BT-Drucksache 18/4223

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksachen 18/3121, 18/3250 - Entwurf eines Gesetzes zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung (Mietrechtsnovellierungsgesetz - MietNovG)

Vom 4. März 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4223
18. Wahlperiode 04.03.2015

Änderungsantrag
der Abgeordneten Caren Lay, Heidrun Bluhm, Halina Wawzyniak, Dr. Dietmar
Bartsch, Herbert Behrens, Karin Binder, Eva Bulling-Schröter, Roland Claus,
Kerstin Kassner, Sabine Leidig, Ralph Lenkert, Michael Leutert, Dr. Gesine
Lötzsch, Thomas Lutze, Dr. Kirsten Tackmann, Hubertus Zdebel und
der Fraktion DIE LINKE.

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 18/3121, 18/3250, 18/4220 –

Entwurf eines Gesetzes zur Dämpfung des Mietanstiegs auf
angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des
Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung
(Mietrechtsnovellierungsgesetz – MietNovG)

Der Bundestag wolle beschließen:

1. Artikel 1 wird wie folgt geändert:
a) Nummer 1 wird aufgehoben.
b) Nummer 2 wird aufgehoben.
c) Die bisherige Nummer 3 wird Nummer 1 und wie folgt gefasst:

,1. Nach § 556c werden die folgenden §§ 556d bis 556g eingefügt:

㤠556d
Zulässige Miethöhe bei Mietbeginn

Wird ein Mietvertrag über Wohnraum abgeschlossen, so darf
die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Ver-
gleichsmiete nicht übersteigen.

§ 556e
Berücksichtigung der Vormiete

Ist die Miete, die der vorherige Mieter zuletzt schuldete (Vor-
mieter) niedriger als die ortsübliche Vergleichsmiete, so darf eine
Miete nur bis zur Höhe der Vormiete zuzüglich des Prozentsatzes,

Drucksache 18/4223 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

um den sich der vom Statistischen Bundesamt festgestellte Ver-
braucherpreisindex für Deutschland (Inflationsrate) innerhalb der
letzten 12 Monate vor dem Mietbeginn erhöht hat, vereinbart
werden. Wurden nach dem Auszug des Vormieters erhebliche
Modernisierungsmaßnahmen im Sinne von § 555b Nummer 1, 3,
4, 5 oder 6 durchgeführt, darf die Wiedervermietungsmiete um
die Differenz der ortsüblichen Vergleichsmiete vor und der orts-
üblichen Vergleichsmiete nach der Modernisierung erhöht werden.
War die Miete des Vormieters höher als die ortsübliche Vergleichs-
miete, gilt § 556d.

§ 556f
Ausnahmen

§ 556d ist nicht anzuwenden auf eine Wohnung, die nach dem
Inkrafttreten dieses Gesetzes erstmals genutzt und vermietet wird
(Neubau) und nicht innerhalb von Gemeinden oder nicht in einem
Teil der Gemeinden liegt, in denen die ausreichende Versorgung der
Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen
besonders gefährdet ist (Kappungsgrenze).

§ 556g
Rechtsfolgen; Auskunft über die Miete

(1) Eine zum Nachteil des Mieters von den Vorschriften die-
ses Unterkapitels abweichende Vereinbarung ist unwirksam. Für
Vereinbarungen über die Miethöhe bei Mietbeginn gilt dies nur,
soweit die zulässige Miete überschritten wird. Der Vermieter hat
dem Mieter zu viel gezahlte Miete nach den Vorschriften über die
Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben.
Die §§ 814 und 817 Satz 2 sind nicht anzuwenden.

(2) Der Vermieter ist auf Verlangen des Mieters verpflichtet,
Auskunft über diejenigen Tatsachen zu erteilen, die für die Zuläs-
sigkeit der vereinbarten Miete nach § 556d und 556e maßgeblich
sind. Sämtliche Erklärungen bedürfen der Textform.“

d) Die bisherige Nummer 4 wird Nummer 2 und Buchstabe a wird wie folgt
geändert:
aa) In Satz 2 wird die Angabe „§ 556d Absatz 1“ durch die Angabe

„§§ 556d und 556e“ ersetzt.
bb) Satz 3 wird aufgehoben.

e) Die bisherige Nummer 5 wird Nummer 3 und folgende Nummer 4 wird
eingefügt:
,4. In § 558 Absatz 2 Satz 1 werden die Wörter „in den letzten vier Jah-

ren“ gestrichen.
f) Folgende Nummer 5 wird eingefügt:

,5. Dem § 558d Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:
„Ein qualifizierter Mietspiegel muss von einer Gemeinde mit mehr
als 20.000 Einwohnern aufgestellt werden.“

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4223
2. Artikel 2 wird wie folgt gefasst:

,Artikel 2

Änderung des Gesetzes zur weiteren Vereinfachung des
Wirtschaftsstrafgesetzbuches (Wirtschaftsstrafgesetz 1954)

§ 5 Absatz 2 des Gesetzes zur weiteren Vereinfachung des Wirtschafts-
strafgesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Juni 1975
(BGBl. I S. 1313), das zuletzt durch Artikel 55 des Gesetzes vom
8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864) geändert worden ist, wird wie folgt ge-
fasst:

