BT-Drucksache 18/5951

Die Rentenlücke zwischen Männern und Frauen

Vom 8. September 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5951
18. Wahlperiode 08.09.2015

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Markus Kurth, Ulle Schauws, Katja Dörner,
Dr. Franziska Brantner, Beate Müller-Gemmeke, Brigitte Pothmer,
Corinna Rüffer, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Ekin Deligöz,
Dr. Thomas Gambke, Kai Gehring, Britta Haßelmann, Dr. Tobias Lindner,
Tabea Rößner, Claudia Roth (Augsburg), Elisabeth Scharfenberg,
Kordula Schulz-Asche, Dr. Harald Terpe, Doris Wagner und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Rentenlücke zwischen Männern und Frauen

Erwerbs- und Fürsorgearbeit sind ungleich zwischen Frauen und Männern ver-
teilt. Zwar steigt die Erwerbsbeteiligung von Frauen seit Jahren kontinuierlich,
sie arbeiten jedoch überwiegend auf Teilzeitstellen. Bei Männern liegt die Teil-
zeitquote dagegen weiterhin deutlich niedriger. Das Arbeitsvolumen von Frauen
wird hierbei wesentlich von ihrer familiären Situation geprägt. Als Gründe für
Teilzeit geben sie in Umfragen die Betreuung von Kindern oder pflegebedürfti-
gen Personen sowie familiäre Gründe an. Doch auch in anderer Hinsicht sind
Frauen auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt. Dies drückt sich etwa in der Entgelt-
lücke oder dem niedrigeren Anteil von Frauen in Führungspositionen aus.

Das bleibt nicht ohne Konsequenzen für die Rentenanwartschaften. Zwar sieht
das System der gesetzlichen Rentenversicherung kompensatorische Leistungen
vor, diese können in aller Regel aber nicht ansatzweise die geringere Arbeits-
marktpartizipation von Frauen ausgleichen. Demensprechend klafft eine große
Lücke zwischen den Renten von Männern und Frauen. Dies betrifft nicht nur die
gesetzliche Rente, sondern auch und gerade die betriebliche Altersversorgung
sowie die private Altersvorsorge.

Auch wenn die Teilhabe von jüngeren Frauen am Erwerbsleben steigt und immer
mehr Männer Fürsorgearbeit übernehmen, ist der Weg hin zu einer wirklich ei-
genständigen Alterssicherung von Frauen noch weit. Entwickelt sich die Verrin-
gerung der geschlechtsspezifischen Rentenlücke in diesem Tempo, dauert es viel
zu lange, bis die Lücke geschlossen ist.

Frauen übernehmen die Verantwortung für die Vereinbarkeit, Familie und Beruf
und tragen die Risiken dieses Modells – auch bis ins Rentenalter. Ein sinkendes
Rentenniveau, Unsicherheiten ob des adäquaten Aufbaus ergänzender Vorsorge
sowie der Rückbau abgeleiteter Ansprüche bei der Hinterbliebenenversorgung
machen immer deutlicher: Der Rentenlücke muss jetzt entgegengewirkt werden.
Sie kann nicht weiter auf Kosten von Frauen hingenommen werden.

Drucksache 18/5951 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie hoch ist die geschlechtsspezifische Rentenlücke bezogen auf die durch-
schnittlichen Rentenzahlbeträge

a) insgesamt,

b) in der gesetzlichen Rente,

c) in der betrieblichen Altersversorgung und

d) in der gesamten privaten Altersvorsorge im Rentenbestand?

2. Wie unterscheidet sich die geschlechtsspezifische Rentenlücke in den
neuen und alten Bundesländern (bitte jeweils für die Nummern 1a bis 1d)?

3. Was sind die wesentlichen Einkommensquellen der Personen über 65 Jahre
(bitte nach Geschlecht sowie neuen und alten Bundesländern getrennt aus-
weisen)?

4. Wie hat sich die geschlechtsspezifische Rentenlücke seit dem Jahr 1995
entwickelt, und welche weitere Entwicklung prognostiziert die Bundesre-
gierung (bitte insgesamt und nach neuen und alten Bundesländern getrennt
ausweisen)?

5. Wie unterscheidet sich die geschlechtsspezifische Rentenlücke jeweils in
den neuen und alten Bundesländern nach Familienstand (verheiratet, ge-
schieden, ledig)?

