BT-Drucksache 18/7

Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung der sachgrundlosen Befristung

Vom 23. Oktober 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7

18. Wahlperiode 23.10.2013

Gesetzentwurf

der Abgeordneten Klaus Ernst, Susanna Karawanskij, Jutta Krellmann,
Thomas Nord, Richard Pitterle, Michael Schlecht, Dr. Axel Troost,
Dr. Sahra Wagenknecht und der Fraktion DIE LINKE.

Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung der sachgrundlosen Befristung

A. Problem

Danach befragt, was für sie eine gute Arbeit ausmacht, sagen in einer Umfrage
der Industriegewerkschaft Metall knapp 90 Prozent der Befragten, dass ein unbe-
fristeter Arbeitsvertrag für sie sehr wichtig sei. Im Gegensatz zu einem zeitlich
befristeten Vertrag erlaubt er die Planung der eigenen Zukunft. Ein befristeter
Arbeitsvertrag bedeutet dagegen für die Betroffenen unsichere Lebens- und Be-
rufsperspektiven.

Befristete Arbeitsverträge haben sich in den vergangenen Jahren stark ausgebrei-
tet. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat berechnet, dass der
Anteil befristeter Beschäftigung an der sozialversicherungspflichtigen Beschäfti-
gung von 4,7 Prozent im Jahr 1996 auf 9,5 Prozent im Jahr 2012 angestiegen ist.
Vor allem bei neuen Verträgen ist der Anteil der Befristungen hoch. Im Jahr
2001 waren 32 Prozent aller Neueinstellungen befristet, im Jahr 2012 sind es
bereits 44 Prozent. Insgesamt ist die Zahl der befristet Beschäftigten im Zeitraum
von 2001 bis 2011 von 1,7 auf 2,7 Millionen gestiegen.

Besonders häufig betroffen sind junge Beschäftigte. Damit wird ihnen die Chan-
ce genommen, ihr Leben auf der Grundlage eines unbefristeten Arbeitsverhält-
nisses mit einer gewissen Sicherheit planen zu können. Nach Angaben des Statis-
tischen Bundesamtes liegt der Anteil befristeter Beschäftigung an der sozialver-
sicherungspflichtigen Beschäftigung bei den 25- bis 29-Jährigen im Jahr 2011
bei über 17 Prozent. Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut des
Deutschen Gewerkschaftsbundes gibt für die Gruppe der 15- bis 20-Jährigen
einen Anteil von 41 Prozent und für die 20- bis 25-Jährigen von 25 Prozent an.
Bei all diesen Zahlen sind Ausbildungsverhältnisse nicht mit eingerechnet.

Auch aus arbeitsrechtlicher Perspektive sind befristete Arbeitsverhältnisse hoch-
problematisch, da sie den Kündigungsschutz aushöhlen. In vielen Fällen wird mit
einem befristeten Arbeitsvertrag einfach die Probezeit verlängert. Sowohl die
Erfüllung des sachlichen Grundes als auch der Zeitablauf beenden das befristete
Arbeitsverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Damit werden die Vor-
schriften des Kündigungsschutzes, beispielsweise zur Sozialauswahl, und auch
jede Chance der Mitbestimmung von Betriebs- oder Personalräten bei der Been-
digung des Arbeitsverhältnisses von vornherein ausgeschlossen.

Mehr gute Arbeit heißt mehr unbefristete Arbeit. Insbesondere die Möglichkeit
zur Befristung ohne sachlichen Grund hat zur Ausweitung befristeter Beschäfti-

Drucksache 18/7 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

gung beigetragen – mit den beschriebenen negativen Folgen für die Betroffenen
und für arbeitsrechtliche Standards.

B. Lösung

Im Teilzeit- und Befristungsgesetz werden die Möglichkeiten zur Befristung
ohne Sachgrund gestrichen. Damit wird die Zulässigkeit einer Befristung dahin-
gehend beschränkt, dass für diese immer ein sachlicher Grund vorliegen muss.

Unbefristete Verträge müssen wieder die Regel werden. Befristete Arbeitsver-
hältnisse sind auf ein unvermeidbares Maß zurückzuführen. Dazu zählt die Mög-
lichkeit zur sachgrundlosen Befristung nicht. Eine Befristung darf nur dann zu-
lässig sein, wenn es für sie einen sachlichen Grund gibt. Es ist daher notwendig,
die sachgrundlose Befristung abzuschaffen, um für mehr Sicherheit im Erwerbs-
verlauf zu sorgen.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Es sind keine unmittelbaren Kosten für die öffentlichen Haushalte zu erwarten.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7

Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung der sachgrundlosen Befristung

Vom …

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes

Das Teilzeit- und Befristungsgesetz vom 21.Dezember 2000 (BGBl. I S. 1966), das zuletzt durch …
geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 14 Absatz 2, 2a und 3 wird aufgehoben.