„(2) Unangemessen hoch sind Entgelte, die oberhalb der in den §§ 556d
bis 559 des Bürgerlichen Gesetzbuches festgelegten Grenzen liegen.“

Berlin, den 3. März 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

Zu Nummer 1 (Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches)

1. Zu Buchstabe a (Aufhebung Nummer 1)
Das Mietrechtsnovellierungsgesetz gilt bundesweit flächendeckend. Eine Beschränkung des Gesetzes auf
Gebiete mit „angespannten Wohnungsmärkten“ entfällt.
Die Reduzierung des Anwendungsbereiches des vorliegenden Gesetzentwurfes auf Gebiete mit angespannten
Wohnungsmärkten führt zu einem erheblichen bürokratischen, personellen und finanziellen Aufwand. Au-
ßerdem wirkt es extrem zeitverzögernd. Die beabsichtigte dämpfende Wirkung des begrenzten Mietanstiegs
auf angespannten Wohnungsmärkten wird so unnötig erschwert. Der Nutzen der zeitlichen Befristung des
Gesetzes bis einschließlich 2020 ist nicht erkennbar und soll daher ebenfalls entfallen. Die Wirkung des Ge-
setzes braucht mittel- bis langfristige Entfaltungsmöglichkeit.

2. Zu Buchstabe b (Aufhebung Nummer 2)
Von der Mietpreisbremse soll es keine Ausnahmen geben. Diese soll auch nach § 549 Absatz 2 BGB gelten
für Wohnraum, der nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet ist (zum Beispiel „Wohnen auf Zeit“), der
Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist und den der Vermieter überwiegend mit Einrich-
tungsgegenständen auszustatten hat sowie für Wohnraum, den juristische Personen des öffentlichen Rechts
oder anerkannte private Träger der Wohnfahrtspflege angemietet haben, um ihn Personen mit dringendem
Wohnungsbedarf zu überlassen. Die Mietpreisbremse muss außerdem auch für Studenten- und Jugendwohn-
heime gelten.

3. Zu Buchstabe c (Nummer 3 – §§ 556d bis 556g BGB)
Die bisherige Nummer 3 wird Nummer 1.

Drucksache 18/4223 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
a) Zu § 556d
Ein Aufschlag bei der Wiedervermietung einer Wohnung von 10 Prozent auf die Werte der ortsüblichen Ver-
gleichsmiete ist nicht gerechtfertigt und scheint willkürlich festgelegt. Mieterhöhungsbegehren in bestehen-
den Mietverhältnissen orientieren sich an der Kappungsgrenze bzw. an der ortsüblichen Vergleichsmiete. Es
ist gerechtfertigt, bei der Vereinbarung der Miethöhe bei der Wiedervermietung einer Wohnung auf diese
Praxis Bezug zu nehmen und hätte eine nachhaltige Wirkung auf die vom Gesetz verfolgte Dämpfung der
Mietpreise. Über der ortsüblichen Vergleichsmiete darf die Miete nur im Rahmen des Inflationsausgleiches
der letzten 12 Monate vor Beginn des Mietverhältnisses liegen.
b) Zu § 556e
Die ortsübliche Vergleichsmiete liegt teilweise erheblich über den Vormieten aus „alten Mietverträgen“. Um
bei Wiedervermietung einen erheblichen Mietpreissprung zu unterbinden, soll die Höhe der Wiedervermie-
tungsmiete an die Höhe der Vormiete gekoppelt werden. Nur so lässt sich erreichen, dass bezahlbarer Wohn-
raum auch nach einem Wohnungswechsel erhalten bleibt. Außerdem sind die Miethöhen aus Altmietverträ-
gen insbesondere für Familien und ärmere Menschen bezahlbar und daher von hoher Bedeutung. Menschen,
die Transferleistungen nach § 22 SGB II erhalten, bekommen die Miete nur dann finanziert, wenn sie die
ortsübliche Vergleichsmiete nicht übersteigt.
Eine Mieterhöhung ist über den Inflationsausgleich hinaus nur gerechtfertigt, wenn erhebliche Modernisie-
rungsmaßnahmen nach Auszug des Altmieters und vor Einzug des Neumieters durchgeführt wurden. Die zu
erhöhende Summe bemisst sich aus dem Wert vor Modernisierung und der Wertsteigerung nach der Moder-
nisierung, die sich in der ortsüblichen Vergleichsmiete wiederfindet.
c) Zu § 556f
Neubauten und umfassend modernisierte Bestandsbauten vom Gesetz auszunehmen, würde die erhoffte Wir-
kung des Gesetzes stark und auf unnötiger Weise einschränken. Das Vergleichsmietensystem bietet ausrei-
chend Spielraum für den Vermieter für eine wirtschaftliche Verwertung dieser Wohnungen. Diese Ausnah-
men würden die Wirkung des Gesetzes insofern konterkarieren, als das diese teilweise exorbitant hohen Mie-
ten die Grundlage für das zukünftig zu bildende Vergleichsmietensystem bilden und die heute relativ preis-
werten Wohnungen bei der nächsten Mietspiegelbildung mit nach oben ziehen. Von der Mietpreisbremse
können daher nur solche Neubauten ausgenommen werden, in denen eine ausreichende Versorgung der Be-
völkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen gemäß § 558 Absatz 3 Satz 2 besonders nicht
gefährdet ist. Hier soll die Neubautätigkeit gestärkt werden.
d) Zu § 556g
aa) Die in § 556g in der Entwurfsfassung bisher enthaltenen Absätze 2 und 4 werden aus redaktionellen

