BT-Drucksache 18/607

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD - Drucksache 18/476 - Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes - Erweiterung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung

Vom 19. Februar 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/607
18. Wahlperiode 19.02.2014

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
– Drucksache 18/476 –

Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes – Erweiterung
des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung

A. Problem
Nach geltendem Recht sind Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern
grundsätzlich nur als Stimmenverkauf und -kauf bei Wahlen und Abstimmungen
im Europäischen Parlament oder in einer Volksvertretung des Bundes, der Länder
oder Gemeinden gemäß § 108e des Strafgesetzbuchs (StGB) strafbar. Diese Vor-
schrift reiche nach Auffassung der Fraktionen der CDU/CSU und SPD jedoch
nicht aus, alle strafwürdigen korruptiven Verhaltensweisen in diesem Bereich zu
erfassen. Die geltende Regelung bleibe zudem hinter internationalen Vorgaben
zurück, wie sie in dem Strafrechtsübereinkommen des Europarates über Korrup-
tion vom 27. Januar 1999 und dem Übereinkommen der Vereinten Nationen ge-
gen Korruption vom 31. Oktober 2003 enthalten sind.
Regelungsbedarf ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichts-
hofs (BGH), nachdem der 5. Strafsenat des BGH im Mai 2006 entschieden habe,
dass kommunale Mandatsträger keine Amtsträger im Sinne des § 11 Absatz 1
Nummer 2 StGB seien, und insoweit gesetzgeberischen Handlungsbedarf konsta-
tierte. Der 2. Strafsenat habe sich in einer Entscheidung vom 12. Juli 2006 dieser
Rechtsauffassung angeschlossen.
Die einbringenden Fraktionen schlagen die Schaffung eines neuen Straftatbestan-
des in § 108e StGB vor, der strafwürdige korruptive Verhaltensweisen von und
gegenüber Mandatsträgern erfasse und zugleich dem Grundsatz des freien Man-
dats der Abgeordneten und den Besonderheiten parlamentarischer Willensbildung
Rechnung trage.

B. Lösung
Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung. Die Änderungen betreffen
im Wesentlichen folgende Punkte:
– Änderung der Bezeichnung des neuen § 108e StGB in „Bestechlichkeit und

Bestechung von Mandatsträgern“,
– Erstreckung der Geltung des neuen § 108e StGB auf Mitglieder eines in un-

mittelbarer und allgemeiner Wahl gewählten Gremiums einer für ein Teil-

Drucksache 18/607 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

gebiet eines Landes oder einer kommunalen Gebietskörperschaft gebildeten
Verwaltungseinheit,

– Bestimmung der erstinstanzlichen Zuständigkeit der Oberlandesgerichte und
der Generalstaatsanwaltschaften für den Straftatbestand des neuen § 108e
StGB sowie

– Inkrafttreten der Neuregelung am 1. September 2014.
Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
bei zwei Stimmenthaltungen aus der Fraktion der CDU/CSU.

C. Alternativen
Keine.

D. Kosten
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/607

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/476 mit folgenden Maßgaben, im Übrigen
unverändert anzunehmen:
1. Artikel 1 wird wie folgt geändert:

a) Nummer 1 wird wie folgt geändert:
aa) In Buchstabe a wird das Wort „Abgeordneten“ durch das Wort

„Mandatsträgern“ ersetzt.
bb) Buchstabe b wird wie folgt gefasst:

,b) Die Angabe zu § 108e wird wie folgt gefasst:
„§ 108e Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträ-
gern“.‘

b) Nach Nummer 1 wird folgende Nummer 2 eingefügt:
,2. In § 5 Nummer 14a wird das Wort „Abgeordnetenbestechung“

durch die Wörter „Bestechlichkeit und Bestechung von Mandats-
trägern“ ersetzt.‘

c) Die bisherige Nummer 2 wird Nummer 3 und wie folgt gefasst:
,3. § 108d Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Die §§ 107 bis 108c gelten für Wahlen zu den Volksvertretun-
gen, für die Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments,
für sonstige Wahlen und Abstimmungen des Volkes im Bund, in
den Ländern, in kommunalen Gebietskörperschaften, für Wahlen
und Abstimmungen in Teilgebieten eines Landes oder einer kom-
munalen Gebietskörperschaft sowie für Urwahlen in der Sozial-
versicherung.“‘

d) Die bisherige Nummer 3 wird Nummer 4 und wie folgt geändert:
aa) In der Überschrift wird das Wort „Abgeordneten“ durch das Wort

