BT-Drucksache 18/4706

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD - Drucksache 18/3831 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Personalausweisgesetzes zur Einführung eines Ersatz-Personalausweises und zur Änderung des Passgesetzes b) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 18/4280 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Personalausweisgesetzes zur Einführung eines Ersatz-Personalausweises und zur Änderung des Passgesetzes

Vom 22. April 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4706
18. Wahlperiode 22.04.2015

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
– Drucksache 18/3831 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Personalausweisgesetzes
zur Einführung eines Ersatz-Personalausweises und zur Änderung
des Passgesetzes

b) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 18/4280 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Personalausweisgesetzes
zur Einführung eines Ersatz-Personalausweises und zur Änderung
des Passgesetzes

A. Problem
Ziel des Gesetzentwurfs ist es, Reisen von bestimmten Personen effektiv zu ver-
hindern. Der Gesetzentwurf bezieht sich dabei sowohl auf Personen, die die innere
oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik
Deutschland dadurch gefährden, dass aufgrund bestimmter Tatsachen zu besor-
gen ist, dass die Betreffenden einer terroristischen Vereinigung (§ 129a des Straf-
gesetzbuchs oder § 129a in Verbindung mit § 129b Absatz 1 Satz 1 des Strafge-
setzbuchs) angehören oder diese unterstützen oder dass die Betreffenden rechts-
widrig Gewalt gegen Leib oder Leben als Mittel zur Durchsetzung politischer
oder religiöser Belange anwenden, unterstützen oder hervorrufen werden, als auch
auf Personen, die im Sinne des § 89a des Strafgesetzbuchs schwere staatsgefähr-
dende Gewalttaten vorbereiten, durch die die Sicherheit eines Staates oder von
internationalen Organisationen oder deutsche Verfassungsgrundsätze beeinträch-
tigt werden können.
Während in solchen Fällen zur Unterbindung der Reise der Betroffenen gemäß
den §§ 7 und 8 des Passgesetzes eine Passentziehung möglich ist, fehlt es an einem

Drucksache 18/4706 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Entziehungstatbestand in Bezug auf den Personalausweis im Personalausweisge-
setz. Dieser reicht indes als Reisedokument innerhalb des Schengenraums und für
die Reise in bestimmte Drittstaaten aus. So besteht die Gefahr, dass diese Perso-
nen trotz räumlicher Beschränkung gemäß § 6 Absatz 7 des Personalausweisge-
setzes und Entzug des Reisepasses nach den §§ 7 und 8 des Passgesetzes unbe-
rechtigt ausreisen.
In den oben genannten Fällen, in denen die Ausreise deutscher Staatsangehöriger
aus der Bundesrepublik Deutschland aus überragenden Gründen zu verhindern
ist, soll deshalb zur effektiven Kontrolle die Entziehung des Personalausweises
sowie die Ausstellung eines Ersatz-Personalausweises erfolgen können, um
dadurch Reisen dieser Personen möglichst zu verhindern.
Die Unterbindung staatsschutzrelevanter Reisen ist insbesondere im Zusammen-
hang mit dem dschihadistischen Terrorismus von herausragender Bedeutung.
Es sind Fälle bekannt, in denen Personen entgegen einer verfügten räumlichen
Beschränkung und trotz Entzugs des Reisepasses entweder unmittelbar aus der
Bundesrepublik Deutschland oder aus anderen Schengenstaaten in solche Dritt-
staaten ausgereist sind, bei denen für die Einreise die Nutzung des Personalaus-
weises als Reisedokument ausreicht.
Im Zusammenhang mit dem dschihadistischen Terrorismus halten sich nach An-
gaben der Europäischen Union von den rund 10 000 ausländischen Kämpfern
mehr als 3 000 radikale Islamisten aus Europa in der Krisenregion Syrien/Irak auf.
Der Großteil der ausländischen Kämpfer stammt aus arabischen Staaten wie dem
Irak, Libyen oder Tunesien. Europäische Kämpfer stammen insbesondere aus
Frankreich, Deutschland, Belgien, dem Vereinigten Königreich, den Niederlan-
den, Schweden und dem Westbalkan.
Beginnend im Jahr 2012 und verstärkt seit 2013 sind bislang etwa 450 Islamisten
aus Deutschland in Richtung Syrien ausgereist. Sie unterstützen dort den Wider-
stand gegen das Assad-Regime im Kampf oder in sonstiger Weise (zum Beispiel
in logistischer Hinsicht). Circa 60 Prozent dieser Personen verfügen über die deut-
sche Staatsangehörigkeit.
Die Ausreise von Kämpfern aus Deutschland in Krisenregionen trägt zur Desta-
bilisierung staatlicher Strukturen in diesen Krisengebieten und zur Stärkung ter-
roristischer Strukturen vor Ort bei. Sie geht mit Straftaten im Ausland einher und
berührt erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland.
Die Rückreise dieser Personen führt zu einer weiteren Verschärfung der Sicher-
heitslage und gefährdet die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland er-
heblich. Sie geht bei allen Personen des extremistisch-terroristischen Personen-
spektrums und damit phänomenübergreifend oftmals einher mit einer weiteren
Vernetzung dieser Personen mit terroristischen Gruppierungen und ihrer Radika-
lisierung.
Ein aktuelles Beispiel für die von rückreisenden Kämpfern ausgehende Gefahr ist
der Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel am 24. Mai 2014. Es besteht
die Gefahr eines vergleichbaren Ereignisses bei der Rückreise von Personen des
extremistisch-terroristischen Personenspektrums nach Deutschland.