6. a) Wie viele Entgeltpunkte aus eigenen Anwartschaften weisen Männer und

wie viele weisen Frauen durchschnittlich im Rentenbestand (bitte nach

neuen und alten Bundesländern getrennt ausweisen) auf?

b) Wie viele Entgeltpunkte stammen jeweils aus Erwerbsarbeit?

c) Wie viele Entgeltpunkte stammen jeweils aus familienpolitischen Leistungen
der gesetzlichen Rentenversicherung?

7. Wie viele Entgeltpunkte erreichen Frauen durchschnittlich jeweils in den
neuen und alten Bundesländern

a) ohne Kinder

b) mit einem Kind

c) mit zwei Kindern

d) mit drei Kindern und

e) mit vier und mehr Kindern?

8. Wie unterscheiden sich die familienbedingten Erwerbsunterbrechungen der
Geburtsjahrgänge 1942 bis 1961 zwischen Männern und Frauen

a) jeweils in den neuen und alten Bundesländern, und

b) wie hoch ist der jeweilige Anteil für Kindererziehung und Pflege von An-
gehörigen?

9. a) Was sind nach Ansicht der Bundesregierung die wesentlichen Gründe für

die geschlechtsspezifische Rentenlücke?

b) Welchen Einfluss auf die geschlechtsspezifische Rentenlücke hat nach An-
sicht der Bundesregierung die Aufteilung von Fürsorgearbeit zwischen Män-
nern und Frauen?

c) Warum wird es nach Ansicht der Bundesregierung für Frauen künftig immer
wichtiger, eine eigenständige Alterssicherung aufzubauen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5951

10. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung darüber vor, welchen Ein-
fluss die Unterhaltsrechtsreform aus dem Jahr 2008, die bei gleichzeitiger
Reduzierung des Betreuungsunterhalts die nacheheliche Eigenverantwor-
tung zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit betonte, auf die Entwicklung der
geschlechtsspezifischen Rentenlücke hat?

11. a) Welchen finanziellen Umfang haben die Leistungen für Kindererziehungs-

zeiten pro Jahr, und in welcher Höhe steigern sie durchschnittlich die indi-

viduelle Rente von Müttern bzw. Vätern?

b) Welchen finanziellen Umfang haben die Leistungen für Kinderberücksichti-
gungszeiten pro Jahr, und in welcher Höhe steigern sie durchschnittlich die
individuelle Rente von Müttern bzw. Vätern?

c) Welchen finanziellen Umfang haben die Leistungen für den Kinderzuschlag
bei der Hinterbliebenenversorgung pro Jahr, und in welcher Höhe steigern sie
durchschnittlich die individuelle Rente von Müttern bzw. Vätern?

d) Welchen finanziellen Umfang haben die Leistungen für Erziehungsrenten pro
Jahr, und in welcher Höhe steigern sie durchschnittlich die individuelle Rente
von Müttern bzw. Vätern?

e) Welchen finanziellen Umfang haben die Leistungen für Pflegezeiten pro Jahr,
und in welcher Höhe steigern sie durchschnittlich die individuelle Rente von
Müttern bzw. Vätern?

f) Welchen finanziellen Umfang haben die Leistungen für die Kinderzulage bei
der Riester-Förderung pro Jahr, und in welcher Höhe steigern sie durchschnitt-
lich die individuelle Rente von Müttern bzw. Vätern?

g) Wie viele Paare haben sich seit Einführung dieser Wahloption für ein Renten-
splitting entschieden (bitte jahresgenau auflisten)?

12. a) Wie könnten die familienpolitischen Leistungen der Alterssicherung wei-

terentwickelt werden, um Anreize zu setzen, dass Fürsorgearbeit künftig

gerechter zwischen den Geschlechtern aufgeteilt wird?

b) Plant die Bundesregierung hierzu konkrete Maßnahmen?

Wenn ja, welche?

Wenn nein, warum nicht?

13. a) Wie hoch ist der Frauenanteil an den Bezieherinnen und Beziehern von

Leistungen der Grundsicherung im Alter?

b) Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung zur künftigen Entwicklung
von Altersarmut vor, und wie verändert sich mutmaßlich der Anteil an Frauen
in Altersarmut?

Berlin, den 8. September 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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