BT-Drucksache 18/5281

Ein Jahr nach Inkrafttreten des Rentenpakets der Großen Koalition

Vom 17. Juni 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5281
18. Wahlperiode 17.06.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Markus Kurth, Kerstin Andreae, Beate Müller-Gemmeke,
Brigitte Pothmer, Corinna Rüffer, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Ekin Deligöz,
Dr. Thomas Gambke, Sven-Christian Kindler, Dr. Tobias Lindner und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ein Jahr nach Inkrafttreten des Rentenpakets der Großen Koalition

Am 1. Juli 2014 trat das Rentenversicherungs-Leistungsverbesserungsgesetz
(sogenanntes Rentenpaket) in Kraft. Neben der Ausweitung der anrechenbaren
Kindererziehungszeiten für vor dem Jahr 1992 geborene Kinder um zwölf Mo-
nate (sogenannte Mütterrente) und der modifizierten Altersrente für besonders
langjährig Versicherte (sogenannte Rente ab 63) beinhaltet es Verbesserungen
bei der Erwerbsminderungsrente sowie bei den Leistungen für Rehabilitation.
Von Anbeginn stand das Rentenpaket vor allem deshalb in der Kritik, weil es fal-
sche Prioritäten setzte und zulasten der Personengruppen ging, die es eigentlich
am nötigsten haben (siehe etwa Bundestagsdrucksache 18/1498). Aber auch die
Finanzierung aus den Mitteln der Rentenkasse, also durch die Rentnerinnen und
Rentner sowie durch die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler, wurde kriti-
siert. Insbesondere die Kosten der Mütterrente von jährlich rund 6,7 Mrd. Euro
schlagen zu Buche. Zudem war die Kostenkalkulation der Rente ab 63 höchst
intransparent und musste bereits wenige Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes
durch die Bundesregierung nach oben korrigiert werden (siehe Ausschussdruck-
sache 18(11)275). Nun ist es an der Zeit, eine erste (Kosten-)Bilanz zu ziehen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Personen profitieren im Einführungsjahr von der Mütterrente, und

wie hoch sind die tatsächlichen Kosten für diese Leistung?
2. Wie viele Frauen profitieren tatsächlich von der neuen Mütterente, d. h. auch

nach Abzug derjenigen Frauen, die etwa aufgrund der Anrechnung auf die
Grundsicherung im Alter oder der Nichterfüllung der Wartezeit faktisch
nichts von der Mütterrente haben?

3. a) Gibt es Bestrebungen der Bundesregierung, die Mütterrente noch in dieser
Legislatur sachgerecht aus Steuern zu finanzieren und die vorgesehene
Beteiligung des Bundes an dieser Leistung aufzustocken, und wenn nein,
warum nicht?

b) Wie lange und in welcher Größenordnung sind auch über das Jahr 2030
hinaus, Ausgaben durch die sogenannte Mütterrente zu erwarten?

4. Wie viele Frauen befinden sich unter den Altersrentenzugängen des Jahres
2014, die allein aufgrund der neuen Mütterrente erstmalig die Wartezeit für
einen Rentenanspruch erfüllen (bitte nach Ost und West getrennt ausweisen)?

Drucksache 18/5281 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. Welchen Einfluss hat die Mütterrente auf die Entwicklung des durchschnitt-
lichen Zugangsalters in Altersrenten von Frauen?

6. Wie viele Personen haben
a) innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Rentenpakets und
b) im Jahr 2014 die abschlagsfreie Rente ab 63 in Anspruch genommen

(bitte nach Frauen und Männern sowie Ost- und Westdeutschland ge-
trennt ausweisen), und wie viele Personen gehören jeweils zu den frei-
willig Versicherten?

7. a) Wie viele Anträge auf die Rente ab 63 gab es im Jahr 2014, und wie viele
davon wurden abgelehnt?

b) Was waren die Hauptgründe für die Ablehnung, und wie viele Personen
haben der Ablehnung widersprochen?

c) Wie viele Personen weisen bei der Wartezeit von mindestens 45 Jahren
auch Arbeitslosenzeiten auf?

8. Wie erklärt sich die Bundesregierung die Differenz zwischen ihrer ur-
sprünglichen Annahme von bis zu 240 000 Begünstigten im Einführungs-
jahr gegenüber der tatsächlichen Inanspruchnahme der Rente ab 63?