B. Lösung
Verhinderung staatsschutzrelevanter Reisen durch
– die Schaffung eines Tatbestands für die Versagung und Entziehung des Per-

sonalausweises;
– die Einführung eines Ersatz-Personalausweises;

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4706
– die Schaffung eines gesetzlichen Grundes für die Ungültigkeit der Doku-

mente bei Vorliegen von Passversagungsgründen im Passgesetz und im Per-
sonalausweisgesetz;

– die gesetzliche Anordnung der sofortigen Vollziehung von pass- und aus-
weisrechtlichen Maßnahmen.

Annahme der zusammengeführten Gesetzentwürfe auf den Drucksachen
18/3831 und 18/4280 in geänderter Fassung mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Die Kosten für die Bereitstellung des neuen Ersatz-Personalausweises betragen
schätzungsweise 400 000 Euro. Der Mehrbedarf soll im Einzelplan 06 eingespart
werden.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Für die Bürgerinnen und Bürger ist grundsätzlich kein Erfüllungsaufwand zu er-
warten. Erfüllungsaufwand entsteht nur für den Personenkreis, der von den Maß-
nahmen des Gesetzes betroffen ist. Der Erfüllungsaufwand entsteht bei der Ab-
gabe der alten und der Entgegennahme der neuen Ausweisdokumente. Der Ersatz-
Personalausweis dürfte die Betroffenen schätzungsweise 10 Euro kosten. Folge-
kosten entstehen, wenn neue Dokumente beantragt oder neue Ersatz-Personalaus-
weise von Amts wegen ausgestellt werden.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Keiner.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Der zusätzliche Erfüllungsaufwand für die Verwaltung, der sich durch die Entzie-
hung von Alt-Dokumenten und die Ausstellung von Neu-Dokumenten ergibt, ist
als geringfügig anzusehen. Er ist mit vorhandenen Ressourcen abzudecken. Die
einmalige Implementierung der durch den Bund bereitzustellenden Technik zur
Personalisierung für den Ersatz-Personalausweis bei den Pass- und Ausweisbe-
hörden ist ebenfalls als vernachlässigbar anzusehen.

F. Weitere Kosten
Keine.

Drucksache 18/4706 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
die Gesetzentwürfe auf den Drucksachen 18/3831 und 18/4280 zusammenzufüh-
ren und mit folgenden Maßgaben, im Übrigen unverändert anzunehmen:
1. Artikel 1 wird wie folgt geändert:

a) Nach Nummer 6 wird folgende Nummer 6a eingefügt:
‚6a. Dem § 20 wird folgender Absatz 4 angefügt:

