BT-Drucksache 18/5854

Gefährliche Chemikalien und andere Ausgangsstoffe, die für die illegale Herstellung von Explosivstoffen missbraucht werden können

Vom 20. August 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5854
18. Wahlperiode 20.08.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Irene Mihalic, Katja Keul, Renate Künast, Monika Lazar,
Özcan Mutlu, Dr. Konstantin von Notz und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Gefährliche Chemikalien und andere Ausgangstoffe, die für die illegale
Herstellung von Explosivstoffen missbraucht werden können

Chemikalien werden immer wieder zur illegalen Herstellung von Explosiv-
stoffen und Sprengsätzen missbraucht. Anschläge von Terroristinnen und Terro-
risten wurden oftmals mit selbst hergestellten Explosivstoffen verübt, die man
durch frei verkäufliche Ausgangsstoffe herstellen kann. Zuletzt erregte ein Fall
in Oberursel die öffentliche Aufmerksamkeit, bei dem zwei mutmaßliche Ter-
roristen versucht hatten, in einem Baumarkt eine größere Menge Wasserstoff-
peroxid zu kaufen. Die in diesem Fall exemplarisch deutlich gewordene Gefahr
ist der Grund für eine Vielzahl von Bestimmungen, die neben Abgabeverboten
und Konzentrationsbeschränkungen insbesondere ein spezielles Meldewesen
vorsehen. Dabei sind in erster Linie die Vorschriften der Verordnung über Ver-
bote und Beschränkungen des Inverkehrbringens gefährlicher Stoffe, Zuberei-
tungen und Erzeugnisse nach dem Chemikaliengesetz (Chemikalien-Verbots-
verordnung – ChemVerbotsV) und die Verordnung (EU) Nr. 98/2013 über die
Vermarktung und Verwendung von Ausgangsstoffen für Explosivstoffe von Be-
deutung. In diesem Zusammenhang ist neben dem Grundsatz der Verhältnis-
mäßigkeit auch das berechtigte wirtschaftliche Interesse an der ordnungsgemä-
ßen Verwendung entsprechender Ausgangsstoffe zu berücksichtigen. Gleich-
wohl stellt sich die Frage, ob die derzeitigen Vorschriften ausreichend sind, um
einen Missbrauch hinreichend zu erschweren.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Sind die festgelegten Konzentrationsgrenzwerte gemäß Anhang 1 der Ver-

ordnung (EU) Nr. 98/2013 nach Einschätzung der Bundesregierung geeignet,
das Schutzziel der Verordnung (die unrechtmäßige Herstellung von Explo-
sivstoffen zu erschweren) zu erreichen?

2. Wie bewertet die Bundesregierung vor diesem Hintergrund den festgelegten
Konzentrationsgrenzwert für Wasserstoffperoxid von bis zu 35 Prozent ge-
mäß Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 98/2013?

3. Hält die Bundesregierung die Stofflisten in Anhang I und Anhang II der Ver-
ordnung (EU) Nr. 98/2013 aus kriminalistischer Sicht für vollständig, oder
müssten nach Einschätzung der Bundesregierung weitere Stoffe einbezogen
werden?

4. Hält die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Aufnahme von wei-
teren Stoffen in die ChemVerbotsV für angezeigt?

Drucksache 18/5854 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. Wie bewertet die Bundesregierung die rechtlichen Beschränkungen für die
Abgabe von Kaliumnitrat und von Ammoniumnitrat, das in der Landwirt-
schaft vielfach verwendet wird?

6. Wie bewertet die Bundesregierung die Gefahr, dass Artikel 7 Absatz 3
Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 98/2013 durch einen sukzessiven An-
kauf jeweils geringer Mengen umgangen werden könnte?

7. Welche Maßnahmen wurden oder werden nach Kenntnis der Bundesregie-
rung ergriffen, um der in Frage 6 beschriebenen Gefahr zu begegnen?

8. Liegen der Bundesregierung Informationen darüber vor, ob es in der Ver-
gangenheiten Fälle von sukzessiven Ankäufen gab, um daraus Explosiv-
stoffe herzustellen (bitte gegebenenfalls nach Jahren, Stoffen und Mengen
getrennt auflisten)?

9. Wurden nationale Kontaktstellen für die Meldung verdächtiger Transaktio-
nen eingerichtet, wie in der Verordnung (EU) Nr. 98/2013 vorgesehen, und
wie sind diese nach Kenntnis der Bundesregierung beschaffen?

10. Wie ist der Austausch zwischen dem Bundeskriminalamt und den Landes-
behörden bei verdächtigen Transaktionen im Sinne der Verordnung (EU)
Nr. 98/2013 nach Kenntnis der Bundesregierung organisiert, und wie be-
urteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang das Meldewesen für
das Abhandenkommen bzw. den Diebstahl von Ausgangstoffen für Ex-
plosivstoffe?

11. Wie viele Meldungen über verdächtige Transaktionen sind nach Kenntnis
der Bundesregierung seit dem Inkrafttreten der Verordnung (EU) Nr. 98/
2013 eingegangen (bitte gegebenenfalls nach Jahren, Stoffen und Mengen
getrennt auflisten)?

12. Liegen der Bundesregierung Informationen darüber vor, wie häufig und in
welchen Mengen Ausgangstoffe für Explosivstoffe gestohlen werden oder
in anderer Weise abhandenkommen (bitte gegebenenfalls nach Jahren, Stof-
fen und Mengen getrennt auflisten)?

13. Gibt es nach Einschätzung der Bundesregierung weitere Maßnahmen, die
ergriffen werden sollten, um dem Missbrauch von Chemikalien zur illegalen
Herstellung von Explosivstoffen vorzubeugen?

14. Hält die Bundesregierung eine höhere Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter in Fachgeschäften (Baumärkten, Apotheken, Drogerien
etc.) in Bezug auf die Eignung der in Frage 1 genannten Stoffe zur Herstel-
lung von Explosivstoffen für notwendig?
Falls ja, strebt die Bundesregierung an, eine höhere Sensibilisierung zu er-
reichen, und wenn ja, wie (ggf. erstellte Leitfäden o. Ä. bitte beifügen)?

Berlin, den 20. August 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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