9. a) Wie hoch ist die Durchschnittsrente all der Personen, die bereits heute
abschlagsfrei mit 63 in Rente gegangen sind (bitte nach Frauen und Män-
nern getrennt ausweisen)?

b) Wie hoch ist die Durchschnittsrente derjenigen Personen ohne die frei-
willig Versicherten, die bereits heute abschlagsfrei mit 63 in Rente ge-
gangen sind (bitte nach Frauen und Männern getrennt ausweisen)?

10. Wie hoch waren im Jahr 2014
a) die Mehrausgaben in der Rentenversicherung,
b) die Beitragsausfälle in der Rentenversicherung,
c) die Kosten für die freiwillig Versicherten,
d) die Be- und Entlastungen anderer Sozialversicherungsträger durch die

zum 1. Juli 2014 eingeführte Rente ab 63, und
e) welchen Anteil machen die sogenannten Vorzieheffekte aus, d. h. die

Kosten für solche Begünstigten, die ohne die neue Rente noch weiter ge-
arbeitet hätten?

11. Ist es richtig, dass die Prüfung durch die Bundesregierung, ob Mutterschutz-
zeiten bei der Berücksichtigung der Wartezeit von 45 Jahren angerechnet
werden, negativ ausgefallen ist (siehe Antwort zu Frage 9 auf Bundestags-
drucksache 18/3700), und wenn nein, ist der Abschluss einer solchen Prü-
fung noch in dieser Legislatur angedacht?

12. Wie hat sich das durchschnittliche Zugangsalter von Männern bei allen Al-
tersrentenzugängen im Vergleich der Jahre 2013 und 2014 verändert, und
welchen Einfluss hatte hierbei die Rente ab 63?

13. Wie hoch sind die tatsächlichen Kosten der durch das Rentenpaket be-
schlossenen Leistungen bei der Erwerbsminderungsrente sowie bei den
Mitteln für die Rehabilitation?

14. Inwiefern konnten die jeweiligen Leistungen des Rentenpakets
a) zur Verhinderung von Einkommensarmut beitragen sowie
b) den Bezug von Leistungen der Grundsicherung im Alter verhindern?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5281
15. Wie verändern sich auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten die Kosten-
schätzungen des Rentenpakets bis zum Jahr 2030, und welche Auswirkun-
gen haben diese auf die Entwicklung des Rentenniveaus und der Rentenver-
sicherungsbeiträge bis zum Jahr 2030?

16. Wie verändert sich auf Grundlage der tatsächlichen Kosten des Renten-
pakets im Jahr 2014
a) der Anteil der Kosten für die Mütterrente von bisher rund 66 Prozent

(3,3 Mrd. Euro) und
b) der Anteil der Kosten für die Rente ab 63 von bisher bis zu 30 Prozent

(inklusive möglicher Beitragsausfälle rund 1,5 Mrd. Euro, s. Ausschuss-
drucksache 18(11)275) an den durch die Bundesregierung ursprünglich
geschätzten Gesamtkosten von bis zu 5 Mrd. Euro für das Rentenpaket
im Einführungsjahr?

17. Wie verändert sich auf Grundlage der tatsächlichen Kosten des Renten-
pakets im Jahr 2014
a) der Anteil der Kosten für die Mütterrente von bisher rund 67 Prozent

(6,7 Mrd. Euro) und
b) der Anteil der Kosten für die Rente ab 63 von bisher bis zu 29 Prozent

(inklusive möglicher Beitragsausfälle rund 2,9 Mrd. Euro, s. Ausschuss-
drucksache 18(11)275) an den durch die Bundesregierung ursprünglich
geschätzten Gesamtkosten von bis zu 10 Mrd. Euro für das Rentenpaket
im Jahr 2015?

18. Welche eigenen inhaltlichen Positionen vertritt die Bundesregierung inner-
halb der im Nachgang des parlamentarischen Beratungsverfahrens zum
Rentenpaket eingerichteten Koalitionsarbeitsgruppe zu den flexiblen Ren-
tenübergängen, und wird die Bundesregierung ihrerseits gesetzesinitiativ,
sollten sich die Koalitionsfraktionen auch bis zur diesjährigen parlamenta-
rischen Sommerpause nicht auf einen gemeinsamen Abschlussbericht ver-
ständigen können?

Berlin, den 17. Juni 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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