„(4) Beförderungsunternehmen dürfen personenbezogene
Daten aus der maschinenlesbaren Zone des Personalausweises
elektronisch nur auslesen und verarbeiten, soweit sie auf Grund
internationaler Abkommen oder Einreisebestimmungen zur Mit-
wirkung an Kontrolltätigkeiten im internationalen Reiseverkehr
und zur Übermittlung personenbezogener Daten verpflichtet sind.
Biometrische Daten dürfen nicht ausgelesen werden. Die Daten
sind unverzüglich zu löschen, wenn sie für die Erfüllung dieser
Pflichten nicht mehr erforderlich sind.“ ‘

b) In Nummer 7 Buchstabe c werden die Wörter „Absatz 1 oder“ gestri-
chen.

c) Nach Nummer 7 wird folgende Nummer 7a eingefügt:
‚7a. § 29 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

a) In Nummer 2 wird der Punkt am Ende durch ein Komma und
das Wort „oder“ ersetzt.

b) Folgende Nummer 3 wird angefügt:
„3. eine Entziehung im Sinne des § 6a Absatz 2 ergangen

ist oder Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass ein
Entziehungsgrund im Sinne des § 6a Absatz 2 vor-
liegt.“ ‘

d) In Nummer 8 werden die Wörter „Versagung oder“ gestrichen.
e) Nummer 9 wird wie folgt gefasst:

‚9. § 32 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) In Nummer 4 werden nach der Angabe 㤠9 Abs. 3
Satz 1“ ein Komma und die Wörter „auch in Verbindung
mit Absatz 6 Satz 2,“ eingefügt.

bb) In Nummer 8 wird das Wort „oder“ am Ende durch ein
Komma ersetzt.

cc) Nach Nummer 8 werden die folgenden Nummern 9
und 10 eingefügt:
„9. entgegen § 20 Absatz 4 Satz 1 oder Satz 2 Daten

ausliest oder verarbeitet,
10. entgegen § 20 Absatz 4 Satz 3 Daten nicht oder

nicht rechtzeitig löscht oder“.
dd) Die bisherige Nummer 9 wird Nummer 11.

b) In Absatz 3 werden die Wörter „des Absatzes 1 Nr. 6, 7
und 8“ durch die Wörter „des Absatzes 1 Nummer 6 bis 10“
ersetzt.‘

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4706
2. In Artikel 2 Nummer 2 werden die Wörter „gegen die Passversagung (§ 7

Absatz 1),“ gestrichen.
3. Nach Artikel 2 wird folgender Artikel 2a eingefügt:

‚Artikel 2a

Änderung des Bundesmeldegesetzes

§ 3 des Bundesmeldegesetzes vom 3. Mai 2013 (BGBl. I S. 1084), das
zuletzt durch […] geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. In Absatz 1 Nummer 17 werden nach den Wörtern „Seriennummer des

Personalausweises,“ die Wörter „vorläufigen Personalausweises oder
Ersatz-Personalausweises,“ eingefügt.

2. Absatz 2 Nummer 4 wird wie folgt gefasst:
„4. für die Ausstellung von Pässen und Ausweisen die Tatsache, dass

Passversagungsgründe vorliegen, ein Pass versagt oder entzogen
oder eine Anordnung nach § 6 Absatz 7, § 6a Absatz 1 oder § 6a
Absatz 2 des Personalausweisgesetzes getroffen worden ist,“.‘

Berlin, den 22. April 2015

Der Innenausschuss

Wolfgang Bosbach
Vorsitzender

Clemens Binninger
Berichterstatter

Gabriele Fograscher
Berichterstatterin

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Irene Mihalic
Berichterstatterin

Drucksache 18/4706 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Clemens Binninger, Gabriele Fograscher, Ulla Jelpke und
Irene Mihalic

I. Überweisung

Zu Buchstabe a
Der Gesetzentwurf auf Drucksache 18/3831 wurde in der 83. Sitzung des Deutschen Bundestages am 30. Januar
2015 an den Innenausschuss federführend sowie an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zur Mitbe-
ratung überwiesen.

Zu Buchstabe b
Der Gesetzentwurf auf Drucksache 18/4280 wurde in der 94. Sitzung des Deutschen Bundestages am 19. März
2015 an den Innenausschuss federführend sowie an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz überwiesen.
Der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung beteiligte sich gutachtlich.