„Mandatsträgern“ ersetzt.
bb) In Absatz 2 wird nach demWort „bei“ das Wort „der“ eingefügt.
cc) Absatz 3 wird wie folgt geändert:

aaa) Nach Nummer 1 wird folgende Nummer 2 eingefügt:
„2. eines in unmittelbarer und allgemeiner Wahl gewähl-

ten Gremiums einer für ein Teilgebiet eines Landes
oder einer kommunalen Gebietskörperschaft gebilde-
ten Verwaltungseinheit,“.

bbb) Die bisherigen Nummern 2 bis 5 werden die Nummern 3
bis 6.

e) Die bisherige Nummer 4 wird Nummer 5.
2. Nach Artikel 1 werden die folgenden Artikel 2 und 3 eingefügt:

‚Artikel 2

Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes

Das Gerichtsverfassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung
vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), das zuletzt durch Artikel 5 Absatz 1 des

Drucksache 18/607 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Gesetzes vom 10. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3799) geändert worden ist, wird
wie folgt geändert:
1. In § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 wird die Angabe „§ 120“ durch die

Wörter „den §§ 120 oder 120b“ ersetzt.
2. In § 74c Absatz 1 Satz 2 wird die Angabe „§ 120 bleibt“ durch die

Wörter „Die §§ 120 und 120b bleiben“ ersetzt.
3. Nach § 120a wird folgender § 120b eingefügt:

㤠120b
In Strafsachen sind die Oberlandesgerichte, in deren Bezirk die

Landesregierungen ihren Sitz haben, zuständig für die Verhandlung
und Entscheidung im ersten Rechtszug bei Bestechlichkeit und Beste-
chung von Mandatsträgern (§ 108e des Strafgesetzbuches). § 120 Ab-
satz 3 und 5 gilt entsprechend.“

4. In § 142a Absatz 1 Satz 1 wird die Angabe „(§ 120 Abs. 1 und 2)“
durch die Wörter „gemäß § 120 Absatz 1 und 2“ ersetzt.

Artikel 3

Änderung der Strafprozessordnung

Die Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom
7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch Artikel 5 Absatz 4
des Gesetzes vom 10. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3799) geändert worden ist,
wird wie folgt geändert:
1. In § 100a Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe b wird das Wort „Ab-

geordnetenbestechung“ durch die Wörter „Bestechlichkeit und Beste-
chung von Mandatsträgern“ ersetzt.

2. In § 121 Absatz 4 Satz 2 wird die Angabe „§ 120“ durch die Wörter
„den §§ 120 oder 120b“ ersetzt.

3. In § 169 Absatz 1 Satz 1 wird die Angabe „§ 120“ durch die Wörter
„den §§ 120 oder 120b“ ersetzt.

4. In § 172 Absatz 4 Satz 2 werden die Wörter „§ 120 des Gerichtsverfas-
sungsgesetzes ist“ durch die Wörter „Die §§ 120 und 120b des Ge-
richtsverfassungsgesetzes sind“ ersetzt.‘

3. Der bisherige Artikel 2 wird Artikel 4.
4. Der bisherige Artikel 3 wird durch die folgenden Artikel 5 und 6 ersetzt:

„Artikel 5

Einschränkung eines Grundrechts

Durch Artikel 1 Nummer 4 und 5 wird das Grundrecht des Fernmelde-
geheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

