BT-Drucksache 18/3591

zu der Beratung des Antrags der Bundesregierung - Drucksachen 18/3247, 18/3584 - Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der NATO-geführten Operation ACTIVE ENDEAVOUR im Mittelmeer

Vom 17. Dezember 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3591
18. Wahlperiode 17.12.2014

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Omid Nouripour, Dr. Frithjof Schmidt, Annalena Baerbock,
Marieluise Beck (Bremen), Dr. Franziska Brantner, Agnieszka Brugger, Uwe
Kekeritz, Tom Koenigs, Dr. Tobias Lindner, Cem Özdemir, Claudia Roth
(Augsburg), Manuel Sarrazin, Jürgen Trittin, Doris Wagner und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der Beratung des Antrags der Bundesregierung
– Drucksachen 18/3247, 18/3584 –

Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der
NATO-geführten Operation ACTIVE ENDEAVOUR im Mittelmeer

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Bundesregierung hat bei der Vorlage des Mandates für den Einsatz deutscher
Streitkräfte im Rahmen der NATO „Operation Active Endeavor“ im Januar 2014 die
Schaffung einer neuen Rechtsgrundlage binnen eines Jahres in Aussicht gestellt. In
einem Schreiben des Außenministers und der Verteidigungsministerin an die Frak-
tionen heißt es: „Das neue Mandat hat eine Laufzeit von lediglich elf Monaten und
ist – angesichts der laufenden Bemühungen um Entkoppelung des Einsatzes von Art.
5 Nordatlantikvertrag und um Anpassung der Einsatzgrundlagen an die Einsatzrea-
lität – als Übergangsmandat konzipiert.“
In seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag erklärte Außenminister Dr. Frank-
Walter Steinmeier am 16. Januar 2014 zur Verlängerung der deutschen Beteiligung
an OAE: „Der Bündnisfall kann heute, mehr als zwölf Jahre nach 9/11, nicht mehr
dauerhaft tragfähige Rechtsgrundlage sein.“
Die Vorlage des Mandatsentwurfs der Bundesregierung zeigt: ganz offensichtlich ist
die Bundesregierung an ihrem eigenen Anspruch gescheitert. Statt jedoch den Part-
nerstaaten auf NATO-Ebene anzuzeigen, dass eine deutsche Beteiligung nicht mög-
lich ist, soll nun die Teilnahme an OAE blind fortgesetzt werden. Dies widerspricht
einer verantwortungsvollen Außen- und Sicherheitspolitik und kann nicht die Zu-
stimmung des Deutschen Bundestages erhalten.
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Drucksache 18/3591 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die deutsche Beteiligung an der Operation Active Endeavour zum 31. Dezem-
ber 2014 zu beenden und dem Bundestag einen abschließenden Evaluationsbe-
richt vorzulegen;

2. sich in der NATO dafür einzusetzen, den 2001 ausgerufenen Bündnisfall nach
Artikel 5 des Nordatlantikvertrages zu beenden.

Berlin, den 16. Dezember 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Begründung

1. Eine Fortsetzung der Beteiligung deutscher Streitkräfte an einem bewaffneten Einsatz kann es nur mit
einer zweifelsfreien völkerrechtlichen Grundlage und der damit verbundenen vorherigen, konstitutiven
Zustimmung des Deutschen Bundestages im Sinne des Parlamentsbeteiligungsgesetzes geben. Die völ-
kerrechtliche Grundlage ist seit Jahren umstritten. Noch 2012 hat die Bundestagsfraktion SPD gemeinsam
mit den Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen eine Fortsetzung der Deutschen
Beteiligung gestimmt. Bereits die schwarz-gelbe Bundesregierung hatte in der Vergangenheit Zweifel an
der Sinnhaftigkeit des Mandats geäußert. Die schwarz-rote Bundesregierung hat selbst festgestellt, Ein-
satzgrundlagen und Einsatzrealität klaffen weit auseinander. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesre-
gierung angekündigt, sich in der NATO dafür einzusetzen, dass die derzeitige Mission in eine ständige
Routineoperation der NATO überführt wird. Entgegen der vollmundigen Ankündigungen ist bislang dies-
bezüglich nichts Substantielles geschehen. Darüber können auch einzelne prozedurale Fortschritte im
Rahmen der NATO nicht hinwegtäuschen.

2. Der NATO-Einsatz wird völkerrechtlich als Reaktion auf die Anschläge des 11. September 2001, auf das
Selbstverteidigungsrecht der Staaten (Artikel 51 der UN-Charta) und die Feststellung des NATO-Bünd-
nisfalles (Artikel 5 des NATO-Vertrags) sowie die UN-Resolutionen 1368 (2001) und 1373 (2001) ge-
stützt. Diese Begründung ist über zwölf Jahre nach den Anschlägen äußerst zweifelhaft. Völkerrechtlich
lässt sich dieser Einsatz schon aufgrund des großen zeitlichen Abstands zu den Anschlägen nicht mehr
auf den Selbstverteidigungsgedanken stützen. Der Bundesregierung ist es bislang nicht gelungen, inner-
halb der NATO ausreichend Unterstützung für eine angemessene rechtliche Grundlage des Einsatzes im
Mittelmeer zu gewinnen. Vielmehr verweist die Bundesregierung in ihrer Mandatsbegründung darauf,
dass eine Reihe von NATO-Partnerstaaten mit Blick auf terroristische Herausforderungen in den östlichen
und südlichen Anrainerstaaten des Mittelmeers an Art. 5 festhalten wollen. Darüber hinaus hat die Bun-
desregierung eine genaue Antwort auf die Frage der Wirksamkeit des Einsatzes bislang verweigert. Eine
stete Verlängerung des Bündnisfalles ist dazu angetan, die Glaubwürdigkeit des gegenseitigen Verspre-
chens zu unterminieren und die Ausübung des Rechts zur kollektiven Selbstverteidigung auszuhöhlen.

3. Mandatswahrheit und Mandatsklarheit sind nicht mehr gegeben. Es ist an der Zeit, die deutsche Beteili-
gung an der Operation Active Endeavour zu beenden. Die NATO legt bei der Operation Active Endeavour
einen Schwerpunkt auf Präsenz, Informationsgewinnung und Überwachung. Dies gehört zu den Routine-
aufgaben des Bündnisses. Die Aufgaben und militärischen Befugnisse sind auf das Maß zurückzuführen,
das bei anderen maritimen Routineaufgaben der NATO in Hoheits- und internationalen Gewässern üblich
ist. An diesen Aufgaben soll sich die Bundeswehr weiterhin – auch im Mittelmeerraum – in angemesse-
nem Umfang beteiligen.

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