Gründen aufgehoben.
bb) Dem Mieter muss es zu jeder Zeit des Mietverhältnisses möglich sein, seinen Anspruch auf Rückzah-

lung zu viel gezahlter Miete geltend zu machen. Es muss klar und unmissverständlich sein, dass der An-
spruch auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete ab dem Moment gilt, ab dem dieser Zustand eintritt. Ei-
ne Verkürzung dieses Anspruches auf den Zeitpunkt ab Rüge durch den Mieter schützt die rechtswidrige
Praxis des Vermieters und verkennt das Kräfteverhältnis in einem Mietsverhältnis. Es ist dem Mieter
nicht zu zumuten, unmittelbar nach oft langer und schwieriger Wohnungssuche sich in einen Rechts-
streit mit dem Vermieter zu begeben.

4. Zu Buchstabe d (Nummer 4 )
Die bisherige Nummer 4 wird Nummer 2.
§ 557a Absatz 4 Satz 3 regelt, dass bei Staffelmietverträgen „ die in einer vorangegangenen Mietstaffel wirk-
sam begründete Miethöhe erhalten bleibt“. Das stellt eine äquivalente Regelung zu § 556e Absatz 1 Satz 1
dar, wonach die Miete, die sich auf eine höhere Vormiete bezieht, erhalten bleibt. Der Abschluss von Staf-
felmietverträgen nimmt zu. Diese Regelung belohnt Vermieter, die die Mietpreisgrenzen nicht beachten, eine
knappe Angebotslage von Mietwohnungen ausnutzen und sich dadurch bereits erheblich bereichert haben.
Nach Artikel 14 Absatz 2 Grundgesetz verpflichtet Eigentum auch zum Wohle der Allgemeinheit. Das Eigen-
tumsrecht sichert dem Eigentümer keine höchstmögliche Rendite. Die Frage des Bestandsschutzes greift bei
einer Neuvermietung oder neuen Staffel nicht. Das ist weder sachgerecht noch notwendig.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4223

5. Zu Buchstabe e (Nummer 5 – § 558)
Die bisherige Nummer 5 wird Nummer 3.
Gemäß § 558 Abs. 2 BGB dürfen zur Erhebung des Mietspiegels nur Wohnungen berücksichtigt werden, bei
denen die Miete in den letzten vier Jahren neu vereinbart oder geändert wurde. Auf diese Weise wird jedoch
nicht die tatsächliche Durchschnittsmiete ermittelt, sondern es werden nur Wohnungen mit höherer Miete
erfasst. Damit ist der Begriff des Mietspiegels in der jetzigen Form irreführend.

5. Zu Buchstabe f (Nummer 5 neu – § 558d)
Die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels gibt anhand von wissenschaftlicher Kriterien und unter Ein-
beziehung aller Interessensvertreter die ortübliche Vergleichsmiete realistisch wieder. Er bietet damit für alle
Parteien Rechtssicherheit und verhindert Gerichtsprozesse. Aus diesem Grund sollte jede größere Gemeinde
verpflichtet werden, einen solchen qualifizierten Mietspiegel zu erstellen. Die Bundesregierung unterstützt
die Kommunen finanziell bei der Erstellung.

Zu Artikel 2 (Änderung des Wirtschaftsstrafgesetzes 1954)

Artikel 2 des Gesetzentwurfs wird ersetzt durch die Änderung des Wirtschaftsstrafgesetzes 1954.
§ 5 Wirtschaftsstrafgesetz (WiStrG) findet derzeit kaum Anwendung, obwohl die Regelung ein sinnvolles
Korrektiv von Mietpreisüberhöhungen darstellt. Der Bundesgerichtshof hat jedoch in mehreren Gerichtsent-
scheidungen (BGH, Versäumnisurteil vom 28.01.2004, Az. VIII RZ 190/03, NJW 2044, S. 1470 ff., Urteil
vom 13.04.2005, Az VIIII ZR 44/04, NJW 2005, S. 2156 ff. und Urteil vom 25.01.2006, Az. VIII ZR 56/04,
NJW-RR 2006, S. 591 f.) sehr hohe Anforderungen an die Tatbestandsmerkmale „Ausnutzen“ und das maß-
gebliche Gebiet des geringen Angebots aufgestellt, die in der Regel weder von den Behörden noch von den
Mieterinnen und Mietern nachwiesen werden können. Mit der neuen Gesetzesformulierung wird klargestellt,
dass alle Verstöße gegen gesetzliche Mietpreisgrenzen eine Ordnungswidrigkeit darstellen und mit einer
Geldbuße geahndet werden können.
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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