Artikel 6

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. September 2014 in Kraft.“

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/607

Berlin, den 19. Februar 2014

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

Renate Künast
Vorsitzende

Ansgar Heveling
Berichterstatter

Burkhard Lischka
Berichterstatter

Metin Hakverdi
Berichterstatter

Halina Wawzyniak
Berichterstatterin

Katja Keul
Berichterstatterin

Drucksache 18/607 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Ansgar Heveling, Burkhard Lischka, Metin Hakverdi,
Halina Wawzyniak und Katja Keul

A. Allgemeiner Teil

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/476 in seiner 15. Sitzung am 14. Feb-
ruar 2014 beraten und an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zur Beratung überwiesen.

II. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 18/476 in seiner
5. Sitzung am 12. Februar 2014 anberaten und beschlossen, eine öffentliche Anhörung dazu durchzuführen,
die er in seiner 7. Sitzung am 17. Februar 2014 durchgeführt hat. An dieser Anhörung haben folgende
Sachverständige teilgenommen:

Gregor Hackmack, Hamburg
Prof. Dr. Bernd Heinrich, Humboldt-Universität zu Berlin, Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht
und Urheberrecht, Berlin
Dr. Christian Humborg, Geschäftsführer, Transparency International Deutschland e. V., Berlin
Prof. Dr. Wolfgang Jäckle, Münster
Dr. Regina Michalke, Rechtsanwältin, Frankfurt am Main
Prof. Dr. iur. Kyrill-Alexander Schwarz, Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Institut für Staats-
und Verwaltungsrecht, Rechtsphilosophie, Würzburg
Renate Wimmer, Staatsanwaltschaft München I, Oberstaatsanwältin, München
Dr. Kay Ruge, Beigeordneter, Deutscher Landkreistag, Berlin.

Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der 7. Sitzung am 17. Februar 2014 mit
den anliegenden Stellungnahmen der Sachverständigen verwiesen. Die auf Bundesebene vertretenen kom-
munalen Spitzenverbände hatten Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme (§ 69 Absatz 5 Satz 1 der
Geschäftsordnung des Bundestages) und zur Teilnahme an der öffentlichen Anhörung (§ 70 Absatz 4 Satz 1
der Geschäftsordnung des Bundestages).
Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 18/476 in seiner
8. Sitzung am 19. Februar 2014 abschließend beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei zwei Stimmenthaltungen aus der
Fraktion der CDU/CSU die Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/476 in der aus der Beschluss-
empfehlung ersichtlichen Fassung. Die vorgeschlagenen Änderungen entsprechen einem Änderungsantrag,
den die Fraktionen der CDU/CSU und SPD in den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz eingebracht
haben und den der Ausschuss zuvor mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei einer Stimmenthaltung aus der Fraktion der CDU/CSU angenommen hat.
Die Fraktion der SPD betonte in den Ausschussberatungen, der mit dem vorliegenden Gesetzentwurf auf-
gegriffene Regelungsbedarf zeige sich in dem Strafrechtsübereinkommen des Europarates über Korruption
aus dem Jahr 1999, dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption aus dem Jahr 2003
sowie der einschlägigen Rechtsprechung des BGH seit dem Jahr 2006. Der Gesetzentwurf regle die Selbst-
verständlichkeit, dass Mandatsträger, die sich „kaufen“ ließen, mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen
müssten. Die gemeinsam mit der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Änderungsvorschläge entwickelten
den Gesetzentwurf auf Grundlage von in der öffentlichen Anhörung gewonnenen Erkenntnissen fort. Die
vorgeschlagene Zuständigkeitskonzentration bei den Oberlandesgerichten und den Generalstaatsanwalt-
schaften solle sicherstellen, dass einschlägige Fälle mit der gebotenen Sorgfalt behandelt würden. Auch
Bezirksvertretungen ohne Körperschaftscharakter in Stadtstaaten würden in die Regelung einbezogen. Ein
Inkrafttreten des Gesetzes am 1. September 2014 lasse den kommunalen Volksvertretungen vor dem Hin-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/607

