BT-Drucksache 18/4879

Wirkungsanalyse im Bereich Zivile Krisenprävention

Vom 7. Mai 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4879
18. Wahlperiode 07.05.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Franziska Brantner, Uwe Kekeritz, Annalena Baerbock,
Marieluise Beck (Bremen), Agnieszka Brugger, Tom Koenigs, Dr. Tobias Lindner,
Omid Nouripour, Cem Özdemir, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin,
Dr. Frithjof Schmidt, Jürgen Trittin, Doris Wagner und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Wirkungsanalyse im Bereich Zivile Krisenprävention

Der Nachweis einer erfolgreichen zivilen Krisenprävention ist schwer zu führen.
Krisenprävention war dann erfolgreich, wenn das eigentliche Ereignis – wie
etwa ein gewaltsam ausgetragener Konflikt – nicht stattgefunden hat. Dennoch
muss es für die Institutionen, die derartige Projekte fördern, von Interesse sein,
die Wirkung ihres Engagements nachvollziehen und entsprechend verbessern zu
können. Versuche und Erfahrungen hiermit gibt es bereits. Das „Peace and Con-
flict Assessment“ gibt z. B. einen methodischen Rahmen vor, um konfliktsen-
sible Projekte auflegen und bewerten zu können. Die Europäische Kommission
hat im Jahr 2011 ihre Aktivitäten im Bereich zivile Krisenprävention und Frie-
denskonsolidierung für den Zeitraum der Jahre 2001 bis 2010 von unabhängigen
Beratern evaluieren lassen. Laufende und abgeschlossene Missionen der Ge-
meinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) werden vom Europä-
ischen Auswärtigen Dienst regelmäßig evaluiert. Auch die Vereinten Nationen
erweiterten in den letzten Jahren die Überprüfung der Wirksamkeit ihrer Mis-
sionen.
Das Auswärtige Amt (AA) fördert Projekte unter dem Titel „Sicherung von
Frieden und Stabilität“. Hierfür wendet es im Jahr 2015 1,23 Mrd. Euro auf.
Seit Jahren fordern verschiedene Fraktionen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf
Bundestagsdrucksachen 16/13392, 17/5910, 18/3928, SPD auf Bundestags-
drucksache 17/4532) und auch der Unterausschuss Zivile Krisenprävention
(Ausschussdrucksache 17(3)73), dass dieser Bereich evaluiert werden sollte.
Bei allen wissenschaftlich erkannten Schwierigkeiten der Wirkungsanalyse im
Bereich der zivilen Konfliktbearbeitung wäre es wünschenswert, mehr Klarheit
über den Einsatz und die Wirkung der eingesetzten Mittel zu erhalten.
Nicht zuletzt deutet ja auch der Umbau des AA als Konsequenz des „Review“-
Prozesses darauf hin, dass Erkenntnisse vorliegen, die die Einrichtung einer
Abteilung für Krisenprävention, Stabilisierung und Konfliktnachsorge sinnvoll
erscheinen lassen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie und aufgrund welcher Kriterien wägt das AA den Einsatz welcher In-

strumente zur Bewältigung einer Krise ab, und welche Abteilungen bzw.
Referate sind hieran beteiligt?

Drucksache 18/4879 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Findet im AA eine über die Prüfung von Verwendungsnachweisen gemäß
der Bundeshaushaltsordnung (BHO) hinausgehende regelmäßige und struk-
turierte Auswertung der von ihr finanzierten Projekte, Programme und In-
strumente statt?
a) Wenn nein, warum nicht?
b) Wenn ja, wer nimmt diese vor, und welche Mitarbeiterkapazitäten beste-

hen hierfür im AA insgesamt?
3. Werden alle vom AA finanzierten Projekte, Programme und Instrumente

systematisch evaluiert, und wenn nein, wer entscheidet im AA darüber, wel-
che Projekte evaluiert werden?

4. Trifft es zu, dass für die Prüfung von Verwendungsnachweisen gemäß der
Bundeshaushaltsordnung (BHO) das Bundesverwaltungsamt oder andere
Behörden außerhalb des AA beauftragt sind?
Wenn ja, inwieweit sind diese Behörden mit der inhaltlichen Beurteilung
von Projekten befasst, und welche für eine solche inhaltliche Beurteilung
notwendigen Expertisen und Mitarbeiterkapazitäten bestehen dort im Ein-
zelnen?

5. Inwiefern ist auch eine Evaluierung von Entsendungen und Sekundierungen
einzelner Personen vorgesehen?

6. Wie werden dabei die Erfahrungen der sekundierten Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter ausgewertet?