II. Stellungnahmen des mitberatenden Ausschusses

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlagen auf den Drucksachen 18/3831 und 18/4280
in seiner 50. Sitzung am 22. April 2015 beraten. Er empfiehlt einstimmig die Zusammenführung der Gesetzent-
würfe auf den Drucksachen 18/3831 und 18/4280 und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme der zusammen-
geführten Gesetzentwürfe in der Fassung des Änderungsantrages der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf
Ausschussdrucksache 18(4)282.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat in seiner 37. Sitzung am 4. Februar 2015 einvernehmlich beschlossen, eine öffentliche
Anhörung zu dem Gesetzentwurf auf Drucksache 18/3831 durchzuführen. Die öffentliche Anhörung, an der sich
fünf Abgeordnete beteiligt haben, fand in der 40. Sitzung des Innenausschusses am 16. März 2015 statt. Hinsicht-
lich des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der 40. Sitzung (Protokoll 18/40) verwiesen.
Der Innenausschuss hat die Gesetzentwürfe auf den Drucksachen 18/3831 und 18/4280 in seiner 45. Sitzung am
22. April 2015 abschließend beraten. Die Stellungnahme des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwick-
lung auf Ausschussdrucksache 18(4)261 lag sowohl bei der Anhörungssitzung als auch bei den Beratungen vor.
Der Innenausschuss empfiehlt die Annahme der zusammengeführten Gesetzentwürfe auf den Drucksachen
18/3831 und 18/4280 in der aus der Beschlussempfehlung ersichtlichen Fassung mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die
Änderungen entsprechen dem Änderungsantrag auf Ausschussdrucksache 18(4)282, der zuvor von den Fraktio-
nen CDU/CSU und SPD in den Innenausschuss eingebracht und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN angenommen wurde.
Zuvor wurde der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Ausschussdrucksache
18(4)302 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4706
Der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Ausschussdrucksache 18(4)302 hat ein-
schließlich Begründung folgenden Wortlaut:

Artikel 3 wird zu Artikel 4 und es wird folgender neuer Artikel 3 eingefügt:

Das Gesetz wird unter Einbeziehung wissenschaftlichen Sachverstandes hinsichtlich der Anwendung und Auswir-
kungen im Einvernehmen mit dem Deutschen Bundestag evaluiert. Die Evaluierung hat insbesondere die Häufig-
keit und die Auswirkungen der mit den neuen Eingriffsbefugnissen verbundenen Grundrechtseingriffe zu untersu-
chen und in Beziehung zu setzen zu der empirisch zu belegenden Wirksamkeit der Einziehung des Personalaus-
weises und Erteilung eines Ersatz-Personalausweises bei der Ausreiseverhinderung. Der Deutsche Bundestag
entscheidet auf Grundlage der Evaluierung nach Ablauf von zwei Jahren nach Inkrafttreten erneut über dieses
Gesetz.

Begründung

Nicht zuletzt hat die Anhörung zu diesem Gesetzentwurf deutlich gemacht, dass es hinsichtlich der Geeignetheit,
der Bestimmtheit und der Verhältnismäßigkeit des Gesetzesentwurfes erhebliche Bedenken gibt. Diese Bedenken
wurden auch im weiteren Gesetzgebungsverfahren in keiner Weise berücksichtigt. Daher ist eine Evaluierungs-
klausel einzubauen und eine Befristung des Gesetzes auf zwei Jahre vorzunehmen.

IV. Begründung

Zur Begründung generell wird auf die Drucksachen 18/3831 und 17/4280 verwiesen. Die auf Grundlage des Än-
derungsantrags der Koalitionsfraktionen auf Ausschussdrucksache 18(4)282 vom Innenausschuss vorgenomme-
nen Änderungen begründen sich wie folgt:

Allgemeines
Mit vorliegendem Änderungsantrag wird in den Gesetzentwurf zur Änderung des Personalausweisgesetzes zur
Einführung eines Ersatz-Personalausweises und zur Änderung des Passgesetzes Folgendes aufgenommen:
Regelungen im Zusammenhang mit den Anliegen des Bundesrates aus seiner Stellungnahme vom 6. März 2015
(Bundesratsdrucksache 21/15 (Beschluss)), denen die Bundesregierung im Rahmen ihrer am 11. März 2015 vom
Bundeskabinett beschlossenen Gegenäußerung zugestimmt hat;
Regelungen im Zusammenhang mit Fluggastdaten, die der Angleichung von Pass- und Personalausweisgesetz
dienen sowie
Regelungen zur Sicherstellung von Ausweisen, die der Angleichung von Pass- und Personalausweisgesetz dienen.