tergrund der im Frühjahr 2014 anstehenden Kommunalwahlen ausreichend Zeit, Ehrenordnungen zu erlas-
sen.
Die Fraktion der CDU/CSU schloss sich dieser Bewertung des Gesetzentwurfs und des Änderungsantrags
an und hob überdies hervor, der Gesetzentwurf diene der Umsetzung einer entsprechenden Vereinbarung im
Koalitionsvertrag. Unbestritten sei das Sich-Kaufen-Lassen eines Volksvertreters strafwürdig. Die Neurege-
lung müsse sich in der Praxis bewähren. Problematisch sei, dass die Bestimmung parlamentarischer Ge-
pflogenheiten mit dem Gesetzentwurf teilweise in die Hände der Exekutive gelegt werde. Der Gesetzent-
wurf stehe in einem Spannungsverhältnis zwischen Legislative, Exekutive und Judikative. Es gelte im Auge
zu behalten, dass für einen Mandatsträger schon die Annahme eines Anfangsverdachts wegen der damit
verbundenen negativen öffentlichen Wirkung der politisch entscheidende Vorgang sei. Kernaufgabe sei es
daher gewesen, einen hinreichend bestimmten Straftatbestand zu schaffen, der deutlich mache, dass Man-
datsträgern keine Amtsträgern vergleichbare Pflichten auferlegt seien, und zugleich die Möglichkeit prog-
nostischer Fehlentscheidungen zu minimieren. Mit dem aus Artikel 38 des Grundgesetzes (GG) entlehnten
Merkmal „der Handlung im Auftrag oder auf Weisung“ werde klargestellt, dass das verfassungsrechtlich
garantierte freie Mandat Maßstab einer zwingend engen Auslegung des § 108e StGB-E sei. Der Bundestag
sei zugleich aufgerufen, durch Neufassung der Verhaltensregeln seiner Mitglieder, eine Anpassung des
§ 44a des Abgeordnetengesetzes (AbgG) sowie der Überprüfung der Immunitätsregeln zu einer sinnvollen
inhaltlichen Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals des „ungerechtfertigten Vorteils“ beizutragen. An-
ders als bisher konkretisierten diese Vorschriften zukünftig eine Strafnorm. Klar sein müsse darüber hinaus
auch, dass die zulässige Ausübung von Nebentätigkeiten, die insbesondere bei freien Berufen oftmals mit
einer Interessenvertretung verbunden sei, unberührt bleibe.
Ein Mitglied der Fraktion der CDU/CSU trug vor, insbesondere müsse überprüft werden, ob sich die
Schutzfunktion der überkommenen parlamentarischen Immunitätsregeln wegen der schon bei Vorliegen
eines bloßen Anfangsverdachts stets erforderlichen Beteiligung des Ausschusses für Immunität und Ge-
schäftsordnung und der damit verbundenen negativen Öffentlichkeitswirkung zwischenzeitlich nicht in ihr
Gegenteil verkehrt habe.
Ein weiteres Mitglied der Fraktion der CDU/CSU äußerte die Auffassung, dass die mit dem Gesetzent-
wurf ebenfalls verfolgte Einbeziehung von Mannschaftsdienstgraden der Bundeswehr in den Straftatbestand
des Vorteilsannahme (§ 331 StGB) nicht sachgerecht sei.
Die Fraktion DIE LINKE. unterstützte sowohl den Gesetzentwurf als auch den Änderungsantrag der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD im Grundsatz. Sachgerecht seien insbesondere die mit dem Änderungsan-
trag nunmehr vorgeschlagene und auch von ihr stets geforderte Zuständigkeitskonzentration und die eben-
falls von ihr bereits vorgeschlagene Verweisungsregelung in § 108e Absatz 4 StGB-E. Bedauerlich sei die
Aufnahme des Tatbestandsmerkmals „im Auftrag oder auf Weisung“. Wolle man die beiden Begriffe, wie
die Begründung des Gesetzentwurfs nahe lege, nicht in ihrer rechtlichen Bedeutung verstanden wissen,
wären andere Formulierungen tauglicher gewesen. Auch sie sehe die Notwendigkeit einer Überprüfung der
geltenden Verhaltensregeln und des Abgeordnetengesetzes. Abgeordneten sollte es beispielsweise künftig
verboten sein, Spenden anzunehmen.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßte den Gesetzentwurf und den Änderungsantrag grund-
sätzlich und kündigte an, im weiteren Verfahren einen eigenen Änderungsantrag einzubringen. Das Tatbe-
standsmerkmal „im Auftrag oder auf Weisung“ sei nicht sachgerecht, weil die notwendige Unrechtsverein-
barung bereits mit dem Begriff der „Gegenleistung“ hinreichend beschrieben sei. Es bestehe sogar die Ge-
fahr, dass dieses Tatbestandsmerkmal von der Rechtsprechung als Einschränkung verstanden werde. Die
öffentliche Anhörung habe zudem ergeben, dass aus Gründen der Gleichbehandlung auch Mandatsbewerber
in den Tatbestand des § 108e StGB-E einzubeziehen seien. Mit der Fraktion der CDU/CSU stimme sie
darin überein, dass das Parlament, nicht aber die Staatsanwaltschaften dazu berufen seien, zu bestimmen,
was unter „parlamentarischen Verhaltensweisen“ zu verstehen sei. Für die Zukunft messe sie einer Über-
prüfung des parlamentarischen Verfahrens zur Aufhebung der Immunität große Bedeutung bei. Anstatt der
bisherigen Praxis, zu Beginn der Wahlperiode die Immunität aller Abgeordneten dem Grunde nach aufzu-
heben, sollte künftig wegen der negativen öffentlichen Wirkung schon bei Bekanntwerden eines Anfangs-
verdachts die Immunität nur im Einzelfall und nach sorgfältiger und verantwortlicher Prüfung durch das
zuständige parlamentarische Gremium aufgehoben werden.

