BT-Drucksache 18/3879

Förderung der Leiharbeitsbranche durch die Bundesagentur für Arbeit

Vom 28. Januar 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3879
18. Wahlperiode 28.01.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke, Corinna Rüffer, Brigitte Pothmer,
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann,
Sven-Christian Kindler, Lisa Paus und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Förderung der Leiharbeitsbranche durch die Bundesagentur für Arbeit

Die Leiharbeit ist in der Öffentlichkeit weiterhin eine umstrittene Beschäfti-
gungsform. Neben Forderungen nach weiteren Reformen steht insbesondere die
Vermittlungspraxis der Bundesagentur für Arbeit (BA) in der Kritik, nachdem
der Vorsitzende des Vorstandes der BA, Dr. Frank-J. Weise, bereits vor einiger
Zeit „Fehlentwicklungen“ bei der Zusammenarbeit der BA mit Zeitarbeitsfir-
men einräumte, die korrigiert werden müssten (DIE WELT, 12. Januar 2013).
Die Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
„Vermittlung der Bundesagentur für Arbeit in Leiharbeit“ (Bundestagsdruck-
sache 17/12443) hat Anfang des Jahres 2013 diese Fehlentwicklungen bestätigt.
Eine weitere Kleine Anfrage zur Leiharbeit (Bundestagsdrucksache 18/573) im
Jahr 2014 ergab, dass die Vermittlungstätigkeit der BA keine Korrekturen er-
kennen ließ. Im Jahr 2013 waren im Jahresdurchschnitt weiterhin 30 Prozent der
gemeldeten offenen Arbeitsstellen in der Leiharbeit. Und 17 Prozent der Ar-
beitslosen waren anschließend in der Leiharbeit tätig. In einem Medienbericht
(Sendung plusminus, 10. Dezember 2014) wurde sogar vermutet, dass die BA
weiterhin gezielt die Leiharbeitsbranche fördert und damit den Leiharbeitsunter-
nehmen hilft, schnell und billig Personal zu rekrutieren.
Neben der Situation der Leiharbeitskräfte stellt sich die Frage, wie die Zusam-
menarbeit zwischen der BA und Leiharbeitsbranche heute konkret organisiert
ist, zumal die BA seit dem Jahr 2007 unzählige regionale und überregionale
Kooperationsvereinbarungen mit Leiharbeitsunternehmen eingegangen ist.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Personen waren nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren

2012 bis 2014 durchschnittlich in Leiharbeitsverhältnissen beschäftigt,
a) welcher prozentuale Anteil an der sozialversicherungspflichtigen Be-

schäftigung insgesamt ergibt sich daraus,
b) welche Altersstruktur besteht in der Leiharbeitsbranche, und
c) wie viele der Beschäftigungsverhältnisse in der Leiharbeitsbranche waren

befristet bzw. unbefristet?
2. Wie groß ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Differenz zwischen den

durchschnittlichen Löhnen und der Entlohnung in der Leiharbeitsbranche?

Drucksache 18/3879 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Wie viele vollzeitbeschäftigte alleinstehende Leiharbeitskräfte erhielten nach
Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2012 bis 2014 ein ergänzendes
Arbeitslosengeld II, und welche Summen wurden jährlich dafür verausgabt?

4. Wie lange war nach Kenntnis der Bundesregierung die Verweildauer (bitte
differenziert nach einer Woche und drei, sechs und zwölf Monaten angeben)
der in Leiharbeit vermittelten Personen in den Jahren 2012 bis 2014 (bitte
differenziert nach den Rechtskreisen des Zweiten und Dritten Buches Sozial-
gesetzbuch – SGB II und SGB III)?

5. Wie viele offene Stellen waren in den Jahren 2012 bis 2014 nach Kenntnis
der Bundesregierung bei der BA gemeldet, und wie viel Prozent davon in der
Leiharbeitsbranche?