2. § 22 wird wie folgt gefasst:

㤠22

(1) Außer in den Fällen des § 12 Absatz 3 und § 13 Absatz 4 kann von den Vorschriften dieses Ge-
setzes nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.

(2) Enthält ein Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst Bestimmungen im Sinne des § 8 Absatz 4
Satz 3 und 4, § 12 Absatz 3, § 13 Absatz 4 oder § 15 Absatz 3, so gelten diese Bestimmungen auch zwi-
schen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern außerhalb des öffentlichen Dienstes, wenn
die Anwendung der für den öffentlichen Dienst geltenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen ihnen
vereinbart ist und die Arbeitgeber die Kosten des Betriebes überwiegend mit Zuwendungen im Sinne des
Haushaltsrechts decken.“

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Berlin, den 23. Oktober 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Drucksache 18/7 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Begründung

A. Allgemeines

Die gesetzlich zulässige sachgrundlose Befristung bei Neueinstellungen wurde mit dem Beschäftigungsför-
derungsgesetz 1985 eingeführt und mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete
Arbeitsverträge (Teilzeit- und Befristungsgesetz – TzBfG) im Jahr 2001 weiterentwickelt. Im Zuge des
Gesetzes zu Reformen auf dem Arbeitsmarkt mit Gültigkeit ab dem 1. Januar 2004 erfolgte die erleichterte
Möglichkeit der zeitlichen Befristung bei Unternehmensneugründungen. 2007 wurde die zuvor vom Euro-
päischen Gerichtshof als diskriminierend bewertete Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung älterer Ar-
beitnehmer und Arbeitnehmerinnen dahingehend ergänzt, dass sie nur noch bei älteren Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmern zulässig ist, wenn diese vorher beschäftigungslos waren.

Die Zahl der befristeten Arbeitsverträge ist in den vergangenen Jahren enorm angestiegen. Nach Berech-
nungen des Institutes für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ist der Anteil befristeter Beschäftigung an der
sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung von 4,7 Prozent im Jahr 1996 auf 9,5 Prozent im Jahr 2012
angestiegen. Bei den neuen Verträgen ist der Anteil besonders hoch. Im Jahr 2001 waren 32 Prozent aller
Neueinstellungen befristet, im Jahr 2012 sind es bereits 44 Prozent. Waren im Jahr 2001 noch 1,7 Millionen
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer befristet beschäftigt, waren es 2011 bereits 2,7 Millionen.

Besonders betroffen sind junge Beschäftigte. Nach Angaben des statistischen Bundesamtes liegt der Anteil
der befristet Beschäftigten bei den 25- bis 29-Jährigen im Jahr 2011 bei über 17 Prozent. Das Wirtschafts-
und sozialwissenschaftliche Institut des Deutschen Gewerkschaftsbundes gibt für die Gruppe der 15- bis 20-
Jährigen einen Anteil von 41 Prozent und für die 20- bis 25-Jährigen von 25 Prozent an. Damit wird jungen
Beschäftigten die Chance genommen, ihr Leben auf der Grundlage eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses
planen zu können.

Angesichts der starken Ausweitung von befristeten Arbeitsverträgen und der damit einhergehenden fehlen-
den Sicherheit für die Beschäftigten hinsichtlich ihrer Lebens- und Berufsperspektiven ist es notwendig,
Befristungen auf ein unvermeidbares Maß zurückzuführen. Dazu zählt die Möglichkeit zur sachgrundlosen
Befristung nicht. Eine Befristung darf nur dann zulässig sein, wenn es für sie einen sachlichen Grund gibt.
Dies erfordert die Streichung der Möglichkeiten zur sachgrundlosen Befristung.

Damit werden auch der Kündigungsschutz und die betriebliche Mitbestimmung gestärkt. Denn befristete
Arbeitsverhältnisse höhlen den Kündigungsschutz aus. In vielen Fällen wird mit einem befristeten Arbeits-
vertrag einfach die Probezeit verlängert. Der Zeitablauf beendet das befristete Arbeitsverhältnis, ohne dass
es einer Kündigung bedarf. Damit werden die Vorschriften des Kündigungsschutzes, beispielsweise zur
Sozialauswahl, und auch jede Chance der Mitbestimmung von Betriebs- oder Personalräten bei der Beendi-
gung des Arbeitsverhältnisses von vornherein ausgeschlossen.

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1 (Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 14)

Mit der vorgenommenen Änderung des § 14 werden die bestehenden Möglichkeiten zur Befristung ohne
sachlichen Grund ersatzlos gestrichen. Die Befristung eines Arbeitsvertrages soll zukünftig nur noch zuläs-
sig sein, wenn hierfür ein sachlicher Grund vorliegt. Damit werden Befristungen auf ein unvermeidbares
Maß reduziert und den negativen Effekten der Ausweitung von befristeten Arbeitsverhältnissen in den ver-
gangenen Jahren entgegen gewirkt.

Zu Nummer 2 (§ 22)

Hierbei handelt es sich um eine Folgeänderung der Änderungen in § 14.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

r.berger
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