und über drei Jahren sowie Zeitpunkt des geplanten Erwerbes der Be-
legrechte, Kosten und Laufzeit aufschlüsseln)?

Ist dabei beabsichtigt, mit den Einrichtungen bzw. den Trägern der Einrich-
tungen weitere Kooperationen bzw. Verträge abzuschließen, die über die Be-
legung von Plätzen hinausgehen, und wenn ja, was sollen diese Vereinbarun-
gen beinhalten (bitte detailliert ausführen)?

3. An welchen Standorten führen das Bundesministerium der Verteidigung
bzw. Einrichtungen der Bundeswehr aktuell Gespräche/Verhandlungen mit
dem Ziel, weitere Belegrechte in Kinderbetreuungseinrichtungen anzukau-
fen (bitte detailliert nach Bundesländern, Kommunen, Betreuungseinrich-
tung, vorgehaltenen Plätzen, Plätzen für Kinder unter und über drei Jahren
sowie Zeitpunkt des geplanten Erwerbes der Belegrechte, Kosten und Lauf-
zeit aufschlüsseln)?

Wird mit den Einrichtungen bzw. den Trägern der Einrichtungen über wei-
tere Kooperationen bzw. Verträge verhandelt, die über die Belegung von
Plätzen hinausgehen, und wenn ja, was beinhalten diese Vereinbarungen
(bitte detailliert ausführen)?

4. Welche Kosten entstanden bzw. entstehen der Bundeswehr insgesamt durch
den Erwerb von Belegrechten, und mit welchen Kosten für die Belegrechte
rechnet die Bundeswehr in den kommenden Jahren bis 2020 (bitte nach Jah-
ren seit 2010 und Bundesländern aufschlüsseln)?

5. Wurden bzw. werden aus Mitteln des Sondervermögens für den Kitaausbau
Einrichtungen der Bundeswehr gefördert oder Belegrechte in Kinderbetreu-
ungseinrichtungen angeschafft (bitte detailliert nach Bundesländern, Stand-
orten, Kommunen sowie bei erworbenen Belegrechten in vorgehaltenen und
belegten Plätzen sowie Zeitpunkt des Erwerbes der Belegrechte, Kosten und
Laufzeit aufschlüsseln)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7021

 

6. Wurden bzw. werden aus Mitteln des Programmes für den Ausbau der be-
trieblichen Kinderbetreuung Betreuungsplätze geschaffen bzw. Belegrechte
in Kinderbetreuungseinrichtungen für die Bundeswehr erworben (bitte de-
tailliert nach Bundesländern, Kommunen, Betreuungseinrichtung, geförder-
ten Plätzen, Plätzen für Kinder unter und über drei Jahren und Höhe der Aus-
gaben aufschlüsseln)?

7. Wie viele der bestehenden Altbelegrechte (vergleiche Antwort zu Frage 12
auf Bundestagsdrucksache 18/2080) werden derzeit durch Angehörige der
Bundeswehr in Anspruch genommen (bitte detailliert nach Bundesländern,
Kommunen, Betreuungseinrichtung, vorgehaltenen und belegten Plätzen,
Plätzen für Kinder unter und über drei Jahren sowie Zeitpunkt des Erwerbes
der Belegrechte, Kosten und Laufzeit aufschlüsseln)?

8. Hat die Bundesregierung mittlerweile Kenntnis darüber, ob der Erwerb von
Belegrechten in Kindertageseinrichtungen zu einer Verdrängung anderer
Kinder geführt hat, und wenn ja, wo?

9. Wo betreibt die Bundeswehr eigene Kindertageseinrichtungen bzw. hat sie
einen anderen Träger mit dem Betrieb einer Kindertageseinrichtung beauf-
tragt, welche dieser Einrichtungen sind auch für Kinder von Nichtbundes-
wehrangehörigen offen, und erhält die Bundeswehr dabei Mittel von den ört-
lichen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe (bitte nach Standorten, Plätzen
für Kinder unter und über drei Jahren und Plätzen, die von Nichtbundeswehr-
angehörigen belegt werden sowie Standort der Betreuungseinrichtungen in-
nerhalb oder außerhalb von Kasernengelände, Rechtsform und Anbindung
an Jugendamtsstrukturen bzgl. Qualität und Betriebserlaubnis aufschlüs-
seln)?

10. Welche Kosten entstanden bzw. entstehen der Bundeswehr insgesamt durch
den Betrieb von eigenen Kindertageseinrichtungen bzw. der Beauftragung
des Betriebes einer Kindertageseinrichtung an andere Träger, und mit wel-
chen Kosten für den Betrieb eigener Kindertageseinrichtungen bzw. der Be-
auftragung des Betriebes einer Kindertageseinrichtung an andere Träger
rechnet die Bundeswehr in den kommenden Jahren bis 2020 (bitte nach Jah-
ren seit 2010 und Bundesländern aufschlüsseln)?

11. Ist die Bundeswehr oder sind einzelne Standorte der Bundeswehr an dem
Unternehmensprogramm „Erfolgsfaktor Familie“ des Bundesministeriums
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) beteiligt, und wenn ja,
seit wann nimmt die Bundeswehr an dem Programm teil, und welche Maß-
nahmen werden angeboten (bitte nach Standorten aufschlüsseln)?

12. Hat die Bundeswehr oder haben einzelne Standorte/Abteilungen der Bundes-
wehr ein Zertifikat vom „audit berufundfamilie“ erhalten, und wenn ja, wie
lautet die jeweils erarbeitete Zielvereinbarung, und seit wann ist das jewei-
lige Zertifikat vorhanden (bitte nach Standorten aufschlüsseln)?

13. An welchen „Lokalen Bündnissen für Familie“ nimmt die Bundeswehr der-
zeit teil, und welche Aufgaben nimmt die Bundeswehr in diesen Bündnissen
wahr (bitte nach Ort, Personalumfang, Aufgaben und inhaltlichen Schwer-
punkten des Engagements aufschlüsseln)?

Berlin, den 10. Dezember 2015

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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