6. Wie viele Erwerbslose wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von der
BA jährlich in den Jahren 2012 bis 2014 in Arbeit vermittelt und wie viel Pro-
zent davon in die Leiharbeitsbranche
a) durch „Auswahl und Vorschlag“,
b) über den Arbeitgeber-Service „Team Zeitarbeit“, und
c) wie viele der in Leiharbeit vermittelten Erwerbslosen können dem SGB II

bzw. SGB III zugeordnet werden (bitte jeweils auch differenziert nach Re-
gionaldirektionen angeben)?

7. Wie viele Vermittlungen in die Leiharbeitsbranche wurden nach Kenntnis der
Bundesregierung in den Jahren 2012 bis 2014 von der BA jährlich flankie-
rend gefördert,
a) auf welche Summe beliefen sich die Kosten insgesamt jährlich für die Ver-

mittlungen aus dem SGB II bzw. SGB III, und
b) welche nachhaltigen Vermittlungserfolge konnten damit erreicht werden?

8. Wie viele Zeitarbeitsbörsen (wie beispielsweise am 10. September 2014 in
Aschaffenburg, 26. März 2014 in Wuppertal oder am 18. März 2014 in
Dresden) hat die BA nach Kenntnis der Bundesregierung bundesweit jährlich
in den Jahren 2012 bis 2014 gemeinsam mit der Leiharbeitsbranche durchge-
führt,
a) wer trägt die Kosten dieser Zeitarbeitsbörsen, und wie hoch waren die

jährlichen Kosten für die BA,
b) in wie vielen Fällen wurden die BA-Räume kostenlos zur Verfügung ge-

stellt,
c) sind Beschäftigte der BA bei diesen Zeitarbeitsbörsen anwesend, und
d) wie sind diese Zeitarbeitsbörsen vor dem Hintergrund von angekündigten

Kursänderungen bei der Vermittlung in Leiharbeit (DIE WELT vom
12. Januar 2013) zu bewerten?

9. Wie viele regionale und überregionale Kooperationsvereinbarungen zwi-
schen der BA und der Leiharbeitsbranche bestehen nach Kenntnis der Bun-
desregierung aktuell,
a) wie viele regionale und überregionale Kooperationsvereinbarungen wur-

den in den Jahren 2013 und 2014 neu abgeschlossen bzw. aufgekündigt,
b) in welcher Form wurden die bestehenden Kooperationsvereinbarungen

aufgrund der Kritik an der Vermittlungspraxis der BA in Leiharbeit verän-
dert, und

c) wie sind die Kooperationsvereinbarungen vor dem Hintergrund von ange-
kündigten Kursänderungen bei der Vermittlung in Leiharbeit (DIE WELT
vom 12. Januar 2013) zu bewerten?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3879
10. Worin unterscheiden sich nach Kenntnis der Bundesregierung bestehende
und geplante Online-Zugangsmöglichkeiten von Leiharbeitsunternehmen
von denen anderer Unternehmen, die mit der BA zusammenarbeiten, und
wie sind diese zu rechtfertigen?

11. Wie beurteilt die Bundesregierung die Partnerschaft der BA mit der Leih-
arbeitsbranche, und was entgegnet sie dem Vorwurf (Sendung plusminus,
10. Dezember 2014), die BA würde gezielt die Leiharbeitsbranche fördern?

12. Bewertet die Bundesregierung mittlerweile die Vermittlungspraxis der BA
in Leiharbeit als nachhaltig und qualitativ gut, und hat die BA ihre Vermitt-
lungspraxis in Leiharbeit ausreichend verändert?
Wenn ja, wie wird dies begründet?
Wenn nein, welche konkreten Maßnahmen erwartet die Bundesregierung,
damit sich die BA bei der Vermittlung in Leiharbeit stärker „an Qualität
und am nachhaltigen Kundenwohl“ orientiert, wie auch in dem den Frage-
stellern vorliegenden Papier des BA-Hauptpersonalratchefs Eberhard
Einsiedler gefordert wird?

13. Worin liegen nach Auffassung der Bundesregierung die Gründe dafür, dass
die Vermittlungszahlen der BA in den letzten Jahren – trotz guter Konjunk-
tur – zeigen, dass Erwerbslose immer weniger direkt, ohne Umweg über die
Leiharbeit, in Arbeit vermittelt werden konnten?

Berlin, den 28. Januar 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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