Zu Nummer 1 (Artikel 1)

Zu Buchstabe a (Artikel 1 Nummer 6a – § 20 Absatz 4 des Personalausweisgesetzes)
Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass immer mehr Staaten den Personalausweis als Einreisedoku-
ment akzeptieren und dazu übergehen, von Beförderungsunternehmen die Vorabübermittlung von Passagierdaten
an Grenzschutz- und Zollbehörden zu verlangen (advance passenger information, API). Durch die Vorschrift wird
der Regelungsgehalt der gleichlautenden Vorschrift des § 18 Absatz 4 des Passgesetzes in das Personalausweis-
gesetz übernommen, um diesen Anforderungen sachgerecht und ohne unzumutbare Wartezeiten bei der Passa-
gierabfertigung nachzukommen.

Zu Buchstabe b (Artikel 1 Nummer 7 – § 28 Absatz 1 Nummer 4 des Personalausweisgesetzes)
Die Versagung kann sich nur auf einen beantragten, aber noch nicht ausgestellten Personalausweis beziehen. Die
Anordnung der Ungültigkeit kann sich hingegen nur auf einen bereits ausgestellten Ausweis beziehen. Eine „Un-
gültigkeitsanordnung“ gegen einen noch nicht beantragten – also noch nicht existenten – Personalausweis ist
insofern nicht erforderlich. Vielmehr ist die Tatbestandsalternative „Anordnung im Sinne des § 6a Absatz 2“
(Ungültigkeit eines Personalausweises für den die Entziehung angeordnet wurde) ausreichend.
Drucksache 18/4706 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Zu Buchstabe c (Artikel 1 Nummer 7a – § 29 Absatz 2 des Personalausweisgesetzes)
Die Aufnahme neuer Entziehungsgründe in das Personalausweisgesetz (Regelungen des neuen § 6a Absatz 1
und 2 des Personalausweisgesetzes in der Entwurfsfassung – PAuswG-E) bedingt für diese Fälle eine entspre-
chende Erweiterung der Vorschriften für die Sicherstellung nach § 29 Absatz 2 des Personalausweisgesetzes
(PAuswG). Damit wird für vergleichbare Sachverhalte eine Angleichung an die Bestimmungen des § 13 Absatz 1
Nummer 2 des Passgesetzes hergestellt.

Zu Buchstabe d (Artikel 1 Nummer 8 – § 30 des Personalausweisgesetzes)
Der vorgesehene Wegfall der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Ver-
sagung des Personalausweises würde ins Leere laufen und wird deshalb gestrichen. Nach § 80 Absatz 1 Satz 1
der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung.
Gegen die Versagung eines Personalausweises ist jedoch die Verpflichtungsklage die statthafte Klageart.

Zu Buchstabe e (Artikel 1 Nummer 9 – § 32 des Personalausweisgesetzes)
Die Aufzählung der Ordnungswidrigkeiten in § 32 Absatz 1 PAuswG wird um die Fälle einer Verletzung des neu
geschaffenen § 20 Absatz 4 PAuswG-E erweitert.

Zu Nummer 2 (Artikel 2 Nummer 2 – § 14 des Passgesetzes)
Der vorgesehene Wegfall der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Pass-
versagung würde ins Leere laufen und wird deshalb gestrichen. Nach § 80 Absatz 1 Satz 1 VwGO haben Wider-
spruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Gegen die Passversagung ist jedoch die Verpflichtungs-
klage die statthafte Klageart.

Zu Nummer 3 (Artikel 2a – § 3 des Bundesmeldegesetzes)
Der Gesetzentwurf sieht eine Änderung der Begriffsbestimmungen in § 2 PAuswG vor. Danach wird als weiterer
Ausweis, neben dem Personalausweis und dem vorläufigen Personalausweis, der Ersatz-Personalausweis be-
stimmt.
Die vorgesehene Ergänzung des Personalausweisgesetzes um § 6a PAuswG-E – Versagung und Entziehung; Er-
satz-Personalausweis – macht es erforderlich, dass diese auch für die im Melderegister zu erhebenden Daten und
Hinweise nachvollzogen wird.