Drucksache 18/607 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

III. Zur Begründung der Beschlussempfehlung

Im Folgenden werden lediglich die vom Ausschuss empfohlenen Änderungen gegenüber der ursprüngli-
chen Fassung des Gesetzentwurfs erläutert. Soweit der Ausschuss die unveränderte Annahme des Gesetz-
entwurfs empfiehlt, wird auf die Begründung auf Drucksache 18/476 verwiesen.
Allgemeines
Der Ausschuss hat sich insbesondere mit der Frage befasst, ob das Merkmal des „ungerechtfertigten Vor-
teils“ konkreter gefasst werden kann, um die Vorhersehbarkeit der Tatbestandserfüllung für die Mandats-
träger zu verbessern. Die Aufnahme eines allgemeingültigen Katalogs mit „Regelbeispielen“ für Vorteile,
deren Annahme regelmäßig gerechtfertigt ist, begegnet jedoch in verschiedener Hinsicht Schwierigkeiten:
So können sich die in Bezug genommenen Vorschriften schon zwischen den verschiedenen Vertretungs-
körperschaften unterscheiden. Ferner sind diese Vorschriften dynamisch und können sich im Zeitablauf
ändern. Ebenso können anerkannte parlamentarische Gepflogenheiten, nach denen sich die Sozialüblichkeit
der Annahme von Vorteilen im Übrigen richtet, Unterschiede aufweisen und Veränderungen unterworfen
sein. Schließlich ist eine abstrakte Feststellung, ob ein Vorteil angenommen werden darf, kaum möglich.
Vor diesem Hintergrund bleibt die Festlegung von Fallgruppen solcher Vorteile, deren Annahme regelmä-
ßig zulässig ist, den jeweils für die Rechtsstellung des Mandatsträgers maßgeblichen Vorschriften vorbehal-
ten.
Der Ausschuss legt Wert auf die Feststellung, dass mit dem Entwurf keine Änderung der bekannten und
bewährten Praxis bei der Anwendung der für die Rechtstellung des Mitglieds maßgeblichen Vorschriften
verbunden ist. Berufliche Nebentätigkeiten von Bundestagsabgeordneten sind im gleichen Umfang wie
bisher gemäß § 44a Absatz 1 Satz 2 AbgG zulässig, unabhängig davon, ob sie im Rahmen einer selbständi-
gen oder abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden.
Der Ausschuss betont, dass bei der Feststellung, ob die vom Tatbestand verlangte qualifizierte Unrechtsver-
einbarung vorliegt, hohe Anforderungen an den aus dem objektiven Empfängerhorizont zu beurteilenden
Erklärungswert des Verhaltens des Mandatsträgers zu stellen sind. Dessen Vorsatz muss diesen objektiven
Erklärungswert in seiner gesamten Bedeutung umfassen; eine Mentalreservation ist dann unerheblich.
Der Ausschuss stellt weiterhin fest, dass eine Handlung oder Unterlassung „bei der Wahrnehmung des
Mandats“ ausschließlich bei parlamentarischen Verhandlungsgegenständen vorliegt. Nicht erfasst dagegen
sind Tätigkeiten außerhalb der durch das Mandat begründeten Zuständigkeiten, etwa wenn lediglich die
Autorität des Mandats oder die Kontakte des Mandatsträgers genutzt werden, um einen in der Zuständigkeit
einer anderen Stelle liegenden Vorgang zu beeinflussen.