7. Wie sieht ein typischer Projektzyklus aus, und an welcher Stelle findet
gegebenenfalls eine Bewertung statt?

8. Existieren im AA Kriterien für die Bewertung von Erfolg und Nichterfolg
durchgeführter Projekte?
Wenn ja, wie lauten diese Kriterien, und wer hat sie formuliert?

9. Ist in allen Titeln automatisch Geld für Evaluation und Auswertung vorge-
sehen?

10. Welche Methoden werden angewandt, um gegebenenfalls eine Bewertung
vorzunehmen?

11. Inwieweit wendet das AA Kriterien der OECD bei der Einsetzung, Fortfüh-
rung oder Beendigung eines Projekts an?

12. Welche am Projekt, Programm oder Instrument beteiligten Akteure werden
befragt?

13. Wenn eine Bewertung vorgesehen ist, wie nimmt das Ergebnis Einfluss auf
den weiteren Verlauf des Projekts bzw. auf neue Projekte?

14. Wann und an welcher Stelle erklärt das AA ein Projekt aufgrund welcher
Kriterien für gescheitert?

15. Welche Flexibilität sehen die vom AA durchgeführten Projekte hinsichtlich
ihrer Strategie vor Ort und einer möglichen Anpassung während der Lauf-
zeit vor?

16. Wo und an welcher Stelle laufen im AA die Erfahrungen oder „Lessons-
learned“-Ergebnisse zusammen?

17. Gab es bisher oder wird es nach den Umstrukturierungen im Rahmen des
Review-Prozesses eine zentrale Stelle geben, an der die Informationen zu-
sammenfließen, und wenn ja, wie heißt sie?

18. Welche Systeme und Verfahren des Wissensmanagements existieren im AA?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4879
19. Wie stellt das AA bei der Bewilligung neuer Projekte, Programme und In-
strumente sicher, dass in diesem Bereich bereits gemachte Erfahrungen in
die neu einzurichtenden Strukturen fließen?

20. Plant das AA nach dem Review-Prozess eine verstärkte Evaluierung seiner
Projekte, Programme und Instrumente, und wenn ja, wie soll dies erfolgen?

21. Welche Aufgaben übernimmt das im Rahmen der Umstrukturierung des AA
geschaffene Referat S02 „Kopfstelle Haushalt“ in der neuen Abteilung für
Krisenprävention, Stabilisierung und Konfliktnachsorge?

22. Existiert außerhalb des AA eine strukturierte Kooperation mit Dritten, die
im Auftrag des Amtes Evaluierungen vornehmen?
Wenn ja, nach welchen Kriterien findet diese Auftragsvergabe statt?

23. Welche Auswertung nimmt die Bundesregierung im Rahmen der aufgewen-
deten Gelder für die Transformationspartnerschaften Nordafrika bzw. Naher
Osten mit Blick auf den Mittelansatz und die innenpolitische Entwicklung
im jeweiligen Land vor?

24. Finden in nachgeordneten Organisationen, wie dem Zentrum für Inter-
nationale Friedenseinsätze, Evaluationen bzw. eine Wirkungsanalyse der
durchgeführten Maßnahmen und Entsendungen statt?
Wenn ja, anhand welcher Kriterien werden sie von wem entwickelt?
Wenn nein, warum nicht?

25. Finden im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung (BMZ) regelmäßige Auswertungen der krisenpräventiv durchge-
führten Projekte statt?
Wenn ja, von wem werden sie anhand welcher Kriterien durchgeführt?

26. Nach welchen Kriterien evaluiert die Deutsche Gesellschaft für interna-
tionale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH ihre Projekte, und wie sind diese
Kriterien entwickelt worden?

27. Inwiefern fließen die Ergebnisse der im Auftrag der GIZ durchgeführten
Projekte nicht nur in die Arbeit des BMZ ein, sondern werden im Sinne
einer kohärenten Außenpolitik auch ressortübergreifend von anderen Bun-
desministerien, wie dem AA, genutzt?

28. Nach welchen Kriterien bewertet die Bundesregierung ihr bilaterales Poli-
zeiprojekt in Afghanistan (GPPT – German Police Project Team)?
a) Liegen bezüglich des GPPT weitergehende Informationen vor, als im

Fortschrittsbericht Afghanistan wiedergegeben?
b) Wenn ja, wer erstellt diese Berichte, und wo sind sie einsehbar?
c) Wenn nein, warum geschieht dies nicht?

29. Plant die Bundesregierung eine Evaluierung ihres außenpolitischen Engage-
ments in einzelnen Bereichen, wie es etwa die Europäische Kommission für
den Bereich Krisenprävention und Peacebuilding im Jahr 2011 getan hat?

Berlin, den 7. Mai 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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