Zu Nummer 1
§ 3 Absatz 1 Nummer 17 des Bundesmeldegesetzes (BMG) sieht vor, dass die Daten des Personalausweises (Aus-
stellungsbehörde, Ausstellungsdatum, letzter Tag der Gültigkeit und Seriennummer) im Melderegister gespeichert
werden dürfen. Der vorläufige Personalausweis und der Ersatz-Personalausweis sind hingegen nicht genannt. Die
klare Unterscheidung der verschiedenen Ausweise in § 2 PAuswG-E führt dazu, dass eine Speicherung der Daten
des vorläufigen Personalausweises und des Ersatz-Personalausweises nicht zulässig wäre.
Die Speicherung der Daten aller Ausweise im Melderegister ist auf Grund der regelmäßigen Melderegisterabfra-
gen durch Sicherheitsbehörden notwendig. § 3 Absatz 1 Nummer 17 BMG bedarf zur Erweiterung der Speicher-
befugnis einer Änderung.

Zu Nummer 2
Ferner ist eine Änderung des § 3 Absatz 2 Nummer 4 BMG erforderlich, damit auch die Versagung beziehungs-
weise die Entziehung des Personalausweises oder des vorläufigen Personalausweises im Melderegister als An-
ordnung nach § 6a Absatz 1 bzw. Absatz 2 PAuswG-E gespeichert werden darf. Der Speicherung dieser Anord-
nungen kommt vor dem Hintergrund, dass der Betroffene möglicherweise an anderer Stelle die Ausstellung eines
Passes oder Personalausweises beantragt, besondere Bedeutung zu. Dies ermöglicht, dass bei Anfragen von Pass-
und Ausweisbehörden sowie von den Sicherheitsbehörden entsprechende Hinweise von der Meldebehörde erfol-
gen können.

Die Koalitionsfraktionen betonen, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ein zusätzliches Instrument ge-
schaffen werde, um die Reisetätigkeit von Gefährdern einzuschränken. Neben der Entziehung des Reisepasses
müsse auch die Möglichkeit bestehen, den Personalausweis zu entziehen und einen Ersatz-Personalausweis aus-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/4706
zustellen. Auf eine europäische Regelung wolle man nicht warten, sondern bereits jetzt handeln. Mit dem Ände-
rungsantrag der Koalitionsfraktionen werde die Übermittlung von Passagierdaten aus dem Personalausweis ent-
sprechend der vergleichbaren Vorschrift des § 18 Abs. 4 des Passgesetzes in das Personalausweisgesetz übernom-
men.

Die Fraktion DIE LINKE. kritisiert, dass nach dem Gesetzentwurf bereits der bloße Verdacht auf zukünftige
gewaltbereite Handlungen ausreiche, um Menschen den Personalausweis zu entziehen. Dadurch würden die Be-
troffenen stigmatisiert, ohne dass das Vorliegen einer Straftat nachgewiesen sei. Der Gesetzentwurf sei insoweit
rechtsstaatlich äußerst problematisch und werde daher abgelehnt. Demgegenüber werde dem Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zugestimmt, da man ebenfalls der Auffassung sei, dass dann zumindest nach ge-
wisser Zeit eine Evaluierung durchgeführt und eine zweijährige Befristung des Gesetzes vorgesehen werden
müsse.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnt den Gesetzentwurf ab. In der Sachverständigenanhörung sei
deutlich geworden, dass dieser hinsichtlich seiner Geeignetheit, Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit große
Mängel aufweise und ungeeignet sei, die Ausreise von Foreign Fightern nach Syrien zu verhindern. Deswegen
werde nach einer angemessenen Zeit eine Evaluierung für dringend erforderlich gehalten. Vor dem Hintergrund,
dass eine gemeinsame europäische Regelung angestrebt werde, sollte das Gesetz zudem auf zwei Jahre befristet
werden, um dann über dessen Notwendigkeit erneut zu entscheiden. Aus diesem Grund werde für den eigenen
Änderungsantrag geworben, der genau dies vorsehe.
Berlin, den 22. April 2015

Der Innenausschuss

Clemens Binninger
Berichterstatter

Gabriele Fograscher
Berichterstatterin

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Irene Mihalic
Berichterstatterin
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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