B. Besonderer Teil

Zu Nummer 1

Zu Buchstabe a

Zu Doppelbuchstabe aa
Es handelt sich um eine Folgeänderung, mit welcher der Wortlaut der Vorschrift an die neue Überschrift
des § 108e StGB angepasst wird.

Zu Doppelbuchstabe bb
Die Folgeänderung dient der Anpassung an die neue Überschrift des § 108e StGB.

Zu Buchstabe b
Die Folgeänderung dient der Anpassung an die neue Überschrift des § 108e StGB.

Zu Buchstabe c
Es handelt sich zum einen um eine Folgeänderung im Hinblick auf die in § 108e Absatz 3 Nummer 1 StGB
gewählte Formulierung „kommunale Gebietskörperschaft“. Zum anderen sollen mit der Änderung auch
Wahlen zu den in § 108e Absatz 3 Nummer 2 StGB genannten Gremien sowie sonstige Wahlen und Ab-
stimmungen in den entsprechenden Teilgebieten erfasst werden.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/607

Zu Buchstabe d

Zu Doppelbuchstabe aa
Der Begriff der „Abgeordneten“ im neuen Straftatbestand erscheint im Hinblick auf kommunale Mandats-
träger als zu einschränkend und soll daher durch den umfassenderen Begriff der „Mandatsträger“ ersetzt
werden.

Zu Doppelbuchstabe bb
Die Einfügung dient der sprachlichen Angleichung an Absatz 1.

Zu Doppelbuchstabe cc

Zu Dreifachbuchstabe aaa
Die neue Nummer 2 soll der besonderen Situation derjenigen Länder bzw. Stadtstaaten Rechnung tragen, in
denen beispielsweise eine Aufgliederung in Bezirke erfolgt ist, die keine Gebietskörperschaften darstellen
und in denen Verwaltungseinheiten bestehen, an deren Aufgabenwahrnehmung gewählte Verwaltungsaus-
schüsse bzw. -gremien mitwirken.

Zu Dreifachbuchstabe bbb
Es handelt sich um eine Folgeänderung.

Zu Buchstabe e
Es handelt sich um eine Folgeänderung.

Zu Nummer 2
Durch die Einfügung eines neuen § 120b im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) soll für den Straftatbestand
der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern eine erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberlan-
desgerichte in Strafsachen außerhalb der Sonderzuständigkeiten nach § 120 GVG geschaffen werden.
Mit dieser Zuständigkeitskonzentration wird einerseits gewährleistet, dass die mit Vorwürfen der Bestech-
lichkeit und Bestechung von Mandatsträgern befassten Justizorgane über die erforderliche Erfahrung und
die für den Umgang mit Korruptionsvorwürfen gegen Mandatsträger erforderliche Sensibilität verfügen.
Dies gilt nicht nur für die Gerichte, sondern auch für die Staatsanwaltschaften. Hier ist nach den §§ 141,
142 GVG die bei dem jeweils zuständigen Oberlandesgericht errichtete Staatsanwaltschaft (Generalstaats-
anwaltschaft) in allen Verfahren zuständig, in denen das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug zuständig
ist.
Andererseits gewährleistet die Zuständigkeitskonzentration bei den Oberlandesgerichten, dass den regelmä-
ßig die Öffentlichkeit in besonderer Weise interessierenden Korruptionsvorwürfen gegen Mandatsträger mit
dem erforderlichen Nachdruck nachgegangen wird. Insoweit ist es folgerichtig, dass im Verfahren nach
§ 120b GVG weder die Durchführung eines beschleunigten Verfahrens noch ein Strafbefehlsverfahren
möglich sind (§ 407 Absatz 1 Satz 1, § 417 der Strafprozessordnung – StPO).
Eine Zuständigkeit der Generalbundesanwaltschaft wird durch die Neuregelung nicht begründet; auch üben
die Oberlandesgerichte im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach § 120b GVG keine Bundesgerichtsbarkeit aus.
Eine unzulässig weite Ausdehnung namentlich der Staatsschutzangelegenheiten nach Artikel 96 Absatz 5
Nummer 5 des Grundgesetzes wird damit von vornherein vermieden. Dass mit der vorgeschlagenen Neure-
gelung eine neue erstinstanzliche Gerichtszuständigkeit der Oberlandesgerichte in Strafsachen geschaffen
wird, ist aufgrund der Besonderheiten der in Rede stehenden Delikte gerechtfertigt, die eine solche Kon-
zentration auch außerhalb der echten Staatsschutzdelikte als sinnvoll erscheinen lassen.
Durch die Verweisung auf die Absätze 3 und 5 des § 120 GVG und die Änderung des § 169 StPO wird
einerseits die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters beim Oberlandesgericht auch in den Fällen des § 120b
GVG begründet, andererseits ermöglicht sie den Ländern, durch staatsvertragliche Vereinbarung eine noch
weiter reichende, länderübergreifende Zuständigkeitskonzentration vorzunehmen.
Im Übrigen handelt es sich bei den Änderungen in der StPO um Folgeänderungen.

Zu Nummer 3
Es handelt sich um eine Folgeänderung.

Drucksache 18/607 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Zu Nummer 4
Mit dem neuen Artikel 5 wird dem Zitiergebot des Artikels 19 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG)
entsprochen: Zwar sind sowohl der bisher geltende Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung nach
§ 108e StGB als auch der Geldwäsche nach § 261 StGB bereits nach dem geltenden § 100a Absatz 2
Nummer 1 Buchstaben b und m StPO Anlassstraftaten für eine Telekommunikationsüberwachung. Durch
die im Entwurf vorgesehene Erweiterung des Straftatbestandes des § 108e StGB um dort bislang nicht ent-
haltene Tathandlungen sowie die Erweiterung des § 261 StGB um den Straftatbestand des § 108e StGB als
Vortat einer Geldwäsche wird aber mittelbar auch der Anwendungsbereich des § 100a StPO und damit der
Eingriff in das Fernmeldegeheimnis (Artikel 10 GG) in nicht nur geringfügiger Weise erweitert.
Mit dem Inkrafttreten zum 1. September 2014 soll die Umstellung auf die neue Rechtslage erleichtert wer-
den.

Berlin, den 19. Februar 2014

Ansgar Heveling
Berichterstatter

Burkhard Lischka
Berichterstatter

Metin Hakverdi
Berichterstatter

Halina Wawzyniak
Berichterstatterin

Katja Keul
Berichterstatterin

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